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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Ehrstädt (Stadt Sinsheim, Rhein-Neckar-Kreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Ehrstädt bestand eine jüdische Gemeinde bis 1912. Ihre
Entstehung geht in die Zeit des 16./17. Jahrhundert zurück. Erstmals werden
1548 bis 1550 Jud Moses, 1577 bis 1580 Jud Gutkind genannt.
Auch nach dem Dreißigjährigen
Krieg zogen mehrere jüdische Familien zu. Im 18. Jahrhundert galt der Ortsherr
Christoph Ferdinand I. Freiherr von Degenfeld (in Ehrstädt von 1728-1766) als
"Judenfreund".
Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde um 1848
mit 70 Personen erreicht. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging die
Zahl durch Aus- und Abwanderung schnell zurück. 1900 wurden noch fünf jüdische
Einwohner gezählt, ab 1910 keine mehr.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.)
und eine Religionsschule. Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen
Friedhof in Waibstadt beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der auch als Vorbeter tätig war
(vgl. Ausschreibungen der Stelle unten).
Aus der Geschichte der jüdischen
Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Lehrers und Vorbeters (1836 /
1843)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" von 1836 S. 689 (Quelle: Stadtarchiv
Donaueschingen): "Erledigte Stelle. Bei der
israelitischen Gemeinde Ehrstädt ist die Lehrstelle für den Religionsunterricht
der Jugend, mit welcher ein Gehalt von 50 Gulden nebst freier Wohnung
sowie der Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen verbunden
ist, erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter höherer
Genehmigung zu besetzen.
Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage ihrer Rezeptionsurkunden und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel binnen 6 Wochen sich bei dasiger
Bezirks-Synagoge dahier zu melden.
Auch wird bemerkt, dass im Falle weder Schulkandidaten noch
Rabbinatskandidaten sich melden, andere inländische Subjekte nach erstandener
Prüfung bei dem Bezirks-Rabbiner zur Bewerbung zugelassen werden.
Sinsheim, den 5. August 1836.
Großherzogliche Bezirks-Synagoge." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 8. Februar 1843 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Sinsheim. [Dienstantrag.] Bei der israelitischen Gemeinde Ehrstädt
ist die
Lehrstelle für den Religionsunterricht der Jugend, mit welcher ein
Gehalt von 120 fl., nebst freier Wohnung, sowie der
Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen verbunden ist,
erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter höherer
Genehmigung zu besetzen. Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage ihrer Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen sich bei der
Bezirkssynagoge Sinsheim zu melden. Auch wird bemerkt, dass im Falle sich weder Schul- noch
Rabbinatskandidaten melden, andere inländische Subjekte, nach
erstandener Prüfung bei dem Rabbiner, zur Bewerbung zugelassen
werden. Sinsheim, den 15. Januar 1843." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Auflösung der jüdischen Gemeinde
(1912)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 3. Mai 1912:
"Karlsruhe. (nach dem Bericht über Bad Dürrheim:). Die einst
blühende, Jahrhunderte alte jüdische Gemeinde Ehrstädt zählt
heute nur noch vier jüdische Seelen: die Synagoge soll daher verkauft
werden." |
Berichte zu einzelnen
Personen aus der Gemeinde
Besuch der badischen Großherzogin in
Bad Rappenau mit Ehrung von Frau Götter von Ehrstädt (1903)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. August 1903: "Rappenau
(Baden), 25. August (1903). Vor mehreren Tagen weilte Ihre Königliche
Hoheit die Großherzogin von Baden in unserer Mitte. Dieselbe besuchte die
Ausstellung weiblicher Schülerarbeiten der Bezirksgemeinde. Zu den
Ehrendamen, die sich in dem betreffenden Saale aufzustellen hatten, wurden
auch zwei geachtete, jüdische Frauen des Bezirkes zugezogen, nämlich die
Frau des Gemeindevorstehers Joseph Strauß von Grombach und Frau Götter
von Ehrstädt, mit denen sich die hohe Fürstin in der huldvollsten Weise
unterhielt und sich nach manchen Verhältnissen interessevoll erkundigte.
