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in Hohenems
Hohenems (Vorarlberg,
Österreich)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte des Ortes
Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit
Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Hohenems wurden in jüdischen Periodika
gefunden.
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt.
Übersicht:
Allgemeine
Berichte zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Beseitigung
einiger rechtlicher Einschränkungen (1849)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. Dezember 1849: "Hohenems (Tirol), 14. November (1849). Es freut uns, Ihnen einen Fall
berichten zu können, der zwar als solcher allein nicht von allgemeinem
Interesse ist, jedoch nichtsdestoweniger wegen seiner gewichtigen und
erfreulichen Konsequenzen wohl Verbreitung und Beachtung verdient. Seit
1813 bestand nämlich die Verordnung, dass die jüdische Gemeinde
Hohenems, die einzige in Tirol und Vorarlberg, aus höchstens 90 Familien
bestehen dürfe. Nur der älteste Sohn seines Hauses war zum Heiraten
berechtigt; den folgenden konnte nur das Aussterben einer Familie die
Berechtigung verschaffen, sich ein eigenes Hauswesen zu gründen. Alles
Remonstrieren gegen eine Beschränkung, die der Gemeinde nicht nur die
Aufnahme von Fremden verbot, sondern auch einer inneren Entwicklung
hemmend entgegentrat, war vergebens; durch ein System, das jenem
pharaonischen der Knabenvertilgung im Prinzipe vollkommen gleichstand, war
ein großer Teil unserer Jugend zum Zölibat verurteilt. Als nun das
Patent vom 4. März dieses Jahres den Grundsatz aussprach, dass der Genuss
der bürgerlichen und politischen Rechte vom Religionsbekenntnis unabhängig
sei, durfte die Gemeinde natürlich seine Beschränkung als aufgehoben
betrachten, und verlangte für das erste Brautpaar, das die Matrikelzahl
überstieg, die Heiratsbewilligung der Provinzialbehörde. |
Diese
glaubte jedoch in den bestehenden Verordnungen Grund zur Verweigerung zu
finden, und der Betreffende sah sich genötigt, in einer direkten Eingabe
beim Ministerium des Innern gegen das verfassungswidrige Verfahren der
Provinzialbehörden zu protestieren; während die Gemeinde sich in
gleichem Sinne ans Ministerium wandte. Die Berücksichtigung jedoch, die
den Tirolern in Bezug auf ihre Konfessionellen Verhältnisse zugesagt war,
stellte ein ungünstiges Resultat in ziemlicher Sicherheit in Aussicht;
umso angenehmer war die Gemeinde überrascht, als das nachfolgende
Reskript des Landgerichts Dornbirn jeden Zweifel auf das Befriedigendste löste.
‚An den D.M. in Hohenems. Laut Eröffnung des hohen Guberniums von 22.
letzten Monats hat das hohe Ministerium des Innern über das
Ehelichungsgesuch des Israeliten D.M. und über die Vorstellung der
Israelitengemeinde zu Hohenems vom 22. Juni laufenden Jahres wegen
Handhabung der Verfassung und der Grundrechte hinsichtlich der
Israelitenangelegenheiten mit Erlasse vom 13. diesen Monats Folgendes eröffnet:
‚Durch das allerhöchste Patent vom 4. März dieses Jahres über die
politischen Rechte der österreichischen Staatsbürger ist der Genuss der
bürgerlichen und politischen Rechte von dem Religionsbekenntnisse unabhängig.
Es sind demnach die Juden zur Verehelichung vollkommen gleichgestellt und
es unterliegt keinem Anstande, dass dem Israeliten D.M. von Hohenems die
angesuchte Bewilligung zur Verehelichung mit der Israelitin H.B. ohne Rücksicht
auf die früher bestandenen Matrikelrechte erteilt werde. Hiervon wird
D.M. in Erledigung seines Gesuches um Bewilligung zur Verehelichung mit
H.B. von Ems vom 7. Mai dieses Jahres und die Israelitengemeinde über
ihre beim hohen Ministerium gemachte Vorstellung vom 22. Juni dieses
Jahres in Folge hohen kreisamtlichen Dekrets vom 26. Oktober dieses Jahres
zum angenehmen Wissen verständigt. K.k. Landgericht Dornbirn, am 2.
November 1849. J.G. Katz, Landrichter.’
Das vorliegende Schreiben bedarf keines Kommentars. Der redliche
Wille unserer Regierung, den Juden die ihnen garantierten Rechte zu
sichern, spricht sich in demselben auf das Unzweideutigste aus, und dürfen
wir getrost der Erwartung und sichern Hoffnung Raum geben, die Vorurteile,
mit denen wir noch zu kämpfen haben, nun da sie jeden gesetzlichen
Anhaltspunkt verloren, in kurzer Zeit ebenfalls besiegt zu haben." |
Der
jüdische Bürgermeister und die jüdischen Gemeinderäte werden gewählt (1850)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. September
1850:
Der Artikel ist noch auszuschreiben |
Die
Gemeinde Hohenems muss sich mit der "Blutbeschuldigung gegen Juden"
befassen (1862)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 29. April 1862: "Die
Blutbeschuldigung in Tirol. Ein widerwärtiger Prozess wird nächstens
abermals in Szene besetzt. Er war nicht zu vermeiden; die ihn mit
Charakterfertigkeit eingeleitet haben, verdienen unseren wärmsten Dank.
Teilen wir zuvörderst den Sachverhalt nach folgendem uns zugekommenen
Schreiben mit. Hohenems,
den 16. April 1862. Wie es aus Zeitungen bekannt geworden, hat eine
periodische Zeitschrift ‚Die Tiroler Stimme’ in einem Artikel aus
Wien, betitelt: ‚Religionsedikt und Konstitution im Rechtsstaate’ und
zwar in Nr. 60 von 13. März 1862 folgende Stelle in durchschossener
Schrift enthalten.
‚Der Staat hat es nicht notwendig erachtet, durch |
ein
Religionsedikt die Judeneinbürgerung zu begleiten, um den Christen die
Garantie zu bieten, dass die geschichtlich erwiesene Praxis die jüdischen
Ostern mit Christenkinderblut zu feiern, nicht in Anwendung komme, oder
dass die lehre des Talmud, wie sie sich in einigen Katechismen offenbarte,
nicht als Religionspraxis Geltung erlange, nach welcher Lehre Gott die
Juden bei ihrem Auszuge aus Ägypten für immer berechtiget haben solle,
von den Heiden (alle Nichtjuden) Geld, Edelsteine und allerlei Pretiosen
zu leihen, zu nehmen, und dann mit ihrem Eigentume fortzuziehen.’
Da sich nun jeder Israelit in seiner Person und in seinen
Altvordern aufs Empfindlichste gekränkt fühlen muss, so hat der gesamte
Bürgerausschuss der hiesigen politischen Israelitengemeinde als der
einzigen des Kronlandes Tirol und Vorarlberg bei der k.k.
Staatsanwaltschaft in Innsbruck Klage eingereicht, dass der Redakteur
Friedrich Graf, der Verfasser und Verleger wegen Vergehen gegen die
Sicherheit und Ehre gerichtlich verfolgt und bestraft worden.
In einem neuen Artikel derselben ‚Tiroler Stimme’ sagt der
Verfasser des ersteren, dass sich die Judenschaft obigen Artikels wegen
gekränkt fühle, Klage eingereicht haben solle; dass er aber in diesem
Falle Belege darbringen werde, nämlich Druckschriften, die in Wien unter
der Ägide desselben Pressgesetzes im Jahre 1860 frei und ungeahndet
gedruckt wurden und die Beweise enthielten, dass obige Behauptungen eine
richtige Praxis gewesen seien. Wir müssen also gegen eine solche Anklage
zur Verhandlung, die namentlich in Tirol von größter Wichtigkeit ist,
wohl bewaffnet kommen. Der Beweismittel gegen diese schändlichen
mittelalterlichen Beschuldigungen gibt es genug. Und wir bedürfen
derselben umso mehr, als in Tirol zwei solche Fälle heute noch als
wichtig gefeiert werden; nämlich Andreas von Rinn und Simon von Trient.
