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Großostheim (Marktgemeinde,
Kreis Aschaffenburg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Großostheim bestand eine jüdische Gemeinde bis 1942.
Bereits im Mittelalter lebten Juden am Ort, da "Ostheim" unter
den von der sogenannten "Rindfleisch-Verfolgung" 1298 betroffenen Orte
genannt wird und sehr wahrscheinlich nur dieses Ostheim gemeint sein kann.
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in das 17./18. Jahrhundert zurück.
Der 1724 in Karlsruhe aufgenommene 56-jährige Löw Willstädter gibt als
Geburtsort Großostheim an, wo er ca. 1668 geboren ist (Juden in Karlsruhe
1988 S. 516). Seit 1715 liegen weitere Urkunden zu jüdischen Familien am Ort vor. 1789 gab es
bereits 11 jüdische Haushaltungen am Ort. 1803 wurden 15 jüdische
Familien gezählt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1814/15 75 jüdische Einwohner (4,4 % von insgesamt 1.714
Einwohnern), 1867 35 (1,4 % von 2.477), 1880 57 (2,1 % von 2.760), 1890 79 (3,0
% von 2.664), 1900 56 (2,0 % von 2.832), 1910 42 (1,3 % von 3.186). Die
jüdischen Familien lebten insbesondere vom Viehhandel, Stoff- und Textilhandel;
einige eröffneten seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Läden am
Ort.
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden in Großostheim auf
insgesamt 17 Matrikelstellen die folgenden jüdischen Familienvorstände
genannt (mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): David Herz Gärtner (Krämpler),
Löb Herz Gärtner (Schlachten, Viehhandel), Herz Mardchen Gärtner* (80 Jahre
alt, Vater der Vorgenannten), Jakob Mardge Hetzler* (Viehhandel), Isaak Jakob
Hetzler (Schlachten, Viehhandel), Herz Beer Neumann* (), Herz Jakob Oppenheimer*
(Viehhandel und Schlachten), Moises Bär Oppenheimer (Markeln und Schlachten),
Bär Herz Neumann (Viehhandel und Schlachten), Herz Jospel Neumann (Schlachten,
Viehhandel), Abraham Jospel Neumann (), Benjamin Jospel Neumann (Makeln), Meyer
Herz Herzfeld(er)* (Krämpler), Mendle Martge Göttinger* (Makler), Anschel
Isaak Koblenz (), Beer Herz Ladenberger (Viehmakler), Simon Herz Oppenheimer
(Ellenwaren).
Die mit *) bezeichneten Personen werden in der Aufstellung von 1818/19 nicht
mehr genannt.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine Religionsschule und ein rituelles Bad (lag hinter der Wern,
heute Ecke Wildgraben - Bachstraße, bestand bis 1911, Gebäude wurde
abgebrochen).
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war im 19./20.
Jahrhundert zeitweise ein Religionslehrer angestellt, der auch als
Vorbeter und Schächter tätig war (siehe Ausschreibungen der Stelle unten). Die
Toten der jüdischen Gemeinde wurden auf dem Friedhof bei Schweinheim
(Aschaffenburg) beigesetzt. Die
Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat in Aschaffenburg.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Abraham Schloss
(geb. 9.2.1884 in Olnhausen, gest. 24.10.1918 in Gefangenschaft).
Sein Name findet sich auf den Sandsteintafeln mit den Namen der Gefallenen des
Ersten Weltkrieges an der Nordwand der katholischen Pfarrkirche St. Peter und
Paul am Marktplatz. Auf dem 1939 von der Gemeindeverwaltung neu errichteten
Ehrenmal (1970 neu konzipiert) fehlt der Name von Abraham
Schloss.
Um 1924, als noch 39 jüdische Personen am Ort lebten (0,8 % von 3.413
Einwohnern), waren die Vorsteher der
Gemeinde Albert Fuld und Karl Fuld. Den Religionsunterricht der damals noch drei
schulpflichtigen jüdischen Kinder am Ort erteilte Lehrer Max Katz aus Aschaffenburg. Er hatte auch das Schächteramt in Großostheim inne.