W." |
Zur Geschichte des Betsaales/der Synagoge
1787 wurde eine "Judenschule" eingerichtet, wobei es sich
um einen Betsaal in einem der Grundherrschaft (Herren von Degenfeld) gehörenden
Gebäude handelte. Die jüdische Gemeinde hatte dafür jährlich 12 Gulden Miete
an die Herrschaft zu bezahlen. 1795 wird Lazarus Levi Gutmann als
Judenschullehrer in Ehrstädt genannt. 1824 war nach einem Bericht des damaligen
Vorstehers Elias Kahn das Gebäude mit dem Betsaal in baufälligem Zustand. Die
jüdische Gemeinde musste zudem aus nicht bekannten Gründen "jeden Tag befürchten,
aufgekündigt zu bekommen".
So ging man an die Planung einer Synagoge, wobei von
vornherein klar war, dass die jüdische Gemeinde diesen Bau nicht aus eigenen
Mitteln finanzieren konnte. Damals bestand die Ehrstädter Gemeinde aus 13
Familien mit zusammen 60 Personen. Drei der Familien lebten nach einem Bericht
des Bezirksamtes Sinsheim in "mittleren Vermögensverhältnissen", die anderen
hatten "kaum ihr nötiges Auskommen". Zunächst wurde überlegt, ein bestehendes
Gebäude zu erwerben und zu einer Synagoge umzubauen, doch gab es hierfür kein
geeignetes Haus am Ort. Um den Neubau einer Synagoge finanzieren zu können,
beantragte Vorsteher Elias Kahn im April 1824 die Durchführung einer Kollekte
unter den jüdischen Gemeinden im Großherzogtum Baden. Bezirksrabbiner Jakob
Bamberger von Neckarbischofsheim unterstützte das Ansinnen der Gemeinde. Die
Kosten für die Synagoge wurden zunächst auf 700 bis 800 Gulden hochgerechnet.
Als Eigenanteil der Gemeinde zum Bau wurden zunächst nur 200 Gulden angegeben,
worauf das Direktorium des Neckarkreises in seinem Schreiben vom 10. August 1824
die Kollekte zunächst einmal ablehnte. Mindestens die Hälfte der Baukosten müssten
durch die Gemeinde selbst getragen werden. Nachdem sich die Gemeinde dazu bereit
erklärt hatte, wurde die Kollekte im Januar 1825 genehmigt. Offensichtlich
wurde daraufhin als "Hohe Ministerialverfügung" ein Rundschreiben versandt, mit
dem die Gemeinden des Landes um Spenden für die Ehrstädter Synagoge gebeten
wurden. Daraufhin gab es jedoch so gut wie keine Rückmeldungen. Im Mai 1826
beklagte sich Elias Kahn beim Bezirksamt Sinsheim, dass man bislang 15 Monate
vergebens auf Spenden gewartet habe. Nur 9 Gulden und 57 Kreuzer seien aus den
Nachbargemeinden Sinsheim und Hoffenheim eingegangen. Nachdem sich auch in den
folgenden Monaten nichts tat, ist behördlicherseits Anfang 1828 ein neues
Rundschreiben verfasst worden. Zugleich ermächtigte die jüdische Gemeinde
Ehrstädt die beiden Mitglieder Israel Östreicher und Machuel Seligmann, damit
diese auf traditionelle Weise als Sammler von Gemeinde zu Gemeinde ziehen
sollten, um zu Spenden zu kommen. Auf diese doppelte Weise, Kollekten zu
bekommen, gingen endlich Spenden aus zahlreichen badischen Gemeinden zwischen
Wertheim und Lörrach ein. Bis September 1828 kamen aus 19 Bezirksämtern 139
Gulden zusammen. Bis 1835 hatte man, nachdem der Neubau der Synagoge inzwischen
auf etwa 1.545 Gulden veranschlagt wurde, einschließlich der Eigenmittel von
533 Gulden etwa 1200 Gulden gesammelt. Erst jetzt konnte man an die Bauausführung
denken. Die Pläne zum Neubau wurden vom Bezirksamt und dem Oberrat der
Israeliten im Dezember 1835 genehmigt. Baumeister Franz Joseph Kistner aus
Sinsheim ersteigerte am 2. Februar 1836 den Bau. Er bekam die Auflage, bis zum
1. August 1836 fertig zu sein, damit die Gemeinde auf jeden Fall die
Gottesdienste zu den Hohen Feiertagen im September in der neuen Synagoge feiern
konnte. Allerdings bekam Kistner Probleme, den Termin einzuhalten. Er hatte die
Maurer- und Schreinerarbeiten an andere Handwerker weitergegeben. Im Juni und
Juli 1836 tat sich mehrere Wochen lang fast nichts auf der Baustelle. Nachdem
die jüdische Gemeinde sich beim Bezirksamt beklagte, wurden am 27. Juli die
Bauarbeiten fortgesetzt und vermutlich im Laufe des August 1836 abgeschlossen.