Wenn auch die Beteiligten ohne Zweifel gestraft werden, so ist der
Eindruck einer verfolgungswütigen Verteidigung immerhin folgenschwer. –
Soweit unser Korrespondent. Bekanntlich ist in Tirol eine furchtbare
Agitation gegen den Entwurf eines Religionsediktes, der im österreichischen
Abgeordnetenhause ausgearbeitet worden, und der das ultrakatholische Tirol
mit der Einwanderung von Protestanten und Juden bedroht, im Werke. Die
Jesuiten sind es insonders, welche die Volksmasse aufzuwiegeln suchen und
die jetzige Regierung selbst nicht schonen. Zu den alten Vorurteilen der
Tiroler gehört nun insonders die außerordentliche Furcht vor den Juden,
denen der Eingang in die Grafschaft streng verwehrt ist. Dass dieser nun
ausgebeutet wird, um die Akatholiken überhaupt fern zu halten, ist natürlich.
Das Gravierende in den Auslassungen der ‚Tiroler Stimmen’ ist nun
nicht sowohl das Wiederkäuen der alten Beschuldigung, denn das sähe man
so gearteten Hassern wohl nach, wohl aber die Erklärung, dass es ein
‚geschichtlich erwiesenes Faktum’ und eine ‚Praxis’ des Judentums
sei. Man kennt den Klatsch und Quatsch, den hierbei jene Sorte von
Judenfeinden vorzubringen pflegen. Er muss gründlich zurückgewiesen
werden. Eine ‚Praxis’ kann nur auf legalem Boden wörtlicher
Vorschrift bestehen, und muss daher aus den Religionsquellen nachgewiesen
werden. Anschuldigungen der Pfaffen und durch Foltern und Martern
hervorgerufene Aussagen sind keine geschichtlichen Beweise. Wir können
daher bei diesem Prozesse auf viel Dunst und Qualm rechnen, aber wird er männlich
durchgeführt, so ist sein Ausgang nicht zweifelhaft. Freilich ist die Führung
eines solchen Prozesses vor einem Gerichtshofe in Innsbruck misslich; denn
in einem vorurteilsvollen Lande sind es nur selten Menschen, die nicht
schon in einem gewissen Grade durchtränkt sind, und gar zu leicht wirken,
wo eine Partei die volle Herrschaft so in Händen hat, Rücksichten auf
die Entscheidung ein. Dies muss jedoch Anstrengung und Ausdauer nur
anfeuern. Die Wahrheit erlangt endlich doch den Sieg.
Dass die ‚Wiener Kirchenzeitung’ die ‚Tiroler Stimmen’ kräftig
unterstützt, kann man sich denken. Uns verwundert nur, dass israelitische
Schriftstellen in Wien hiervon nur noch Notiz nehmen. Wir dächten, Herr
Sebastian Brunner und sein Blatt hätten sich allzu bloß gestellt, um
noch eines ‚Protestes’ gewürdigt zu werden."
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Gemeinsame
Feier der israelitischen und der christlichen Gemeinde zum 100-jährigen
Jubelfest der Vereinigung der Reichsgrafschaft Hohenems mit Österreich (1865)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 11. April 1865:
Der Beitrag ist noch abzuschreiben |
Die
jüdische Gemeinde als politisch selbständige Gemeinde wird aufgelöst (1878)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 19. Februar 1878: "St.
Gallen, im Februar (1878). Unsere österreichische, einst sehr zahlreiche,
gegenwärtig aber auf 20-30 Familien zusammengeschmolzene Nachbargemeinde
Hohenems, die bekanntlich bis jetzt eine selbstständige politische
Gemeinde mit ihrem eigenen Bürgermeister an der Spitze bildete, hat es
endlich nach jahrelangem Prozessieren mit der Orts- und Bezirksbehörde
dahin gebracht, dass sie dieses ihres politischen Charakters entkleidet
und ihre Mitglieder in den Ortsbürgerverband aufgenommen werden. Trotz
einer diesbezüglichen Entscheides von Seiten des Ministeriums des Innern,
widersetzte sich der Vorarlberger Landesauschuss einer Verschmelzung
beider (der christlichen und jüdischen) Ortsgemeinden auf das Hartnäckigste
und erhob schließlich beim Reichsgerichtshofe in Wien Beschwerde gegen
die Kompetenz des Ministeriums in der Frage über die ortsbürgerliche
Stellung der Hohenemser Juden. Am 24. und 25. vorigen Monats fanden
betreffende Verhandlungen beim genannten Reichsgerichtshofe statt, und
seinen auf denselben die historischen und juristischen Ausführungen, die
der Vertreter des Landesausschusses vorbrachte, wenig Eindruck gemacht zu
haben, denn der Beschwerdeführer wurde mit seinem Rekurs in formeller und
sachlicher Hinsicht vollständig zurückgewiesen und die Kompetenz des
Ministeriums, dessen Entscheid sich besonders darauf gründete, dass der jüdischen
Kultusgemeinde in Hohenems in Folge der bedeutenden Abnahme die
Bedingungen einer ‚Ortsgemeinde’ ganz und gar abgehen, aufrecht
erhalten.
Wer einst Zeuge war
der Blüte dieser ansehnlichen wohlhabenden Gemeinde unter der Leitung des
wackeren strebsamen, leider (in Lemberg) zu früh vollendeten Rabbiners
Abraham Kohen und des allbeliebten und hoch geachteten, von der
Kaiserlichen Gnade mit mehreren Orden dekorierten, erst vor 1 ½ Jahren
verschiedenen Bürgermeisters Samuel Menz, der hat sich wohl nicht träumen
lassen, dass sie einem so jähen Verfall entgegen gehe. – Sic transit
gloria mundi! E." |
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Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. April 1878: "Hohenems, 8. April (1878). In der Korrespondenz von hier in nr. 11, S.
168 ist bereits mitgeteilt, dass der Verwaltungsgerichtshof in der
zwischen der hiesigen israelitischen Kultusgemeinde und der politischen
Ortsgemeinde schwebenden Angelegenheit, wonach jenes von der Zeit vor 1848
herrührende Truggebilde einer gesonderten politischen Gemeinde, welches
man den Juden insinuierte, um ihnen die ortsbürgerlichen Rechte zu
versagen, endlich hinweggeräumt werden solle, die Entscheidung zu treffen
habe. Die Verhandlung fand am 8. April zu Wien statt, und wird darüber
Folgendes mitgeteilt:
Die Entscheidung des Ministeriums des Innern vom 2.
Juni 1877, wonach die Judengemeinde in Hohenems einen integrierenden
Bestandteil der Ortsgemeinde bilde, war bereits Gegenstand einer
Verhandlung vor dem Reichsgerichte; die Beschwerde des vorarlbergischen
Landesausschusses, welcher die Kompetenz der staatlichen Verwaltung
bestritt und das Selbstbestimmungsrecht des Landes als verletzt erachtete,
wurde durch die Erkenntnis des Reichsgerichtes vom 24. Januar laufenden
Jahres als unbegründet zurückgewiesen. Heute gelangte diese
Ministerial-Entscheidung auf Grund einer Beschwerde der Ortsgemeinde
Hohenems zur Verhandlung vor dem Verwaltungs-Gerichtshofe.
Dr. Johann Bergmeister, Advokat in Feldkirche, machte als Vertreter
der Beschwerdeführenden Gemeinde geltend, die Juden in Hohenems bilden
eine eigene Gemeinde, die in keinem akzessorischen Verhältnisse zur
Christengemeinde stehe, sondern selbst ein vermögensrechtliche Subjekt
sei. Sogar die am 16. Juni 1877 intimierte Ministerial-Entscheidung
spreche von zwei Gemeinden, indem es am Schlusse heißt, dass wegen Durchführung
dieser Entscheidung eine Vereinigung beider Gemeinden im Wege des
Landesausschusses einzuleiten sei. Es liege demnach ein Eingriff in die
Autonomie vor: die Verwaltungsbehörden dürfen nicht die Vereinigung von
Gemeinden anbefehlen. Die Christengemeinde in Hohenems lasse sich nicht
durch Intoleranz leiten, wohl aber hege sie die Besorgnis, das
Gemeindevermögen könnte von den handeltreibenden Juden zum Schaden der
christlichen Ackerbauern veräußert werden.
Der Vertreter des belangten
Ministeriums, Sektionsrat Dr. Maldoner, bemerkte zunächst, dass in der
Ministerial-Entscheidung von einer Vereinigung beider Gemeinden nicht
gesprochen werde und dies nur ein Beisatz der intimierenden Behörde der
Bezirkshauptmannschaft Feldkirch sei. Die Judengemeinde in Hohenems, mag
auch deren Vorstand den Titel ‚Bürgermeister’ führen, sei nichts
Anderen als zu rituellen Zwecken bestehender Verein; zu einer politischen
Gemeinde mangle ihr jede gesetzliche Qualifikation, sowohl bezüglich des
Katasters, als auch des abgesonderten Territoriums. Schließlich beruf
sich der Regierungsvertreter auf die Entscheidung des
Verwaltungs-Gerichtshofes in einem analogen die mährische Stadt Gaya
betreffenden Falle.
