Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Hessen"
Zur Übersicht
"Synagogen im Stadtkreis Wiesbaden"
Dotzheim (Stadt
Wiesbaden)
Jüdische Geschichte
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Dotzheim bestand eine jüdische
Gemeinde vermutlich bis Anfang des 19. Jahrhunderts, über die nur wenige
Informationen vorliegen. Nach den Einwohnerlisten zwischen 1616 und 1722 lebten
offenbar noch keine jüdischen Personen / Familien am Ort. Erst in der zweiten
Hälfte des 18. Jahrhunderts zogen jüdische Personen zu, unter anderem Isaak
Seligmann aus Herxheim bei Bad Dürkheim, der Vater des späteren Rabbiners
Salomon Herxheimer, der 1801 in Dotzheim geboren ist. Isaak Seligmann
heiratete in Dotzheimer "die Jüdin Zerla". Eine 16 Jahre jüngere
Schwester von Isaak Seligmann, Marianne, war mit einem Handelsmann Feist Mayer
in Dotzheim verheiratet.
1818 gab es sechs jüdische Familien am Ort. 1837 wurden 37 jüdische Einwohner gezählt.
An Einrichtungen bestand vermutlich noch im 18. Jahrhundert ein Betraum.
Im 19./20. Jahrhundert orientierten sich die jüdischen Einwohner des
Ortes nach Schierstein und Biebrich.
Um 1924 wurden in Dotzheim 29 jüdische Einwohner gezählt (Handbuch der jüdischen
Gemeindeverwaltung Berlin 1924/25 S. 74). Die jüdischen Familien
beziehungsweise die Familienvorsteher waren tätig als Händler (u.a.
Altwarenhandel der Familie Metzler mit Wohnung seit 1922 in der Glockengasse
17), als Inhaber von Geschäften (u.a. Kurzwarengeschäft von Alex Katz, später
gemeinsam mit Gustav Katz Textilgeschäft in der Römergasse 14, ab 1929
Kaufhaus für Stoffe, Kleidung und Schuhe in der Römergasse 14), oder als
Metzger (Metzgerei von Arthur Salmon in der Wiesbadener Straße) und im Leben des
Ortes völlig integriert.
Nach 1933 waren die in Dotzheim lebenden jüdischen Personen wie auch
andernorts von den antijüdischen Maßnahmen der NS-Regierung betroffen. Zuletzt
waren 38 oder 41 jüdische Personen am Ort. 1938 emigrierten Metzger Arthur
Salmon und seine Frau Paula in die USA (ihre Tochter Ruth geb. Salmon
heiratete 1948 in New Haven Conn. Hans Aach aus
Bretten). Auch die Schwestern Mathilde und Else Caroline Metzler konnten
noch in die USA emigrieren. Nach dem Novemberpogrom 1938 mussten die noch
bestehenden jüdischen Gewerbebetriebe aufgegeben und die Geschäfte, teilweise
auch die jüdischen Wohnhäuser unter Wert verkauft werden. Ende 1938 wurde ein
"Judenhaus" in der Rheinstraße 81 eingerichtet, in das unter anderem
Johanna Metzger und ihr Sohn Willy Metzler zwangsweise eingewiesen wurden.
.
Von den in Dotzheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", ergänzt durch die Angaben
bei Schwalbach s. Lit. S. 28): Hans Heinrich Berger (1898, vgl. Erinnerungsblatt
des "Aktiven Museums Spiegelgasse" Wiesbaden), Emil Heymann (1880), Joseph Heymann (1862), Melani Heymann
geb. Altschul
(), Moritz Heymann (1862), Rosa Heymann (1874), Johanna Metzler geb. Neu
(1882), Auguste Katz geb. Freund (1883), Gustav Katz, Willy Metzler (1914),
Gustav Stein (1881), Minna Stein geb. Meyer (1886).