Die feierliche Einweihung der Synagoge dürfte noch im August oder spätestens
im September 1836 gewesen sein.
Schwierigkeiten bereitete der Gemeinde in den folgenden
Jahren die Abzahlung der Schulden, da man insgesamt ein Darlehen von 500 Gulden
hatte aufnehmen müssen. So tat man sich auch sehr schwer, als 1838/39 noch der
Einbau eines neuen rituelles Bades im Gebäude der Synagoge anstand. Auch dazu hätte
die Gemeinde nochmals gerne eine Kollekte zur Finanzierung veranstaltet, was
jedoch behördlicherseits abgelehnt wurde. Dennoch musste schon auf Grund neuer
Vorschriften für die rituellen Bäder ein solches hergestellt werden. Man
konnte dazu aus einer gegenüber der Synagoge entspringenden Quelle Wasser in
das Gebäude leiten.
Nach Auflösung der jüdischen Gemeinde 1912 wurde das
Synagogengebäude verkauft und diente jahrzehntelang als Viehstall und Scheune,
zuletzt war es leerstehend (Gebäude in der früheren Schulstrasse, heute
Eichwaldstrasse 15). Eine Inschrift über dem Eingang (hebräisches Zitat aus
Psalm 118,20) und ein Hochzeitsstein erinnern an die Vergangenheit des Gebäudes.
Die Sanierung der ehemaligen Synagoge wurde 2004-2005 durchgeführt. Sie
wurde unter
anderem mit Mitteln aus dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) zur
Nutzung für Vereinszwecke finanziert.
Fotos
Historische Fotos:
Historische Fotos z.B. aus der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts sind nicht bekannt,
Hinweise bitte an den
Webmaster von "Alemannia Judaica",
E-Mail-Adresse siehe Eingangsseite |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn/Rasemann) |
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Ansicht der ehemaligen Synagoge
von Süden
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Ansicht von Osten: hier wie auf der
Westseite
charakteristische Drillingsfenster |
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Blick vom ehemaligen
Haupteingang zum First der
Westseite |
Hebräische Portalinschrift aus Psalm 118,20:
"Dies ist das Tor zum Ewigen,
Gerechte ziehen durch es hinein" |
Der Hochzeitsstein mit den hebräischen
Buchstaben "M
T" für "Masal Tov"
("Gut Glück") |
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Fotos 2003/04:
(Fotos: Quelle für Foto rechts:
hier
anklicken; andere Fotos: Hahn,
Aufnahmedatum 30.9.2003 und -
untere
drei Zeilen: 7.7.2004) |
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Der Weedplatz in Ehrstädt mit der
ehemaligen Synagoge |
Die ehemalige Synagoge von der
Nordseite
(Morgenlicht fällt auf die Ostseite) |
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Blick von Südosten |
Blick von Süden |
Blick von Osten |
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Drillingsfenster über dem
Eingangsbereich an der Westseite |
Die Inschrift auf Psalm 118,20
(siehe oben) |
Der Eingangsbereich
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Die Restaurierungsarbeiten
haben begonnen (Juli 2004) |
Der Hochzeitsstein
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Die Drillingsfenster über
dem
Eingangsbereich |
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Inschrift über
dem Eingang |
Beim Studium der
Inschrift über dem Eingang. Von links (auf linkem Foto): O. Lützerath
und Dipl-Ing. Bernd Säubert (Architekturbüro Säubert, Karlsruhe), Prof.
