Rechtsextremistische Parteien und Parteistrukturen
Erste rechtsextremistische Parteien haben sich in der Bundesrepublik Deutschland bereits kurz nach deren Gründung gebildet. Rechtsextremisten nutzen diese Organisationsform allerdings nicht, um wirklich an der politischen Willensbildung und der Gestaltung unserer demokratischen Gesellschaft mitzuwirken. Vielmehr missbrauchen sie das Parteienprivileg, wonach nur das Bundesverfassungsgericht über deren Verfassungswidrigkeit und gegebenenfalls ein Verbot entscheiden darf, um die freiheitliche Demokratie zu bekämpfen.
Solche Parteien zeigen sich also nur vordergründig an aktuellen gesellschaftlichen und ökonomischen Fragen sowie deren Lösung interessiert. Tatsächlich legen sie es darauf an, Ängste und Ressentiments in der Bevölkerung zu schüren, indem sie gegen Minderheiten, zum Beispiel Asylsuchende, hetzen.
Insgesamt etwa 225 Personen waren in Rheinland-Pfalz zuletzt Mitglied einer rechtsextremistischen Partei (Stand: 31.12.2021).
Rechtsextremistische Parteien und Parteistrukturen in Rheinland-Pfalz:
Die rechtsextremistische Partei „Der III. Weg“ hat sich im September 2013 gegründet. Bundesvorsitzender ist seit November 2021 Matthias Fischer (Brandenburg). Sein Amtsvorgänger, der ehemalige rheinland-pfälzische NPD-Funktionär Klaus Armstroff, hatte die Partei seit ihrer Gründung geführt. In Rheinland-Pfalz hat sie rund 50 Mitglieder.
Weltanschaulich lehnt sich die Partei eng an das Gedankengut des historischen Nationalsozialismus' an. Eine gedankliche Nähe besteht insbesondere zu dem in der Frühphase der NSDAP aktiven („linken“) sozialrevolutionären Flügel der Partei, der sogenannten Schwarzen Front, dessen Symbol, der mit dem Schwert gekreuzte Hammer, Teil des Logos der Partei „Der III. Weg" ist. Das Logo führt den Schriftzug „NATIONAL – REVOLUTIONÄR – SOZIALISTISCH“.
„Der III. Weg“ fordert Deutschen Sozialismus
Die ideologischen und politischen Ziele der Partei stehen in einem 10-Punkte-Programm. Dazu zählen unter anderem die „Schaffung eines Deutschen Sozialismus", die „Verstaatlichung sämtlicher Schlüsselindustrien“ und die „Ausweisung von kriminellen und langzeitarbeitslosen Ausländern”. In ihrem Programm schreibt die Partei: „Zur Beibehaltung der nationalen Identität des deutschen Volkes sind die Überfremdung Deutschlands und der anhaltende Asylmissbrauch umgehend zu stoppen. Kriminelle sowie dauerhaft erwerbslose Ausländer sind aus Deutschland stufenweise auszuweisen.“ Im Kern steckt hinter dieser Zielsetzung die biologistische Vorstellung einer „rassereinen“ Volksgemeinschaft. „Ziel der Partei…ist die Erhaltung und Entwicklung der biologischen Substanz des Volkes“, schreibt sie unter Punkt 7 des Parteiprogramms („Umweltschutz ist Heimatschutz”).
Inhaltlich widmet sich „Der III. Weg" überwiegend dem Asyl-Thema und Geflüchteten, die pauschal als „kriminelle Ausländer“ bezeichnet werden. Auf ihren Internetseiten fordert die Partei die „Eindämmung der Asylflut und Überfremdung“. Dies dokumentiert die fremdenfeindliche, rassistische und nationalistische Haltung des „III. Weges“. Ihre menschenfeindlichen Ansichten verbreitet die Partei vor allem auf Flugblättern und auf Kundgebungen. So hat es in den vergangenen Jahren zahlreiche gegen Asylsuchende gerichtete Aktionen gegeben.
Weitere Informationen finden Sie im aktuellen Verfassungsschutzbericht.
Die neonazistische Partei „DIE RECHTE“ gibt es seit 2012. Ende Dezember 2013 gründete sich auch in Rheinland-Pfalz ein Landesverband, der 2016 erstmals Aktivitäten entfaltete. Nach dem Zusammenschluss mit dem saarländischen Verband benannte er sich in „Landesverband Südwest“ um.
