Inschriftenkatalog: Stadt Xanten

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

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DI 92: Stadt Xanten (2017)

Nr. 260 St. Viktor, Langchor 2. H. 15.–17. Jh. (und später)

Beschreibung

Chorgestühl (angefertigt um 1228)1) mit Graffiti aus dem 15. bis 19., vielleicht auch 20. Jahrhundert. Eichenholz. Das Gestühl ist an der Evangelien- und an der Epistelseite jeweils zweireihig entlang der Innenwände des Langchors aufgestellt. Jede der vier Reihen besteht heute aus zwölf Stallen, von denen jeweils sechs eine Einheit bilden.2) Die einzelnen Sitze sind am oberen Abschluss der Rückenlehne mit Nummern versehen, die nachträglich – vermutlich zwischen der zweiten Hälfte des 16. und dem 18. Jahrhundert – ins Holz eingeschnitten wurden. Nur die beiden Gruppen aus jeweils sechs Sitzen, die heute auf beiden Seiten am östlichen Ende der inneren Reihe stehen, tragen Graffiti, die in die Rückenlehne, in die Sitzfläche, in die Miserikordie oder in die Deckplatte eingeschnitten wurden. Nicht alle Sitzflächen und Rückenlehnen sind im Originalzustand erhalten, einige wurden ganz oder zur Hälfte erneuert und tragen keine Inschriften. Eingeritzt wurden Namen und Initialen, dazu gelegentlich Marken (mit oder ohne Wappenschild), Ortsnamen und Daten, die einzelne Einträge in die Jahre 1541, 1558, 1567, 1621 und 1694 einordnen. Des Weiteren sind an einigen der Sitze Zirkelschläge und (überwiegend undeutbare) Kritzeleien angebracht. Im Folgenden werden die Graffiti in der Sortierung nach den Sitznummern geboten. Aufgenommen wurden nur Einträge, die mindestens eine Silbe umfassen oder als Initialen erkennbar sind. Einträge, die mit hoher Wahrscheinlichkeit nach dem 17. Jahrhundert entstanden, wurden nicht berücksichtigt.

Siehe Lageplan.

Maße: Bu. 0,7–3,7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel, z. T. mit Versalien (26E, 27C, 27E, 27H, 28A, 29A, 29L, 57B, 58J, 58M, 59F, 59H, 61F); schreibschriftliche Minuskel (61D, 61K); humanistische Minuskel (58L); Mischminuskel, z. T. mit schreibschriftlichen Elementen und einzelnen Majuskelbuchstaben (alle übrigen in Minuskel ausgeführten Einträge); Kapitalis, z. T. mit Minuskelformen (alle Einträge in Majuskelschrift).

Stalle 26

An der Rückenlehne3)

  1. A

    Uictora)

  2. B

    herb)

  3. C

    Thc̣) Zo(n)sbeckd)

  4. D

    Theo Pasma(n)e)

  5. E

    Joha(n)f)

  6. F

    HeR : ṣṭoll :

An der Vorderseite der Deckplatte

  1. G

    SCHREMI

  2. H

    H H F̣

Textkritischer Apparat

  1. Mischminuskel mit ovalem o, Bogen-r mit gebrochenem Bogen; U-Versal aus der gotischen Majuskel mit Abschlussstrich.
  2. Endbuchstabe verkleinert und hochgestellt.
  3. Falsch für Theo. T und h bilden einen Nexus litterarum, der darauf folgende Buchstabe (e?) hat die Form einer schlingenförmigen 4.
  4. Name als Herkunftsname (Sonsbeck, Kreis Wesel) zu verstehen? Mischminuskel mit runden Formen bei h, o, b und zweistöckigem z, aber eckiger Umformung der Bögen von c und k. Das Lang-s reicht weit unter die Grundlinie, beginnt oben knapp über dem Mittelband der Zeile.
  5. Eintrag durchgestrichen. Mischminuskel mit eckig ausgeführten a, m und o, aber gerundeten Bögen bei e, p und Lang-s. Als Versal ein rundes T aus der gotischen Majuskel, in dessen eckig gearbeiteten Bogen ein Schaft eingestellt ist.
  6. Gotische Minuskel mit einstöckigem, unten offenem a. Versal mit ausgeprägter Unterlänge und am Schaft ansetzendem Schrägbalken, dessen freies Ende in einen Zierbogen übergeht.

