Härtefallkommission Rheinland-Pfalz
Die Härtefallkommission des Landes Rheinland-Pfalz ist ein behördenunabhängiges Sachverständigengremium und besteht aus zwölf Mitgliedern. Die Härtefallkommission prüft im Einzelfall, ob eine vollziehbar ausreisepflichtige Person trotzdem im Bundesgebiet bleiben darf – etwa wegen dringender humanitärer oder persönlicher Gründe.
Stellt die Kommission mit Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder fest, dass die Besonderheiten des Einzelfalles für einen weiteren Aufenthalt sprechen, bittet sie das Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration in einem so genannten „Härtefallersuchen“, gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis anzuordnen. Das Härtefallersuchen hat Empfehlungscharakter. Entspricht das Ministerium diesem Ersuchen, wird die Ausländerbehörde angewiesen, eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23a Aufenthaltsgesetz zu erteilen. Diese Anordnung kann mit bestimmten Bedingungen oder Auflagen verbunden werden.
Die Härtefallkommission hat zwölf Mitglieder. Diese setzen sich zusammen aus:
- dem Staatssekretär des Ministeriums für Familie, Frauen, Kultur und Integration als vorsitzendes Mitglied,
- der Bürgerbeauftragten des Landes Rheinland-Pfalz,
- einer Sachbearbeiterin des Referates Ausländer- und Asylrecht des Ministeriums für Familie, Frauen, Kultur und Integration,
- dem Beauftragten der Landesregierung für Migration und Integration beim Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration,
- sowie acht weiteren Mitgliedern mit jeweils einem Stellvertreter/einer Stellvertreterin, die durch die Ministerin des Ministeriums für Familie, Frauen, Kultur und Integration auf Vorschlag des Städte- und Landkreistages, der Evangelischen und der Katholischen Kirche, der Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Menschenrechtsorganisation amnesty international und des Flüchtlingsrates RLP e. V. für die Dauer von zwei Jahren berufen werden.
Der Staatssekretär des Integrationsministeriums als Vorsitzender sowie die Bürgerbeauftragte des Landes Rheinland-Pfalz haben gemäß § 2 Absatz 1 Satz 2 der Härtefallkommissionsverordnung von ihrem Recht Gebrauch gemacht, eine ständige Vertreterin beziehungsweise einen ständigen Vertreter für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben in der Härtefallkommission zu benennen.
Die Härtefallkommission wird nach den rechtlichen Vorgaben im Wege der Selbstbefassung tätig. Das bedeutet, dass sich das Gremium nur auf Antrag eines Mitglieds oder stellvertretenden Mitglieds mit einem ausländerrechtlichen Einzelfall beschäftigt.
In Rheinland-Pfalz gemeldete ausreisepflichtige Ausländerinnen und Ausländer können sich dazu schriftlich an ein Mitglied oder stellvertretendes Mitglied wenden, wenn sie der Auffassung sind, dass dringende humanitäre oder persönliche Gründe für ihren weiteren Verbleib in Deutschland sprechen. Sie können sich hierbei auch durch Rechtsanwälte, Betreuungseinrichtungen, Flüchtlingsverbände oder andere Organisationen und sonstige Dritte vertreten lassen.
Die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder der Härtefallkommission entscheiden unabhängig und frei von Weisungen, ob ihnen die vorgetragenen Sachverhalte für eine entsprechende Beratung in der Kommission als geeignet erscheinen.
Rechtliche Folgen der Anrufung der Härtefallkommission
Das Härtefallverfahren begründet gemäß § 23a Aufenthaltsgesetz keine eigenen Rechte ausländischer Personen. Ein Rechtsanspruch, dass die Härtefallkommission sich mit einem bestimmten Einzelfall befasst oder eine bestimmte Entscheidung trifft, kann daher nicht geltend gemacht werden.
Die Anrufung der Härtefallkommission stellt keinen Rechtsbehelf dar und entfaltet somit keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Abschiebung noch nicht terminiert ist, ersucht die Geschäftsstelle der Härtefallkommission bei zulässigen Anträgen die zuständige Ausländerbehörde, zum zweck der Durchführung des Härtefallverfahrens eine Duldung zu erteilen.
Die Geschäftsstelle der Härtefallkommission unterrichtet die Betroffenen über den Abschluss des Härtefallverfahrens beziehungsweise die Entscheidung des Ministeriums für Familie, Frauen, Kultur und Integration im Falle eines Härtefallersuchens.
Folgende Angaben und Unterlagen benötigt die Härtefallkommission für die Bearbeitung eines Antrages:
- Angaben zu der betroffenen Ausländerin oder dem betroffenen Ausländer (Personalien, Wohnanschrift, zuständige Ausländerbehörde, Einreisezeitpunkt, Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet, Benennung von im Härtefallverfahren nicht beteiligten Familienangehörigen in Deutschland und im Ausland, aktueller ausländerrechtlicher Status, Ausreisefristen)
- Einverständniserklärung der betroffenen Ausländerin oder des betroffenen Ausländers zur Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Härtefallkommission
- Möglichst genaue Darlegung der dringenden humanitären oder persönlichen Gründe, die die weitere Anwesenheit im Bundesgebiet rechtfertigen können
- Nachweise über eventuelle krankheitsbedingte Ausreisehindernisse (z. B.: fachärztliche Atteste, Entlassungsberichte von Krankenhäusern, psychologische Stellungnahmen)
- Angaben über die Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes (Arbeits- und Verdienstbescheinigungen, Sozialhilfebescheide, sonstige Einkünfte)
- Nachweise über Integrationsleistungen (zum Beispiel: Besuch von Sprachkursen, ehrenamtliche Tätigkeiten, Kontakte zum gesellschaftlichen Umfeld)
- Nachweise über die bisherigen Beschäftigungsverhältnisse aller Familienangehörigen
- Für Schülerinnen und Schüler: Schulzeugnisse der beiden letzten Jahre
- Für nicht mehr schulpflichtige Jugendliche: Nachweise über Schulabschlüsse, Ausbildungsverträge, Bewerbungsverfahren
- Fotokopien vorhandener Pässe, sonstiger Ausweisdokumente sowie Duldungen
Unzulässiger Antrag
Ein Antrag an die Härtefallkommission ist unzulässig und führt nicht zu einer Beratung, wenn
- sich die Ausländerin oder der Ausländer nicht im Bundesgebiet aufhält,
- keine rheinland-pfälzische Ausländerbehörde zuständig ist,
- die Ausländerin oder der Ausländer nicht vollziehbar ausreisepflichtig ist,
- ausschließlich Gründe vorgetragen werden, die durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu prüfen sind,
- Gründe vorliegen, die eine Abschiebungsanordnung nach § 58a Aufenthaltsgesetz oder ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz rechtfertigen, oder
- sich die Härtefallkommission bereits mit dem Fall befasst hat, ohne dass sich der Sachverhalt nachträglich zugunsten der Ausländerin oder des Ausländers geändert hat.