Inschriftenkatalog: Stadt Xanten
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 92: Stadt Xanten (2017)
Nr. 257† St. Viktor 16.–17. Jh.
Beschreibung
Korporalientüchlein im Deckel eines älteren(?) Korporalienkästchens. Das Kästchen ist verschollen, seine Zugehörigkeit zum Xantener Paramentenschatz ist nur durch die Bildunterschriften zu drei Fotos im Rheinischen Bildarchiv/Foto Marburg überliefert.1) Das quadratische (Holz?)Kästchen, das zur Aufbewahrung des Korporale diente,2) war mit Stoff bezogen, auf den geometrische Muster gestickt waren.3) An der Deckelinnenseite war ein Korporalientüchlein mit einem auf die Eucharistie bezogenen liturgischen Zitat angebracht. Aus vergleichbaren Stücken lässt sich auf eine Größe von ca. 20 cm im Quadrat schließen; dementsprechend dürften die Buchstaben etwa 1,5 cm hoch gewesen sein.
Inschrift nach Foto.
Schriftart(en): Kapitalis.
CALIXa) BENEDICTIONISb) / CVI BENEDICIMVS / NONNEc) COMMVNICATIOd) / SANGVINISe) CHRISTIf) EST ·g) / ET PANISh) QVEMi) ERAN=/GIMVSj) NONNE PAR=/TICIPATIO CORPO=/RIS DOMINI ESTk)4)
Übersetzung:
Der Kelch des Segens, über den wir den Segen sprechen, ist er nicht Vereinigung mit dem Blut Christi? Und das Brot, das wir brechen, ist es nicht Teilhabe am Leib des Herrn?
Textkritischer Apparat
- I über den Balken des L gestellt.
- I in D eingestellt, T in den Bogen des C gestellt.
- Das erste N in O eingestellt.
- O und A jeweils in den Bogen des C, I unter den Balken des T gestellt.
- G mit dem rechten Schaft des N, S mit I verschränkt. G und S verkleinert.
- S verkleinert und mit dem ersten I verschränkt, das zweite I unter den Balken des T gestellt.
- Zwei kurze Schwellzüge übereinander, dahinter ein Blattornament.
- A unter den Bogen des P auf die Grundlinie gestellt.
- V in Q eingestellt.
- Falsch für FRANGIMVS.
- Anschließend ein Blattornament.
Anmerkungen
- RBA 53364–53366.
- Vgl. zu solchen Kästchen allgemein Bachem, Korporalienkästchen (2000), S. 174–191.
- RBA 53365.
- Offertorium zum Fronleichnamsfest (Marbach, Carmina Scripturarum [1907], S. 502), nach I Cor 10,16.
- Bachem, Korporalienkästchen (2000), S. 178, 180; Hans Martin von Erffa, Art. ‚Bursa’, in: RDK, Bd. 3 (1951), Sp. 227.
Nachweise
- Foto: RBA 53366 (vor 1945).
Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 257† (Paul Ley), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0025708.
Kommentar
Die Kapitalis weist klassische Linksschrägenverstärkungen und M mit parallelen Schäften und kurzem Mittelteil auf. Die Cauda des R ist leicht gebogen, läuft spitz zu und endet oberhalb der Grundlinie. Bemerkenswert ist die Vielzahl an Verschränkungen und Enklaven, die für Inschriften nachmittelalterlicher Entstehungszeit ungewöhnlich, im Xantener Bestand jedoch auch vereinzelt bei Inschriften des späten 16. oder des 17. Jahrhunderts zu beobachten sind (vgl. insbesondere das Epitaph für Gerhard Busaeus, Nr. 202). Doppelte Trennstriche am Zeilenende und der verkürzte Mittelbalken des E hingegen sind typische Elemente der frühneuzeitlichen Kapitalis. Das Korporalientüchlein wurde der Schrift zufolge im 16., vielleicht sogar erst im 17. Jahrhundert angefertigt. Da Korporalienkästchen dem aktuellen Forschungsstand zufolge nur bis zum 16. Jahrhundert hergestellt und dann endgültig von Bursen abgelöst wurden,5) ist zu überlegen, ob das Tuch jünger ist als das Kästchen selbst und möglicherweise das heute noch erhaltene Korporalientüchlein (Nr. 77) ersetzte.