Inschriftenkatalog: Stadt Xanten

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 92: Stadt Xanten (2017)

Nr. 225 Markt 16 (vor?) 1624

Beschreibung

Nachbildung einer römischen Ziegeltafel der 30. Legion, vermutlich 1624 zwischen dem mittleren und dem östlichen Fenster in 3,25 m Höhe in die Rückwand des ehemaligen Gartenhauses des Caspar van Ulft (heute Markt 16) eingelassen (vgl. Nr. 226). In die quadratische Tafel ist zweizeilig der Name der in Xanten angesiedelten römischen Legion eingehauen. An einigen Stellen sind schwach vorgeritzte Hilfslinien erkennbar. Die Köpfe der vier Halterungsnägel in den Ecken sind aus gebranntem Ton imitiert.

Maße: H. 50 cm; B. 50 cm; Bu. 6,8 cm.

Schriftart(en): Antik-römische Kapitalis (neuzeitliche Kopie).

  1. LEGIO VLPIA / VET(ERA)a) XXX

Übersetzung:

30. Legion des Ulpius (Trajan) aus (dem Lager ) Vetera.

Kommentar

Die Inschrift ist sehr sorgfältig ausgeführt, die Proportionen sind ausgewogen. Bei A, V und X ist eine regelmäßige Linksschrägenverstärkung feststellbar. Offensichtlich hat man sich um eine qualitative Orientierung an der antiken Kapitalis bemüht. Typisch für die nachmittelalterliche Kapitalis ist das E mit sehr kurzem Mittelbalken. Das Kürzungszeichen ist in Form von übereinander gesetzten Quadrangeln ausgeführt.

Die von Trajan 98/99 n. Chr. gegründete Legio XXX Ulpia war zwischen 121/122 n. Chr. und der Mitte des 3. Jahrhunderts im Römerlager Castra Vetera II stationiert. Nach ihren militärischen Erfolgen in den Dakerkriegen (101–106 n. Chr.) erhielt sie den Zusatz „victrix“ (‚die Siegreiche‘) und wurde in Inschriften seitdem üblicherweise als LEGIO XXX VLPIA VICTRIX bezeichnet.1) Die Abkürzung VV für VLPIA VICTRIX wurde u.a. für den Legionsstempel gängig. Ungewöhnlich ist hingegen die Verbindung der Legionsbezeichnung mit dem Namen des Lagers Vetera II. Sie erklärt sich wahrscheinlich aus dem Missverstehen der Vorlage für die Nachbildung der Ziegelplatte im 17. Jahrhundert. Die Tafel wurde mit der Kopie einer mittelalterlichen Stiftungsinschrift (Nr. 224) und dem in einer Nische platzierten Weihestein des Cessorinius Ammausius an den Gott Silvanus (heute LVR–Archäologischer Park/RömerMuseum) in die Rückfront des Gartenhauses eingefügt2) und dort als (angeblich) historisches Ensemble inszeniert. Sie wurde demnach vermutlich beim Bau des Hauses 1624, vielleicht aber auch schon früher angefertigt.

Textkritischer Apparat

  1. Kürzung durch zwei übereinander gesetzte Quadrangel.

Anmerkungen

  1. Siehe dazu Runde, Xanten (2003), S. 37–43; Schmitz, Vetera II (2008), S. 160–166 (mit weiterer Literatur).
  2. Der Weihestein wurde dort noch 1911 gesehen (Kat. Steiner [1911], S. 76f.)

Nachweise

  1. Kat. Steiner (1911), S. 76f.
  2. Bader, Dom I (1978), Tf. 29 und S. 131.

Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 225 (Paul Ley), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0022506.