Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Oberfranken"
Frensdorf (Kreis
Bamberg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Frensdorf bestand eine jüdische Gemeinde bis 1898.
Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden
1492 (ein Jude aus Frensdorf trat als Kläger vor dem Landgericht Bamberg
auf) und 1617 Juden am Ort genannt. Bei den antijüdischen Ausschreitungen Ende des
17. Jahrhunderts in Oberfranken wurden die jüdischen Häuser am Ort geplündert
(1699).
Eine der ältesten Familien am Ort war die Familie Feldheim, die sich bis 1630
am Ort zurückverfolgen lässt (Stammvater Hirsch, geb. 1630 in Frensdorf).
Nachkommen des Stammvaters Hirsch zogen im 19. Jahrhundert insbesondere nach
Bamberg.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1813 16 Matrikeln (d.h. es waren 16 jüdische Familien am Ort), 1852 93
jüdische Einwohner, 1890 48, 1892 40. 1889 waren die jüdischen
Haushaltsvorstände: Wilhelm Baum (Kultusvorstand), Jakob Himmelreich, L.
Himmelreich, Jacob Kaltenbacher, Wolf Strauß, Karl Himmelreich, Louis
Schulhöfer, Emanuel Baum.
Die jüdische Gemeinde hatte an Einrichtungen eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule und ein rituelles Bad. Der Toten der Gemeinde wurden im
jüdischen Friedhof in Walsdorf beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben
der Gemeinde war zeitweise ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als
Vorsänger und Schochet tätig war (vgl. unten Ausschreibungen der Stelle 1862
nach dem Tod von Lehrer Rosenberg, 1865 und 1867).
Die Gemeinde gehörte Anfang des 19. Jahrhunderts zum Rabbinatsbezirk zum
Rabbinatsbezirk Adelsdorf, nach 1829 zum
Rabbinatsbezirk Burgebrach.
Im Juli 1897 wohnten nur noch zwei jüdische Familien - die des Wolf
Strauß und des Karl Himmelreich in Frensdorf; die anderen Familien waren
inzwischen vom Ort verzogen. Distriktsrabbiner Dr. Werner empfahl im Mai 1898
die Auflösung der Gemeinde und den Verkauf der Liegenschaften, insbesondere der
Synagoge. Beide Familien - Strauß und Himmelreich beabsichtigten im Sommer
1898, nach Bamberg zu ziehen.
Nach 1900 und damit auch zu Beginn der NS-Zeit 1933 wurden keine jüdischen Einwohner mehr am Ort gezählt.
Von den in Frensdorf geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem): Max Bernet (1889; lebte in Berlin, von wo er 1943
nach Auschwitz deportiert wurde), Dorothea Himmelreich (1879), Max Himmelreich
(1883), Flora Kahn geb. Himmelreich (1878, wohnhaft in Bamberg, deportiert
November 1941 nach Riga-Jungfernhof), Denny Joseph Reuß (1872, wohnhaft in
München, umgekommen 1944 im Ghetto Theresienstadt), Ernestine Rund geb. Bernet
(1859, wohnhaft in Obbach und Würzburg, deportiert in das Ghetto Piaski 1942).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers, Vorbeters
und Schochet 1862 / 1865 / 1867
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 9. Dezember 1862: "Durch das Ableben des Herrn
Lehrers Rosenberg ist die hiesige Religionslehrer- und Vorsängerstelle,
womit zugleich die Schächterstelle verbunden wird, erledigt. Gehalt 200
Fl. nebst freier Wohnung un Holz zur Beheizung der Schule. Für den Ertrag
der Schächtergebühren werden außerdem 100 Fl. garantiert. Befähigte
Bewerber wollen sich baldigst in frankierter Zuschrift an den
Unterzeichneten wenden.
Frensdorf bei Bamberg, den 1. Dezember 1862. Nathan Rosen,
Kultus-Vorstand." |
|
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. Juni 1863:
"Bekanntmachung.
Die israelitische Kultusgemeinde Frensdorf, Regierungs-Bezirksamt Bamberg
II., hat bis jetzt noch nicht ihre Religions-, Vorsänger- und
Schächterstelle besetzt. Dieselbe hat jetzt ihr Gehalt verbessert und
geben für die drei obenbenannten Stellen ein jährliches Garantie-Gehalt
von 425 Gulden nebst freier Wohnung.
