Kriterien aus der Verwaltungsvorschrift zu § 28 LNatSchG (derzeit außer Kraft)
Für einen einheitlichen Vollzug der Bestimmungen des § 28 LNatSchG sorgt die Verwaltungsvorschrift vom 06.12.2006.
Wann ist ein Bestand einem bestimmten Biotoptyp zuzuordnen?
Den Biotoptypen sind in der Verwaltungsvorschrift kennzeichnende Pflanzengesellschaften zugeordnet. Eine Zuordnung zu einer höheren pflanzensoziologischen Kategorie bis hin zur Klasse (pflanzensoziologisch höchste Kategorie) ist demnach vielfach bereits ausreichend. Erforderlich ist ein Deckungsgrad von mindestens 50 % an Charakterarten und typischen Begleitern. Laut Verwaltungsvorschrift "... kann ein Bestand aus vegetationskundlicher Sicht einem bestimmten Biotoptyp zugeordnet werden, wenn die Pflanzendecke zu 50 v.H. aus Charakterarten und typischen Begleitarten besteht; dabei ist nicht die Artenzahl, sondern der Deckungsgrad entscheidend." Diese Bedingung wird entsprechend als 50-v.H.-Regel bezeichnet. Im Rahmen dieser Regel werden auch Übergangsbereiche zu nicht geschützten Flächen ausdrücklich in die Abgrenzung der Pauschalschutzflächen einbezogen. In diesem Übergangsbereich kommen nämlich Pflanzengesellschaften vor, die normalerweise nicht geschützten Biotoptypen zugeordnet werden. Im Kontakt zu einem ähnlichen, aber geschützten Biotoptyp weisen sie jedoch häufig einen ausreichenden Deckungsgrad an entsprechenden Arten auf. Diese Pflanzengesellschaften werden in der Liste der Pflanzengesellschaften von Rheinland-Pfalz (Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht, Materialien zur Landespflege, 1994) als "X Gesellschaften" bezeichnet.
Beispiel 1: Ein Wiesenkomplex aus einer ca. 1 ha großen Feuchtwiese (Verband Calthion) und umgebenden Wiesen mittlerer Standorte (z. B. Geranio-Trisetetum flavescentis als "X-Gesellschaft") wird kartiert. Die Abgrenzung der § 28-Fläche (Kennung 7a) schließt alle die Bereiche ein, in denen die Charakterarten der Feuchtwiesen überwiegen (> 50 % Deckung). Der Übergangsbereich zwischen Feuchtwiese und Wiesen mittlerer Standorte wird dabei in die geschützte Fläche einbezogen.
Beispiel 2: Eine Feuchtwiese von 1500 qm Größe wurde vor zwei Jahren mit Fichten aufgeforstet. Der noch junge Bestand hat noch keinen Kronenschluss erreicht und deckt bisher ca. 30 % der Gesamtfläche. Die gesamte Wiese ist als § 28-Fläche (Kennung 7a) anzusprechen.
Beispiel 3: Eine Grünlandfläche mit unebenem Relief (kleinsträumiger Wechsel von Erhebungen und Senken) trägt auf den Erhebungen kleine Halbtrockenrasen, in den umgebenden Senken befinden sich Bestände von mageren Glatthaferwiesen. Die Halbtrockenrasenanteile nehmen jeweils nur wenige Dutzend Quadratmeter ein, einer von ihnen wäre demnach bei isolierter Lage nicht nach § 28 LNatSchG geschützt. Das gesamte Mosaik weist jedoch einen Deckungsgrad von über 50 % Charakterarten der Halbtrockenrasen auf und ist bei Überschreiten der Mindestgröße von 500 qm nach § 28 LNatSchG (Kennung 6c) geschützt.
Wie groß muss ein Bestand sein?
Für viele Biotoptypen ist eine spezifische Mindestgröße erforderlich, die gleichzeitig auch eine qualitative Mindestausprägung sicherstellt. Diese Größe ist als Richtwert zu verstehen und kann der Tabelle biotoptypspezifischer Kriterien aus der VV zu § 28 LNatSchG entnommen werden. Sie wird für den real vorkommenden Bestand des Biotoptyps ermittelt. Liegt beispielsweise in einem Bebauungsplan nur ein Teil der Fläche innerhalb des Planungsgebietes, hat diese Tatsache keinerlei Einfluss auf die Ermittlung der Mindestgröße. Es ist also unzulässig, die Beurteilung der besonders geschützten Biotoptypen nur innerhalb des Planungsgebietes vorzunehmen, sondern die Betrachtung muss über diese Grenze hinausgehen, und zwar bis zur Grenze zu einem nicht geschützten Biotoptyp. Dies gilt gleichermaßen für Komplexe aus verschiedenen Biotoptypen (siehe Komplexregel).
