EulenspiegelNichts sehen, nichts hören, nichts sagenTill Eulenspiegel war ein Schalk, der mit flotten Sprüchen auch gerne die Unzulänglichkeiten der Kirchen-Oberen auf´s Korn genommen hat. Kein Wunder also, dass eine Weinstube in der Kleinen Pfaffengasse, in unmittelbarer Nachbarschaft des bischöflichen Sprengels, seinen Namen trägt. In der gemütlichen kleinen Kneipe kann man nach getaner Arbeit am Tresen gut den Frust von der Seele spülen. Rustikales Mobiliar und schöne Holzvertäfelungen mit Eulenspiegel-Motiven liefern den perfekten Rahmen für abendliche Trinkgelage und Lästerstunden. Denn auch das Rathaus und die lokalen Zeitungsredaktionen sind nur einen Steinwurf entfernt, was die Weinstube über die Jahre hinweg zu einem beliebten Treff gemacht hat. Allerdings sind die Zeiten längst verstrichen, in denen Ratsherren, Journalisten und andere illustre Gäste bei ein paar „Apotheken“ (Anmerkung des Verfassers: giftgrüne Mischung aus Pferrminzlikör und Fernet Branca, die zum Bier in einem eiskalten Schnapsglas serviert wird) Stadtpolitik machen wollten. Sprüche werden an diesem Tresen immer noch reichlich geklopft. Man sollte aber tunlichst jede Geschichte auf ihren Wahrheitsgehalt hin prüfen. Die meisten Menschen brauchen ein Stammlokal, aber zu einer guten Kneipe gehören mehr als eine Handvoll der immer gleichen, fast jeden Abend den Tresen belagernde Stammgäste. Im Eulenspiegel kann man nämlich nicht nur ein gutes Bierchen zischen, Bitburger Pils und Erdinger Hefeweizen gibt´s vom Fass, sondern auch sehr ordentlich essen. Das Speisen-Angebot ist am besten mit „gut-bürgerlich“ umschrieben und schmeckt durch die Bank weg lecker. Das Pächter-Ehepaar Helga und Claus-Dieter Heller sehen sich den Pfälzer Weinen und der Pfälzischen Küche verpflichtet. Erstaunlich dabei ist, dass Heller nur am Abend in den Kochtöpfen rührt und sich tagsüber als Architekt verdingt. Kochen sei für ihn mehr und mehr zu einer Leidenschaft geworden, so der Pächter. Er bemüht sich seine Gerichte nach „de Uroma ihrm Rezept“ zuzubereiten. Genau das ist der Grund, warum so viele Gäste seine regionaltypische „Hausmannskost“ schätzen. An einer Seitenwand des Lokals vor dem Tresen kann man ein großformatiges Foto bewundern, das drei bekannte Besucher der Weinstube bei einer ihrer Eulenspiegeleien zeigt. Sie imitieren die berühmte Geste von den drei Affen, die sich Augen, Ohren und Mund zuhalten. „Nichts (Böses) sehen, nichts (Böses) hören, nichts (Böses) sagen“. Dass diese drei Herren immer den vorbildlichen Umgang mit dem Schlechten pflegen, wie das ursprünglich japanische Sprichwort nahe legt, kann der geneigte Betrachter kaum glauben. Aber offensichtlich hat jener Abend, an dem das Photo gemacht wurde, nachhaltige Wirkungen entfaltet: Wann immer die drei zusammen im Eulenspiegel zechen, sieht man den Wirt eine „Apotheken“-Runde spendieren. Hierzulande wird der flämische Anarcho-Rebell immer
wieder als Hofnarr verkannt, so jedenfalls sieht es
Vladimer Kaminer in seinem Eulenspiegel-Porträt (DIE ZEIT 5.6. 2003 Nr. 24). Mit
seinem Namen assoziiert man zum einen die Redewendung »Eulen nach Athen tragen«
und zum anderen »Jemandem einen Spiegel vorhalten«. Doch ursprünglich hieß der
Held Ulenspegel, zusammengesetzt aus Ulen (Wischen) und Spegel (Arsch). Mithin
bedeutet Eulenspiegel in Wirklichkeit so viel wie »Ihr könnt mich mal!«. Diese
weltabgeschiedene Haltung wird den Stammgästen der Weinstube erst nach hitzigen
Diskussionen und der vierten Riesling-Schorle über die Lippen gehen. Aber
Eulenspiegeleien sind an diesem Tresen schon viele ausgeheckt
worden. Matthias Nowack | Quickfinder Kultur Kulturbüro Bildende Kunst Musik Theater, Kleinkunst, Tanz Literatur kontakt Kurzbewertung Runter vom Sofa, rein in die Kneipe. Urige Weinstube mit Eulenspiegel-Flair und vielen Stammgästen. |