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Eisfeld (Kreis
Hildburghausen)
Jüdische Geschichte / Betraum
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Eisfeld bestand eine kleine jüdische
Gemeinde vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis nach 1933.
Bereits im Mittelalter lebten einzelne Juden in Eisfeld. Erstmals wird 1394
ein jüdischer Einwohner in Eisfeld genannt (Jud Gutkind zu Eisleben). Auch in
der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts lebten möglicherweise Juden in der
Stadt. Nach 1441 waren durch die einsetzenden Vertreibungen aus den wettinischen
Territorien wahrscheinlich keine Juden mehr in Eisfeld.
Vermutlich kam es erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wieder zu Niederlassungen
jüdischer Personen in der Stadt. 1910 wurden zwölf jüdische Einwohner
gezählt. Verschiedene Gewerbebetriebe waren in den folgenden Jahren im
Besitz jüdischer Familien, so das Konfektions-, Manufaktur- und
Kurzwarengeschäft Heinrich Böker Nachf. (um 1907/11) und das Kaufhaus
(Manufaktur- und Modewaren) Amalie Polak (um 1918/21). Zwei jüdische Betriebe in
Gotha hatten Filialen in Eisfeld (vgl. Anzeigen
unten): die Fa. Gebr. Alsberg (Textilwaren, um 1907/12) und die Fa. G. Marcks
(um 1907).
Im "Handbuch der jüdischen Gemeindeverwaltung und der
Wohlfahrtspflege" 1924/25 S. 143 wird Eisfeld als jüdische Gemeinde
mit sechs Gemeindemitgliedern aufgeführt. Auch im "Führer durch die
jüdische Gemeindeverwaltung und Wohlfahrtspflege" 1932 S. 375
findet sich Eisfeld als jüdische Gemeinde mit nun zehn Gemeindegliedern und dem
Vorsitzenden Hermann Gerson. Im Wohn- und Geschäftshaus von Hermann
Gerson gab es auch einen Betraum (s.u.).
1933 lebten folgende Personen jüdischen Glaubens bzw. jüdischer Herkunft
in Eisfeld (vgl. Heimatgeschichtlicher Wegweiser s.Lit. S. 123):
- Wladimir Slobodkin, der in der Georgstraße 25 ein Elektrogeschäft
betrieb und seit seiner Heirat mit Magda geb. Glaser 1917 evangelisch geworden
war. 1933 kehrte er auf Grund starker Anfeindungen in die Sowjetunion zurück.
Seine Frau und die 1918 geborene Tochter Edith blieben zunächst in Eisfeld
zurück, wurden jedoch später deportiert; ihr Schicksal ist unbekannt;
- Hermann Gerson, der im Gebäude Kirchberg 8 ein Textilgeschäft
hatte. Auch er war nichtjüdisch verheiratet. Seine beiden Kinder Ruth und
Alexander waren bereits 1930 nach Palästina ausgewandert. 1938 wurde das
Geschäft von Hermann Gerson zwangsweise "arisiert". Hermann Gerson
und seine Frau Julie wurden obdachlos. Sie fanden Unterkunft bei der
nichtjüdischen Familie Heß. 1944 wurde Hermann Gerson denunziert und in das KZ
Auschwitz deportiert;
- Benno Süßkind (geb. 14. August 1900 in Jülich als Sohn von Julius
Süßkind und Helene geb. Hertz), der als Verkäufer bei Hermann Gerson arbeitet.
Er war gleichfalls (seit 1927 in Eisfeld) nichtjüdisch verheiratet; die Familie (zwei Kinder) wohnte Am
Hopfensteg 14. Mit der "Arisierung" des Geschäftes von Hermann Gerson
wurde Benno Süßkind arbeitslos. In der NS-Zeit kam er zeitweise in das KZ
Bergen-Belsen, das er überlebte. Nach 1945 zog er nach
Trier, wo er 1947 den Vorsitz der dortigen
jüdischen Gemeinde übernahm (bis 1962). Benno Süßkind, der in zweiter Ehe
Wilhelmine geb. David aus Coesfeld heiratete, lebte mit ihr seit 1962 in
Coesfeld, wo er am 19. April 1966 starb.
Hinweis: zur Biographie von Benno Süßkind: Vgl. Presseartikel von Ulrike Deusch in der "Allgemeinen Zeitung" vom 13.
November 2019: "Coesfeld. Begegnung mit Wilhelmine Süskind..."