Stalle 27

An der Rückenlehne

  1. A

    E · N ·a)

  2. B

    gradb)

  3. C

    gerac)

  4. D

    W K

  5. E

    veltd)

  6. F

    IACOB//VSc) ṭỊFA[..]e)

  7. G

    I Wf)

  8. H

    boltg)

  9. I

    i // bg)

Textkritischer Apparat

  1. N retrograd.
  2. Die Bögen von g und d eckig ausgeführt, einstöckiges a dreieckig, z-förmiges Bogen-r.
  3. Gotische Minuskel. Zweistöckiges, unten offenes a.
  4. Voll ausgeprägte gotische Minuskel, nach rechts abfallend. Beide Schäfte des v mit Oberlänge; l mit ausgeprägter, gespaltener Oberlänge.
  5. Unterbrechung durch eine Marke (vgl. Anhang, Nr. 14). Schrift nach rechts stark abfallend.
  6. Darunter mit Zirkelschlag angebrachte konzentrische Kreise.
  7. Über dem Namen bolt ein Schild mit unkenntlichem Wappenbild zwischen den Initialen i und b (?) für (iohann bolt?). Gotische Minuskel, nach rechts abfallend. Zur Person siehe den Kommentar.

Stalle 28

An der Rückenlehne

  1. A

    simo[.]a)

  2. B

    Iob)

  3. C

    [- - -]omsc)

  4. D

    LIE[.]d)

  5. E

    IOAb)

  6. F

    Wẹḷ[..]ghe)

  7. G

    IO(HANN)ES p[…..]f)

  8. H

    R W

  9. I

    IO(HANN)ES pas[...]g)

An der Miserikordie

  1. J

    Iob)

Textkritischer Apparat

  1. Gotische Minuskel. Da der Eintrag dicht an der Kante zur ausgetauschten linken Hälfte der Rückenlehne liegt, ist nicht auszuschließen, dass davor noch zugehöriger Text stand. Nach dem o ist ein weiterer Schaft erkennbar (vielleicht der linke Schaft eines n?), dann bricht der Text ab.
  2. Eintrag abgebrochen. Zu Io(h)annes zu ergänzen?
  3. Anfang des Eintrags befand sich auf der ausgetauschten linken Hälfte der Rückenlehne. Mischminuskel mit rautenförmigem o, eckigen m und s.
  4. Letzter Buchstabe E, b oder t? Vor dem L ein größer ausgeführtes A, wohl nicht zugehörig. Darüber eine Fratze.
  5. Mischminuskel: W mit eingestelltem Mittelschaft, g mit ausgeprägter Unterlänge in Form eines großen Bogens.
  6. Eintrag beschädigt, vermutlich zu pasman zu ergänzen.
  7. Vermutlich zu pasman zu ergänzen.

Stalle 29

An der Rückenlehne

  1. A

    suederus / Tạcka)

  2. B

    Io(hann)eṣ MostARtb)

  3. C

    V S M

  4. D

    I : M

  5. E

    vẹll

Auf der Sitzfläche

  1. F

    h(er)ma(n)n(us)c) moers

  2. G

    Io(hann)es mostartd)

  3. H

    A R N

  4. I

    W A D

  5. J

    W Ke)

  6. K

    I We)

An der Miserikordie

  1. L

    theo custodisf)