Bewerblustige Lehrer wollen sich baldigst an unterzeichneten Vorstand, wo
Näheres zu erfahren ist, melden.
Frensdorf bei Bamberg, den 1. Juni 1863. Der Vorstand. Nathan Rosen." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. November 1867:
"Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle dahier
betreffend.
Obengenannte Stellen kommen dahier in Erledigung mit einem
Garantie-Gehalt von 400 bis 450 Gulden. Bewerber um diese Stelle mögen
baldigst ihre Gesuche portofrei an Unterzeichneten einsenden.
Frensdorf bei Bamberg, den 20. November 1867.
Die israelitische Kultusgemeinde. Nathan Rosen, Vorstand."
Auf diese Ausschreibung hin hat sich vermutlich der einige Jahre später
schwer erkrankte Lehrer H. Fuchs beworben (s.u.) |
Hilfsaktion für den schwer erkrankten Lehrer und Vorsänger H. Fuchs
(1879/1881)
Der Religionslehrer und Vorsänger H. Fuchs in Frensdorf ist seit Mitte der
1870er-Jahren immer schwerer erkrankt, insbesondere erblindet. Um ihm und seiner
Familie, die durch die Krankheit und die entstandenen Arzt- und
Krankenhauskosten plötzlich in schwere Not geraten war, zu helfen, startete
Leonard Müller eine Hilfsaktion durch Aufrufe in der Zeitschrift "Der
Israelit". Tatsächlich konnte er auch viel Unterstützung entgegennehmen.
Nach einem ersten Aufruf 1879 erschienen mehrmals Auflistungen eingegangener
Spende, wie in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. November
1879:
Bericht
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. November 1879:
"Für den erblindeten Lehrer und Vorsänger H. Fuchs in Frensdorf
(Aufruf von Leonard Müller in Bamberg). Von der Redaktion des 'Israelit'
per Postanweisung erhalten 90. Von Frau Lederhändler Heß hier 2. Von Geschwister
Hollstein hier 2. Durch Heß in Ermreuth gesammelt (abz. Porto) 13.30, und
zwar von: J. Wimmelbacher 1, Jos. Bauer 2, J. Schönberger 2, Herzfelder
2, E. Wimmelbacher 2, Ermreuther, Schloß, M. Holzinger je 1,50. Durch
Rabbiner Lob Wißmann in Schwabach gesammelt: von Rabbiner Wißmann, J.
Roßheimer, Frau Hanne Sänger, Frau Uhlfelder je 0,50, A. Grünbaum 0,30,
Kohn, Ullmann's Witwe, M. Ullmann S. Enstein, S.H. Herrmann, Simon
Feuchtwanger, J.A. Dingfelder, S. Rosenstein, B. Feuchtwanger, Jacob
Feuchtwanger, L. Lamm, H. Bieringer, Sigm. Dallmann je 1, zus. 15,30.
Fräul. Hollstein hier 1. Durch Lehrer Marschütz in Burghaslach ges. 22.
Von Frau Neubauers We. hier 2. Postzeichen Fischbach 1. Ungenannt hier 3.
Von Lehrer M. Hofmann in Rothenburg a.d. Tauber 5. Wolf Frank 2.
Am 23. vorigen Monats hat sich der Unglückliche in der diesseitigen
Augenklinik einer ferneren Operation unterworfen, über deren Ausfall sich
der Arzt jetzt noch nicht aussprechen kann, hofft aber das beste; das
andere Auge bleibt aber incurable. Voraussichtlich kann er wohl unter 4
bis 5 Wochen nicht aus der Klinik entlassen werden, und bedarf sein
Leidenszustand längere Zeit einer besonderen Pflege. Wie soll diese aber
bewerkstelligt werden, wenn außer den Kosten der Klinik der Unglückliche
brot- und mittellos mit Familie dasteht? Nur unser angestammtes barmherziges
Herz versteht die Lösung dieses Problems. Ich bitte deshalb Alle, die
Ihr Teilnahme für das Schicksal der leidenden Menschheit beweisen wollt,
dieser trotlosen Familie wohltätig beizustehen, und indem ich den
bisherigen Wohltätern meinen innigsten Dank ausspreche und mich der
Hoffnung ihrer ferneren Teilnahme trostvoll hingebe, schließe ich in
Hinblick der gegenwärtigen Sühnezeit mit dem Ausspruch unserer
Weisen.... Leonard Müller in Bamberg." |
Ein erneuter Aufruf erschien
1881: |
Inserat
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. August 1881: "Es
kommt mir schwer an, meine hochherzigen Geber schon wieder zu belästigen.