1932 waren die Gemeindevorsteher weiterhin Albert Fuld (1. Vorsitzender)
und Karl Fuld (Schatzmeister). Im Schuljahr 1931/32 war vier Kindern aus der
Gemeinde Religionsunterricht zu erteilen.
Bis nach 1933 waren noch mehrere jüdische Gewerbebetriebe im Besitz
jüdischer Familien, darunter das Textilhaus der Gebrüder Fuld (Kreuzung Breite
Straße / Bachstraße, später: Post-Apotheke), die Viehhandlung von Josef
Wertheimer (Fachwerkhaus Ecke Breite Straße 24 / Turmstraße; das Gebäude von
1727 steht unter Denkmalschutz), die Metzgerei von Hermann Neumann (Breite
Straße), die Viehhandlung von Max Neumann (Haarstraße 1) u.a.m..
1933 lebten noch 28 jüdische Personen in Großostheim (0,7 % von
insgesamt 3.840 Einwohnern). In der Folgezeit ist ein Teil von ihnen auf Grund der zunehmenden
Repressionen und der Entrechtung sowie der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts
vom Ort verzogen oder ausgewandert. Zu antijüdischen Aktionen kam es bereits im
August 1936, als Unbekannte ein jüdisches Haus beschmierten und die Fenster
einschlugen. Anfang November 1938 lebten noch 18 jüdische Personen am Ort. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die
Inneneinrichtung der Synagoge zerstört, danach wurden jüdische Wohnungen
überfallen, das Inventar teilweise völlig demoliert, jüdische Personen
misshandelt. Überfallen wurden das Haus des Viehhändlers Albert Fuld in der
Kauschrübenstraße (dabei wurde Isaac Reis aus Pflaumheim misshandelt, er ist
wenig später gestorben), das Haus des Viehhändlers Max Neumann in der
Haarstraße 1 sowie das Haus der Viehhändler Simon Ehrmann und Josef Wertheimer
Ecke Breite Straße / Turmstraße; verschont blieben das Textilhaus Fuld und das
kurz vorher verkaufte Haus der Metzgerei Neumann in der Breiten Straße. Mehrere
jüdische Männer wurden verhaftet; die Familie Josef Wertheimer wurde
gezwungen, in das Haus der Familie Max Neumann (Haarstraße 1)
einzuziehen. Die letzten sechs jüdischen Einwohner Großostheims wurden im
April beziehungsweise im August/September 1942 deportiert.
Von den in Großostheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Marta Dannenberg geb. Gärtner (1889),
Babette David geb. Sichel (1885), Sofie Dornheim (1882), Albert Fuld (1876), Karoline Fuld (1922),
Klara Fuld (1881), Selma Fuld geb.
Reis (1883), Ludwig Gärtner (1869), Frieda Hellmann geb. Sichel (1893), Rosa Bertha Hirsch geb. Gärtner (1879),
Mathilda (Meta) Mayer geb. Wertheimer (1907), Betty Neumann (1867), Max Neumann (1868), Rosa
Neumann geb. Rau (1886), Klara Schellenberg geb. Fuld (1882), Jenny Schloss geb.
Fuld (1877), Rosel Schloss geb. Gutheim (1917), Julius Sichel
(1888), Max Sichel (1892), Hedwig Spier geb. Gärtner (1883), Hedwig Weichsel
geb. Fuld (1885), Johanna (Hanna) Westheimer geb. Ehrmann (1877).
Zum Gedenken an die die Judenverfolgungen in der NS-Zeit findet sich seit dem
24. November 1991
am alten Rathaus in der Breiten Straße eine Gedenktafel. Sie wurde
damals in Anwesenheit des Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Würzburg, David
Schuster s.A. eingeweiht. Sie enthält die Inschrift: "Jesaja 48,18:
hättest du doch auf meine Gebote geachtet dein Glück wäre wie ein Strom und
dein Heil wie die Wogen des Meeres. Zum Gedenken an das Schicksal unserer
jüdischen Mitbürger."