Die Partei tritt vor allem mit Aktionen in Rheinhessen in Erscheinung. Dort haben in den vergangenen Jahren mehrere Kundgebungen und Demonstrationen stattgefunden, in denen die Partei ihre Fremdenfeindlichkeit zur Schau stellte, an denen sich zumeist aber nur sehr wenige Personen beteiligten.
In Rheinland-Pfalz gehören der Partei seit 2018 konstant etwa 15 Personen an.
Weitere Informationen finden Sie im aktuellen Verfassungsschutzbericht.
Die an Mitgliedern stärkste rechtsextremistische Partei ist in Rheinland-Pfalz mit rund 150 Mitgliedern immer noch die „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD). Zur NPD zählen ihre Jugendorganisation „Junge Nationalisten“ (JN), die 2003 gegründete „Kommunalpolitische Vereinigung“ (KPV) und der „Ring Nationaler Frauen“ (RNF), den es seit 2006 gibt.
Das Bundesverfassungsgericht stellte am 17. Januar 2017 im Urteil zum letztlich gescheiterten Verbotsantrag des Bundesrates fest, dass die NPD verfassungsfeindlich ist. Das Gericht stützte diese Feststellung unter anderem auf eine Wesensverwandtschaft der NPD mit dem Nationalsozialismus und auf ihr Ziel einer ethnisch homogenen „Volksgemeinschaft“.
Die NPD hält an ihren Positionen seit dem Urteilsspruch nicht nur fest, sie hat sich ideologisch weiter radikalisiert. Der sogenannte völkische Flügel der Partei, der unverhohlen eine rassistisch definierte „Volksgemeinschaft“ fordert, ist in der Partei größer und bedeutender geworden.
Insgesamt hat die NPD in den zurückliegenden Jahren allerdings stetig an Bedeutung verloren – auch in Rheinland-Pfalz. Von den ehemals mehr als zehn Kreisverbänden der Partei im Bundesland sind noch drei übrig. Zudem hat die Partei seit der Kommunalwahl 2019 in Rheinland-Pfalz keinen kommunalen Mandatsträger mehr in ihren Reihen.
Weitere Informationen finden Sie im aktuellen Verfassungsschutzbericht.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat am 15. Januar 2019 die Einstufung der Jugendorganisation der „Alternative für Deutschland“ (AfD), der „Jungen Alternative für Deutschland“ (JA), zum Verdachtsfall erklärt. Das bedeutet: Bei der JA liegen hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vor, das heißt Bestrebungen, die auf die Beeinträchtigung oder Beseitigung des grundgesetzlichen Kernbestandes abzielen. Die AfD selbst ist kein Beobachtungsobjekt.
Die Einstufung ermächtigt den Verfassungsschutz entlang seiner gesetzlichen Bestimmungen zur personenbezogenen Auswertung und Speicherung personenbezogener Daten in Dateien und Akten und zum Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Die Verfassungsschutzbehörde Rheinland-Pfalz verwendet die Bezeichnung Verdachtsfall nicht. Gleichwohl ist sie bei Vorliegen von Anhaltspunkten für den Verdacht von Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gesetzlich befugt zu beobachten und die vorgenannten Maßnahmen zu ergreifen.
Die 2013 gegründete JA ist als eigenständiger, nicht eingetragener Verein verfasst, verfügt über eine eigene Satzung und ist hinsichtlich ihrer Finanzen sowie ihres Personals unabhängig. Sie umfasst derzeit 16 Landesverbände, unter anderem den 2014 gegründeten rheinland-pfälzischen. Die Landesverbände gliedern sich wiederum in Bezirks- und Kreisverbände. 2020 hatte die JA etwa 1.600 Mitglieder, rund 40 davon in Rheinland-Pfalz. Laut § 17a der Bundessatzung der AfD soll die JA der „Innovationsmotor“ sein, der „das Gedankengut der Partei in ihrem Wirkungskreis (…) verbreiten sowie die besonderen Anliegen der Jugend innerhalb der AfD“ vertreten soll.