Diesen
Ausführungen trat Dr. Philipp Mauthner, welcher die jüdische
Kultusgemeinde von Hohenems repräsentierte, vollinhaltlich bei und fügte
noch hinzu, dass er gegen die Insinuation des Vertreters der Beschwerde,
die Juden in Hohenems, welche bloß die Anerkennung ihrer Rechte als
Insassen der Ortsgemeinde begehren, würden das Gemeindevermögen
verschachern, entschieden Verwahrung einlegen müsse.
Der Verwaltungs-Gerichtshof (Vorsitzender: Senatspräsident |
Dr.
von Schmerling) wies die Beschwerde als gesetzlich unbegründet zurück
mit dem Bemerken, dass, insofern dieselbe sich auf den Beisatz der
intimierenden Behörde betreffs Durchführung der Ministerialentscheidung
erstrecke, der Instanzenzug noch nicht erschöpft sei.
Hiernach muss jetzt die israelitische Gemeinde, abgesehen von ihren
religiösen Zwecken, der Ortsgemeinde einverleibt werden. Aber über die
Art und Weise des Vollzugs scheint noch manches Kreuz- und Querzug geführt
werden zu können. Der Schluss des Urteils deutet dies an." |
Diskussion
über die Situation der jüdischen Gemeinde in Hohenems (1878)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. März 1878: "Hohenems, 28. Februar. (Wir erhalten vom löblichen Gemeindevorstande
folgende Berichtigung, die wir mit Vergnügen aufnehmen, und welche auch
unserem betreffenden geschätzten Korrespondenten nur genehm sein wird.
Redaktion.
Ihre geschätzte
Zeitung brachte in Nr. 8 dieses Jahres eine Korrespondenz aus St. Gallen,
die in mancher Hinsicht der Berichtigung bedarf.
Was den Kern der darin
besprochenen Angelegenheit anbelangt, so verhält sich dieselbe in Kürze
geschildert, folgendermaßen. Die
israelitische Gemeinde Hohenems hatte zwar bisher den Anschein einer
selbstständigen politischen Gemeinde, ohne jedoch die wesentlichen,
gesetzlichen Bedingungen der Ortsgemeinde, nämlich den vollen
Wirkungskreis und eigenes Gemeindeterritorium zu besitzen. – Die
Regierungsorgane wollten schon im Jahre 1848 die Gemeinde dieses Flitters
entkleiden und die ortsbürgerliche Stellung der Hohenemser Juden nach den
allgemein in Österreich geltenden Gesetzen regeln. Denn wenn man der
Sache auf den Grund sieht, so herrschte in Hohenems ein Ausnahmezustand,
wodurch den Juden die Ausübung der ortsbürgerlichen Rechte versagt
blieb.
Die Reaktionszeit der fünfziger Jahre war der Regelung dieser
Angelegenheiten begreiflicherweise nicht günstig, und erst mit Erlass der
Staatsgrundgesetze von 1867 konnte auf gesetzlicher Grundlage an das Werk
der ortsbürgerlichen Gleichberechtigung der Hohenemser Juden geschritten
werden.
Wenn nun nach jahrelangen Kämpfen dieses Werk dem Ziele nahe ist,
so ist es uns nicht recht begreiflich, dass das Bestreben, die scheinbare
Selbstständigkeit der Judengemeinde der wirklichen Errungenschaft der
Gleichstellung zu opfern, fast vorwurfsweise kritisiert wird.
Eine fernere Berichtigung bedarf die Behauptung, die Bezirksbehörde hätte
sich den Bestrebungen der Juden widersetzt. Nur die christliche
Gemeindevertretung und der Vorarlberger Landesausschuss, letzterer
freilich ein sehr wichtiger Faktor, sind zumeist aus religiösen und
politischen Parteigründen als unsere Gegner aufgetreten.
Der mit dieser
Angelegenheit nicht vertraute Leser der St. Galler Korrespondenz könnte
glauben, die Streitfrage wäre schon vollständig erledigt. Dem ist aber
nicht so. Denn das Hohe Reichsgericht hatte nur den Kompetenzkonflikt
zwischen Ministerium und Vorarlberger Landesausschuss zu entscheiden; die
meritorische Entscheidung liegt in Händen des Hohen
Verwaltungsgerichtshofes und dürfte in den nächsten Wochen erfolgen.
Wenn wir nun den Schluss der Korrespondenz, der in eine Jeremiade über
den Verfall der hiesigen Gemeinde ausklingt, in Betracht ziehen, müssen
wir wohl zugeben, dass die Judengemeinde an Population angenommen hat,
gegen den Ausdruck aber, als steure sie einem ‚jähen Verfall’
entgegen, müssen wir auf das Lebhafteste protestieren. Die Menschen
vergehen, die Institutionen aber bestehen, und ohne unbescheiden zu sein,
dürfen |
wir
behaupten, dass es wenige Kultusgemeinden geben wird, deren Institute auf
so solide Basis gestellt sind, wie die unsrigen.
Wir
besitzen durch die Hochherzigkeit verschiedener Hohenemser gestiftete und
durch Ordnung und Sparsamkeit der Kultusgemeindeverwaltung gestärkte
Fonds, so einen Schulfonds, einen Kultus- und Armenfonds, ein wohl
eingerichtetes israelitisches Versorgungshaus für Verpflegung armer und
kranker Juden; eine Chewra-Kadischa, einen Wohltätigkeitsverein, einen
Frauen- und Mädchenverein und einen Verein zur Unterstützung armer
Handwerkslehrlinge. Unsere Kultusbeamten hängen nicht von dem Wohl- oder
Übelwollen einzelner Personen oder Parteien ab, sind somit individuell
vollständig unabhängig.
Wo
in einer Gemeinde das religiöse Vereinswesen in einer solchen Weise
gepflegt wird, da lebt gewiss auch hohes Interesse für unsere heilige
Religion, welches sich auch durch den in hiesiger Synagoge eingeführten
zeitgemäßen und höchst erbauenden Gottesdienst am nachdrücklichsten
bekundet.
Wir besitzen einen
geistvollen und pflichteifrigen Seelsorger und einen tüchtigen
Volksschullehrer, und ist auf diese Weise für die religiöse und
intellektuelle Bildung der Jugend bestens gesorgt.
Wir wissen wohl und erkennen es dankbarst an, dass die jetzige
Generation nicht alle diese schönen und bleibenden Institute geschaffen
hat, sie ist aber bemüht, dieselben zu erhalten und nach Kräften zu
erweitern. Wenn wir daher auch zugeben, dass die hiesige Gemeinde manches
von ihrem äußeren Flitter und an Population eingebüßt hat, so ist sie
doch in ihrem inneren Organismus besser konsolidiert als früher.
Mag
demnach dem geehrten St. Galler Korrespondenten der Kampf, den die gegenwärtige
Generation ausficht, der dahin zielt, die Hohenemser Juden aus ihrer
deprimierenden Ausnahmestellung und von dem Reste mittelalterlichen
Ghettowesens zu befreien, zwar nicht gloriös dünken, so dürfte dieser
keinesfalls jene missliebigen Beigeschmack haben, den der geehrte
Korrespondent daran zu finden scheint." |
|
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. April 1878: "St.
Gallen, Mitte März. Erwiderung. Die ‚Berichtigung‘ seitens des
verehrlichen Gemeindevorstandes in Hohenems in Nr. 11 dieser Zeitung kann
mir, wie Sie, hochgeehrter Herr Redakteur, voraussetzten, so weit sie nämlich
meine Mitteilung selbst betrifft, nur erwünscht und willkommen sein.
Dagegen ersehe ich aus den sich daran knüpfenden Bemerkungen mit
Bedauern, dass der löbliche Gemeindevorstand weit mehr aus meinen Worten
gelesen, als darin enthalten ist. So findet er seine Bestrebungen in der
fraglichen Bürgerrechtsangelegenheit in meinem Bericht ‚fast
vorwurfsweise kritisiert’, während letzterer – vollkommen kritiklos
– sich lediglich auf das Faktum, den betreffenden Prozess und die beim
österreichischen Reichsgerichtshofe stattgehabten Verhandlung, beschränkte.
