Inschriftenkatalog: Stadt Xanten

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 92: Stadt Xanten (2017)

Nr. 47 Stiftsmuseum 1461

Beschreibung

Kelch, Silber, vergoldet, getrieben und graviert.1) Sechspassförmiger Fuß mit profilierter Zarge. Auf einem Passfeld des Fußes eine gegossene Kreuzigungsgruppe2), das Kreuz mit eingraviertem Titulus (A). Auf die Felder rechts und links davon sind zwei Wappen in vergoldetem Silber und blauem Email aufgelegt. Am Schaft gravierte Maßwerkfenster. Auf den sechs rautenförmigen Rotuli des Nodus zwei Nomina sacra auf blau emailliertem Grund (B). In den Zwickeln des Nodus gebrochene Maßwerkformen. Schlichte schlanke Kuppa. An der Unterseite des Fußes über zwei Pässe verteilt ein schwach eingeritzter Stiftervermerk (C). Ebenfalls unter dem Fuß wurde 1740 ein Restaurierungsvermerk angebracht, der sich wahrscheinlich auf die Wiederherstellung dreier Passfelder und der Wappen bezieht.3)

Maße: H. 21 cm; Dm. 16 cm (Fuß); Bu. 0,15 cm (A), 0,5 cm (B), 0,2 cm (C).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A, B), gotische Kursive (C).

  1. A

    [i]nria)4)

  2. B

    ih//es//us // m//ar//ia

  3. C

    ṃe fecit fieri hon(or)a(bi)lis //b) p(ar)rochiẹ xancten(sis) p(ro)curato[r] // Joha(n)ne de Tyegel de //b) xanctis Cappellan(us) ibid(em) //b) anno d(omi)ni ṃo cccco lxi5)

Übersetzung:

(C) Mich ließ der ehrwürdige Prokurator der Xantener Pfarre, Johann von Tygel aus Xanten, Kaplan ebendort, im Jahre des Herrn 1461 machen.

Wappen:
Stift St. Viktor, Stadt Xanten

Kommentar

Die gotische Minuskel der emaillierten Inschrift am Nodus (B) weist typische Elemente einer späten Ausprägung auf: Die Brechungen der Schaftenden sind zu Quadrangeln reduziert, die Oberlänge des h ist gespalten und das untere Ende des gebrochenen Bogens geht in einen spitz zulaufenden Zierstrich über. Auch an den gebrochenen oberen Bogenabschnitt des e und an die zum Quadrangel reduzierte Fahne des r ist ein Zierbogen angesetzt. Die Innenkontur der gebrochenen Bögen lässt bei e und s schon eine Rückkehr zu gerundeten Formen erkennen. Die Auftraggeberinschrift (C) ist im linken der beiden beschrifteten Segmente verhältnismäßig gut lesbar. Im rechten Segment hingegen ist die Kursivschrift schwächer eingeritzt und eckiger ausgeführt. Dennoch darf man sicher von einer Ausführung in einem Zug ausgehen, da die Textzeilen sich über beide Segmente erstrecken. Der Auftraggeber des Kelches, Johann van Tygel, ist auch urkundlich als Priestervikar und Prokurator der Xantener Vikare6) sowie als Kaplan der Michaelskapelle belegt7). Die Jahreszahl unter dem Fuß ermöglicht eine Neudatierung des zuvor um 1500 eingeordneten Kelches.

Textkritischer Apparat

  1. Schriftband links abgebrochen.
  2. Wechsel auf den benachbarten Pass.

Anmerkungen

  1. Inv.-Nr. nach Hölker (1925): B-18.
  2. Grote, Schatz von St. Viktor (1998), S. 107f., schlägt für die Kreuzigungsgruppe eine Datierung an den Anfang des 15. Jh. vor (danach auch Kat. Stiftsmuseum Xanten [2010], S. 134). Anders Clemen, KDM Kreis Moers (1892), S. 133: um 1500.
  3. Vermerk unter dem Fuß: REN(OVATVM) 1740 (Bu. 0,5 cm).
  4. Nach Io 19,19.
  5. Für Hilfe bei der Entzifferung der Inschrift sei Dr. Harald Drös, Heidelberg, herzlich gedankt.
  6. Kastner, Urkunden II (2006), Nr. 1993 von 1470 Apr. 2.
  7. Ebd., Nr. 2042 von 1473 Jan. 20; Nr. 2050 von 1473 Juli 7. Er stammt aus derselben Familie wie die Brüder Heinrich und Johann von Tygel, die um 1370 bis 1380 eine Hostienmonstranz stifteten (Nr. 28).

Nachweise

  1. Schiffler, Inventar (1981), Mp. 3, Kirchenschatz, Nr. 3 (A, B).
  2. Grote, Schatz von St. Viktor (1998), S. 107f. (mit Abb.) (B).
  3. Kat. Stiftsmuseum Xanten (2010), Nr. VI/O2, Abb. S. 134 (B).

Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 47 (Paul Ley), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0004706.