Die Namen der aus Großostheim Umgekommenen stehen auch auf einem Gedenkstein im
Bereich des Ehrenmals für die Gefallenen.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle der Religionslehrers, Vorbeters und Schächters 1882
/ 1889 / 1899 / 1902
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1882:
"Annonce. Die hiesige Religionslehrer-, Vorsänger- und
Schächterstelle ist vom 1. Juni an zu besetzen. Gehalt nach
Übereinkunft. Reflektierende (wenn auch nicht seminaristisch geprüft)
belieben sich mit Abschrift ihrer Zeugnisse an den Unterzeichneten zu
wenden.
Großostheim (Bayern). Löb Reiß, Kultus-Vorstand." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Dezember 1889:
"Die hiesige Lehrer-, Schochet- und Vorbeter-Stelle ist sofort zu
besetzen bei einem fixen Gehalt von 500 Mark und 200 Mark
Nebenverdienst.
Groß-Ostheim. Die israelitische Kultus-Gemeinde. Moses Oppenheimer." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Oktober 1899:
"Die Stelle eines israelitischen Religionslehrers, der
zugleich den Vorbeter- und Schächterdienst versieht, ist
bis zum 1. Dezember dieses Jahres dahier zu besetzen. Reflektanten
belieben sich deshalb an den Unterzeichneten zu wenden. Bemerkt wird, dass
Polen und Russen unberücksichtigt bleiben.
Großostheim in Bayern. Emanuel Gärtner,
Kultus-Vorstand." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. April 1902:
"Die hiesige Lehrerstelle ist vakant und soll durch einen
seminaristisch gebildeten unverheirateten Religionslehrer, Vorbeter und
Schochet sofort besetzt werden. Gehalt 550 Mark, sowie ca. 500 Mark
Nebenverdienst.
Bewerber wollen sich unter Vorlage ihrer Zeugnisse an den unterzeichneten
Vorstand wenden.
Großostheim, Bayern.
Der Vorstand der israelitischen Gemeinde: Emanuel Gärtner." |
Zur Verabschiedung von Lehrer Max Silbermann (1889, Lehrer in Großostheim von
1884-1889)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. März 1889: "Nachruf!
Am 10. dieses Monats hat uns Herr Lehrer Max Silbermann verlassen,
um seine neue Stelle in Homburg v.d. Höhe anzutreten. So gerne wir dieses
Avancement dem Herrn Silbermann gönnen, so aufrichtig ist das Bedauern
ihn bei uns zu vermissen und sprechen wir ihm andurch öffentlichen Dank
aus für dessen, während seines fünfjährigen Aufenthaltes dahier,
bewährte gewissenhafte und uneigennützige Tätigkeit in seinem Amte,
sowie für das freundschaftliche Verhalten gegen Jedermann, welches ihm
die Liebe und Anhänglichkeit der ganzen Gemeinde erworben hat. Möge
derselbe auch in seiner neuen Stellung Würdigung und Anerkennung
finden.
Hochachtungsvoll ergebenst
Der Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde, Moses Oppenheimer,
Großostheim." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige von David Gärtner (1890)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Mai 1890:
"Suche für meinen kleinen Haushalt ein ordentliches israelitisches
Mädchen, welches sich allen häuslichen Arbeiten unterzieht. Eintritt bis
1. Juli.
David Gärtner, Großostheim,
Bayern". |
Zur Geschichte der Synagoge
Ein Synagoge in Großostheim wurde wohl Mitte des 18.
Jahrhunderts erbaut; in der Synagoge wurde ein Toramantel aus dem Jahr 1751
aufbewahrt, möglicherweise dem Baujahr der ersten Synagoge. Das Gebäude lag in einem
Hinterhof abseits der Breiten Straße, unmittelbar mit einem jüdischen Wohnhaus
verbunden.
Um 1840 war die umfassende Renovierung der Synagoge notwendig geworden.