Dass es sich in diesem Kampfe mit dem der Majorität nach klerikalen
(diese nähere Bezeichnung ist voriges mal wahrscheinlich aus Versehen des
Setzers ausgelassen worden) Vorarlberger Landesausschusse um Vervollständigung
der ortsbürgerlichen Gleichberechtigung handelt, war ich mir sehr wohl
bewusst und hielt es daher auch nicht für nötig, meinen Lesern erst die
Versicherung zu geben, dass ich nicht zu jenen klerikalen Gegnern stehe.
Gerade weil ich das Verfahren der verehrlichen Gemeindevertretung als
vollkommen korrekt, ja sogar als selbstverständlich erachtete, habe ich
dasselbe weder als ‚gloriös’ darstellen, noch irgendwelcher Kritik
unterwerfen zu müssen geglaubt.
Wie ein missbilligendes Urteil, so lag
mir auch der Gedanke weit fern, durch meine Schlussbemerkung die
Hohenemser Gemeinde- und religiösen Zustände und Institutionen in ein
ungünstiges Licht stellen oder den dortigen Kultusbeamten und besonders
dem mir persönlich bekannten und in allseitiger Hochachtung stehenden
Gemeindevorstand irgendwie zu nahe treten zu wollen. Dieselbe bezieht sich
einzig und allein auf die anfangs erwähnte und zuletzt als Motiv des
ministeriellen Entscheides hervorgehobene rapide Abnahme der Gemeinde, die
noch in den vierziger Jahren aus ca. 2.000 Seelen bestand und gegenwärtig
kaum 200 Seelen zählt. Nur auf dieses tragische Geschick, was übrigens
Hohenems mit so vielen Gemeinden und kleineren Ortschaften teilt und zu
dem sich noch die unerquickliche, eine Regelung obiger Bürgerrechtsangelegenheit
umso wünschbarer machende Aussicht gesellt, dass in nächster Zukunft ein
Stillstand in dieser Bewegung kaum eintreten und möglicherweise schon in
wenigen Dezennien die schöne Synagoge und die vorzüglich konsolidierten
Gemeindeinstitute nur noch für wenige Familien vorhanden sein dürfen,
ist jener verstimmende Misston zurückzuführen. Von unlauteren Absichten
und lieblosen Gesinnungen gegen unsere Nachbargemeinde und deren weltliche
und geistliche Spitze wusste ich mich – das kann ich hier nochmals
beteuern – ganz und gar frei und hoffe ich sonach zuversichtlich, dass
jedes vorwaltende Missverständnis durch diese meine offene Erklärung
vollständig beseitigt wird, ohne auch nur die geringste Spur einer trübenden
Wirkung auf unser freundnachbarliches Verhältnis zurückzulassen.
E." |
Reisebericht
aus Hohenems (1926)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. September 1926: "Hohenems.
Mit Bild. Anlässlich einer Fußtour nach Vorarlberg führte mich mein Weg
nach Hohenems bei Feldkirch. Hohenems ist die einzige jüdische Gemeinde
Vorarlbergs. Einst eine blühende jüdische Gemeinde von etwa 100 Familien
zählt sie jetzt nur noch 28 Seelen. Es befindet sich dort eine herrliche
Synagoge, im Jahre 1773 erbaut; der Gottesdienst selbst wird in einem
Nebenraum verrichtet, da es nur am Neujahr und Jom Kippur noch Minjan
gibt. Während der Woche findet nur Freitagabend Gottesdienst statt, den
der seit 45 Jahren dort befindliche Kaufmann Jacob Weil abhält. Früher
Sitz eines Rabbinats – der letzte Rabbiner Hauser ist nach Judenburg bei
Wien verzogen – und einer orthodoxen Schule – der letzte Lehrer
Federmann starb vor sieben Jahren – ist der Rest dieser Gemeinde leider
nicht mehr in der Lage, sich emporzuschwingen, und die schwierigen
Lebensverhältnisse lassen keine Aussicht zu, dass diese Gemeinde wieder
größer wird. Die hier ansässig gewesenen Juden stammen beziehungsweise
stammten seinerzeit aus dem nahen Sulz; da der Friedhof bereits im Jahre
1617 erwähnt wurde, ist diese Gemeinde sehr alt. Ihr entstammt auch der
berühmte Prof. Sulzer, der in Wien amtierte und dessen Bild, in Stein
gehauen, sich im Aufgang zur Synagoge befindet." |
Weiterer
Reisebericht aus Hohenems (1926)
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Oktober 1926
Zum Lesen bitte Textabbildungen anklicken |
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Aus der Geschichte des Rabbinates
Rabbinatskandidat
Samuel Holdheim (1833; Beitrag von Rabbiner Dr. Tänzer von 1898 und
ergänzender Leserbrief)
Anmerkung: Samuel Holdheim (1806 in Kempen Provinz Posen - 1860 in
Berlin), wurde nach seiner missglückten Bewerbung in Hohenems seit 1836
Rabbiner in Frankfurt (Oder), seit 1840 Landesrabbiner von Mecklenburg-Schwerin,
1847 bis zu seinem Tod Prediger bei der Reformgenossenschaft zu
Berlin.
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. Januar 1898: "Samuel
Holdheim als Rabbinatskandidat. Von Dr. A. Tänzer, Rabbiner in Hohenems.
Es darf wohl mit Recht angenommen werden, dass alles auf den Namen
Holdheim Bezügliche auch heute noch in engeren oder weiteren kreisen
Anspruch auf Interesse erheben darf, und eben diese Annahme bestimmt mich,
einen Brief Holdheims vom Jahre 1833 der Öffentlichkeit zu übergeben. Im
begriffe, die nahezu drei Jahrhunderte umfassende ‚Geschichte der Juden
in Hohenems’ auszuarbeiten, fand ich im Archiv unserer Kultusgemeinde
einen an die damalige Vorstehung gerichteten Brief Holdheims, in welchem
er sich um das erledigte Rabbinat bewirbt. Ich lasse diesen Brief nunmehr
unverkürzt folgen, indem ich nur noch vorausschicke, dass er in hebräischer,
sehr schöner und klarer Schrift geschrieben ist.
Herrn Herrn Vorsteher der Israeliten-Gemeinde zu Hohenems. Prag, den 19.
Juni 1833.
Hochverehrte Herrn Vorsteher! Verzeihen Sie die Freiheit, die ein
Unbekannter sich herausnimmt, an Sie, meine hoch verehrten Herrn, dieses
Schreiben ergehen zu lassen. |
Vielleicht
dürfte dessen Inhalt, wenn auch nicht eine solche Kühnheit
rechtfertigend, doch dieselbe einigermaßen entschuldigen.
In Gemäßheit des hier allgemein bekannten Vernehmens soll die würdige
Rabbinerstelle in Ihrer löblichen Gemeinde, in Folge der bereits vom
Gubernium getroffenen Wahl des Herrn Kafka als Prochiner Kreisrabbiner
erledigt worden sein. Wenn Sie, meine Herrn, willens sind, dieselbe mit
einem Andern ausfüllen zu wollen, bin ich so frei, mich zu diesem Behufe
Ihnen als Kandidat ganz ergebenst zu proponieren. Es ist freilich, da ich
nicht die Ehre habe, von Ihnen weder persönlich noch dem Namen nach
gekannt zu werden, ein sehr kühnes Ansinnen; allein ich hoffe in dieser Rücksicht
Ihnen völlige Satisfaktion geben zu können. Ich bin im Besitze vieler
Qualifikationszeugnisse von entschiedenem Rufe und Ansehen – genannt
werden die Rabbiner Löw Schlesinger, Schmuel Landau, Itzig Spitz,
Chaim Deutschmann – und noch mehrerer Andern, die sämtlich einmütig
meine zum Behufe eines Rabbiners notwendigen Fähigkeiten sowohl als
moralischen Charakter auf das Unzweideutigste beurkunden. Um dem Gesetze,
welches an einen Rabbiner die billige Forderung stellt, die Philosophie
studiert zu haben, völlig Genüge zu leisten, habe ich mich mit der üblichen
Weise auf privatem Wege zur Prüfung zu gelangen, nicht begnügen mögen,
sondern mich einem strengen öffentlichen Studium der theoretischen und
praktischen Philosophie unterzogen, um meinem künftigen berufe nicht nur
der Form, sondern auch der Sache nach gewachsen zu sein. Überdies kann
ich mich auch auf einige Männer von literarischem Rufe und Ansehen, als
die rühmlichst bekannten Verfasser mehrere Schriften, Herr Moses Landau
und Herr Ernst Wehli, wie auch Herrn Rosenbach, Doktor der Philosophie,
und das Handlungshaus Kalmus et Compagnie, berufen, woselbst Sie über
meine zu einer solchen Bewerbung mich berechtigenden Ansprüche
Erkundigung einzuziehen belieben mögen.