Bei den Feuchtwiesen (7a) ist für eine besondere Ausprägung – die Stromtalwiesen – keine Mindestgröße festgelegt; alle Bestände der Stromtalwiesen unterliegen dem Pauschalschutz.
Vielfach grenzen Bestände geschützter Biotoptypen aneinander, wobei nicht alle die geforderte Mindestgröße erreichen. In diesen Fällen kommt die Komplexregel zum Tragen. Durch sie unterliegen auch kleinere Flächen dem Pauschalschutz, wenn sie in direktem Kontakt zu anderen geschützten Biotoptypen liegen. Es ist lediglich erforderlich, dass ein einziger dieser Biotoptypen seine typspezifische Mindestgröße erreicht. Hierzu wird in der Verwaltungsvorschrift ausgeführt: "Stehen mehrere Bestände der dem Pauschalschutz unterliegenden Biotoptypen miteinander in direktem Kontakt, sind sie unabhängig von ihrer Größe alle geschützt, wenn einer der Bestände die typenspezifische Mindestgröße erreicht." Einen Sonderfall hierzu gibt es bei den Felsfluren und Trockenrasen (6b): Wenn sie im direkten Kontakt mit Felsgebüschen (6a) und/oder Enzian- und Orchideenrasen (6c) vorkommen, gilt für den gesamten Komplex die Mindestgröße von 100 qm.
Beispiel 1: Eine kleine Nasswiese (z. B. ein Scirpetum sylvatici) von 600 qm Flächengröße weist in ihrem Zentrum einen wenige Quadratmeter großen Kleinseggensumpf (z. B. Caricetum fuscae) auf. Letzterer Biotoptyp ist unabhängig von seiner Größe geschützt und damit aufgrund der Komplexregel auch die Nasswiese, die nicht geschützt wäre, läge sie isoliert (Schutz nach § 28 LNatSchG ab 1000 qm).
Beispiel 2: Die Nasswiese aus Beispiel 1 (aber ohne den Kleinseggensumpf!) grenzt an einen Borstgrasrasen (Mindestgröße für einen Schutz nach § 28 LNatSchG: 500 qm) mit 400 qm Flächenausdehnung. Obwohl beide Flächen zusammen 1000 qm erreichen, ist der Komplex nicht geschützt, da keine der beiden Einzelflächen die jeweilige typspezifische Mindestgröße überschreitet.
Spezialfälle
Weiterhin gibt es für mehrere Biotoptypen noch spezifische Ausschlusskriterien wie auch Ausformungen, die mit den Mindestgrößen in einer Tabelle zusammengefasst sind.
Hilfen zum Erkennen geschützter Flächen im Gelände
Als Hilfe zum Erkennen der geschützten Flächen können Sie einen Bestimmungsschlüssel benutzen, der alle relevanten Kriterien in einer fachgerechten Reihenfolge abfragt.
Die erste Ansprache, ob die im Gelände vorgefundene Fläche dem Pauschalschutz unterliegt, kann anhand des angetroffenen Biotoptyps vorgenommen werden. Die Matrix gibt eine Übersicht der möglichen Beziehungen zu den Biotoptypen (hier laut Biotopkartierung, Erhebungsphase 1992 – 1997; den seit 2006 verwendeten Biotoptypenkatalog finden Sie auf der Seite des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität (MKUEM) unter www.naturschutz.rlp.de) und § 28-Typen. In der Matrix bedeuten:
- Standardbeziehung (dunkelgrün hinterlegt): Ein Biotoptyp wird in der Regel diesem § 28-Typ entsprechen, solange weitere Kriterien erfüllt sind.
- Mögliche Beziehung (mittelgrün hinterlegt): Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Biotoptyp einem anderen § 28-Typ als in der Standardbeziehung zuzuordnen sein, z. B. kann für eine Sickerquelle (G 47, Standardbeziehung zu 7b Quellbereich) auch die § 28-Kennung 1b Kleinseggenriede in Frage kommen.
- Seltene Beziehung (hellgrün hinterlegt): In seltenen Fällen kann ein Biotoptyp dieser § 28-Kennung entsprechen, z. B. Weiher/Teich (G 52) als 4 Zwischenmoor.
- Eine Ausnahme bildet die § 28-Kennung 5a Düne. Sie gilt für alle Biotoptypen, da sie als geomorphologisches Landschaftselement hier lediglich überbaute Bereiche vom Pauschalschutz ausschließt.
Die übrigen abgefragten Kriterien finden Sie in der Tabelle biotoptypspezifischer Kriterien aus der VV zu § 28 LNatSchG (derzeit außer Kraft).