Es handelte sich nicht um einen Neubau, sondern um eine "Raparatur der
Synagoge". Da dennoch die eigenen finanziellen
Mittel der wenigen jüdischen Familien dafür nicht ausreichten, wurde hierfür die
Durchführung einer Kollekte bei der Regierung beantragt. Diese wurde im Oktober
1840 genehmigt und in der Folgezeit in einem Teil der (oder später sogar in
allen) jüdischen Gemeinden Bayerns durchgeführt. Im Aufruf vom Oktober 1840 ist
nur von einer Kollekte im Regierungsbezirk der jüdischen Gemeinde Großostheim
die Rede (sc. Unterfranken und Aschaffenburg), doch wurde im Januar 1842 auch
das Ergebnis aus den Regierungsbezirken Schwaben und Neuburg mitgeteilt, sodass
die Kollekte vermutlich noch in den anderen Regierungsbezirken Bayerns
durchgeführt wurde.
Kollekte zur Renovierung der Synagoge in Großostheim (1840)
Artikel
im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs
Bayern 24. Oktober 1840: "22. Oktober 1840.
(Das Gesuch der Israelitischen Gemeinde zu Großostheim um allergnädigste
Bewilligung einer Kollekte zur Aufbringung der Kosten für die Synagoge
daselbst betreffend).
Im Namen Seiner Majestät des Königs. Nachdem seine Majestät der König
allerhuldreichst zu gestatten geruht haben, dass zur Deckung der Kosten für
die Reparatur der Synagoge in Großostheim eine Kollekte bei den
israelitischen Glaubensgenossen des Regierungsbezirks veranstaltet werde; so
erhalten die betreffenden Polizei-Behörden den Auftrag, diese Sammlung durch
die Kultusvorsteher vornehmen zu lassen und binnen 14 Tagen das Ergebnis
einzusenden, oder Fehlanzeige zu erstatten.
Würzburg den 18. Oktober 1840.
Königliche Regierung von Unterfranken
und Aschaffenburg, Kammer des Innern. Graf Fugger. Hübner."
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Artikel
im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs
Bayern vom 11. Januar 1842: "(3. Januar 1842) (Das Gesuch der Israeliten um
Bewilligung einer Kollekte zur Herstellung ihrer Synagoge im
Regierungsbezirke Schwaben und Neuburg betreffend).
Im Namen Seiner Majestät des Königs.
Aus nachstehender Übersicht ist der Ertrag der für die Israeliten zu
Großostheim zur Herstellung ihrer Synagoge bei den Glaubensgenossen im
Regierungs-Bezirke von Schwaben und Neuburg veranstalteten Sammlung.
Übersicht des Ertrages der Kollekte zur Herstellung der Synagoge zu
Großostheim bei den israelitischen Glaubensgenossen im Regierungs-Bezirke
von Schwaben und Neuburg...
Würzburg, 24. Dezember 1841.
Königliche Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg, Kammer des Innern.
Graf Fugger
Hübner."
Aus der Übersicht gehen die Erträge der Sammlung der einzelnen
Behörden/Ämter hervor. Es handelt sich nur um die Erträge aus den
Regierungsbezirken von Schwaben und Neuburg, nicht um die Erträge aus
Unterfranken oder anderen Regierungsbezirken.
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Um 1900 wurde die Synagoge erneut umfangreich renoviert
Im Wohnhaus bei der Synagoge befand sich in den 1920er-/1930er-Jahren die
Stoffhandlung von Max Sichel. Sichel war damals Synagogen-Hausmeister. Da die
Gemeinde keinen eigenen Lehrer mehr hatte, waren zu den Gottesdiensten als
(ehrenamtliche) Vorbeter Max Neumann und Simon Ehrmann tätig.
Beim Novemberpogrom 1938 konnten die Torarollen und Ritualien am Morgen
des 10. November noch in Sicherheit gebracht werden - sie wurden im
gegenüberliegenden Anwesen des Altbürgermeisters Eduard Hock versteckt. Am
Abend des 10. November 1938 kamen SS-Leute aus Aschaffenburg, Babenhausen und
überfielen zusammen mit Nationalsozialisten vor Ort die Synagoge. Das
Inventar wurde völlig zerschlagen. Die Synagoge wurde nur auf Grund der
Gefährdung der Nachbarhäuser nicht angezündet, das Gebäude blieb erhalten.
Das Synagogengebäude blieb nach 1945 in Privatbesitz und wurde zu einem
Wohnhaus umgebaut.
Nach anderer Darstellung wurde das Synagogengebäude abgebrochen und an seiner
Stelle das hier seitdem stehende Wohnhaus erbaut.