Dr. Meier Schwarz
(Jerusalem), Prof. Dr. Jürgen Krüger (Karlsruhe); den
Schirm hält Direktor Dr. Rüdiger
Schmidt (Badische Landesbibliothek, KA) |
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Im Inneren der
ehemaligen Synagoge. Rechts ist am Verputz die Stelle des ehemalige
Toraschreines zu erkennen. Links eines der Fenster im Erdgeschoss.
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Die
Bauaufnahme des Synagogengebäudes vor der geplanten Sanierung -
einige stark verkleinerte Pläne des
Architekturbüros Bernd F. Säubert,
Karlsruhe (Oktober 2003;
Publikation mit Genehmigung des Stadtbauamtes Sinsheim) |
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Westansicht |
Südansicht |
Nordansicht |
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Ostansicht |
Längsschnitt (im Bereich
links unten lag
vermutlich die ehemalige Mikwe) |
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Die
Einweihung der renovierten ehemaligen Synagoge als örtliche Begegnungsstätte am 12. Juni 2005:
(Fotos:
Hahn; die drei mit * bezeichneten Fotos
von Harry Hack)
Bericht von Harry Hack
(www.harry-hack.de; bei den
"Ehrstädter Nachrichten" zu diesem Ereignis zahlreiche
weitere Fotos)
Sinsheim-Ehrstädt
(hk) Besser hätte das Wetter wirklich nicht sein können, um das neue Schmuckstück
und Mittelpunkt des örtlichen Gemeinwesens am Ehrstädter Dorfplatz, die
ehemalige Synagoge, einweihen zu können. Strahlend blauer Himmel und
Sonnenschein über den ganzen Tag machten die Einweihungsfeierlichkeiten zu
einem fast perfekten "historischen Tag" für den Sinsheimer Stadtteil. Fehlte
nur noch, dass der SV Ehrstädt den Aufstieg in die Kreisliga schaffte, was
dieser aber am Nachmittag in Helmstadt gegen den SV Neidenstein mit einer
1:2-Niederlage verpasste. Auf dem festlich geschmückten Platz fanden sich am
Sonntagmorgen zahlreiche Besucher ein, die sich die Einweihungsfeierlichkeit
nicht entgehen lassen wollten.
Vor allem die politische
Prominenz war sehr stark auf dem Weedplatz vertreten. Neben den
Landtagsabgeordneten Elke Brunnemer (CDU) und Helmut Göschel (SPD) konnte
Ortsvorsteher Thomas Czemmel den Ersten Bürgermeister der Großen Kreisstadt,
Achim Kessler, Alt-OB Dr. Horst Sieber, Alt-EBM Helmut Beck, die OV-Kollegen
Ulrike Bauer (Hasselbach), Alexander Hotz (Adersbach), Peter Hennig (Reihen) und
Friedhelm Zoller (Rohrbach), die Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderats Helmut
Gmelin (CDU), Alexander Hertel (Aktiv für Sinsheim), zahlreiche Stadt- und
Ortschaftsräte begrüßen. Auch die Mitarbeiter des städtischen Bauamtes,
Heike Schnieders, des Bauhofes Frau Lubinski sowie den ehemaligen Leiter des
Tiefbauamtes, Willi Klenk, wurden vom Ortschef willkommen geheißen. Czemmel
dankte vor allem den Personen herzlich, die sich in irgendeiner Form mit der
Sanierungsaktion in ihrer Amts- bzw. Dienstzeit befasst hatten. Als besonderer
Gast hieß Czemmel den Enkel des ersten jüdischen Gemeindevorstands in Ehrstädt
(Elias Kahn), Martin Cahn mit Ehefrau Agnieszka, wohnhaft derzeit in Mylenice
bei Krakau/Polen, willkommen. Den Kontakt stellte Joachim Hahn von der "Arbeitsgemeinschaft
für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden
Raum" über das Internet zu dem Nachfahren her.