Link zum Artikel: Siehe auch Beitrag von Claudia Hasskamp: Wilhelmine Cohen
und Benno Süsskind: Gemeinsamer Neu-Anfang 1947 in Deutschland. In: Bernd
Philipsen/Fred Zimmak (Hrsg.): Wir sollten leben. Am 1. Mai 1945 von Kiel mit
Weißen Bussen nach Schweden in die Freiheit. Novalis-Verlag
Steinbergkirche-Neukirchen 2020 S. 121-137.
Eingestellt als pdf-Datei.
sowie biographische Angaben
http://familienbuch-euregio.eu/genius/?person=493165 sowie Buch
von Dieter Westendorf und Hans-Jochen Westendorf: "Schicksale der jüdischen
Coesfelder zwischen Bedrohung und Ermordung 1919-1945". Erschien 2013; online
http://www.konzertring-coesfeld.de/aktuelles/20.9.Buch.pdf
Von den in Eisfeld geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Hermann Gerson
(1885). Amalie Polak (1874), Emma Polak (1882). Nach den Angaben des Heimatgeschichtlichen Wegweisers sind außerdem
umgekommen: Magda Slobodkin geb. Glaser (), Edith Slobodkin
(1918).
Hinweis: der im Heimatgeschichtlichen Wegweiser als Opfer der NS-Zeit
genannte Benno Süßkind (siehe oben) überlebte die NS-Zeit (gest. 1966 in
Coesfeld, siehe oben, Hinweis Stadtarchiv Coesfeld vom 1.9.2020).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeigen des Konfektions-,
Manufaktur- und Kurzwarengeschäftes Heinrich Böker Nachfolger (1907 / 1911)
Anzeige
im "Israelitischen Familienblatt" vom 21. Februar 1907: "Für Geschäft und
Haushalt suche ich ein jüdisches
Lehrmädchen
mit guter Schulbildung, unter günstiger Bedingung.
Heinrich Böker Nachfolger
Eisfeld in Thüringen. " |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. April 1911: "Für mein
Konfektions-, Manufaktur- und Kurzwarengeschäft suche zum 15. Mai oder 1.
Juni eine jüngere
Verkäuferin,
israelitisch, die etwas schneidern kann, Kost und Logis im Hause.
Familienanschluss. Offerte mit Bild Gehaltsansprüchen und Referenzen.
Heinrich Böker Nachfolger
Eisfeld in Thüringen. " |
Anzeigen der Firma Gebr. Alsberg (Gotha)
für ihre Filiale in Eisfeld (1907 / 1912)
Anzeige
im "Israelitischen Familienblatt" vom 24. Januar 1907: "Zum 1. März suchen
wir für unsere Filiale in Eisfeld in Thüringen eine
jüngere Verkäuferin,
die auch etwas Schneiderei versteht. Offerten mit Bild und Angabe der
Gehaltsansprüche und Referenzen an
Gebrüder Alsberg, Gotha. " |
|
Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 21.
März 1912:
"Wir suchen zum baldigen Eintritt für unsere Filialen in Eisfeld in
Thüringen und Zella St. Blasii in Thüringen
je ein
junges Mädchen
in die Lehre. Kost und Logis im Hause.
Gebrüder Alsberg.
Manufaktur und Konfektion Gotha. "
|
Anzeige der Firma G. Marcks (Gotha)
für ihre Filiale in Eisfeld (1907)
Anzeige
im "Israelitischen Familienblatt" vom 12. Dezember 1907:
"Für meine Filiale in Eisfeld in Thüringen suche ich per 1. Februar
eine jüngere tüchtige
Verkäuferin
(Israelitin), die auch etwas schneidern kann. Kost und Lobbys im Hause.
Familienanschluss. Offerten mit Bild und Gehaltsansprüchen erbeten.
Ferner ein
Lehrmädchen
für Geschäft und Haushalt.
G. Marcks, Gotha. " |
Anzeigen des Kaufhauses (Manufaktur- und Modewaren) A.
Polak (1918)
Anmerkung: Putzarbeiten sind keine Reinigungsarbeiten, sondern die Herstellung
von "Putz" = Kopfbedeckungen aller Art, vgl. Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Modist
Die Firma Amalie Polak in Eisfeld war von 1915 bis 1937 in das dortige
Handelsregister eingetragen, vgl. Eintrag in
den Akten:
Thür. Amtsgericht Eisfeld - Archivportal Thüringen (archive-in-thueringen.de)
Dazu Hinweis auf der Seite
http://www.schildburghausen.de/geschichte-der-juden/: "März 2015: Die
Schüler Kevin Kieser, Jonas Klimmt und Julian Amthor (Eisfeld) sowie Robin Adler
(Themar) verfassen eine Seminarfacharbeit am Beruflichen Gymnasium
Hildburghausen zur Geschichte der Juden in Eisfeld. Ideengeber ist der
Geschichtslehrer Rolf Schildknecht und Betreuer der Eisfelder Stadtchronist
Klaus Pfrenger. Die Schüler finden heraus, dass es neben den bekannten
Schicksalen noch weitere Opfer gegeben hat. Sie finden noch zwei jüdische
Mitbürgerinnen, die Schwestern Amalie und Emma Polak, die in Papenburg an der
Ems geboren worden sind. Die zwei Frauen haben zeitweise zwei Geschäfte in der
Eisfelder Marktstraße nahe der heutigen 'Auen-Apotheke' geführt. Die Schwestern
seien auf einer Transportliste von Eisfeld nach Düsseldorf erfasst worden. Von
dort ist es im Auftrag der Gestapo weiter nach Minsk gegangen. Dort verliert
sich jede Spur."