Da ich noch ledigen Standes bin, so dürften die zu einer mäßigen,
standesgemäßen Abstinenz erforderlichen Bedürfnisse für die Gemeinde
keinesfalls drückend werden. Ich bin auch erbötig, falls Sie es
verlangen, eine Reise dahin zu unternehmen, so Sie meine etwaige Tüchtigkeit
in Bezug auf meinen Beruf nach eigener Ansicht beurteilen könne.
Es war immer seit meiner frühen Jugend mein Streben dahin gerichtet, in
diesem Fache etwas Tüchtiges zu leisten, und ich erfreue mich Gottlob
sowohl in altrabbinischer Wissenschaft als in Bezug auf zeitgemäße
Formen nicht ganz geringer Resultate, welche nebst vieler Aufmunterung von
Sachkennern meinen Mut bis zur Bewerbung um diese Ehrenstelle erhöhen.
Mögen Sie, meine hoch verehrten Herrn, mein ergebenstes Gesuch beherzigen
und mich mit einer geneigten Antwort beehren wollen.
Es verharret hochachtungsvollst Ihr ganz ergebenster Samuel Holdheim. m.p.
Meine Adresse ist nur mein Name.’
Holdheim hatte damals mit mehreren Konkurrenten zu kämpfen, unter denen
der nachmals so bekannt gewordene Abraham Kohn den Sieg davon trug. Der
Vollständigkeit halber mögen hier noch die Briefe Erwähnung Platz
finden, die, von anerkannten Größten an die Hohenemser Gemeinde
gerichtet, Samuel Holdheim empfahlen.
Der erste ist von dem von Holdheim in obigem Briefe an erster Stelle erwähnte
Oberrabbiner Samuel Landau.
Wohl beachtenswert ist die reiche Fülle von Lob und Anerkennung, die der
berühmte Briefschreiber hier dem damals kaum 27-jährigen Holdheim
zollte. Ebenso fällt merkwürdigerweise auf, dass sich Holdheim selbst
als ledigen Standes bezeichnet, während ihn sein Protektor einen Witwe
und Vater eines Knaben nennt. Freilich zum vorliegenden Zwecke, der mäßigen
Lebensbedürfnisse Holdheims, ist dies wohl gleichbedeutend.
Ebenso ehrenvoll für Holdheim ist ein zweiter, direkt an die
Gemeindevorstehung adressierter, in deutscher Sprache abgefasster und in
hebräischer Schrift geschriebener Empfehlungsbrief für Holdheim aus der
Feder des von Holdheim an zweiter Stelle erwähnten |
Bezirksrabbiners
von Braunau, Juda Schlesinger, dem wir im Folgenden die bezeichnendsten
Stellen entnehmen.
… 27. Adar 5593:
…ein Mann, der sich seit seiner frühesten Jugend mit größtem Eifer
auf das Studium der rabbinisch-theologischen Wissenschaften gelegt und
sich in diesem Fache durch Anstrengung mit Nachhilfe seines angeborenen
Scharfsinnes und großer Denkungsart ein so ausgebreitetes und gründliches
Wissen erworben, dass er jede dunkle und verwickelte Stelle in dieser
tiefen Lehre nach richtigen Begriffen auseinander zu setzen versteht und
ein Mann in seinem Alter so selten sich ihm zur Seite stellen dürfte.
Nicht minder war er auch um seine anderweitige Ausbildung in
wissenschaftlicher Hinsicht bemüht und auch hier ist es seinem
umfassenden Geiste gelungen, sich auf eine bedeutende Stufe zu erheben.
Mit welchen Kenntnissen er zugleich einen religiösen, moralischen und
ganz uneigennützigen Charakter und unbescholtenen Lebenswandel verbindet.
Da ich überdies noch überzeugt bin, dass er all sein Wissen nur dazu
anwenden wir, um unter seinen Glaubensgenossen echte Religiosität und
Moralität zu verbreiten und da er es wirklich versteht, sich den Weg zum
Herzen der ihn Umgebenden zu bahnen, und für diese edle Gesinnungen empfänglich
zu machen, so glaube ich…
Schon der 27-jährige Holdheim wusste sich derart die Anerkennung
großer Männer zu erwerben. Warum trotzdem die Wahl auf einen anderen
Kandidaten fiel… eine Rabbinerwahl hängt von gar vielen Umständen, Zufällen
und Nebensächlichkeiten ab, die ein groß angelegter Geist in der Regel
verschmäht… Samuel Holdheim kam nicht nach Hohenems, weil die Vorsehung
dieser bedeutenden Kraft auch den geeigneten Wirkungskreis vorbehalten.
– Hohenems die Ehre der Bewerbung, Berlin aber der Segen des Wirkens." |
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Februar 1898: "Geehrter
Herr Redakteur! Gestatten Sie mir, zu dem Aufsatze des Herrn Dr. Tänzer
über S. Holdheim eine Ergänzung zu geben, die freilich etwas anders
klingt, aber nur vollkommen Tatsächliches enthält, für dessen
Authentizität ich einstehe. Holdheim
war Hofmeister in einer jüdischen Familie in Nachod, einer Stadt an der
Nordgrenze Böhmens. In der Nähe Nachods, in Dobreschka, lebte damals als
kaiserlicher Tabakverleger R. Wolf Wertheimer, ein Urenkel Samson
Wertheimers, weit und breit gekannt und verehrt, als die größte
talmudische Autorität, die es neben R. Aron Kornfeld in Böhmen gab. An
einem Pessachfeste kam nun einmal Holdheim zu Wertheimer auf Besuch und
wurde, da ihm der Ruf als tüchtiger Talmudist vorausgegangen war,
freundlich aufgenommen. Aber als er sich am 7. Pessachtage wegen einer
unbedeutenden Indisposition Tee aus der Apotheke holen ließ, wurde
Wertheimer, obwohl er nichts darüber sagte, kühl gegen ihn, brach alles
talmudische Diskutieren ab und entließ ihm nach dem Feste.
Mehrere Jahre später kam Holdheim auch nach Goltsch-Jenikau zu
Rabbiner Aron Kornfeld, der ihn ebenfalls sehr freundlich bei sich aufnahm
und den ganzen Tag mit ihm über talmudische Themata diskutierte. Oft noch
spät in der Nacht, wenn sie sich schon getrennt hatten, kam Kornfeld noch
zu Holdheim, klopfte an der Tür, um ihm zu sagen, dass er jetzt noch eine
Stelle gefunden habe, die für seine Ansicht spreche. Aber während dieses
Aufenthaltes kam es doch auch Kornfeld zu Ohren, dass Holdheim ein ‚Kal’
sei, d.h. es mit dem Zeremonialgesetze nicht genau nehme. Kronfeld, der
bei all seinem umfassenden Wissen ein rührend kindliches Gemüt hatte,
teilte Holdheim sofort dieses Gerückte mit, mit dem beifügen, er könne
es nicht glauben, dass ein Mann von so reichem talmudischem Wissen nicht
auch ein gesetzestreue Jude sei. Holdheim bezeichnete diese Gerüchte als
lügenhafte Verdächtigungen und bat ihn, sich bei Wertheimer nach ihm zu
erkundigen. Kornfeld tat das sofort, bekam aber von Wertheimer keine
Antwort. Lange Jahre
nachher wollten die Notabeln Böhmens eine jüdisch-theologische
Lehranstalt errichten und luden die beiden größten talmudischen Autoritäten
Böhmens, Wertheimer und Kornfeld ein, zusammenzukommen um einen Entwurf
auszuarbeiten. Sie trafen wirklich zu diesem Zwecke in Pardubitz zusammen,
und bei dieser Gelegenheit sagte Wertheimer zu Kornfeld: ‚Sie werden
sich gewiss gewundert haben, dass ich vor Jahren Ihre Anfrage wegen
Holdheim nicht beantwortet habe. Böses wollte ich nicht, Gutes konnte ich
nicht sagen, darum schwieg ich lieber und dachte Tage berichten’.
Ich hatte in meiner Jugend das Glück, die beiden großen Männer
kennen zu lernen, und namentlich Wertheimer, in dessen hause ich die
letzten 1 ½ Jahre seines Leben zubrachte, nahe zu treten; von ihm selbst
habe ich auch die vorstehende Mitteilung gehört.
