Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)
Nr. 219 St. Sebastian 1556/nach 1580
Beschreibung
Sterbeinschriften auf dem Wandgrabmal der Familie Schranck. Innen, Chor, Südostseite. Heute dreiteiliger Aufbau. Jüngerer Teil: Unten querrechteckige Tafel. In eingetiefter Fläche Relief, die Familie: links der Mann mit vier Söhnen, alle in Wams, Hose und Mantel, rechts zwei Frauen und drei Töchter, die Frauen in Mantel und Haube, die Mädchen im Kleid, eines als Wickelkind, zwischen den beiden Gruppen auf der nicht eingetieften Fläche Inschrift (II). Die Platte wird rechts und links von je einem hochrechteckigen Seitenhang mit Volute im Relief begleitet. Darüber älterer Teil: Zwischen zwei Pilastern mit Prophetenfiguren als Hermen, links Jesaia, rechts Jeremia, Relief: Maria als Immaculata umgeben von Marianischen Symbolen, dargestellt in Bild und Schrift (III-XXV). Links und rechts auf eigenen Platten mit oberem dreieckigem Abschluss (Giebel) der Stifter und seine Frau kniend, den Rosenkranz in Händen, der Mann im Mantel, die Frau in Haube und Mantel. Über dem Mittelrelief Gebälk, darüber gesprengter, barocker Volutengiebel mit Inschrift (I) im Giebelfeld. Kalkstein.
Maße: H. 154 cm, B. 137 cm, Bu. 1 cm (I), 1,5 cm (II), 0,6-0,9 cm (III-XXIV).
Schriftart(en): Fraktur (I, II), Kapitalis (III-XXIV).
- I.
Anno 1556 / Jar starb der Erbar / man nicolaus Schranckh Burger vnd Melbler1) Alhie / Anno <1581> Jar den <18 Junij> starb die Erbar Frau / Anna Reisserin des NICOLAIa) hausfrau gewesen deren Gott / Gnedig vnd barmherczig sein welle Amen
- II.
Anno Domini 1. 5 / <..> den <---> / starb der Erbar Martin / Hass Böckh vnd Bürger. / Alhie[r] Anno d(omi)ni / <1580> [Jar] den 20 [...] / starb die Erbar Frau Anna / Schranckhin sein erste hau[s]/frau . Anno domini 15/<..> den <---> starb die Erbar Frau Margreth / Mandelböckhin [sein ---/... hausfraub) ---]
- III. Links unten auf dem Turm:
TVRRVSc) / DAVID - IV. Unten in der Mitte auf der Gartenmauer:
HORTVS CON/CLVSVSd) - V. Auf der Randleiste unter der Hydra:
IPSA CONTERET CAPVT TVVM - VI. Rechts neben dem Brunnen:
FONS / SIGNATVS - VII. Rechts neben dem Spiegel:
SPECVLVM / SINE MACVLA - VIII. Unter der Tür:
PORTA CLAVSA - IX. Unter der Stadt:
CIVITAS DEI - X. Auf dem Rundbau:
TEMPLVM / DEI - XI. Links und rechts der ersten Pflanze links von Maria:
QVASIe) // PLAN/TANVSf) / EXALTATAg) / SVM - XII. Links und unter der zweiten Pflanze links von Maria:
QVASIf) / PLANTATIOg) / ROSE - XIII. Rechts der dritten Pflanze links von Maria:
QVASI / CEDRVS - XIV. Rechts der vierten Pflanze links von Maria:
QVASI / PALMA - XV. Unter dem Stern:
STELLA / MARIS - XVI. Unter der geöffneten Tür:
PORTA CAELI - XVII. Über der Sonne:
ELECTA VT SOL - XVIII. Neben dem Mond:
PVLCHRA VT / LVNA - XIX. Neben der in die Wolken führenden Leiter:
SCALA CAELI - XX. Rechts neben dem Baum rechts von Maria:
QVASI / CYPRESSVS - XXI. Über dem Becken des fließenden Brunnens:
PVTEVSh) / AQVARVM - XXII. Neben dem Baum am rechten Bildrand:
QVASI / OLIVA - XXIII. Links und rechts der Pflanze rechts neben Maria:
FLOSe) // CAMPI / LILIVMe) // CONVAL/IVMf) - XXIV. Von der Wolke bei Gott Vater im Bogen auf Maria zulaufend in zwei Zeilen:
PVLCHRA . ES . AMICA . MEA . ET . MACVLA . / NON . EST . IN . TE .