An mehrere der umgekommenen jüdischen Personen aus Dotzheim erinnern heute "Stolpersteine" (u.a.
für Gustav und Auguste Katz am Pfarrer-Luja-Platz).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der jüdischen
Geschichte in Dotzheim
Zur jüdischen Geschichten in Orten um Wiesbaden
(1936)
Artikel
im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt" vom
Juni 1936 S. 359: "Wiesbaden-Bierstadt,
ziemlich alte Judensiedlung, heute nur noch wenige Familien. In dem schon
erwähnten Gedichtband des Heimatdichters C. C. Wendel ist eine noch im Volksmunde
lebendige Sage vom Bierstadter Judenhause des Selig festgehalten, der nach
langem Zögern mitten im Winter seinen guten Ofen einreißt, weil ihn das Bild
des Gekreuzigten daran beunruhigt, und der unter dem Schutt des Ofens
einen Goldschatz findet. Auch Wiesbaden-Frauenstein, alte, aber
winzige Judensiedlung, 1000-jährige sagenumwobene 'Blutlinde' an der
Dorfstraße, Goethestein auf der Höhe; lohnender Weg; ebenso nach Wiesbaden-Sonnenberg
(alte Judensiedlung) mit Burgruine und Burgmuseum. - Etwas weiter,
also Tagestouren, Kellerskopf, Chausseehaus-Schläferskopf mit schönem
Rundblick vom Aussichtsturm. - Hohe Kanzel. Eichen - Platte - Kellerskopf
- Niedernhausen zurück mit Autobus oder Bahn).
Wir wenden uns auf unserer Wanderung dem Stadtteil
Dotzheim zu. Bis
vor einem Jahrzehnt selbstständig, besaß es seit langem eine kleine
Judengemeinde, der als Sohn eines ihrer Lehrer im Jahre 1801 der
bedeutende Rabbiner Dr. Salomon Herxheimer, späterer Landesrabbiner
von Anhalt-Bernburg, entspross. (Seine wortgetreue Pentateuch-Übersetzung
ist ausgezeichnet, aber lange vergriffen.). Auf dem Dotzheimer
Ortsfriedhof künstlerisch hochstehendes Ehrenmal für die Gefallenen. Der
wichtige architektonische Teil von dem Wiesbadener Rudolf Joseph (Erbauer
der eigenartigen und sehr stimmungsvollen Synagoge zu Dieburg). Von
Dotzheim zum Chaussee-Haus 1 1/4 Stunden; eine weitere halbe Stunde zum
Schläferskopf (Wegmarke: schwarzer Punkt), in weiteren 3/4 Stunden zur
Hohen Wurzel. Obere Aussichtsplatte des Turmes 650 m, eine der schönsten
Aussichten am Rhein. Das Hochplateau hat wunderbaren Tannenwald;
schwarzgrün turmhoch der alte, hellgrün und saftig der junge. Jetzt in
kleinen 3/4 Stunden, den Rheinhöhenweg südwestlich abwärts
nach..." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Über den aus Dotzheim stammenden Rabbiner Salomon Herxheimer (geb. 1801 in
Dotzheim, gest. 1884 in Bernburg)
Zu seiner
Biographie: mit 13 Jahren begann Salomon Herxheimer seine Studien an
einer Jeschiwa in Mainz. 1824-1827 studierte er an der Universität Marburg
Pädagogik, Geschichte und orientalische Sprachen (Foto links: Quelle),
danach wurde er Rabbiner in Eschwege,
seit 1831 herzoglicher Landesrabbiner von Anhalt-Bernburg.
Literatur: Rolf Faber: Salomon Herxheimer. 1801-1884. Ein
Rabbiner zwischen Tradition und Emanzipation. Hg. vom Heimat- und
Verschönerungsverein Dotzheim. Wiesbaden 2001. |
Nachrufe anlässlich des Todes von
Rabbiner Salomon Herxheimer: |
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. Januar 1885:
"Bernburg, 28. Dezember (1884, Privatmitteilung). Am 25.
dieses Monats verschied der Nestor der deutschen Rabbiner, Dr. Salomon
Herxheimer, im 84. Lebensjahre, nach kurzem Krankenlager. Mit ihm ging
einer der wenigen noch lebenden Veteranen der Reform des Judentums dahin,
jener Reform, welche auf dem geschichtlichen Boden vor Allem die Bildung
der Gemeinden und hierauf die Umgestaltung des Gottesdienstes nach den
Bedürfnissen und Wünschen der Gemeinden erstrebten, und als das
wesentlichste Mittel die Entwicklung des Religionsunterrichtes
betrachteten. Zuerst Rabbiner in Eschwege,
seit 1831 herzoglicher Landesrabbiner von Bernburg, gründete er daselbst
eine jüdische Elementarschule, die längere Zeit bestand, und verbesserte
den Gottesdienst, wie dies die Majorität der Gemeinde freudig begrüßte,
während ein kleinerer Teil derselben dem Rabbiner dafür schwere Kämpfe
bereitete. Der freundliche, sanftmütige und liebenswürdige Charakter des
letzteren überwand aber bald diese Schwierigkeiten. Der Verewigte nahm an
der Entwicklung des Judentums den tätigsten Anteil und war ein treues
Mitglied der Rabbinerversammlungen sowie der Synode in Leipzig (1869), wo
er noch ein ausführliches Referat über den Religionsunterricht lieferte.