Textkritischer Apparat

  1. Gotische Minuskel. Als Versal ein rundes T mit eingehängtem Schaft als Element der gotischen Kursive.
  2. Vgl. Eintrag 29G und Nr. 259, N27. Mischung aus Kapitalisbuchstaben mit ausgeprägten Sporen und einer Mischminuskel mit schreibschriftlichen Einflüssen (unter die Grundlinie verlängertes Lang-s). Unter dem Namen ist eine Marke (?) eingeschnitten (s. Anhang, Nr. 15). Ob sie zu Johannes Mostart gehört, ist unklar.
  3. Kürzungsstrich durch den Schaft des h, am Ende ein us-Haken. Zur Person siehe den Kommentar.
  4. Eintrag um 90° gegen den Uhrzeigersinn gedreht. Vgl. 29B und Nr. 259, N27.
  5. Eintrag um 90° gegen den Uhrzeigersinn gedreht.
  6. Gotische Minuskel. Oberlänge des h gespalten. Die offenen Bogenenden des runden s sind durch einen Schrägbalken miteinander verbunden.

Stalle 30

An der Rückenlehne:

  1. A

    A(nn)o : d(omini) · 1541 : / Her : HAICHa) / HE(R) : MOLṬ : / ḤEr : bẹẹḳ :

  2. B

    georb)

  3. C

    da beic)

  4. D

    dAVIdd) Beil

Auf der Deckplatte

  1. E

    I // Me)

Textkritischer Apparat

  1. Unterer Balken eines eckigen C fehlt. Vgl. Nr. 259, N6 und N7.
  2. Zu georg zu ergänzen. Mischminuskel.
  3. Für david beil?
  4. Am Anfang und am Ende des Wortes ein offenes unziales bzw. rundes D/d. Unklar, ob als Majuskel- oder Minuskelbuchstabe zu verstehen.
  5. Dazwischen eine Marke, siehe Anhang, Nr. 16.

Stalle 31

An der Rückenlehne

  1. A

    W V

  2. B

    I K

  3. C

    STO/CKa)

  4. D

    H I N

  5. E

    I V D H

  6. F

    W . T .b)

Auf der Sitzfläche

  1. G

    W K

  2. H

    N : 9 AVErbeckc)

  3. I

    E L

  4. J

    A M

  5. K

    W : K

  6. L

    Q Ed)

  7. M

    KLUT

  8. N

    IOHA g)

  9. O

    H F

  10. P

    R B

  11. Q

    S B

  12. R

    LOTe)

  13. S

    R : B

  14. T

    I Be)

  15. U

    LEṚṢ

An der Vorderseite der Deckplatte

  1. V

    I K

  2. W

    A H

Auf der Deckplatte

  1. X

    CASPAR KNIPf)

Textkritischer Apparat

  1. Der letzte Buchstabe liegt über dem deutlicher schwächer eingeritzten Eintrag 31D.
  2. W als V mit eingestelltem Mittelschaft; rundes T mit eingestelltem Schaft.
  3. Orts- oder Herkunftsname mit Bezug auf Overbeck (Gem. Schermbeck, Kreis Wesel)?
  4. Der Eintrag wird zweimal in unterschiedlicher Größe wiederholt.
  5. Eintrag um 90° gegen den Uhrzeigersinn gedreht.
  6. Die Initialen sind größer ausgeführt.
  7. Eintrag abgebrochen, zu IOHANNES zu ergänzen.

Stalle 57

An der Rückenlehne

  1. A

    HERa) · Ib) · stOCHORstc)

  2. B

    theo [custo]disd)

  3. C

    Reineruse)

  4. D

    H V I

  5. E

    HERa) Ib) STOCHORST

  6. F

    arn · noltf)

  7. G

    H · D / A(nn)og) 1621

Auf der Sitzfläche:

  1. H

    W A D

  2. I

    F V B

Textkritischer Apparat

  1. (Stifts-)HERR (vgl. 30A) oder HER(MANN)?
  2. Zu ergänzen zu I(NGEN).
  3. Vgl. 57E und Nr. 259, Inschrift S1. Am Anfang und am Ende des Nachnamens ist das lange, mit Unterlänge versehene s mit t durch Ligatur verbunden. Zur Person siehe den Kommentar.
  4. Eintrag durch Ausbrüche beschädigt, aber deutlich erkennbar. Gotische Minuskel. Der gebrochene Bogen des h hat eine Unterlänge. Der zum Linksschrägschaft umgeformte obere Bogenabschnitt des d ist weit nach links ausgezogen und endet in einer Serife.
  5. Mischminuskel mit spitzovalen Bögen, ohne Brechungen an den Schaftenden.
  6. Mischminuskel ohne Brechung der Schaftenden. Der Bogen des n ist in einen rechtsschrägen Schaft zwischen den beiden senkrechten Schäften umgewandelt, o annähernd oval. Doppelstöckiges a, unten offen. Das t mit breitem, rechts angesetzten Balken; l mit gespaltener Oberlänge, die nachträglich angesetzt bzw. verlängert wurde.
  7. Endbuchstabe hochgestellt.

Stalle 58

An der Rückenlehne

  1. A

    Jo(hann)e[s]a)

  2. B

    HERMA(N) : 2b)

  3. C

    HER :

  4. D

    HERA

  5. E

    TH : RA(.)Ec)

  6. F

    Ju(.)ve k)

  7. G

    HENRICVS closd)

  8. H

    Johannes : winnikere)

  9. I

    david issf)

  10. J

    d · cust :g)

  11. K

    hermh)

  12. L

    Io(hann)es :i)

  13. M

    th[eo] custod[..]sj)

Textkritischer Apparat

  1. Die Schrift weist deutlich erkennbare Übereinstimmungen mit 58H (Johannes Winniker) auf. Der Eintrag könnte von derselben Hand stammen und abgebrochen worden sein.
  2. Die (versehentlich ausgeführte?) 2 ist eckig; M mit parallelen Außenschäften und kurzem Mittelteil, A mit gebrochenem Mittelbalken.
  3. Stark schwankende Buchstabengröße (0,8–1,4 cm). Kürzung durch Querstrich, vermutlich für M oder N.
  4. Während der Vorname eindeutig in Großbuchstaben ausgeführt ist, stellt das aus einem Schaft mit ausgeprägter Oberlänge bestehende l im Nachnamen ein eindeutiges Minuskelelement dar.
  5. Gekonnt ausgeführte Mischminuskel mit schmal proportionierten, in gleichmäßig feiner Strichstärke gearbeiteten Buchstaben. Die typischen Brechungen der gotischen Minuskel finden sich bei o und bei e im Bereich des oberen Bogenabschnitts, nicht aber an den unteren Schaftenden. Die Bögen bei n sind oben spitzwinklig umgebrochen und verlaufen parallel zum Anstrich des i. Der obere Schrägbalken des k ist durch zweifache Brechung zum Schaft zurückgeführt. Der Endbuchstabe des Vornamens hat die Form einer schlingenförmigen 4, die eckig ausgeführt und oben flach ist. Der obere Buchstabenteil ist also dreieckig, unten kreuzen sich die beiden Schrägbalken und der rechtsschräg verlaufende ist weit unter die (gedachte) Grundlinie verlängert. Als Versal werden I longa mit breitem Deckbalken sowie W in Form zweier Schrägschäfte mit eingestelltem, nahe beim linkschrägen Schaft verlaufendem Mittelschaft verwendet. Als Worttrenner dienen zwei übereinander gestellte Rauten.
  6. Mischminuskel. Bögen des runden d und des a rautenförmig; beide s als Lang-s ausgeführt.
  7. Gotische Minuskel. Bogen des unzialen d gebrochen mit weit nach links ausgezogenem freiem Bogenende. Worttrennung durch Raute, zwei übereinander gestellte Quadrangel am Schluss.
  8. Zu hermann zu ergänzen. Mischminuskel mit schmalen Buchstaben, spitzovalem Bogen bei e, zum Schrägschaft umgebildetem Bogen und deutlicher Unterlänge bei h.
  9. Humanistische Minuskel.
  10. Erster Buchstabe nach dem d vielleicht e? Gemeint ist wohl custodis. Gotische Minuskel, vgl. Anm. 57d).
  11. Kürzungsstrich über u.