Ich habe es in meiner Schüchternheit bis aufs Äußerste ankommen lassen,
ehe ich wieder den Weg der Öffentlichkeit beschreite. Wohl weiß ich, wie
die Wohltätigkeit jedes Teilnehmenden in der Jetztzeit nach verschiedenen
Richtungen stark in Anspruch genommen wird, und die Geschäfte blühen
nicht sonde3rlich. Aber der unaussprechliche Notfall drängt mir all diese
Hindernisse in den Hintergrund, und ruft rücksichtslos in die weiter
Welt: Hilfe! Hilfe!
Der gänzlich erblindete Religionslehrer und Vorsänger H. Fuchs in
Frensdorf bei Bamberg - ohne Pension und aller Subsistenzmittel bar -
liegt nun auch seit Wochen krank danieder - die Verdauungswerkzeuge sehr geschwächt,
die Füße angeschwollen. Durch Hilfe unserer Wohltäter ist es mir
gelungen, seine beiden Söhne nach Amerika auswandern zu lassen, von
denen ich mir später eine Stütze ihrer Eltern erhoffe. Ich muss mich
auch diesmal mit großer Hoffnung an seine bisher so tätig eingreifenden
Herren Amtsbrüder wenden, dass sie auch ferner durch Sammlungen sein
trauriges Los mildern, aber ich bitte recht bald ! Das Geld geht zu
Ende. Ich kann nicht weiter die grässliche Not schildern, und muss
unumwunden dartun, dass es fast keine hilfsbedürftigere Familie in Israel
gebe, als diese schwer heimgesuchte.
Achtungsvoll Leonard Müller in Bamberg. " |
Zur Geschichte der Synagoge
In der jüdischen Gemeinde gab es eine 1709 oder um 1728
erbaute Synagoge und eine Religionsschule. Im Laufe der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts wurde es durch den Wegzug der jüdischen Familien immer
schwieriger, regelmäßig die vorgeschriebenen 10 Männer zum Gottesdienst zu
sammeln. Seit 1893 waren Gottesdienste nur noch möglich, wenn
Auswärtige in der Gemeinde über Schabbat waren. Am 24. Oktober 1898 wurden im Zusammenhang mit der
Auflösung der jüdischen Gemeinde Schule und Synagoge an den aus Frensdorf
stammenden Handelsmann Wilhelm Baum in Bamberg verkauft. Er verkaufte die
Gebäude nach einiger Zeit weiter. Beide Gebäude wurden seitdem als Wohnhäuser
benützt.
1980 wurden beide Gebäude abgebrochen, nachdem der Abbruch 1979
beantragt worden war.
Adresse/Standort der Synagoge: Hauptstraße 18
(alte Haus-Nr. 27 1/2, Plan Nr. 60).
Fotos
Historische Fotos
(vor Abbruch)
(Quelle: Mesusa 5 s.Lit. S. 160) |
|
|
|
Westseite der ehemaligen
Synagoge |
Nordseite der ehemaligen
Synagoge |
|
|
|
Blick auf
das Grundstück Hauptstraße 18 2022
(Foto: Jürgen Hanke, Mai 2022) |
|
|
|
|
|
|
|
|
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 205. |
| Johann Fleischmann: 1912: Suche nach
Feldheim-Grabsteinen in Walsdorf (bezieht sich auf Familie Feldheim aus
Frensdorf). In: Johann Fleischmann (Hg.): Mesusa 4:
Lebensbeschreibungen und Schicksale. Spuren jüdischer Vergangenheit an
Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach. Mühlhausen 2004. S. 124-134.
|
| ders.: Mesusa 2. Spuren jüdischer
Vergangenheit an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach. Mühlhausen 2000. |
| ders.: Mesusa 3. Spuren jüdischer Vergangenheit an
Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach. Mühlhausen 2002 (hier werden einige der
aus Frensdorf im jüdischen
Friedhof in Walsdorf Beigesetzte aufgeführt). |
| ders.: Mesusa 5: Geschichtssplitter und Chronik der Familie
Steinacher. Mühlhausen 2006 (hier insbesondere der Beitrag: 1899:
Auflösung der israelitischen Kultusgemeinde von Frensdorf. S. 145-160). |
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|