Inschriftenkatalog: Stadt Xanten
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 92: Stadt Xanten (2017)
Nr. 236 St. Viktor, Südturm 1634
Beschreibung
Sog. Kleine Viktor-Glocke in der Glockenstube des Südturms. Bronze. Glockengießer: Simon Hellingh, Kalkar. Konstruktion: Oktavglocke, mittlere Rippe. Die sechshenklige Krone ist ohne besonderen Schmuck, die Haube ist durch zwei Rundstege gegliedert. Am Glockenhals verläuft zwischen zwei Rundstegen eine einzeilige Meisterinschrift mit Amtsträgernennung und Datum, beginnend hinter einem Andreaskreuz. Unterhalb der Schrift zwischen Rundstegen ein Fries aus Blatt- und Blütenranken mit eingearbeiteten Puttenköpfen. 1945 wurde die Glocke durch Granatbeschuss stark beschädigt,1) 1953 bei der Firma Witte in Leverkusen repariert und wieder läutbar gemacht. 1954 kehrte sie nach Xanten zurück.2)
Maße: H. 59,5 cm; Dm. 73,6 cm; Bu. ca. 2,5 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
+ · ANNO · M · DC · XXXIIII · S(ANCTVS) VICTOR REFVS(VS) R(EVERENDO) · D(OMINO) · CASPARO AB VLFT DECANO EXISTENTEa) · PER ME SIMONEM HELLINGH DE CALCARIA ·
Übersetzung:
Im Jahr 1634 wurde der hl. Viktor (d. h. die dem hl. Viktor geweihte Glocke) unter dem amtierenden Dechanten, dem ehrwürdigen Herrn Caspar von Ulft, durch mich, Simon Hellingh aus Kalkar, wieder gegossen.
Textkritischer Apparat
- EXISTENTE] xantensi fact(us) Pels.
Anmerkungen
- Die Glocke wies einen 50 cm langen Riss vom Schlagring bis in den Obersatz auf (Stiftsarchiv Xanten, Schaeben, Gutachten vom 10.9.1953).
- Ebd. und Stiftsarchiv Xanten, Foto Koch vom 17.3.1954.
- Einziger linksrheinischer Gussort dieser frühen Phase war 1631 Bedburg-Kaster (Rhein-Erft-Kreis). An diesem Guss war auch Simons Bruder Matthias beteiligt. Zum Aufenthalt in Wipperfürth siehe Poettgen, 700 Jahre Glockenguß (2005), S. 166, Anm. 617 mit weiterer Literatur. Dort wird die in der älteren Literatur angenommene Zugehörigkeit der Gießerfamilie zum Kölner Kreis (vgl. Renard, Von alten rheinischen Glocken [1918], S. 44) zurückgewiesen.
- Ebd., S. 67; Walter, Glockenkunde (1913), S. 765.
- Pels II, Deliciae (1734), p. 60.
Nachweise
- Pels II, Deliciae (1734), p. 60.
- Clemen, KDM Kreis Moers (1892), S. 142.
- Bader, Dom I (1978), S. 286.
- Cuno in: Heckes, Restaurations-Bau (1989), Glocken, S. 5f.
- Ley/Kernder, „Mit heiterer Stimme“ (2005), S. 35–37.
Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 236 (Paul Ley), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0023603.
Kommentar
Die nüchterne Kapitalis erhält durch die geschwungene Cauda des R sowie das X aus zwei voneinander abgewendeten, von einem Mittelbalken durchkreuzten Bögen einige wenige verspielte Elemente. Worttrennung durch Punkte in der Zeilenmitte und durch zwei übereinander gesetzte Quadrangel.
Simon Helling ist seit 1623 als Glockengießer belegt und arbeitete zunächst zusammen mit seinem Vater Johannes Helling von Wipperfürth aus im Rechtsrheinischen.3) In den 1630er Jahren war er von Kalkar aus als Einzelgießer am Niederrhein tätig.4) Bei Pels wird die Kleine Viktor-Glocke als fünfte Glocke des Hauptgeläutes im Südturm erwähnt. Sie wird als „Campana Concionatoria“ bezeichnet,5) als Glocke, die die Gemeinde zur gottesdienstlichen Versammlung zusammenruft. Wie aus der Inschrift ersichtlich, wurde sie 1634 umgegossen. Pels vermerkt: "hat Zu gießen gekostet 90 T(ale)r". Zu Caspar van Ulft siehe Nr. 244.