Stalle 59

An der Rückenlehne

  1. A

    wolter(us) vdema)

  2. B

    theo : custodisb)

  3. C

    wolter(us) / vdema)

  4. D

    Theoc)

  5. E

    stap̣p̣

  6. F

    ḥẹṛṃd) hẹc̣ke(n)e)

  7. G

    lvdolpf)

  8. H

    [……] // [..] quaijeckg)

  9. I

    i hash)

An der Miserikordie

  1. J

    theo [ge...]

An der Vorderseite der Deckplatte

  1. K

    FER[.]N

Textkritischer Apparat

  1. Vgl. 61C. Mischminuskel mit starken Einflüssen der gotischen Minuskel. w in Form eines v mit eingestelltem Mittelschaft. Die gespaltene Oberlänge des l ragt kaum über das Mittelband der Zeile hinaus.
  2. Diakritisches Zeichen über u.
  3. Als Versal ein rundes T mit eingestelltem Schaft als schreibschriftliches Element.
  4. Vermutlich zu herm(ann) zu ergänzen.
  5. Eintrag getilgt. Gotische Minuskel.
  6. Sehr dünnstrichiger Eintrag. Mischminuskel. Vgl. Nr. 259 (N4).
  7. Unterbrechung durch Marke (vgl. Anhang, Nr. 17). Gotische Minuskel mit kastenförmigem a. Beim y ist der rechte der beiden parallelen Schäfte in einem Zierstrich zur Unterlänge ausgezogen; der Buchstabe trägt zwei kurze Striche als diakritisches Zeichen. Beim k ist der obere Schrägbalken zum Schaft hin gebrochen. Es handelt sich vermutlich um einen „faber lignarius“ oder „arcularius“ Namens Ge. Queick (auch Qweeck), der in den Thesaurierechungen von 1525/1526 aufgeführt wird (Beissel, Bauführung III [1889], S. 103).
  8. Am Wortende ein kursives s. Möglicherweise stammt der Eintrag von einem Johannes Haese, der in der Baurechnung von 1483/84 im Zusammenhang mit Einkünften der Kirchenfabrik erwähnt wird (Rotthoff, Baurechnungen, Sp. 218). Der Kanoniker Johannes Josephus Hasius, der 1648 durch kaiserliche Präsentation („preces imperiales“) eine Präbende erhielt und 1660 resignierte (Pels II, Deliciae [1734], p. 215, 298; Successio, fol. 65v, 55v), dürfte angesichts der Schrift eher nicht dafür in Frage kommen.

Stalle 60

Auf der Sitzfläche

  1. A

    S T O R

  2. B

    M A N

  3. C

    IOHANNFa)

Textkritischer Apparat

  1. Sic! Zu ergänzen zu IOHANNES.

Stalle 61

An der Rückenlehne

  1. A

    theọ :

  2. B

    E · T ·

  3. C

    wolter(us) vde(m)a)

  4. D

    huysma(n)b)

  5. E

    wilh

  6. F

    Aratoṇịsc)

  7. G

    E : T

  8. H

    gerlac

  9. I

    vlef̣f̣d)

  10. J

    Reis

  11. K

    Albert(us) swelme)

Auf der Sitzfläche

  1. L

    THEO

  2. M

    VICTOR

  3. N

    VICT

  4. O

    IOH :

Auf der Deckplatte

  1. P

    HEI(N)RIC(VS) // GELREMA(N)f)

  2. Q

    H(EINRICVS) // G(ELREMAN)g)

  3. R

    CALCAR

  4. S

    1558 3 MAI

  5. T

    IOANNES TACKh)

  6. U

    VICTOR WEYER / 1694

  7. V

    1567i)