Wien, 18. Januar S.
Hammerschlag." |
Über
die Herkunft von Rabbiner Abraham Kohn (1901, Rabbiner in Hohenems von 1833 bis
1844)
Anmerkung: Rabbiner Abraham Kohn (geb. 1807 in Zaluzany bei Písek, Böhmen,
ermordet 1848 in Lemberg): studierte in Prag, wo er 1832 ordiniert wurde; war
seit September 1833 Rabbiner in Hohenems, wo er zunächst auf drei Jahre
angestellt war. Er engagierte sich in der Umgestaltung von Gottesdienst, Schule,
Vereinsleben, jedoch ohne liberal-reformerische Ambitionen. 1836 erste
Konfirmation. War seit 1844 Religionslehrer und Prediger in Lemberg, seit 1846
provisorischer Kreisrabbiner ebd.; wurde 1848 vergiftet
aufgefunden.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 25. Januar 1901: "Geehrter Herr Redakteur! In Ihrem
geschätzten Blatte vom 14. dieses Monats S. 596, heißt es mit Bezug auf Abraham
Kohn, dass er aus Hohenems, dem Geburtsorte Sulzers, stammte. Das ist
nicht richtig. Kohn stammte aus einem kleinen böhmischen Orte und war in
Hohenems nur Rabbiner....
Cincinnati, 26. Dezember (1901). G. Deutsch."
|
Anonyme Verleumdungen aus Hohenems gegen den Rabbiner und Prediger in Libochovice (Nordböhmen) Aaron Günzburg (1844)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Orient" vom 23. Juli 1844: "Öffentliche
Ehrenrettung und Aufforderung.
Einige Ehrlose, die ihrer Namen sich gewiss schämen müssen, haben sich
vermessen, unter der Maske der Anonymität, an die achtbare Gemeinde zu
Hohenems einen Brief voll der niederträchtigsten Verleumdungen auf unsern
allgemein geachteten und ehrwürdigen Herrn Rabbiner und Prediger, Aaron
Günzburg zu richten, in der Absicht, um unsern genannten ehrwürdigen
Herrn Rabbiner von der Wahl des daselbst aufzunehmenden Rabbiners zu verdrängen.
Wenn es die gefertigte Gemeinde weit unter ihrer Würde hält, diesen
giftigen Blindschleichen öffentlich entgegen zu treten; andererseits aber
der Gewissheit lebt, dass an der Spitze einer so achtbaren Gemeinde als
jene zu Hohenems, gewiss Männer stehen, die die Glaubwürdigkeit anonymer
Schmach-Schriften gehörig zu beurteilen wissen werden, so erachtet sie es
dennoch für heilige Pflicht, sowohl zur Steuer der Wahrheit, als aus
Hochachtung und schuldiger Dankbarkeit gegen einen Mann, der nun ungefähr
sechs Jahre als wahrhaft würdiger Lehrer der Religion in ihrer Mitte
lebt, und sowohl hinsichtlich seines Charakters, als seiner Leistungen
nichts zu wünschen übrig lässt, für denselben öffentlich das Wort zu
führen, und vor aller Welt es bezeugen: 'dass der genannte Herr Rabbiner
während der ganzen Zeit seiner dasigen Anstellung sich stets als ein
Muster einer ungeheuchelten Frömmigkeit und Tugend bewährt, uns Allen
ein treffliches Vorbild alles Guten, insbesondere aber der
Verträglichkeit und Unparteilichkeit ist, seinem Berufe gemäß, Frieden
und Eintracht möglichst fördert, und mit einer fast beispiellosen
Uneigennützigkeit sein Amt verwaltet, so, dass derselbe sich durch dieses
sein rühmliches Wohlverhalten, verbunden mit der Gediegenheit seines
vielseitigen Wissens, besonders aber durch seine sehr erbaulichen
Predigten nicht nur in der hiesigen Stadt, sondern in der ganzen hiesigen
Gegend für immer einen Ruf begründet hat.'
Es gehört daher zu den sehnlichsten Wünschen der hiesigen Gemeinde, dass
dieser als Mensch sowie als Volkslehrer höchst achtbare Herr Rabbiner
noch lange in ihrer Mitte |
weile,
und den Samen des Guten und Edlen hier noch ferner ausstreue, doch kann
selbe nicht umhin, da es sich nicht nur um eine Beförderung, sondern um
die Ehre und Achtung eines ihrer Liebe und Verehrung würdigen
Religionsoberhauptes handelt, Vorstehendes zu veröffentlichen.
Da aber die Schreiber jenes verleumderischen Briefes aufs Bestimmteste
versprechen, auf Verlangen sich im 'Orient' namhaft zu machen; so fordern
nicht nur wir sie hiermit öffentlich auf, sondern ersuchen auch
dienstfreundlich den geehrten Vorstand zu Hohenems, um sich von der
Lügenhaftigkeit dieser Aussage vollkommen zu überzeugen, ebenfalls die
Schreiber jenes Briefes zur Bekanntmachung ihrer Namen, gefälligst
auffordern zu wollen; sollten sie aber dieser ihrer Zusicherung nicht
nachkommen, so erklären wir dieselben als der Niederträchtigsten
Niederträchtigste!
Und wer sie auch sein mögen, so fluchen wir ihren Namen mit jenem Fluche,
den einst nach Deut. 27,17 und 18 ganz Israel ausgesprochne; weil sie
entweder aus nicht zu entschuldigender Bosheit, oder aus schändlichem
Brotneide, einen so achtbaren Mann, der nur geliebt und geehrt zu werden
verdient, aufs Empörendste verleumdet.
Schließlich bemerken wir noch, dass wir demjenigen, der den Schreiber
jenes Briefes gehörig ausfindig macht, eine bedeutende Remuneration
zusichern, um jenen verkappten Schuften zur verdienten Strafe ziehen zu
können.
Diese Aufforderung und Erklärung ergeht nicht bloß von Seiten des
gesamten Vorstandes, sondern auch der mitgefertigten achtbaren
Gemeindeglieder.
Libochowitz, den 19. Juni 1844.
Simon Koch, Synagogen-Vorsteher. Jakob Gundelfinger, Kontrolleur. Marcus
Stern. Wilhelm Lövy. Moses Kohn. Leopold Lederer. Hermann Steiner.
Herschl Bloch. Joseph Lewill. Markus Getemier." |
Rabbiner
Daniel Ehrmann über "Die mathematischen Wissenschaften unter den
Juden" (Beitrag von 1852)
Anmerkung: der Beitrag von Rabbiner Ehrmann wird nicht abgeschrieben,
da er keine Bezüge zur jüdischen Geschichte in Hohenems enthält.
1. Teil |
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4. Teil (Schluss) |
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Ausschreibungen der Stelle des Rabbiners, Predigers und Religionslehrers 1883 /
1887
Anzeige in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 31. Juli 1883: "Konkurs.
In der Kultusgemeinde Hohenems (Vorarlberg) ist die Stelle eines
Predigers und Religionslehrers, womit die Führung des Rabbinats und der
Matriken der Kultusgemeinden von Tirol und Vorarlberg verknüpft ist, neu
zu besetzen.
Der Gehalt beträgt 1.000 Gulden ö.W. (= österreichischer Währung)
nebst freier schöner Wohnung und den üblichen Emolumenten.
Reflektanten wollen sich bis 15. August dieses Jahres unter Beibringung
ihrer Befähigungszeugnisse bei gefertigter Kultusgemeinde-Vorstehung
melden, welche gerne bereit ist, nähere Aufschlüsse zu erteilen.
Kultusgemeinde-Vorstehung Hohenems. Anton Rosenthal,
Kultusvorstand." |
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Anzeige in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. Juni 1887: "Konkurs.
In der israelitischen Kultusgemeinde Hohenems in Vorarlberg ist die Stelle
eines Predigers und Religionslehrers, mit welcher das Rabbinat und
die Matrikenführung für die Israeliten in Tirol und Vorarlberg verbunden
ist, neu zu besetzen. Der Gehalt beträgt 1.000 Golden Ö.W. (= österreichischer
Währung) pro Jahr nebst mehreren für das Rabbinat votierten
Stiftungserträgnissen, freier schöner Wohnung und den üblichen
Emolumenten.