Die JA nimmt insgesamt eine migrations- und islamfeindliche Haltung ein
Dem Verfassungsschutz liegen hinreichend gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass die Jugendorganisation der AfD extremistische Bestrebungen verfolgt, die unter anderem gegen die grundgesetzliche Garantie der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) gerichtet sind. Aussagen der JA kann entnommen werden, dass sie auf den Vorrang eines ethnisch-homogenen Volksbegriffs abzielt. Menschen, die dieser ethnisch geschlossenen Gemeinschaft nicht angehören, macht die JA verächtlich.
Insgesamt nimmt die Organisation eine migrations- und insbesondere islamfeindliche Haltung ein, der sie mit aggressiver Rhetorik Nachdruck verleiht. Ebenso richtet sich die JA gegen das Demokratieprinzip. Belege sind zahlreiche pauschal diffamierende Aussagen über die Regierung und das politische System der Bundesrepublik Deutschland. In der Gesamtschau ergibt sich dadurch eine Verächtlichmachung des Parlamentarismus.
Außer der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative für Deutschland“ (JA) erhob das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) im Januar 2019 den Personenzusammenschluss „Der Flügel“, eine Sammlungsbewegung innerhalb der AfD, zum Beobachtungsobjekt (Verdachtsfall). „Der Flügel“ hatte sich im März 2015 gegründet.
Die „Erfurter Resolution“ gilt als seine „Gründungsurkunde“. Sie wurde wegen innerparteilicher Machtkämpfe verfasst, um sich gegen den Kurs des damaligen Bundessprechers zu wenden. Die Erstunterzeichner der Resolution“ lehnten diesen Kurs ab, weil er sich „ohne Not mehr und mehr dem etablierten Politikbetrieb [anpasst]: dem Technokratentum, der Feigheit und dem Verrat an den Interessen unseres Landes“ und damit nicht für die dem Wähler angekündigte „Alternative“ stehe.
Nach etwas mehr als einem Jahr erneuter intensiver Prüfung gab das BfV sodann am 12. März 2020 bekannt, dass sich die 2019 festgestellten Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verdichtet hätten. Den „Flügel“ stufte es daraufhin als eine gesichert rechtsextremistische Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ein. Diese Bewertung ist eine bundeseinheitliche gewesen, da mangels regionaler Organisationsstrukturen keine gesonderte Einstufung durch die Verfassungsschutzbehörden der Länder mehr erforderlich war. Ende April 2020 erklärte der „Flügel“ seine Auflösung. Gleichwohl entfaltet das Netzwerk nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes trotz der formalen Auflösung weiterhin Aktivitäten. 2020 lag das Personenpotential des „Flügels“ in Rheinland-Pfalz im unteren zweistelligen Bereich.
Sein Politikkonzept steht im Widerspruch zur Menschenwürdegarantie sowie zum Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip. Ein ethnisch-homogenes Staatsvolksverständnis bildet den Dreh- und Angelpunkt im politischen Denken des „Flügels“.
Die zunächst parteiunabhängige rechtsextremistische Gruppierung „Neue Stärke“ wurde Mitte 2020 bekannt und entwickelte 2021 Bestrebungen, sich zu einer bundesweiten Organisation aufzubauen. Seit November 2021 tritt sie als Partei auf und weist eigenen Angaben zufolge bundesweit eine dreistellige
Mitgliederzahl auf. Seinerzeit wurde auch die Abteilung „Neue Stärke Rheinhessen“ gegründet.
Das „Grundsatzprogramm“ der „Neuen Stärke Partei“ ist von dem Gedanken eines biologistisch-völkischen Nationalismus geprägt. Die „deutsche Zukunft“ der „deutschen Familien“ und der „Jugend der Nation“ stehen im Mittelpunkt ihrer Programmatik. Grundrechte sollen nur „deutschen Volksangehörigen“ zuerkannt werden sowie Personen, die die Gesellschaftskonzeption der „Neuen Stärke“ teilen. Auch gegenüber Menschen mit anderer Herkunft oder Religion wird ablehnend agiert. Sie seien die Ursache, weshalb sich das „deutsche Volk in einer heiklen Phase seiner Existenz“ befinde. So werde das Leben der „deutschen Volksseele“ durch Überfremdung und kommunistische Umerziehung massiv bedroht.
In Rheinland-Pfalz gab es seit Ende 2021 verstärkt gemeinsame Aktionen der „Neuen Stärke Rheinhessen“ mit anderen regionalen Gruppierungen, insbesondere der „Kameradschaft Rheinhessen“.