  8. W

    SIMO(N) TACK

Textkritischer Apparat

  1. w in Form zweier Schrägschäfte mit eingestelltem Mittelschaft. Vgl. Nr. 59A und C.
  2. Schreibschriftliche Minuskel mit Unterlänge beim Lang-s.
  3. Gemeint ist wohl Aratoris (von „arator“ = ‚Bauer, Pflüger‘). Ob 61E (Wil[helm]) als zugehöriger Vorname zu verstehen ist, ist angesichts der sehr unterschiedlichen Buchstabengröße (61E: 3,2 cm; 61F: 1,5 cm) zweifelhaft. Gotische Minuskel. Als Versal ein durch einen feinen Abschlussstrich geschlossenes pseudounziales A mit sehr kräftigem linkem Schaft und weit unter die Grundlinie gezogenem, nach unten spitz zulaufendem rechten Schrägschaft, dünnstrichigem Deckbalken und kräftigem Mittelbalken. Doppelstöckiges a, unten offen. Rundes Schluss-s, oben und unten geschlossen.
  4. Mischminuskel mit schreibschriftlichen Einflüssen in Form geschwungener, unter die Grundlinie verlängerter Schäfte der beiden f, die auf Höhe der Grundlinie von einem gemeinsamen Querstrich durchkreuzt sind.
  5. Schreibschriftliche Minuskel.
  6. Unterbrechung durch Marke zwischen Initialen (vgl. Inschrift 61Q).
  7. Unterbrechung durch Marke, vgl. Anhang, Nr. 18.
  8. Zur Person siehe den Kommentar.
  9. Korrigiert aus 1560.

Stalle 62

Auf der Deckplatte

  1. A

    KALL

  2. B

    VICTOR WEYER

  3. C

    S F F C Xa)

  4. D

    H D F C Xa)

Textkritischer Apparat

  1. C X vielleicht für C(anonicus) X(antensis)?

Marken

unbekannt (IM)4), Bolt (unkenntlich), Quaijeck5), Geldermann6)

Kommentar

Dem Charakter von Graffiti entsprechend sind viele der Einträge flüchtig ausgeführt. Genutzt wurde die gesamte Fläche der Rückenlehnen und der Sitzflächen, wobei die Ausrichtung der Schrift darauf schließen lässt, dass die Ausführenden in fast allen Fällen vor dem Gestühl gestanden bzw. gehockt haben.7) Zahlreiche abgebrochene Einträge sprechen dafür, dass die Schreiber gestört wurden. Die mangelnde Übung im Umgang mit dem Messer und die ungewohnte Schreibposition bewirkten vielfach Unsicherheiten und Mängel wie schwankende Buchstabenhöhe oder ungelenk ausgeführte Bögen. Ob der häufig zu beobachtende Wechsel zwischen Majuskel- und Minuskelformen mit der Entscheidung für möglichst einfach auszuführende Buchstaben zu erklären ist oder auf generell fehlende Schreibpraxis zurückzuführen ist, sei dahin gestellt.

Allerdings gibt es auch Beispiele für sorgfältig eingeschnittene Inschriften, die Schreibroutine und eine Gestaltungsabsicht erkennen lassen. Das gilt etwa für den Eintrag des Johannes Winneker (58 H), der durch sehr ausgeprägte Ober- und Unterlängen und energisch umgebrochene obere Schaftenden auffällt. W ist aus zwei Schrägschäften mit eingestelltem, schräglinks ausgeführtem Mittelschaft gebildet, zwei übereinander gestellte Quadrangel dienen als Worttrenner. Die gleiche Form des W findet sich bei Wolterus Udem (59A, 59C)8), dessen Einträge ebenfalls noch der gotischen Minuskel verpflichtet sind. Die Graffiti des Suederus Tack (29A) und des Theo Custodis (29K, 57B, 58M, 59B) sind in einer späten gotischen Minuskel ausgeführt und dürften zu den frühesten Einträgen am Chorgestühl zählen. Mehrmals wird als Versal ein rundes T mit geradem Deckbalken und einem von diesem herabhängenden Schaft in halber Zeilenhöhe verwendet, das aus der gotischen Kursivschrift übernommen ist (Suederus Tack, 29A; Theo Pasman, 26D, zudem bei Einzelbuchstaben). Auffallend sind auch die Einträge von Theo Zonsbeck (26C, vgl. auch Nr. 259, N17), der nicht nur für b, h und o, sondern auch für das zweibogige Z runde Formen verwendet.