Übersetzung:
Turm Davids (III); Verschlossener Garten (IV); Sie selbst wird dein Haupt zertreten (V); Versiegelte Quelle (VI); Makelloser Spiegel (VII); Geschlossene Pforte (VIII); Stadt Gottes (IX); Tempel Gottes (X); Ich rage wie eine Platane empor (XI); Wie ein Rosengarten (XII); Wie eine Zeder (XIII); Wie eine Palme (XIV); Meerstern (XV); Pforte des Himmels (XVI); Auserlesen wie die Sonne (XVII); Schön wie der Mond (XVIII); Himmelsleiter (XIX); Wie eine Zypresse (XX); Wasserbrunnen (XXI); Wie ein Olivenbaum (XXII); Blume des Feldes, eine Lilie des Tales (XXIII); Schön bist du meine Freundin und kein Makel ist in dir (XXIV).
Bibel- und Schriftstellerzitat(e):
- Gen 28,12 (XIX); Ct 2,1 (XXIII); Ct 4,4 (III); Ct 4,7 (XXIV); Ct 4,12 (IV, VI); Ct 4,15(XXI); Ct 6,9 (XVII, XVIII); Sap 7,26 (VII); Sir 24,17 (XIII); Sir 24,18 (XII, XIV, XX); Sir 24,19 (XI, XXII); Hymnus: Intende qui regis (X); Hymnus: Ave Maris Stella (XV, XVI).
Textkritischer Apparat
- Dieses Wort in Kapitalis.
- Ergänze evtl. ander vor hausfrau. Laut Götz folgte eine weitere Zeile, vermutlich die Segensformel.
- Sic!
- Trennung durch Ecke der Gartenmauer.
- Es folgt der Stamm.
- Rechts des Stammes.
- Unter der Pflanze.
- S hochgestellt.
Anmerkungen
- Ein Melbler ist ein Mehlhändler vgl. Palla, Verschwundene Arbeit 209f.
- Die Darstellung des Reliefs entspricht bis ins Detail einem Stich des Cornelis Cort, 1567 nach einem unbekannten Gemälde vgl. Sellink, The New Hollstein, Cornelis Cort II, Nr.93, 76f.
Nachweise
- Clm 2105 fol. 112r; Kdm OBB I (Ingolstadt) 54; Götz, Kl. Kirchen 86-88; Sanierung 4-7.
Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 219 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0021901.
Kommentar
Der heutige Denkmalbefund ist sicher eine Zusammenstellung eines älteren mit einem jüngeren Denkmalteil. Ursprünglich bestand das Denkmal aus dem Mittelrelief mit der Darstellung der Unbefleckten Empfängnis, vermutlich nach einem Stich des Cornelis Cort2), mit dem darüber angebrachten Architrav sowie dem Auszug mit der Sterbeinschrift Schrankh/Reiser. Corts Stich ist 1567 datiert. Entweder wurde das Denkmal erst nach diesem Zeitpunkt geschaffen oder als Vorlage diente das unbekannte, von Cort vervielfältigte Gemälde. Die Ähnlichkeiten zwischen Stich und der Darstellung auf dem Grabdenkmal z. B. bei der ungewöhnlichen Darstellung der Hydra sind jedoch so genau, dass Corts Stich oder Corts Vorlage ziemlich sicher als Vorlage der Relieftafel gedient haben müssen. Zu vermuten ist, dass dieses (Ursprungs-)Denkmal zusätzlich noch über eine Reliefplatte mit der Darstellung der Familie und einen Unterhang – vielleicht mit einer weiteren Inschrift oder einer bildlichen Darstellung – wahrscheinlich Wappen - verfügte. Bei der vielleicht schon zeitgenössischen Umgestaltung wurde dieser Unterhang durch die zwei seitlich an das ursprüngliche Mittelrelief angefügten Darstellungen des Stifters und seiner Frau ersetzt, um Platz für die Relieftafel Hass/Schrankh zu schaffen. Um zwischen den beiden Teilen zu vermitteln, wurden die beiden Seitenhänge mit den Voluten geschaffen. Unorganisch wirkt das Denkmal, da ein Unterhang fehlt, ob er nie geschaffen worden ist oder später verloren ging, bleibt unklar.
Der obere, ältere Teil des Denkmals wird von Hofmann einem Mitglied der Bildhauerfamilie der Zoia zugewiesen.
Die Stifter sind jenseits des Denkmals nicht nachzuweisen.