Inschriftenkatalog: Stadt Xanten
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 92: Stadt Xanten (2017)
Nr. 54 Wardt, St. Willibrordus 1487
Beschreibung
Willibrordus-Glocke. Bronze. Gießer: Johannes Kersten. Oktavglocke, sechshenklige Krone, Haube durch Rundstege im Rhythmus 2:3 gegliedert. Zier am Hals wie bei der gleichzeitig entstandenen Marienglocke (Nr. 53): Eine umlaufende, gleichmäßig verteilte Inschrift zwischen einem Rundsteg oberhalb und zwei Rundstegen unterhalb, darunter ein Fries aus einzeln gesetzten, hängenden Kreuzblüten aus denselben Modeln wie bei der Marienglocke. Der Wolm ist gegenüber der Flanke durch eine Rundstegkombination 1:2 abgesetzt, auf dem Wolm oberhalb des Schlagrings ebenfalls zwei Rundstege. Die Umschrift ist im Ganzen als Glockenrede gestaltet und setzt sich aus einer Namensansage in Mittelniederländisch (A) und einer lateinischen Meisterinschrift mit Datum (B) zusammen. Während des Zweiten Weltkrieges musste die Glocke zum Einschmelzen abgeliefert werden, kam aber nur leicht beschädigt wieder zurück und wurde wieder in das Geläut integriert.1)
Maße: H. 91 cm (ohne Krone); Dm. 113,5 cm; Bu. 1,5 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel.
- A
willibrordus · is min naemdat geluit si gada) bequem
- B
iohan kerstenb) me fecit anno domini m cccc lxxxviic)
Übersetzung:
(A) Willibrord ist mein Name. Das Geläut sei Gott genehm.
(B) Johannes Kersten hat mich im Jahr 1487 hergestellt.
Versmaß: Reimverse (A).
Textkritischer Apparat
- Das d ist nach unten verrutscht.
- Das r ist vergossen.
- Clemen und Alders bieten die Inschrift mit fehlerhafter Lesung.
Anmerkungen
- Die Registriernummer 14/10/159 C hat sich in der Glockenhöhlung erhalten.
Nachweise
- Clemen, KDM Kreis Kleve (1892), Nachträge, S. 168.
- Alders, Wardt – Die grüne Insel (1978), S. 373, Anm. 49.
Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 54 (Paul Ley), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0005407.
Kommentar
Aufgrund der für die Größe der Glocke sehr geringen Buchstabenhöhe wirkt die gotische Minuskel besonders kräftig in der Strichführung. Dieser Eindruck wird durch die sehr kurzen Oberlängen verstärkt. Auffälligster Buchstabe ist das runde s, bei dem die senkrechten Bestandteile der gebrochenen Bögen in der Buchstabenmitte nicht umgebrochen sind; stattdessen sind die beiden Teile des oberen gebrochenen Bogenabschnitts durch einen Schrägbalken verbunden, der den unteren Bogen nicht berührt. Diese Form unterscheidet sich von dem s auf der gleichzeitig hergestellten Marienglocke (Nr. 53) und mag daher durch den Guss verursacht worden sein, wie auch andere Buchstaben(teile) – etwa Zierlinien an der Fahne des r und am e – auf der Willibrordus-Glocke verdrückt oder verrutscht sind. Auf den Glockennamen folgt ein Trennzeichen in Form eines Kreuzblütenarmes von den traubenähnlichen Kreuzblüten, die für den Fries verwendet wurden. Über den Gießer Johannes Kersten liegen bislang keine Erkenntnisse vor.