Nur einige wenige Personen sind quellenmäßig fassbar, darunter mehrere Kleriker. Eines der ältesten Graffiti stammt wahrscheinlich von Johann Bolt (27H), der 1463/64 als Vikar an der St. Viktorkirche der Kegelgilde beitrat.9) Johannes Tack (61T) ist vielleicht identisch mit dem gleichnamigen, 1526 urkundlich belegten Priester, Sohn der Adelheid Tack aus der Xantener Marsstraße,10) oder mit einem Kölner Kleriker, der 1585 für die Marienvikarie der Pfarrkirche in (Rees-)Bienen präsentiert wurde11). Hinter dem Familiennamen huysman (61D) verbirgt sich möglicherweise Heinrich Hu(i)sselman, der von 1520 bis 1530 Kanoniker am St. Viktorstift war.12) Hermann (ingen) Stoc(k)horst (57A, 57E, vgl. Nr. 259, S1) ist für 1562 und 1609 als Vikar und Offiziant des Sebastianusaltars nachgewiesen. Er gehörte 1609 zu den „quattuor primi vicarii“13) und wird auch im Inventar des Domschatzes von 1573 erwähnt.14) Hermann Moer(s) (29F) war um 1484/85 Vikar in Rees.15) Als Her – also Stifts- oder Chorherr – bezeichnen sich Hermann (?) Beek, Everhard (?) Haich und ein HE(R) MOLT in ihrem 1541 angebrachten Graffito (30A).16) Hinter Heinrich Clos (58G) können sich verschiedene Kanoniker verbergen. Heinrich Clos (I) erhielt am 12. August 1489 die Präbende des verstorbenen Propstes und verstarb vor dem 7. März 1495.17) Heinrich Clos (II) erhielt nach dem Tod des Heinrich Penningh 1520 dessen Kanonikerpräbende und am 23. März 1529 das Ferculum des Wessel Hotmann (siehe Nr. 103). 1542 ist er als Testamentsvollstrecker des Sibert von Riswick bezeugt.18) Er selbst starb 8. Juli 1544 und wurde in Xanten beigesetzt.19) Heinrich Clos (IV), Sohn des Schlüters und Hofrichters des Bischofshofes Heinrich Clos (III), war ebenfalls Kanoniker am Viktorstift, verzichtete aber 1574 und verstarb 1595.20) Heinrich Clos (V) schließlich ist zwischen 1598 und 1651 am Stift nachweisbar.21) Wer aus dieser Familie seinen Namen auf dem Chorgestühl verewigt hat, lässt sich nicht entscheiden.

Einige wenige Einträge lassen sich auf Handwerker zurückführen, die an Arbeiten in der St. Viktorskirche beteiligt waren. Ein „arcularius“ (‚Schmuckkästchenmacher‘) namens Queick (auch Qweeck) fertigte 1525/26 einen Traghimmel für das heilige Sakrament nach Vorbildern in Kleve und Venloe.22) Vermutlich verbirgt er sich hinter dem Eintrag Quaijeck (vgl. Nr. 59H). Swederus Tack (29A) lieferte 1537 einen kleinen Altaraufsatz aus Holz für das Kapitelshaus.23) Johannes (28G, 28I) und Theodor Pasmann (26D) waren vermutlich am Bau der Westempore beteiligt (vgl. Nr. 259). Ein Johannes Pasmann wird in den Fabrikrechnungen 1454/55–1475/76 als Bewohner eines zinspflichtigen Hauses in der Scharnstraße erwähnt.24) 1465/66 war er als Zimmermann u.a. an den Dachdeckerarbeiten für die Michael- und die Andreaskapelle beteiligt.25) Theo und Johannes Pasmann gehören zu den Personen, deren Namen sowohl am Chorgestühl als auch am Geländer der Galerie in der Westchorhalle zu finden sind (siehe Nr. 259), ebenso wie Everhard Haech, Theo Zonsbeck, Jan Has (59I) und Hermann (ingen) Stochorst.