Adresse/Standort der Synagoge:
Hinterhof des Gebäudes Breite
Straße 53 (Adresse 1932: Breite Straße 300); das ehemalige
Synagogengebäude ist nur durch das Tor des Hauses Breite Straße 53 zu
erreichen. Link
zu den Google Maps.
Fotos
(Quelle: wenn keine Angabe, dann aus der Website
"Großostheim im Krieg", s.u. bei Links)
Vom
ehemaligen Synagogengebäude sind noch keine Fotos vorhanden (historische
oder aktuelle) -
über Zusendungen freut sich der Webmaster; Adresse siehe
Eingangsseite. |
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Ehemalige
jüdische Häuser |
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Textilhaus der
Gebrüder Fuld
(Ecke Breite Straße/ Bachstraße) |
Haus der
Viehhändler Ehrmann/Wertheimer
vor der Restaurierung (aus Schwierz 1992
S. 68) |
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Anbringung
der Gedenktafel am alten Rathaus 1991 (siehe unten bei Berichte) |
Gedenkstein im
Bereich des Ehrenmals für die Gefallenen |
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einige Berichte
(Die Presseartikel bis 2008 wurden zur Verfügung gestellt von Joachim Braun,
Würzburg)
Berichte von 1998 - 60 Jahre
Reichspogromnacht
Artikel
im "Main Echo" (Ausgabe Aschaffenburg) vom 6. November 1998:
"Die trügerische Hoffnung auf die Gemeinschaft im Dorf:
Pogromstimmung erfasste auch im ländlichen Raum Mob. In
Kleinstädten wütete der Mob erst einen Tag nach der 'Kristallnacht' am
9. November 1938: Das Beispiel Großostheim.
Großostheim. Die Geschichte hat einen langen Atem - erst recht, wenn es
um einmalige staatliche Greueltaten geht wie der Judenverfolgung der
Nationalsozialisten im Dritten Reich... Am 9. November jährt sich das
unter dem verniedlichenden Namen 'Reichskristallnacht' in die Geschichte
eingegangene Pogrom zum 60. Mal.
Betroffen davon ist im Raum Aschaffenburg - beispielhaft - auch die Marktgemeinde
Großostheim: Hier lebten 1938 - fünf Jahre nach Hitlers Machtergreifung
- noch über 20 Juden. Sie hießen Fuld, Wertheimer, Ehrmann, Neumann,
Dornheimer, Sichel, Reiß, und Stern... |
|
ebd.
im Artikel im "Main Echo" (Ausgabe Aschaffenburg) vom 6.
November 1998 mit Fotos:
- oben: "Das Wertheimer Haus in Großostheim von 1727 gehörte
den jüdischen Viehhändlern Josef Wertheimer und Simon Ehrmann. Hier
tobte sich der nationalsozialistische Mob während der sogenannten
'Reichskristallnacht' am 10. November 1938 besonders aus."
- unten: "Zum Gedenken an die Judenverfolgungen im Dritten
Reich hat die Marktgemeinde Großostheim am alten Rathaus in der Breiten
Straße eine Gedenktafel angebracht. Dort wird Bürgermeister Hans Klug am
60. Jahrestag der Reichspogromnacht in einer Gedenkveranstaltung einen
Kranz niederlegen". |
Erinnerung an die Deportationen 1942 (2007)
Artikel
im "Main-Echo" (Ausgabe Aschaffenburg) vom 5. September 2008:
"Von Großostheim über Aschaffenburg und Theresienstadt in den
Tod. 9. September vor 65 Jahren: Die Familien Neumann und Fuld
werden als letzte Juden der Gemeinde in Vernichtungslager
deportiert.
Großostheim. Am Sonntag vor 65 Jahren, am 9. September 1942, begann
für die letzten Großostheimer Juden die Reise in den Tod. Im August
hatten sie bereits nach Aschaffenburg in die Webergasse 2 ziehen müssen.