Der offiziellen Einweihung
ging ein Gottesdienst der Evangelischen Kirchengemeinde voraus, den Prädikant
Kurt Wüst leitete. Mit Liedbeiträgen von der Chorgemeinschaft Ehrstädt-Hasselbach
wurde der Gottesdienst sowie die anschließende Einweihungsfeierlichkeit
gesanglich umrahmt. Die Kinder vom Kindergottesdienst begrüßten die Kirchgänger
mit Salz und Brot und verteilten selbst gebastelte Davidsterne. Saskia Hummel
umrahmte zusammen mit ihrem Violinlehrer ebenfalls die Feierlichkeit.
Nach seiner Wahl zum
Ortsvorsteher von Ehrstädt im Jahre 1994, als noch die beiden hohen
Getreidesilos sowie die ehemalige Waage den Weedplatz nicht gerade zu einer
Augenweide machten, hatte Czemmel bei einem Ortstermin mit dem damaligen
Ortschaftsrat den Gedanken gehegt, die ehemalige Synagoge zu sanieren. Nach
langen Vorgesprächen und dem Abschluss der Neugestaltung des Weedplatzes im
Jahre 2000 folgte am 21. März 2001 in der öffentlichen Ortschaftsratsitzung
der Beschluss, dass die ehemalige Synagoge in städtischer Hand bleiben und für
die Öffentlichkeit renoviert werden soll.
Das Planungsbüro Bernd
Gomer aus Eppingen-Adelshofen erhielt Mitte 2001 den Plan- und Bauleiterauftrag
von der Stadt Sinsheim. Bereits Mitte 2002 waren die Konzeption für den Umbau
und die Renovierung des bisher als Stall und Scheune genutzten Gebäudes
entwickelt und die Entwürfe erstellt. Mitte 2002 wurden die Kostenschätzungen
erstellt, die der Stadt als Grundlage für die Förderanträge auf Landeszuschüsse
dienten. Nachdem absehbar war, dass die beantragten Zuschüsse Aussicht auf
Bewilligung haben, wurden in Abstimmung mit dem Stadtbauamt und dem
Landesdenkmalamt die Planungen konkretisiert. Im August 2003 wurde das Baugesuch
eingereicht das mit der Baugenehmigung im Dezember 2003 zum Abschluss kam.
Entsprechend den Auflagen
des Denkmalamtes wurde im Dezember 2003, vor Beginn der Bauarbeiten, eine
bauhistorische Kurzanalyse erstellt und der vorhandene Zustand durch eine
verformungsgerechte und detailgetreue Bestandsaufnahme von Dipl.-Ing. Bernd Säubert,
Karlsruhe, dokumentiert. Diese Analyse stellt, wie Architekt Dipl.-Ing. Hartmut
Rudisile vom Planungsbüro Gomer bei seinem umfassendem Bericht über die
Sanierungsmaßnahmen erläuterte, neben der baulichen Bestandsdokumentation auch
eine gute Grundlage für die Ortsgeschichte und das Leben der jüdischen Mitbürger
in der Gemeinde dar. Im Frühjahr 2004 wurde die Werkplanung erstellt und die
einzelnen Baugewerke ausgeschrieben, so dass bereits Ende April 2004 mit den
eigentlichen Bauarbeiten begonnen werden konnten, die nach einem Jahr Bauzeit
abgeschlossen waren.