Außer einigen kleineren Schulschriften erlangte er durch seine, in erster
Auflage 1831, seitdem in 29 Auflagen erschienene 'Israelitische Glaubens-
und Pflichtenlehre für Schule und Haus' eine ausgebreitete Wirksamkeit.
Auch seine Bibelausgabe mit Übersetzung und Erklärungen (1841-1848) fand
vielen Anklang. Zu seinem 50jährigen Amtsjubiläum gründete der
deutsch-israelitische Gemeindebund einen Herxheimer-Fond zur
Unterstützung jüdischer Seminaristen, der seitdem vieles Gute gestiftet
hat. Seit einigen Jahren emeritiert, lebte der hochgeachtete Greis in
stiller Zurückgezogenheit. Heute Nachmittag findet seine Beerdigung
statt, nachdem zuvor eine Trauerfeier in der Synagoge abgehalten sein
wird." |
Nur kurz fiel der Nachruf in der
konservativ-orthodoxen Zeitschrift "Der Israelit"
aus: |
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Januar 1885: "Bernburg,
26. Dezember (1884). Gestern verschied im hohen Alter der pensionierte
Landesrabbiner Dr. Salomon Herxheimer. Derselbe, durch mancherlei
Schriften in weiteren Kreisen bekannt, gehörte seinen religiösen
Anschauungen nach der sogenannten gemäßigten Reform an." |
|
Weiterer Artikel mit
Todesanzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des
Judentums" vom 13.
Januar 1885
(zum Lesen bitte
Textabbildungen anklicken
|
|
|
|
|
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 17. März 1885:
"Bonn, 8. März (1885). (Literarische Notizen). Rabbiner Dr.
Siegmund Salfeld in Mainz hat ein Lebensbild des seligen Dr.
Salomon Herxheimer (Frankfurt, Auffahrt, 1885) veröffentlicht, das
mit einer aufrichtigen Pietät und Herzenswärme entworfen und ausgeführt
ist. Der strebsame Jüngling, der rastlos wirkende Mann und der edle
liebenswürdige Greis werden uns getreu zur Erinnerung wie zu bleibendem
Andenken gezeichnet. Ein gutes Portrait des Verewigten ist
beigegeben." |
Über den Arzt Dr. Salomon Herxheimer (1841 in
Dotzheim - 1899 in Tirol)
Dr. Salomon Herxheimer ist am 22.
September 1841 in Dotzheim geboren als Sohn des Mühlenbesitzers und
Getreidehändlers Hermann (Herz) Herxheimer (1803-1879, Bruder von
Rabbiner Dr. Salomon Herxheimer) und seiner Frau Jeanette (Johannette)
geb. Liebmann. Dr. Salomon Herxheimer wurde 1874 in Frankfurt am Main als
erster Hautarzt zugelassen. Als solcher gründete 1876 oder 1877 in
Frankfurt eine Klinik und Poliklinik für Hautkranke, die er bis zu seinem
Unfalltod 1899 leitete. Neben seinem Beruf wirkte er als "Kunstverständiger"
und "wohltätiger Mann". |
Weitere Informationen siehe Seite
zu Familie Herxheimer in der Website juedische-pflegegeschichte.de
Hier auch Quellenangaben und Literaturhinweise. |
Kennkarte
aus der NS-Zeit |
|
Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
|
Kennkarte
für Julius Stein,
geb. in Dotzheim |
|
|
|
|
Kennkarte (Mainz 1939)
für Julius Stein, geb. 20. April 1883 in Dotzheim. |
|
|
Zur Geschichte des Betsaals
Im 18. Jahrhundert dürfte ein Betsaal in einem der jüdischen
Häuser vorhanden gewesen sein. Weitere Informationen liegen nicht
vor.
Fotos:
Zur jüdischen
Geschichte in Dotzheim liegen noch keine Fotos vor.
Fotos ehemaliger jüdischer Wohnhäuser in der Publikation von Rolf
Schwalbach;
hier auch Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe aus der "Dotzheimer
Zeitung". |
|
|
|
|
Links und Literatur
Links:
Literatur:
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|