Inschriftenkatalog: Stadt Xanten
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 92: Stadt Xanten (2017)
Nr. 177 St. Viktor, Kreuzgang 1565
Beschreibung
Epitaph für Viktor ten Buxtart alias ten Heringen im Westflügel des Kreuzgangs, Joch U25.1) Baumberger Sandstein. Das Epitaph besteht aus einem Bildrelief in architektonischer Rahmung und einer separat gearbeiteten, unten angesetzten Schrifttafel. Das Mittelrelief zeigt vor einem architektonischen Prospekt eine Anbetung der Hirten, die von einem in Voluten auslaufenden Rundbogen überfangen wird, nackte Genien füllen die Zwickel. In der unteren Reliefhälfte ist die Anbetungsszene unter einem flachen Arkadenbogen des Stalls situiert. Maria, Josef und ein Hirte umgeben kniend das auf Stroh gebettete Christuskind. Im Vordergrund links, ebenfalls kniend und anbetend, der Stiftsherr in Kanonikertracht. Von den Seiten eilen weitere Hirten herbei, darunter zwei Lammträger. Den Ädikularahmen dominieren zwei Hermen, eine weibliche rechts, eine männliche links als Träger des auf Konsolen aufruhenden Architravs. Der bekrönende Dreiecksgiebel enthält eine Kartusche mit der Jahreszahl (A). Im Unterhang zwischen Konsolen eine rechteckige Rollwerkkartusche mit einer Widmung (B mittig auf der oberen Rahmenleiste), einer sechs Verse umfassenden Grabbezeugung (C) und einem Sterbe- und Setzungsvermerk in Prosa (D).2) Der Rahmen ist reich durch Masken und Fruchtgirlanden verziert. Unter der Tafel ein Dreieck mit Wappen. Alle Inschriften sind eingehauen. 1945 wurde das Epitaph einschließlich der Schrifttafel schwer beschädigt und 1954 wieder zusammengesetzt.3) Teile der Inschriften und die Köpfe der Hauptfiguren sind jedoch verloren.
Ergänzungen nach Foto.
Siehe Lageplan.
Maße: H. 135 cm; B. 70 cm; Bu. 1,5 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
- A
1 [·] 5 · 65
- B
D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO)
- C
VICTOR TEN BVXTART IACE[T H]AC TELLVRE SEPVLTVS, /[PAR]TE SED IN CO[ELI]S [EST] MELIORE SVI /[SER]VANTVM E NVMERO [CAN]ONIS : CVI GRATIA VOCIS /MAGNA SAC[ERDOTI GLEBA B]OCOLDA PAREN[S] /[ART]V[B]VS (H[EV)a) G]ELI[DA] SENSI[M MERGENTIBVSb) VNDA] /OCCVB[V]IT TOTO [FA]T[A GEME]NTE CHORO /
- D
O[BIIT] ANNO 1564 [DIE] S[EPTI]MOc) APRILIS / EXECVTO(RES)d) AC F[RA]TRES GE[RMA]NI PIE=/[T]ATIS ERGO POS(VERVNT)e)
Übersetzung:
(B) Dem besten (und) höchsten Gott.
(C) Viktor ten Buxtart liegt hier in der Erde begraben, aber mit seinem besseren Teil ist er im Himmel. Aus der Zahl derer, die die Regel wahren, wurde ihm, einem Priester, die große Gnade der (schönen) Stimme zuteil; die Scholle von Bocholt hat ihn hervorgebracht. Weh, als seine Glieder im eisigen Wasser nach und nach versanken, starb er, und der ganze Chor beklagte sein Geschick4).
(D) Er verstarb im Jahre 1564 am siebten Tag des April. Die Testamentsvollstrecker und seine leiblichen Brüder haben (dieses Epitaph) aus Pietät errichtet.
Versmaß: Elegische Distichen (C).
Buxtart5) |
Textkritischer Apparat
- Die runde Klammer ist Bestandteil des Inschriftentextes.
- MERGEN ergänzt nach Engelskirchen.
- Auf dem Vorkriegsfoto sind nur der Anfangs- und der Endbuchstabe zu erkennen; Wort ergänzt nach Engelskirchen.
