Inschriftenkatalog: Stadt Xanten

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 92: Stadt Xanten (2017)

Nr. 186† St. Viktor, Kreuzgang 1575

Beschreibung

Grabplatte des Heinrich Bars, genannt Olisleger (Alisleger). Stein (?). Von Dorth hat eine Zeichnung dieser Platte angefertigt, die er in unmittelbarer Nähe zum Epitaph von Olislegers zweiter Ehefrau Gotfrida van Bemmel (siehe Nr. 157) „zu Xanten im umbgang der großen Kirche“ gesehen hat. Die Zeichnung weist vier Wappen in den Ecken (vermutlich eine Ahnenprobe) und einen siebenzeiligen, schon für von Dorth nur noch auf der linken Plattenhälfte lesbaren Sterbevermerk (A) im Zentrum der Platte auf, ferner Reste eines auf der Randleiste umlaufenden Gebets auf der linken und oberen Plattenseite (B). Von Dorth hat beide Inschriften in Schreibschrift in die Zeichnung eingetragen und den Sterbevermerk ein weiteres Mal unter Berücksichtigung der Abkürzungen und Fehlstellen in Kapitalis notiert, so wie er sie offenbar auf der Platte gesehen hat. Für die Ausführung des Bibelzitats können keine Aussagen gemacht werden.

Inschriften nach von Dorth.

Schriftart(en): Kapitalis (A).

  1. A

    CLARISS(IMO) ET [………] / VIRO D(OMINO) HENRIC[O .....] / OLIFERIOa) [- - -] / ILLVSTRIS[- - -]b) / CANCELLA[RIO - - -] / ANNO D(OMI)NI 15[- - -] / CVBAT [- - -]

  2. B

    super nos et misereatur no/stri. Ps 6[.]c)1)

Übersetzung:

(A) Dem hochberühmten und … Manne, Herrn Heinrich … Oliferius, Kanzler... des/der durchlauchtigsten … im Jahre des Herrn 15... Er liegt...

(B) ...über uns und er möge sich unser erbarmen. Psalm 6[.].

Wappen:
Bars gen. Olisleger2)van Dript?3)
unbekannt4)[fehlt]

Kommentar

Heinrich Bars gen. Olisleger wurde vor 1500 in Wesel als zweiter Sohn des gleichnamigen klevischen Rentmeisters und dessen zweiter Frau Odilia van Dript geboren.5) Wenn die vier Wappen als Ahnenprobe zu deuten sind, müsste es sich bei dem Wappen in der oberen rechten Ecke um das Wappen der Mutter handeln. Nach dem Besuch der Schulen in Rees und Wesel wurde er am 31. Oktober 1511 in Köln immatrikuliert und studierte Jura und Theologie in Köln, Orléans und Bologna.6) Er erlangte den Grad eines Dr. iuris utriusque und eine Professur in Köln. Sein hervorragendes Ansehen veranlasste Herzog Johann III. von Jülich-Kleve-Berg (1521–1539), ihn an den klevischen Hof zu berufen, zunächst als Rat (um 1532), dann als Kanzler für Kleve-Mark (1534), ein Amt, das er bis zu seinem Tod unter Johann III. und dessen Sohn und Nachfolger, Herzog Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg (1539–1595), ausübte.7) Olisleger gehörte zu den wichtigsten politischen Beratern der beiden Herzöge, vor allem war der Reformkatholik maßgebend an der Umsetzung der ausgleichenden Bemühungen des klevischen Hofes in den Streitigkeiten zwischen Katholiken und Protestanten beteiligt. Er neigte dem Humanismus eines Erasmus von Rotterdam zu, war ein Freund bedeutender Humanisten wie Konrad Heresbach und Johannes von Vlatten.8) Er war dreimal verheiratet, in zweiter Ehe mit der Xantener Patriziertochter Gotfrida van Bemmel, bei deren Tod am 15. Juli 1554 er ein bedeutendes Epitaph für den Kreuzgang des Xantener Domes stiftete (Nr. 157). In Wesel fügte er der Stiftung eines Altersheims für Männer ein weiteres für arme Frauen hinzu, die beide „bis in die neueren Zeiten“ (Harleß) bestanden. Er starb am 15. Februar 1575 in Kleve.9)

Textkritischer Apparat

  1. Falsch statt OLISLEGER.
  2. Vermutlich zu ILLVSTRISSIMI oder ILLVSTRORVM zu ergänzen und auf den Herzog respektive die Herzöge zu beziehen, denen er diente. Möglich, aber weniger wahrscheinlich ist auch, dass das Epitheton den Verstorbenen selbst meint (ILLVSTRISSIMO).
  3. 60 Bambauer/Kleinholz. In von Dorths Zeichnung ist die zweite Ziffer aber nicht hinreichend sicher erkennbar. Richtig ist Ps 66,2.

Anmerkungen

  1. PsG 66,2: „Deus misereatur nostri et benedicat nobis / inluminet vultum suum super nos et misereatur nostri“. Der Psalmtext paraphrasiert den aaronitischen Segen in Nm 6,24-26: „Benedicat tibi Dominus et custodiat te, ostendat Dominus faciem suam et misereatur tui, convertat Dominus vultum suum ad te et det tibi pacem.“
  2. 3 Bärsche (vgl. Schleicher, Slg. von der Ketten, Bd. 1 [1983], S. 133).
  3. 3 Ringe (?).
  4. Baum.
  5. Vita nach Harleß, Art. Olisleger, Heinrich Bars gen. O., in: ADB Bd. 24 (1887), S. 303–305; Kloosterhuis, Erasmusjünger (2006), S. 545–547.
  6. Matrikel Köln 2 (1979), 492, 29.
  7. Beurkundungen durch Olisleger sind in den Xantener Stiftsurkunden zwischen 1535 und 1574 nachgewiesen (siehe bes. Kastner, Urkunden III [2007], Nr. 2858 von 1535 Okt. 26 und Nr. 2655.3 von 1574 Nov. 22).
  8. Kloosterhuis, Erasmusjünger (2006), S. 546 und passim; Janssen/Grote, Zwei Jahrtausende (2001), S. 264–267.
  9. Nach Harleß wurde er „in der Familiencapelle bei St. Willibrord in Wesel bestattet“ (Art. Olisleger, Heinrich Bars gen. O., in: ADB Bd. 24 [1887], S. 304). Tatsächlich gibt es in der Willibrordikirche zu Wesel eine Alisleger-Kapelle, die dazugehörigen Grabplatten hat der ehemalige Pfarrer und spätere Superintendent, Walter Stempel, dargestellt (Willibrordikirche [1971]), S. 15f.); die Platte des hier infrage stehenden Kanzlers ist nicht darunter. Überhaupt ist in Wesel nach freundlicher mündlicher Auskunft von Herrn Walter Stempel weder ein Grab des Kanzlers noch seine Grabplatte bekannt. Der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass von Dorth die Grabplatte eines Verwandten gleichen Namens kennt, der 1529 verstorben ist (s. Bambauer/Kleinholz, Inschriften, Teil 1 [1979], S. 111), und zwei Wappenfenster mit Angehörigen gleichen Namens aus dem Jahr 1653 erwähnt, der eine Rat und Thesaurar, der andere Rat und Kanzler in Kleve (ebd., S. 150 und 161).

Nachweise

  1. LAV NRW R, HS N III Nr. 2 (von Dorth, Notizen [1659–1674]), fol. 58r.
  2. Bambauer/Kleinholz, Inschriften, Teil 2 (1980), S. 213.

Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 186† (Paul Ley), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0018606.