Zu den gottesdienstlichen Funktionen des Predigers gehört auch der
Vortrag des wöchentlichen Bibelabschnittes nach dem dreijährigen Zyklus
(ohne traditionelle Betonung), sowie das Vorlesen der im Joel’schen
Gebetbuche enthaltenen deutschen Gebete. Bewerber wollen ihre mit den Befähigungszeugnissen
belegten Gesuche bis Ende Juni dieses Jahres bei der unterzeichneten
Vorstehung einreichen.
Die Vorstehung der israelitischen Kultusgemeinde Hohenems.
Hermann Hirsch, Kultusvorsteher." |
Dr.
Frankl-Grün wird Rabbiner in Hohenems (falsche Meldung von 1884)
Anmerkung: Es handelt sich um eine Verwechslung zwischen Rabbiner Dr.
Samuel Grün und Rabbiner Adolf Abraham Frankl-Grün. Rabbiner Dr. Adolf
Abraham Frankl-Grün (geb. 21841 in Ungarisch Brod = Uherský Brod; Mähren,
gest. Wien 1916) studierte am jüdisch-theologischen Seminar in Breslau und an
den Universitäten Breslau und Jena. Er wurde Rabbiner in Kremsier (Kromĕříž),
wo er bis 1911 geblieben ist. Rabbiner Dr. Samuel Grün (geb. 1841
gleichfalls in Ungarisch-Brod = Uherský Brod, Mähren, gest. in Wien) war 1877 bis
1882 Religionslehrer in Znaim, Mähren, 1884 bis 1887 Rabbiner in Hohenems
und von 1887 bis 1894 Rabbiner in Oberdorf.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 1. Januar 1884: "Aus Wien wird geschrieben: Die Stelle als
Rabbiner in Hohenems (Vorarlberg) hat Dr. Frankl-Grün,
gegenwärtig Rabbiner in Znaim (Mähren),
angenommen." |
Über
Rabbiner Grün aus Hohenems - entlassen aus dem Dienst in Württemberg (1893)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. April 1893: "Die neueste cause célèbre
innerhalb des württembergischen Rabbinerstandes knüpft sich an den kürzlich
abgesetzten Rabbiner Grün, der das Rabbinat zu Oberdorf im Ries inne
hatte. Man muss es zur Entschuldigung unserer Oberkirchenbehörde einräumen,
dass es für sie keine leichte Aufgabe ist, Kandidaten ihrer
abgewirtschafteten Reformreligion zu finden, die noch so weit Juden sind,
als es gerade zum Rabbinergeschäft notwendig erforderlich ist, sonst aber
mit dem Christentum, Freidenkertum und allen möglichen andern –tümern
kokettieren und liebäugeln. Das Reformjudentum ist so im Niedergang
begriffen, dass die Rabbiner, welche ihm aus Bequemlichkeit oder aus Überzeugung
noch zugetan sind, sich nicht einmal mehr Reformrabbiner nennen. Der
Titel, auf den seine Träger vor 20-30 Jahren noch so stolz waren, ist so
stark in Misskredit gekommen, dass man ihn sorgfältig verleugnet und man
daher den Vogel nur an seinen Federn, oft nur an seinem Nest erkennen
kann.
Ein solches Nest ist Hohenems im Vorarlberg (Tirol), das schon seit langer
Zeit als Domäne des radikalsten Reform, männiglich bekannt ist. Wenn man
daher von einem Rabbiner weiter nichts weiß, als dass er in Hohenems
amtiert, so setzt unserer Oberkirchenbehörde nicht mit Unrecht voraus,
der Mann müsse für Württemberg reif sein und beruft ihn. Sie würde
vielleicht noch lieber einen Prediger der Berliner Reform, der Posener Brüdergemeinde
oder des Hamburger Tempelvereins berufen, aber die Innehaber jener Pfründen
gehen natürlich nicht aus purer Liebe für unseren Oberkirchenrat nach
Oberdorf im Ries. Sie hat also Herrn Rabbiner Grün von Hohenems berufen.
Derselbe zeigte sich nicht nur reif, sondern sogar überreif und fiel ab,
respektive wurde abgefallen. Warum? Darüber sind die Gelehrten nicht ganz
einig. Der abgesetzte Rabbiner Grün gibt an, seine Absetzung sei die
Folge einer Predigt, welche die Abschaffung der Gebete um Rückkehr nach
Palästina zum Gegenstand hatte." |
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Das
Foto links des Rabbiners Samuel Grün ist aus der Sammlung von Peter Karl
Müller, Kirchheim / Ries. |
Rabbiner
Dr. Tänzer hält einen Vortrag in Wien (1900)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 2. Februar 1900: "Wien, 29. Januar (1900). ... Am 1.
nächsten Monats hält Rabbiner Dr. Tänzer aus Hohenems in der
'Gesellschaft für Sammlung und Konservierung von Kunst und historischen
Denkmälern des Judentums' einen Vortrag: 'Aus Sulzers Heimat', Beitrag
zur Geschichte der Juden in Vorarlberg..." |
Vorträge
von Rabbiner Dr. Tänzer in St. Gallen und Zürich (1901)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Januar 1901: "Hohenems (Vorarlberg).
Herr Landesrabbiner Dr. Tänzer wird im Laufe dieses Winters folgende
wissenschaftlichen Vorträge halten: In St. Gallen, am 9. Januar 1901, über
‚die Stellung der Frau im Judentume’. In Zürich im Laufe des Monats
Februar über ‚Börne, Heine und Saphir’. Ferner bald darauf über
‚Esther im Drama’. Die Vorträge werden sämtlich auch in Buchform
erscheinen." |
Rabbiner Dr. Tänzer verlegt seinen Amtssitz von Hohenems nach Meran (1905)
Mitteilung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 31. März
1905: "Hohenems (Tirol). Rabbiner Dr. Tänzer hat seinen
Amtssitz von Hohenems nach Meran verlegt." |
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Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 17. März 1905:
"Herr Landrabbiner Dr. Tänzer hat seinen Wohnsitz von
Hohenems nach Meran verlegt, wo die jüdische Gemeinde in den
letzten Jahren beträchtlich zugenommen hat." |
Das
Rabbinat wird nach Innsbruck verlegt (1914)
Artikel im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6. Februar 1914: "Innsbruck.
Das ‚Rabbinat für Tirol und Vorarlberg’ ist auf Ansuchen der
Kultusgemeinde Innsbruck von Hohenems nach Innsbruck verlegt und Rabbiner
Dr. J. Link, bisher in Hohenems als Landesrabbiner mit dem Sitze in
Innsbruck genehmigt worden." |
Auszeichnung
für Rabbiner Tänzer (1916)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 29. Dezember
1916: "Dem Armeerabbiner der kaiserlich deutschen Bugarmee Dr.
Tänzer ist von Seiner Majestät dem Kaiser von Österreich das
Ritterkreuz des Franz Josef-Ordens verliehen worden. Armeerabbiner Dr.
Tänzer stammt aus Preßburg und ist bereits früher durch Verleihung des
Eisernen Kreuzes 2. Klasse und des Ritterkreuzes des königlichen
württembergischen Friedrichsordens 1. Klasse mit Schwertern ausgezeichnet
worden. Er war früher Landesrabbiner von Tirol und
Vorarlberg." |
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrers und der Schule
Ausschreibungen
der Stelle des Kantors (Schochet, Religionslehrer) 1852 / 1872
Anzeige in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. November 1852: "Konkurs.