Bei den Sanierungsarbeiten
wurde weitgehend auf konventionelle Materialien und handwerkliche Ausführungstechniken
zurückgegriffen, die dem Charakter des Gebäudes entsprechen. Die Farbgebung
der Innenwände und Außenfassaden erfolgte auf der Grundlage von historischen
Putzresten, die im Innen- und Außenbereich noch erkennbar waren. Im Foyer des
Erdgeschosses wurde in Anlehnung an den ursprünglichen Bestand wieder ein
Sandsteinboden eingebaut. An der Stirnwand wurde die Nische wieder freigelegt,
in der während der Synagogennutzung der Schrein für die heiligen Schriften
untergebracht war. An der Außenfassade wurde der kunstvoll bearbeitete
Werkstein mit dem Davidstern und der hebräische Inschriftenstein, der leider
sehr stark verwittert ist, gereinigt und gefestigt, so dass diese Elemente und
Symbole auch weiterhin ein Gedenkzeichen an die Geschichte der ehemaligen jüdischen
Gemeinde in Ehrstädt und an die ursprüngliche Nutzung erinnern. Einen
besonderen Dank hatte Hartmut Rudisile für alle Handwerker parat, die größtenteils
in mühseliger Handarbeit innerhalb des vorhandenen Gemäuers ihr Werk
vollbrachten. Eine Geldspende, zur Anschaffung eines Kunstobjektes, der den Raum
ausschmücken und die Geschichte des Gebäudes würdigen soll, überließ Bernd
Gomer dann dem Ortsoberhaupt.
MdL Elke Brunnemer
gratulierte "mit Respekt und Anerkennung" den Ehrstädtern für die gelungene
Sanierung der ehemaligen Synagoge. Durch ihre Kontakte zum zuständigen
Ministerium war es möglich, immerhin 130.000 Euro an Zuschüssen für das
Projekt, das zirka 370.000 Euro an Kosten verursachte (305.000 Euro Baukosten,
65.000 Euro Ausstattung und Nebenkosten), loszueisen. "Ich wusste damals und ich
fühle mich heute bestätigt: Die Mittel sind gut angelegt, die Investition hat
sich gelohnt, die Gemeinde hat spürbar an Attraktivität gewonnen!" In den
letzten 10 Jahren, so Brunnemer, wurden durch das Entwicklungsprogramm Ländlicher
Raum (ELR) insgesamt 690 Mio. Euro an Fördermitteln vom Land Baden-Württemberg
bereitgestellt, mit denen ein Investitionsvolumen von rund 5 Mrd. Euro angestoßen
wurden. 18.000 Arbeitsplätze konnten geschaffen werden. "Mit jedem Euro, den
wir an Fördermitteln bereitstellen, regen wir also ein Mehrfaches an
Investitionen sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich an", stellte
Elke Brunnemer abschließend fest.
Martin Kahn, passionierter
Hobbymaler, hatte zum Schluss der Einweihungsfeierlichkeiten für das
Ortsoberhaupt noch eine Überraschung parat: ein von ihm gemaltes Bild der
ehemaligen Synagoge, das nun einen besonderen Ehrenplatz in den sanierten Räumlichkeiten
erhalten wird. Nach einem ausführlichen Rundgang durch das frisch sanierte Gebäude,
bei dem die neuen Baupläne sowie Bilder vom früheren Zustand des Gebäudes
begutachtet werden konnten, fand man sich zum gemeinsamen Mittagessen auf dem
Dorfplatz ein, das die Sängerinnen und Sänger des Gesangvereins Ehrstädt
bereithielten. Mit flotten Liedern unterhielt der Kinderchor
"Liedernest" danach die Festgäste, die dann zu Scharen aufbrachen, um
den SV Ehrstädt in Helmstadt beim Relegationsspiel um den Aufstieg in die
Kreisliga zu unterstützen.
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 114. |
| Leopold Löwenstein: Geschichte der Juden in der Kurpfalz. 1895 S.
38.44. |
| Friedrich Hub: Ehrstädt und Schloss Neuhaus. Geschichte eines
Kraichgaudorfes. Ehrstädt/ Neckarbischofsheim 1967 S. 496-497 (Kapitel
"Ehemalige jüdische Einwohner"). |
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|