Amalie (Malchen) Polak ist am 10. Juni 1874 in Papenburg geboren als Tochter von
Wilhelm (Wolf) Polak und der Friederike geb. Ballin. Sie wurde nach der
Deportation (Ghetto Minsk) ermordet.
Emma (Eva) Polak ist am 27. Dezember 1882 in Papenburg geboren als Tochter von
Wilhelm (Wolf) Polak und seiner zweiten Frau Dora geb. Bernstein. Sie wurde nach
der Deportation (Ghetto Minsk) ermordet.
Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom
24. Januar 1918: "Suche zum 1. März eine
jüngere Putzarbeiterin,
welche auch im Verkauf von Manufaktur- und Modewaren sowie im
Abändern von Konfektion tätig sein muss. Kost und logisches im Hause.
Gefällige Angebote mit Bild und Gehaltsansprüchen sowie Zeugnis Abschriften
an
Kaufhaus A. Polak, Eisfeld in Thüringen. " |
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Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 16.
Mai 1918:
"Zum 1. August suche eine jüngere jüdische
Putzarbeiterin,
welche auch den Verkauf von Manufakturwaren versteht.
Gehaltsansprüche mit Bild und Zeugnisabschriften erbeten an
Kaufhaus A. Polak, Eisfeld in Thüringen. " |
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Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 5.
September 1918:
"Suche zum 1. Oktober eine jüngere
Verkäuferin oder Volontärin.
Gefällige Angebote mit Bild, Gehaltsansprüchen erbeten an
Kaufhaus A. Polak, Eisfeld in Thüringen. " |
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Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 23.
Juni 1921: "Zum 1. Juli
suche ich eine jüngere
Verkäuferin,
welche auch das Putzfach versteht. Gefällige Angebote mit Zeugnis
Abschriften, Gehaltsangabe bei freier Station erbeten an
Kaufhaus A. Polak
Eisfeld in Thüringen. " |
Rosa Cohn sucht neue Stelle als
Haustochter (1927)
Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom
18. August 1927:
"Suche nach 17-jähriger Tätigkeit in einem Hause
Stelle als Haustochter
in besserem Hause, in Berlin, zum 1. September.
Offerten erbeten an Rosa Cohn
Eisfeld (Thüringen)." |
Zur Geschichte des Betraumes
Hermann Gerson, der zeitweise Vorsteher der kleinen jüdischen
Gemeinde war, richtete in seinem Wohn- und Geschäftshaus einen Betraum
ein. Wie lange der Betraum als solcher genutzt wurde, ist nicht bekannt. Das
Gebäude steht noch heute.
Adresse/Standort des Betraumes: im
Gebäude Kirchberg 8
Fotos
Fotos zur
jüdischen Geschichte in Eisfeld sind noch nicht vorhanden. |
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Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte
März 2015:
Recherche von Schülern - Verlegung von
"Stolpersteinen" geplant |
Artikel von Christel Kühner in "inSüdthüringen.de"
vom 18. März 2015: "Wenn eine Seminararbeit zu Stolpersteinen führt
'Besser Heimatgeschichte als ein ganz allgemeines Thema', sagten sich vier junge Männer vom Beruflichen Gymnasium Hildburghausen. In ihrer Seminarfacharbeit beschäftigten sie sich mit der jüdischen Geschichte Eisfelds. Im Ergebnis sollen in der Stadt vier Stolpersteine verlegt werden..."
Link
zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica III,1 S. 294. |
| Israel Schwierz: Zeugnisse jüdischer Vergangenheit
in Thüringen. Eine Dokumentation - erstellt unter Mitarbeit von Johannes Mötsch. Hg. von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen ( www.lzt.thueringen.de)
2007. Zum Download
der Dokumentation (interner Link). Zu Eisfeld S. 99. |
| Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des
Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Band 8 Thüringen. Frankfurt 2003. S.
123. |
n.e.
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