Inschriftenkatalog: Stadt Xanten

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 92: Stadt Xanten (2017)

Nr. 217 Privatbesitz 1607–1616

Beschreibung

Türsturz vom Renaissanceportal des Zisterzienserinnenklosters in der Niederstraße. Das Konventsgebäude wurde 1945 mitsamt einem Anbau aus der Zeit um 1700 vollständig zerstört. 1945 aufgefunden, heute in Privatbesitz. Baumberger Sandstein. Links und rechts rechteckige Verkröpfungen mit schlicht gerahmten, reliefierten Masken, die linke aus Udelfanger Sandstein. Dazwischen ist die vierzeilige Bauinschrift erhaben aus dem scharrierten Grund herausgehauen. Der Sturz ist zweifach gebrochen; die Buchstaben waren bereits 1949 stellenweise abgebrochen, hinterließen jedoch an fast allen Stellen deutbare Spuren auf dem Stein.

Ergänzungen nach Foto.

Maße: H. 21,5 cm; B. 180 cm; Bu. 3,9 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. [R]EVE[RE]N[DA AC · NO]BILIS [· D.]a) · ELISA[BETA] · DE · GO[TTER=]/SCHW[I]CK · P[RIM]A · [ABBAT]ISS[A · P]OST · T[RAN]SLATIONEM CAE/[NO]BIIb) MONT[E P]RIN[CIP]VM · IN · HOC · LOC[O] · HONORIS · ER[GO] · OR=/DINIS · CISTERCIE[(N)]SIS · ET · POSTERIS · S[VIS]c) · HA[(N)]Cd) [·] DOMV(M)e) · AEDIFICARIf) · FEC(IT)g)·

Übersetzung:

Die ehrwürdige und edle Frau Elisabeth von Gotterschwick, erste Äbtissin nach der Überführung des Klosters auf dem Fürstenberg an diesen Ort, hat zu Ehren des Zisterzienserordens und für die Nachwelt dieses Gebäude errichten lassen.

Kommentar

Die Kapitalis ist in der durch die Technik bedingten kräftigen Strichstärke sorgfältig gehauen. Bogen- und Linksschrägenverstärkungen wurden nicht konsequent ausgeführt. Bei N, M und V sind zwar die linksschrägen Schäfte verstärkt, bei A jedoch der rechte Schrägschaft. O hat Bogenverstärkungen, die aber nicht einer schräglinken Achse entsprechen, sondern seitlich angebracht sind und eine leicht spitzovale Innenkontur des Buchstabens bewirken. Die freien Balken- und Schaftenden tragen Serifen oder dreieckige Sporen. Beim R ist die Cauda gewölbt und weit ausgestellt. Um Platz zu sparen, wurden – vor allem in der letzten Zeile – Wortteile in kleineren, hochgesetzten Buchstaben ausgeführt, während Kürzungen nur sehr zurückhaltend und Nexus litterarum lediglich vereinzelt eingesetzt wurden. Die Worttrennung erfolgt durch kleine griechische Kreuze auf der Zeilenmitte.

Das Kloster der Zisterzienserinnen auf dem Fürstenberg wurde im Niederländischen Krieg 1586 von den Spaniern niedergebrannt und die romanische Abteikirche zerstört. Die Äbtissin Ida von Boddenberg floh mit den Nonnen nach Xanten, wo ihnen die Schwestern vom 1402 gegründeten Konvent der Agneten einen Teil ihres Konventsgebäudes in der Niederstraße einräumten. Von den beiden letzten Schwestern des Agnetenkonvents, Anna Hardenack und Bela Dungenrath, erwarben die Nonnen vom Fürstenberg 1606 mit Unterstützung durch den Herzog Johann Wilhelm von Kleve zunächst eine Hälfte des Hauses, dann das gesamte Kloster. Von dem Kloster auf dem Fürstenberg waren noch Mauerwerk und zwei hohe Türme aus Tuff, unzweifelhaft römischen Ursprungs, stehen geblieben. Diese ließ die Äbtissin Elisabeth von Gotterschwick (1607–1616), die 18. in der Liste der Äbtissinnen des Zisterzienserinnen–Klosters auf dem Fürstenberg,1) 1608 weitgehend niederreißen. Jedenfalls verzeichnet die Äbtissin Brigitte Wilhelmine von Backum in einem Vertrag von 1671, von der alten Kirche seien nur noch zwei schadhafte Türme vorhanden. Von Gotterschwick ließ aus dem Verkauf des Abbruchmaterials das Konventsgebäude in der Niederstraße ganz oder teilweise neu errichten und mit Renaissancegiebeln schmücken.2)

Textkritischer Apparat

  1. Auf alten Fotos sind das D und ein Schaft zu erkennen. Der Platz reicht nur für zwei Buchstaben. Zu erwarten ist eine gekürzte Form von DOMINA (DN?), denkbar ist auch die Doppelung D(OMINA) D(OMINA) (so bei Engelskirchen).
  2. II-Ligatur in Form eines symmetrischen Y.
  3. VIS hochgestellt.
  4. AC hochgestellt.
  5. OMV hochgestellt.
  6. DIFICARI hochgestellt.
  7. EC hochgestellt, Kürzung durch Punkt auf der Zeile.

Anmerkungen

  1. Vgl. die Liste der Äbtissinnen bei Bärsch, Nonnenkloster (1857), Nr. 6, S. 173ff. und bei Scholten, Cisterzienserinnen-Klöster (1908), S. 132f.
  2. Die Verlegung des Klosters Fürstenberg in die Stadt Xanten wurde vom päpstlichen Nuntius in Köln nachträglich genehmigt. In die entsprechende Urkunde (Wilkes, Urkunden, Nr. 3583 von 1616 Mai 4) ist eine Urkunde von 1606 Feb. 23 inseriert, in der erwähnt wird, dass 1. Elisabeth von Götterschwick von dem Altencamper Abt Gottfried Draeck zur Äbtissin des Klosters Fürstenberg bestimmt worden sei, dass 2. das Agnetenkloster mitsamt seinen Baulichkeiten in das Kloster Fürstenberg inkorporiert werde; das Kloster solle möglichst bald repariert werden (vgl. Wilkes, Inventar [1952], Nr. 3586 von 1616 Juli 20). Urkunden der Jahre 1611 und 1612 geben über diverse Verkäufe und eine Anleihe zum Zweck der Finanzierung der Bauarbeiten am Kloster Auskunft (ebd., Nr. 3561 von 1611 Sept. 8, Nr. 3562 von 1611 Okt. 15 und Nr. 3565 vom 1612 Okt. 6).

Nachweise

  1. Foto: Stiftsbibliothek o. Nr. (1949).
  2. Engelskirchen, Letzte Nachlese (1955), S. 205 (mit Abweichungen).
  3. Kat. 750 Jahre (1978), Nr. 114 (mit Abweichungen).
  4. Das alte Xanten (1989), Tf. 33f.

Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 217 (Paul Ley), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0021706.