Sie hilft, stellt Mängel ab und lindert Tierleid im
Landkreis und in Koblenz: Dr. Simone Nesselberger - Veterinärin
werden und sich um das Wohl von Tieren kümmern, das wollte Dr. Simone
Nesselberger bereits im Jugendalter. Dabei wäre es beinahe gar nicht dazu
gekommen, berichtet die Tierärztin, die seit 2012 im Dienst der Kreisverwaltung
Mayen-Koblenz steht und seitdem schon viele dramatische, belastende, aber auch
schöne Momente im Einsatz für den Tierschutz erlebt hat.
„Die
Tätigkeit im Amtstierarztbereich ist ein toller Job. Er ist vielfältig und
spannend. Man weiß nie genau, was einen erwartet. Und man hat es nicht selten
mit exotischen Tieren wie Weißkopfäffchen, Giraffen, Giftspinnen, Schlangen
oder auch Wildkatzen zu tun“, sagt Simone Nesselberger. Doch leider, so betont
die 42-Jährige, würden Amtstierärzte in der Öffentlichkeit nicht gerade den besten
Ruf genießen: „Aus Sicht vieler Tierschützer machen wir zu wenig und aus Sicht
mancher Tierhalter zu viel.“ Doch egal, wie man es dreht und wendet: Unterm
Strich sind Dr. Simone Nesselberger und ihre drei weiteren Kollegen im
Veterinäramt der Kreisverwaltung Mayen-Koblenz, das für den Landkreis und die
Stadt Koblenz zuständig ist, dem Tierschutz verpflichtet. „Wir sind diejenigen,
die das Wort für die Tiere ergreifen und die notwendigen Mittel für das
Tierwohl haben.“
Im
Allgemeinen beschäftigen sich die Amtsveterinäre der Kreisverwaltung neben
Tierschutz- und -gesundheit auch mit der Tierseuchenbekämpfung und der
Lebensmittelüberwachung. Gemeinsam mit ihrer Tierarzt-Kollegin Michaela Schmitt
hat sich Nesselberger voll und ganz dem Tierschutz verschrieben und schaut
quasi jedem, der in irgendeiner Art und Weise Tiere hält oder damit zu tun hat,
auf die Finger – von Gewerbetreibenden, wie Tierzüchtern und Hundetrainern,
über Landwirte bis hin zu privaten Tierhaltern.
Neben
Routinekontrollen in gewerblichen Betrieben ist Nesselberger zum überwiegenden
Teil damit beschäftigt, Tierschutzanzeigen nachzugehen. „Wir haben rund 300
Tierschutzanzeigen pro Jahr – Tendenz steigend“, sagt die Tierärztin und
berichtet, dass etwa zwei Drittel der Anzeigen bedauerlicherweise auch
berechtigt sind. Dabei würden die wenigsten Menschen ihre Tiere aus purer
Bösartigkeit gefährden. Viele hätten oft einfach keinen Blick dafür, dass
Pflegemaßnahmen oder der Gang zum Tierarzt notwendig wären, weil sie nicht
selten genug eigene Probleme oder kein Geld haben und es einfach nicht
schaffen, sich auch noch um das eigene Tier zu kümmern. „Und das heißt nicht,
dass die Leute keine emotionale Bindung zu ihrem Tier hätten.“ Denn so gut wie
niemand, so berichtet Nesselberger, gibt sein Tier widerspruchlos frei, wenn es
in Obhut genommen werden muss.
An einen
ihrer schrecklichsten Fälle wird Nesselberger regelmäßig durch eine Fotocollage
erinnert, die an einer Magnettafel in ihrem Büro hängt. Darauf zu sehen sind
mehrere Fotos von ein und demselben kleinen Hund – verwahrlost auf einem
Behandlungstisch beim Tierarzt sowie aufgepäppelt und putzmunter nach
erfolgreicher Vermittlung an einen neuen Halter. „Der ursprüngliche Besitzer
hatte den Hund im Keller gehalten – wahrscheinlich, damit sich die Nachbarn
nicht beschweren“, berichtet die Tierärztin, die den Mischling dort damals mit
zugeklebter Schnauze vorgefunden hatte. Da das Tier einen gebrochenen Kiefer
hatte, hat der Halter die Schnauze kurzerhand mit einem Stück Klebeband
zusammengebunden, damit der Unterkiefer nicht herunterhängt. „Das war schlimm“,
erinnert sich Simone Nesselberger. „Am Ende wurde dem Besitzer die Haltung von
Hunden verboten.“
Immer öfter
werden die Amtstierärzte bei ihren Kontrollen auch verbal und sogar körperlich
angegriffen. Im Ernstfall holen sie sich dann Unterstützung durch das
Ordnungsamt oder die Polizei – und selbst dann hört es oft nicht auf. Auch
Simone Nesselberger wurde schon von Tierhaltern aus der Tür geschubst oder am
Arm zum Ausgang gezerrt. Handgreiflichkeiten, so sagt sie, sind aber eher die
Ausnahme geblieben. Verbale Übergriffe hingegen nehmen zu und sind nicht minder
schmerzhaft – ganz besonders, wenn sie unter die Gürtellinie gehen. „Zum Glück
habe ich aber ein dickes Fell“, sagt die 42-Jährige und lächelt. Alles so
einfach von sich abzuschütteln, geht dann aber doch nicht, gesteht sie und
berichtet von einem speziellen Vorfall. Dabei hatte ein Halter bei der Wegnahme
seines Tieres so überreagiert, dass er von Polizisten festgehalten werden
musste und im Gerangel versucht hatte, an die Schusswaffe einer Beamtin zu
gelangen. „Das hat mich noch lange Zeit verfolgt, denn das hätte auch anders
ausgehen können.“
Ihren
jetzigen Job würde Simone Nesselberger dennoch immer wieder so wählen – auch
wenn es nicht der erste Weg war, den sie in die Berufswelt eingeschlagen hatte.
Denn obwohl sie im Hunsrück auf einem Bauernhof aufgewachsen ist und schon
immer den Drang verspürte, Tierärztin zu werden, landete sie nach dem Abitur
zunächst in der IT-Branche. „Bei meinem ersten Praktikum beim Tierarzt floss
bei einer Operation so viel Blut, dass ich dachte, ich bin vielleicht doch zu
feinfühlig für den Beruf. Deshalb entschied ich mich nach der Oberstufe für
eine Ausbildung als IT-Systemkaufrau.“ Dass es dann doch noch mit dem
eigentlichen Traumjob geklappt hat, war letztlich eine Fügung des Schicksals.
„Man hatte mir nahegelegt zu studieren, da sonst die Aufstiegschancen als
IT-Systemkaufrau nur gering gewesen wären. Und dann dachte ich mir, wenn ich
schon studiere, dann das, was ich schon immer machen wollte: Tiermedizin,“ sagt
sie und strahlt dabei über das ganze Gesicht.
Nach
erfolgreichem Studium, einer guten Doktorarbeit und zwei Jahre
Grundlagenforschung an der Uniklinik in Gießen hätte Nesselberger problemlos auch
in der Pharmaindustrie Fuß fassen können. Doch dann entdeckte sie das
Stellenangebot der Kreisverwaltung Mayen-Koblenz. Und da sie sich eine Stelle
als Assistenzärztin in einer Tierarztpraxis nicht vorstellen konnte, hat einmal
mehr alles gepasst. „Für den Tierschutz zu arbeiten liegt mir einfach am
Herzen“, betont Dr. Simone Nesselberger.