Inschriftenkatalog: Stadt Xanten
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 92: Stadt Xanten (2017)
Nr. 30 Stiftsmuseum 1392–1396
Beschreibung
Wandgemälde des Bonifatiusaltars.1) Ehemaliger Standort war die Westchorhalle, Joch I1. Kreuzigung Christi. Im Zentrum der gekreuzigte Christus, das Kreuz mit Titulus (A); zu seinen Füßen der im Gebet kniende Altarstifter in Kanonikertracht. Rechts Johannes der Evangelist, hinter ihm der hl. Bonifatius in Pontifikalkleidung mit Bischofsstab und Buch, links Maria, die Mutter Jesu, die Hände über der Brust gekreuzt, hinter ihr die hl. Agnes mit Lamm. Die Personen sind in einen gemalten Schrein mit gotischem Maßwerkrahmen hineingestellt, dessen rot gestirnter Hintergrund sich oben auf einen blauen Himmel öffnet. Zu Füßen des hl. Bonifatius ist die zugehörige Namensbeischrift erhalten (B), von einer weiteren Bildbeischrift unter der hl. Agnes sind auf alten Aufnahmen nur wenige Buchstaben zu entziffern (C). Auf der benachbarten Wandvorlage war zudem der hl. Martin in Bischofskleidung mit Stab dargestellt. In der Rechten hält er ein Gewand, dem sich der Bettler zu seinen Füßen entgegenstreckt. Am unteren Bildrand ein roter Schriftstreifen mit geringfügigen Resten seiner Namensbeischrift auf weißem Grund (D). Das Wandgemälde wurde 1943 von Bader fast unversehrt hinter dem barocken Altar des Heiligen aufgefunden.2) Im selben Jahr wurde es restauriert, Kopien wurden von Paul Gessner angefertigt. Nach 1945 zerstörte aufsteigende Feuchtigkeit die unteren Partien, so dass eine Inschrift auf dem unteren gemalten Rahmenteil nicht mehr sichtbar ist. Durch Stiewi wurden das Altarbild und die Darstellung des hl. Martin im März 1951 abgenommen und auf zwei eloxierte Aluminiumplatten übertragen.
Maße: Kreuzigungsdarstellung: H. 160 cm; B. 170 cm; Bu. 2 cm. Hl. Martin: H. 157 cm; B. 60 cm; Bu. 2,5–3 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.
- A
[i] n · r · i ·3)
- B
S(anctus) bonifaṭịus
- C
[……] ag̣n[..]
- D
· S(anctus) · [……]
Anmerkungen
- Inv.-Nr. nach Hölker (1925): A-17 (unter dieser Nummer kurz erwähnt). Schiffler, Inventar (1981), Mp. I, Abt. IV: Ehemalige Altarretabel, Nr. 3. Der Altar war den Heiligen Bonifatius, Servatius, Georg, Martin (dessen Darstellung auf dem Dienst), Agnes, Ursula und ihren Gefährtinnen gewidmet (Beissel, Bauführung III [1889], S. 128).
- Vgl. dazu und zum Folgenden Bader, Vermischtes (1964), S. 352.
- Nach Io 19,19.
- Bader, Vermischtes (1964), S. 352; siehe auch Friedrich Gorissen, Unser Vierfarbendruck, in: Heimatkalender für das Klever Land, 1953, S. 28, zum Tafelbild aus der Stiftskirche in Kranenburg (um 1500), das mit dem Wandbild des Xantener Bonifatiusaltars eng verwandt ist. Es zeigt wie dieses eine Darstellung des gekreuzigten Christus zwischen vier Heiligen, jetzt vor gestirntem Hintergrund. Vgl. Clemen, KDM Kreis Kleve (1892), S. 129.
- Kat. Stiftsmuseum Xanten (2010), S. 132f.
- Classen, Archidiakonat (1938), S. 117. In zahlreichen Stiftsurkunden ist Dietrich von Asberg (Asborgh) als Kanoniker genannt, zum ersten Mal in Wilkes, Inventar (1952), Nr. 544 von 1361 Juli 18, in ebd., Nr. 849 von 1392 Dez. 12 wird sein Tod vorausgesetzt. Die Gestalt des Stifters auf dem Wandgemälde ist später übermalt worden, Bader bemängelt das Blau der Albe (Vermischtes [1964], S. 370, Anm. 133).
- Eintrag der Hand Ba (1392–1420). Das Verfahren der Stiftung des Altars zu Ehren des hl. Bonifatius und seiner Gefährten, eingeleitet durch die Testamentsvollstrecker des Dietrich von Asberg, wird in Wilkes, Inventar (1952), Nr. 849f. vom 1392 Dez. 12 und 14, Nr. 863f. von 1393 Juli 5 bzw. 1393 Juli 13 und Nr. 889 von 1394 Okt. 12 eindrucksvoll dargestellt. In einer Bestätigung durch den Kölner Erzbischof Friedrich (ebd., Nr. 889) wird als Konpatronin die hl. Agnes genannt.
- Weise, Memorien (1937), S. 282, vgl. S. 301; Classen, Archidiakonat (1938), S. 117.
Nachweise
- Bader, 1600 Jahre (1964), Farbtafel 36.
- Hilger u. a., Dom zu Xanten (2007), S. 84 (Abb.).
- Kat. Stiftsmuseum Xanten (2010), Nr. VI/01, S. 133 (Abb.).
Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 30 (Paul Ley), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0003005.
Kommentar
Beim Kreuztitulus und in Inschrift D werden Quadrangel als Worttrenner verwendet. Die umgebrochenen Schaftenden sind zu Quadrangeln reduziert, an die ebenfalls als Quadrangel ausgeführte Fahne des r sind unten ein langer, rechts ein kurzer Zierstrich angesetzt.
Während Bader für das Wandgemälde einen Kölner Maler in Erwägung zieht und auf ein vergleichbares Tafelgemälde in der Kranenburger Stiftskirche hinweist,4) werden in der neuesten kunsthistorischen Forschung deutliche Übereinstimmungen mit nordniederländischen Malereien erkannt.5)
Altarstifter war Dietrich von Asberg, Kanoniker in Xanten und Pfarrer der Bonifatiuskirche in Moers (1359–1392).6) Der Memorienkalender der Xantener Vikare hat einen Eintrag unter dem 10. Februar, nach dem der Altar gemäß dem Testament des Kanonikers Dietrich von Asberg durch seine Testamentsvollstrecker fundiert7) und am 1. Dezember 1396 konsekriert wurde.8) Das Gemälde dürfte demnach zwischen 1392 und 1396 entstanden sein.