Inschriftenkatalog: Stadt Xanten

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 92: Stadt Xanten (2017)

Nr. 220† St. Viktor (1616)/1619

Beschreibung

Epitaph (?) mit Setzungs- und Sterbevermerk mit Fürbitte sowie einer Grabbezeugung für Konrad und Johannes Winter. Engelskirchen bringt die Inschrift mit einer Blausteinplatte im Nordflügel des Kreuzgangs in Verbindung (fünfte Bodenplatte von Osten, U18). Die umlaufende Inschrift der betreffenden Platte, die ehemals vorhandenen Wappen in den Ecken und die Dekoration des Mittelfeldes sind allerdings völlig abgetreten, lediglich Reste einer Renaissancemuschel am Kopfende sind erkennbar. Engelskirchens Zuordnung der Inschrift zu dieser Platte ist somit spekulativ. Es ist vielmehr unwahrscheinlich, dass der Text überhaupt auf einer Grabplatte angebracht war, zumal von Dorth zum Standort des Inschriftenträgers überliefert: „Stehet in der Kirche zu Xanten, nechst der Oostseite fast beim Turm“.1) Das Denkmal befand sich somit 1659 nicht an dem in der Inschrift genannten Bestattungsort im Kreuzgang, dessen Erwähnung auf der auf dem Grab liegenden Grabplatte zudem überflüssig wäre. Die Formulierung „stehet“ weist überdies eher auf ein senkrecht angebrachtes Monument, also wohl ein Epitaph, als auf eine Bodengrabplatte hin.2)

Inschrift nach von Dorth.

  1. R(everen)dis et clar(issi)misa) d(omino) Conrado Wintero scholastico et can(onic)o olimq(ue) officiali die VI. maii MDCXIX et d(omino) Joanni Wintero l(egum) l(icentiato) can(onic)o et successive off(icial)i huius eccl(esi)ae XXVI apr(ilis) MDCXVI fr(atr)ibus pie def(unctis) iuxta et in ambitu sep(ultis) haered(es) posuerunt quorum animae requiescant in pace amen

Übersetzung:

Für die ehrwürdigen und hochangesehenen Brüder, Herrn Konrad Winter, Scholaster und Kanoniker sowie einst Offizial, der am 6. Mai 1619, und Herrn Johannes Winter, Lizenziat der Rechte, Kanoniker und nachfolgend Offizial dieser Kirche, der am 26. April 1616 fromm gestorben ist und die gemeinsam im Kreuzgang begraben sind, haben die Erben (dies) errichtet. Ihre Seelen mögen in Frieden ruhen. Amen.

Kommentar

Die beiden Verstorbenen waren Neffen des Kanonikers Johannes Winter (s. Nr. 176). Als sie 1568 gemeinsam an der Kölner Universität immatrikuliert wurden, war Johannes – offenbar der jüngere von beiden – noch minderjährig, so dass sein Vater den Eid für ihn leistete.3) Bereits fünf Jahre zuvor (am 18. Januar 1563) erhielt Konrad seine Pfründe durch Verzicht des Onkels.4) Zur Nutznießung von Präbende und Ferculum seines Onkels wurde Konrad Winter am 19. Januar 1565 zugelassen. Am 21. Oktober 1603 wurde der Xantener Offizial5) vom Kapitel zum Scholaster gewählt.6) Pels und Successio nennen die Gicht als Todesursache.7)

Pels datiert die Zulassung des jüngeren Bruders Johannes Winter auf den 1. Juni 1576, seinen Tod auf den 25. April 1616.8) Er kennt ihn als Offizial und Pastor in Birten9) und spricht ihm große Gewandtheit in Französisch und Latein zu.10) Das Tagebuch des Johannes Winter für das Jahr 1587 befindet sich in der Stiftsbibliothek.

Textkritischer Apparat

  1. R(everen)dus et Clar(issi)mus Bambauer/Kleinholz.

Anmerkungen

  1. Von Dorth, Notizen (1659–1674), fol. 58v.
  2. Abweichend von der Inschrift und ohne diese zu erwähnen gibt Pels an, dass Konrad Winter beim Johannesaltar bestattet gewesen sei (Pels II, Deliciae [1734], p. 338). Dieser Altar befand sich in der Johannes-Kapelle, die unmittelbar östlich vor dem Nordturm lag und vorübergehend dem Bau des Nordschiffes weichen musste (s. Beissel, Bauführung III [1889], S. 59). Worauf die Angabe bei Pels gründet, lässt sich nicht feststellen.
  3. Matrikel Köln 4 (1981), Nr. 691,78 und 79.
  4. Pels vermerkt eigens, dass er der erste gewesen sei, der eine Präbende des Apostolischen Stuhls durch Präsentation des Fürsten erhalten habe (Pels II, Deliciae [1734], p. 278).
  5. S. Kastner, Urkunden IV (2013), Nr. 3521 von 1600 Mai 13.
  6. In den Stiftsurkunden zum ersten Mal 1604 erwähnt (ebd., Nr. 441,1 von 1612 Dez. 16). Pels II, Deliciae [1734], p. 338, lobt das sanfte Gemüt Konrad Winters und seine Güte gegenüber den Armen.
  7. Ebd., p. 278f.; Successio, fol. 33v; Vorlage des Testaments am 7. Mai „nach dem Tode des Scholasters“, so Kastner, Urkunden V (2014), Nr. 3600 von 1619 Mai 27.
  8. Pels II, Deliciae (1734), p. 197.
  9. Ebd.; so auch die Successio, fol. 53v.
  10. Vgl. auch die Sterbeaufzeichnungen des Xantener Pfarrers Nikolaus Ketelband nach von Dorth (Engelskirchen, Letzte Nachlese [1955], S. 204): „26. Aprilis 1615 (1616) obiit Joannes Winter officialis canonicus presbyter Xantensis in Bierthen pastor et vicarius. Judex praedii Ilt“ (‚Am 26. April 1615 (1616) starb Johannes Winter, Offizial, Kanoniker, Priester in Xanten, in Birten Pastor und Vikar. Richter des Gehöfts Ilt’). Gemeint ist der Iltsche Hof bei Wesel-Ginderich.

Nachweise

  1. LAV NRW R, HS N III Nr. 2 (von Dorth, Notizen [1659–1674]), fol. 58v.
  2. Engelskirchen, Letzte Nachlese (1955), S. 203f.
  3. Bambauer/Kleinholz, Inschriften, Teil 2, S. 215.

Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 220† (Paul Ley), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0022001.