- Querstrich neben O als Kürzungszeichen.
- Buchstabenbestand nach Foto RBA 25205: POSS.
Anmerkungen
- Inv.-Nr. nach Hölker (1925): H-57.
- Im unteren Bereich der Inschrifttafel wurden zu einem unbekannten späteren Zeitpunkt Einzelbuchstaben (Namensinitialen?) eingeritzt (HP, VS), die in der Edition unberücksichtigt bleiben. „Inschrift verwaschen“ urteilt Clemen (KDM Kreis Moers [1892], S. 149) und verzichtet auf die Wiedergabe des Textes, ebenso Schirmer (Plastik [1991], S. 227f.).
- Siehe das Foto RBA 831030 von 1954.
- Alternativ könnte FATA auf OCCVBVIT bezogen werden: „und er erlag seinem Geschick“.
- Bock.
- Kastner, Urkunden IV (2013), Nr. 3101 von 1552 Sept. 6 und Nr. 3102 von 1552 Sept. 30. Eine Verwechslung von Personen, wie Engelskirchen sie in Erwägung zieht, ist deshalb unwahrscheinlich.
- Kastner, Urkunden III (2007), Nr. 2839 von 1534 Aug. 16, Nr. 2861 von 1535 Dez. 12 und Nr. 2935 von 1541 Mai 3.
- Classen, Archidiakonat (1938), S. 150.
- Kastner, Urkunden IV (2013), Nr. 2973 von 1544 Dez. 5; Nr. 3080 von 1552 Feb. 1 (im Testament des Friedrich Ghyr zum Vollstrecker bestimmt), Nr. 3101 von 1552 Sept. 6, Nr. 3102 von 1552 Sept. 30.
- Wilkes, Studien (1952), S. 99.
- Ebd., Nr. 21/22, vor 1945 Klever Str. Nr. 5, heute Berufskolleg, und S. 105.
- Pels II, Deliciae (1734), p. 290: „Huic propter cantum et vocem dederunt hanc praebendam Capitulares, licet ingrato. E vita decessit relictis aliquot prolibus, et in haeresi mortuus.” Vgl. ebd., p. 197: „Victor Boxtart sive Tenheringen obiit in haeresi 1564.“
- Successio, fol. 53v–54r.
Nachweise
- Foto: RBA 25205 (vor 1945).
- Engelskirchen, Inschriften (1937), S. 37, Nr. 41.
Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 177 (Paul Ley), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0017707.
Kommentar
Einige Anfangsbuchstaben wurden – z. T. erheblich – größer ausgeführt. Die V mit vokalischem Lautwert sind mit diakritischen Zeichen in Form von nach unten offenen Bögen versehen, die I tragen Punkte. P ist tiefer gesetzt, so dass der Schaft in den Unterlängenbereich ragt. Die Ziffern sind durch Quadrangel voneinander getrennt.
Viktor Buxtart alias ten Heringen wird bei Pels und in der Successio genannt und ist mit beiden Namen auch urkundlich nachweisbar.6) Die Stiftsurkunden erwähnen ihn als Vikar des Dreikönigenaltars und als Prokurator der Vikarienbruderschaft in den Jahren 1534–1541,7) Classen führt ihn von 1550 bis 1564 als Kanoniker8). Als Zeuge wird Viktor ten Buxtart alias ten Heringen dann noch einmal 1544 sowie als Kanoniker und Testamentsvollstrecker des Fredericus Vulturius in drei Urkunden des Jahres 1552 erwähnt.9) Vor 1555 war der Vikar Besitzer der „Dependence des Pfarrhauses“10) an der Klever Straße, von 1548 bis zu seinem Tod 1564 bewohnte er die dortige sog. Kaboyse, eine Doppelkurie neben dem einstigen Pfarrhaus.11) Pels zufolge erhielt Viktor ten Buxtart seine Pfründe „wegen seines Gesangs und seiner Stimme. (Er erwies sich) freilich (als) undankbar. Als er aus dem Leben schied, hinterließ er etliche Nachkommen, und er starb als Häretiker.“12) Abweichend von der Inschrift überliefert die Successio den 16. April als Todestag.13)