Im Register der Gemeinde ist das lapidar als 'Wegzug' vermerkt. Von
Aschaffenburg ging es später über die Würzburger Aumühle nach
Theresienstadt und weiter in die Vernichtungslager..." |
Berichte von 2008 - 70 Jahre Reichspogromnacht
Foto
zur Erinnerung an 1991: "Erst 1991 wurde in Großostheim für
die ehemaligen jüdischen Mitbürger eine Gedenktafel am alten Rathaus
errichtet. Im Gedenken an die Toten vereint: stellvertretender
Bürgermeister Josef Honecker (links) und der Vorsitzende der jüdischen
Gemeinde Würzburg, David Schuster". |
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Artikel
von Bernd Hilla im "Main Echo" (Ausgabe Aschaffenburg) vom 8./9.
November 2008: "Das Grauen kam später. Pogromnacht: Erst am 10. November kam der SS-Mob auch
nach Großostheim". (Artikel)
Mit Fotos
- oben: "Vor der Ausreise nach Amerika heiratete Karl Reiß
(zweiter von links) 1938 Lina Neumann. Die Ausreise war damals gar nicht
so einfach, denn die USA verlangten Bürgen für den Fall der
Arbeitslosigkeit der Neuankömmlinge. Cousin und Cousine, die schon 1936
ausgewandert waren, standen bereit. Vater Max Neumann (rechts) vertraute
immer noch auf eine Besserung. Er kam auf dem Transport nach
Theresienstadt um".
- unten: "Auf einem Gedenkstein im Bereich des Ehrenmals für
die Gefallenen wird auch namentlich der im Dritten Reich umgekommenen
Juden gedacht". |
Juni 2019:
Verlegung von acht weiteren
Stolpersteinen in Großostheim
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Artikel
von Bernd Hilla im "Main-Echo" vom 25. Juni 2019:
"Acht weitere Stolpersteine erinnern an Großostheimer Juden.
Künstler Gunter Demnig vor Ort
Großostheim. Der Kölner Künstler Gunter Demnig hat am Montag zum
Gedenken an die ermordeten Großostheimer Juden acht weitere Stolpersteine
verlegt.
Die beiden achten Klassen der Mittelschule begleiteten zusammen mit Rektor
Jürgen Seyfried und Klassenleiter Harald Römer das Geschehen und verlasen
Texte über das Schicksal der ehemaligen jüdischen Mitbürger. Auch einige
interessierte Bürger waren gekommen. Über 71.000 Stolpersteine in 26 Ländern
hat Demnig schon verlegt. Und es werden immer mehr, 'denn der Mantel des
Schweigens lichtet sich vielerorts erst jetzt', sagte er.
Begonnen wurde bei der ehemaligen Synagoge. Bürgermeister Herbert Jakob
(CSU) betonte, dass der Kampf gegen das Vergessen des Naziterrors nie
aufhören dürfe. Die Rechtsradikalen schreckten auch heute nicht vor Gewalt
zurück, wie der Mord an dem Kassler Regierungspräsidenten gezeigt habe. Im
Hinterhof des Anwesens Breite Straße 53 lag einst die Synagoge, in der Max
Sichel Hausmeister war. Die Inneneinrichtung wurde am 10. November 1938 in
der Folge der Reichspogromnacht verwüstet. Die Nazis steckten sie wegen der
benachbarten Fachwerkhäuser nicht in Brand. Max Sichel konnte sich in der
Nachbarschaft in Sicherheit bringen und floh nach Belgien und anschließend
in die Niederlande, wo sich seine Spur verlor. Die baufällige Synagoge wurde
abgerissen und an ihre Stelle ein Wohnhaus gebaut.
Jenny Schloss, eine geborene Fuld, wohnte im Birkenhain. Sie war mit
Abraham Schloss verheiratet, der als Soldat im Ersten Weltkrieg für
Deutschland gefallen war. Sein Name steht auf einer Gedenktafel neben der
Kirche St. Peter und Paul auf dem Marktplatz. Wie viele andere Juden glaubte
sie, dass ihr - wegen ihres bewussten Deutschseins - nichts von den Nazis
geschehen würde. Sie irrte sich ebenso wie ihre Tochter Rosel. Sie
flüchteten zunächst nach Frankfurt-Sachsenhausen in die Gartenstraße 114.