Anmerkungen

  1. Günther, Chorgestühl (1996–1998), S. 197. Die Datierung basiert auf einer dendrochronologischen Untersuchung.
  2. Zu den insgesamt 48 Sitzen kommen zwei dreisitzige Gestühle neben den seitlichen Lettnereingängen hinzu, die jünger sind.
  3. Reihenfolge: Es werden erst die Einträge auf der (vom Betrachter aus) linken, dann die auf der rechten Hälfte der Rückenlehnen genannt, jeweils von oben nach unten. Bei den Sitzen wird entsprechend verfahren.
  4. Siehe Anhang, Nr. 16.
  5. Es handelt sich um die auf dem Gestühl überlieferte Namensform (59H). Siehe Anhang, Nr. 17.
  6. Siehe Anhang, Nr. 18.
  7. Vier Einträge sind um 90° gegen den Uhrzeigersinn gedreht, lassen also auf eine Ausführung aus seitlicher Position schließen (29G, 29J, 29K, 31R, 31T).
  8. An Stalle 61 jedoch mit dem v der humanistischen Minuskel bzw. Kapitalis (61C).
  9. Bader, Dom I (1978), S. 303. Mehrere Mitglieder der Familie Bolt/Bols sind als Stiftsangehörige belegt. Ein Vikar Johannes Bols, Prokurator der Vikare, verstarb bereits 1400 und dürfte als Schreiber nicht in Frage kommen (Hawicks, Xanten [2007], S. 484).
  10. Kastner, Urkunden III (2007), Nr. 2659 von 1524 Feb. 26.
  11. Kastner, Urkunden IV (2013), Nr. 3399 von 1582 Feb. 3 und Nr. 3401 von 1582 Feb. 7.
  12. Pels II, Deliciae (1734), p. 134; Successio, fol. 11v.
  13. Kastner, Urkunden IV (2013), Nr. 3242 von 1562 Dez. 2 und Nr. 3557 von 1609 Juli 10.
  14. „Noch (e)i(n) sylveren handt s(ancti) Victoris gehoerende in dat offerkistge(n) in dat chorstainde mit ein ketge(n) daran ein agnus dei dat h(er) herma(nn) stockhorst in bewarungh hefft“ (Stiftsarchiv Xanten, B 48, Akten der Thesaurarie, Inventarium ornamentorum in sacristia existentium anno 1573, Pos. 11a).
  15. Die Baurechnung 1484/85 hat zwei Eintragungen zu dem verstorbenen Vikar der Kirche in Rees Hermann Moer. Die erste nennt ein Legat des Verstorbenen an die Kirchenfabrik, die zweite Einkünfte der Fabrik durch die Testamentsvollstrecker „de certis curmedis per eundem receptis“ Rotthoff, Baurechnungen (1975), Sp. 228 und 233.
  16. Vgl. auch Nr. 259, N6, N7, S7 (?) zu Everhard Haich; S6 zu Hermann Beek/Beck.
  17. Successio, fol. 3.
  18. Kastner, Urkunden IV (2013), Nr. 2954 von 1542 Dez. 18.
  19. Pels II, Deliciae (1734), p. 125; Successio, fol. 3 und 18.
  20. Pels II, Deliciae (1734), p. 125; Successio, fol. 3.
  21. Pels II, Deliciae (1734), p. 327; Successio, fol. 18.
  22. Beissel, Bauführung III (1889), S. 103.
  23. Beissel, Bauführung I (1889), S. 219.
  24. Zum ersten Mal Rotthoff, Baurechnungen (1975), Sp. 34, zum letzten Mal ebd., Sp. 175.
  25. Rotthoff, Baurechnungen (1975), Sp. 78, 80–82.

Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 260 (Paul Ley), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0026003.