Rosel trat später eine Stelle als Hausmädchen im Weinort Oestrich/Winkel am
Rhein an, kehrte aber später wieder mit Sohn und Ehemann Gutheim nach
Frankfurt zurück. Hier lebten jetzt auch ihre Verwandten, denen noch auf den
letzten Drücker die Flucht gelingen sollte. Jenny und Rosel Schloß-Gutheim
wurden mit ihrer Familie dagegen 1941 nach Lodz, das die Nazis Litzmannstadt
nannten, in ein Getto deportiert, wo alle umkamen.
Karl Fuld betrieb mit seinem Bruder Moses an der Ecke Bach- und
Breite Straße einen Textilhandel. Während des Pogroms 1938 wurde der Laden
beschmiert. Sie verließen daraufhin mit Frau und vier Kindern Großostheim
und zogen nach Frankfurt-Sachsenhausen zu ihrer Cousine Jenny Schloss. Karl
Fuld sah für sich keine Hoffnung mehr und nahm sich das Leben. Moses Fuld
gelang mit seiner Familie im Juni 1941 noch eine abenteuerliche Ausreise
über Spanien in die USA. Die beiden Söhne kehrten als amerikanische Soldaten
nach Deutschland und Großostheim zurück.
In Auschwitz ermordet. Das Häuschen von Sophie Dornheimer in
der Bachstraße an der heutigen Grünanlage 'Alte Wet' existiert nicht mehr.
Sie war, so wird berichtet, eine liebenswerte, aber arme Person, die vom
Hausieren lebte. Einem festen Personenkreis verkaufte sie Haushaltswaren.
Über Aschaffenburg wurde sie 1942 nach Theresienstadt und dann ins
Vernichtungslager Auschwitz deportiert, wo sie 1944 ermordet wurde.
Albert Fuld war ein Vetter der Textil Fuld und lebte mit Frau und
zwei Töchtern in der Kauschrübenstraße 12 und handelte mit Vieh. Während des
Reichspogroms wurden er und seine Familie stark gedemütigt. Tochter
Clementine wanderte daraufhin in die USA aus. Die anderen Familienmitglieder
sollten nachkommen. Allerdings lag nur für die Tochter Karoline ein Ausreise
Visum bereit. Sie wollte jedoch ihre Eltern nicht alleine lassen und wurde
von Aschaffenburg 1942 deportiert und in Krasnystaw ermordet. Selma
und Albert Fuld wurden mit dem gleichen Transport wie Sophie Dornheimer nach
Theresienstadt gebracht, wo Albert 1943 ermordet wurde. Selma erlitt das
gleiche Schicksal 1944 im Vernichtungslager Auschwitz."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica Bd. II,1 S. 306. |
| Salomon Bamberger: Historische Berichte über Juden
der Stadt und des ehemaligen Fürstentums Aschaffenburg. Strassburg 1900. S.
13.17.30.59.87.88.97. |
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 310-311. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 62-63; 1992² S. 67-68. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 448-449.
|
| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008. S. 220.
|
| "Mehr als
Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Teilband
III: Unterfranken, Teil 1.
Erarbeitet von Axel Töllner, Cornelia Berger-Dittscheid,
Hans-Christof Haas und Hans Schlumberger. Hg.
von Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid und Gury Schneider-Ludorff
in Verbindung mit Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3:
Bayern. 1. Auflage 2015. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im
Allgäu (mit umfassenden Quellen- und
Literaturangaben)
ISBN 978-3-89870-449-6.
Hinweis: die Forschungsergebnisse dieser Publikation wurden in dieser Seite
von "Alemannia Judaica" noch nicht eingearbeitet.
Abschnitt zu Großostheim S.83-91.
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Grossostheim, Lower
Franconia. Jews are mentioned in connection with the Rindfleisch massacres of
1298 and again in the early 18th century. The Jewish population numbered 79 in
1890 (total 2.664) and 28 in 1933. Ten left in 1935-1938 and another eight after
Kristallnacht (9-10 November 1938), when the synagogue was vandalized.
The last five Jews were deported to the Theresienstadt ghetto on 10 September
1942.
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|