Die hiesige Israelitengemeinde beabsichtigt die hier vakant gewordene
Kantorstelle in kürzester Zeit wieder zu besetzen. Mit dieser Stelle ist
ein fixer Jahresgehalt von 300 Gulden Reichswährung nebst der Hälfte der
Schlachtgebühren im Werte von 120 Gulden bis 150 Gulden Reichswährung
und gewisse, nicht zu bestimmende Nebengefälle verbunden. Der Kantor muss
auch Schlachter, dann musikalisch gebildet und imstande sein, einen
Gesangchor gehörig zu unterrichten und zu leiten und – wo möglich –
auch die Qualifikation zum Elementarlehrer besitzen, welche Letztere aber
nicht als Hauptbedingung zu betrachten ist. Die Kantorstelle wird vor der
Hand nur auf ein Jahr provisorisch besetzt und unverheiratete Kompetenten
werden besonders berücksichtigt werden. Hierauf Reflektierende wollen
ihre diesfälligen, mit den erforderlichen Zeugnissen motivierten Gesuche
bis längstens Ende dieses Monats dem gefertigten Vorstande portofrei
vorlegen. Hohenems im Vorarlberg, am 1. November 1852. Der Vorstand der
Israelitengemeinde. Philipp Rosenthal, Bürgermeister. Samuel Merz,
Gemeinderat." |
|
Anzeige in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. mai 1872: "Konkurs. In der
israelitischen Kultusgemeinde zu Hohenems ist die Stelle eines
Religionslehrers, der zugleich den Kantordienst zu versehen hat, zu
besetzen. Derselbe soll die Befähigung besitzen, am Sabbat und an hohen
Festtagen einen religiösen Vortrag in der Synagoge zu halten, und den
Religionsunterricht in der zweiklassigen israelitischen Volksschule dahier
zu erteilen. Als Vorbeter, wobei er durch einen Organisten und einen gut
geschulten Synagogenchor unterstützt wird, hat der Bewerber genügende
Kenntnisse in der hebräischen Sprache, sowie musikalische Kenntnisse
nachzuweisen, und soll im Besitze einer angenehmen Stimme sein. Es wird
bei der Besetzung dieser Stelle, da der Gottesdienst im reformatorischen
Sinn geregelt und gekürzt ist, vorzüglich auf solche Männer Rücksicht
genommen, die dem Fortschritte huldigen. Als Gehalt für diese Stelle sind
Tausend Gilden Österreichischer Währung bestimmt, ohne die üblichen
Emolumente. Bewerber um diese Stelle wollen sich bis längstens Ende Mai
unter Beibringung ihrer Zeugnisse über Charakter und Befähigung bei der
gefertigten Vorstehung anmelden, wobei ausdrücklich bemerkt wird, dass
sie sich einem Probevortrag zu unterziehen haben, und dass nur dem
Akzeptierten die Reisekosten vergütet werden. Hohenems (Vorarlberg), im
April 1872. israelitische Kultus-Gemeinde-Vorstehung. Der Bürgermeister:
Anton Rosenthal." |
Ausschreibung
der Stelle eines Lehrer an der israelitischen höheren Bürgerschule (1861)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 18. November 1861: "Konkurs.
Bei der hiesigen israelitischen höheren Bürgerschule (welche einer
vierklassigen Hauptschule gleichgestellt ist) kommt die Stelle eines
Lehrers für die 1. und 2. Klasse, verbunden mit einem Jahresgehalt von
Fl. 300, Reichswährung oder Fl. 22, 50 Kr. Österreichische Währung, zu
besetzen.
Bewerber hierum haben ihre mit der Nachweisung über die Befähigung als
Hauptschullehrer, über ihre bisherige Verwendung und mit dem Zeugnisse
über Sittlichkeit und politische Haltung belegten Kompetenz-Gesuche
längstens bis Ende Dezember dieses Jahres bei dem gefertigten Vorstande
portofrei einzubringen.
Die Befähigung zum Unterrichte in der italienischen oder französischen
Sprache wird zur besonderen Empfehlung dienen.
Kompetenten, welche auch die Befähigung zum hebräischen
Unterricht nachweisen, erhalten den Vorzug mit einer Gehaltserhöhung von
Fl. 137 50 Kr. Österreichische Während für die Erteilung des hebräischen
Unterrichtes; sodass dann dessen Gesamtjahresgehalt sich auf Vierhundert
Gulden Österreichische Währung beziffert.
Der Vorstand der Israeliten-Gemeinde Hohenems.
Am 10. November 1861. Samuel Menz, Bürgermeister. Joseph
Rosenthal, Gemeinderat, Emmanuel Brellauer,
Gemeinderat." |
Über
die Israelitische Volksschule (1896)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. September 1896: "Aus Vorarlberg,
18. September (1896). (Israelitische Volksschule). Der industriereiche Ort
Hohenems in Vorarlberg hat eine vorzügliche israelitische Volksschule,
die auch von christlichen Kindern seit mehr als 40 Jahren besucht wird.
Der Landesschulrat von Vorarlberg hat nun den Beschluss gefasst, fürderhin
den Besuch dieser Volksschule nicht mehr zu gestatten, beziehungsweise
dieser Volksschule die Aufnahme christlicher Kinder zu untersagen. Begründet
wird dieser Beschluss damit, dass der dortige Ortspfarrer Anstoß an dem
Weiterbesuche seitens christlicher Kinder der Hohenemser israelitischen
Volksschule genommen habe."
|
Berichte aus
dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben
Eine Deputation der jüdischen Gemeinde überbringt eine Dankadresse an den
Kaiser (1850)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. November 1850:
"Hohenems, 16. Oktober (1850). Die hiesige Israelitengemeinde,
die einzige in Tirol und Vorarlberg, benützte die Anwesenheit Seiner
Majestät des Kaisers im nahen Bregenz, um ihm einen schwachen Ausdruck
ihrer unbegrenzten Dankbarkeit für die durch dessen Geheiß ins Leben
getretene bürgerliche Gleichberechtigung aller Konfessionen darzubringen.
Zu diesem Behufe verfügten sich vorgestern, den 14. dieses, drei aus
deren Mitte gewählte Deputierte mit ihrem Rabbiner in das kaiserliche
Hoflager, um in einer nachzusuchenden Audienz Seiner Majestät dem Kaiser
eine Dankadresse zu überreichen." |
Fahnenweihe
des israelitischen Männergesangvereins 1857 (gegründet 1841)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. August 1857: "Hohenems, im
Juli (1857). Eine Feier eigentümlicher Art, die Pfingstmontag hier
stattfand, veranlasst Schreiber dieses, Sie, geehrter Herr Redakteur, um
Aufnahme folgender Zeilen in Ihr geschätztes und so weit verbreitetes
Blatt zu bitten. – Dieser Bericht möge als Beleg dienen von dem schönen
Geistes, der in unserem Jahrhundert in Deutschland und besonders in dieser
vielleicht minder bekannten Gegend herrscht. Der Hohenemser israelitische
Männergesangsverein, seit 16 Jahren in Bestand, hatte sich zunächst die
Aufgabe gestellt, den Gottesdienst zu heben, was ihm im Vereine mit dem so
tüchtigen Rabbiner und dem strebsamen Sinne sämtlicher
Gemeindemitglieder, besonders des Vorstandes, zum großen Teil gelungen
ist. – Durch die günstigen Erfolge gelockt, schlossen sich auch nach
und nach christliche Mitglieder (zum deutschen Gesange) diesem Vereine an,
und es gelang diesem, wenn auch kleinem Vereine, sich mit bedeutenden
Kosten ein prachtvolle Fahne anzuschaffen |
deren
Einweihung am 1. Juni in Verbindung mit Gesangsproduktion, einem Festessen
und Balle stattfand. Zu dieser Feierlichkeit stellten sich aus den
Nachbarlängern (der Schweiz 4, Bayern 1, und den benachbarten Orten
Bregenz und Feldkirch je 1) Vereine ein, und beteiligten sich bei Allem.
Wer diese Brüderlichkeit der so verschiedenen Nationalitäten und
Konfessionen gesehen, wer wie Schreiber dieses bemerken konnte, welch
innige Teilnahme alle beseelte; wer bemerken konnte, wie ganz und gar kein
Unterschied zwischen Glauben, Rang und Besitz statthatte: der wird den
Hochgenuss auch erfassen können, den die hiesigen Israeliten an diesem
Tage feierten; der wird sich auch eine richtige Vorstellung machen können
von dem guten Geiste der uns umgebenden Nationen. Ja, Schreiber dieses
feiert einen seiner schönsten Lebensmomente, indem er dieses
niederschreiben kann, da er der Welt Beweis und Beispiel aus der
Wirklichkeit geben kann, dass es nicht nur möglich ist, sondern auf schönste
Art verwirklicht war, wie Menschen verschiedenen Glaubens echte Brüder
sein können. O, Ihr Ungläubigen, Ihr Kopfschüttler, kommt, wenn Ihr das
Unmögliche nicht glauben wollet, und überzeugt Euch selbst, ja, Ihr
werdet noch mehr erfahren, als Schreiber dieses Euch sagen kann, als die
tote Feder zu schreiben vermag. Gestatten
Sie nun, den Hergang dieses Festes zu erzählen. Zur Ausführung desselben
ward zuerst ein Komitee, dann 2 Festordner zur Leitung und Anordnung des
Festzuges etc., Festführer für die auswärtigen Gesangsvereine, die das
Fest mit ihrer Anwesenheit erhöhten, 12 Jungfrauen (wovon 6 die Schärpe
stickten), ferner ein Kind zum Tragen der Schärpe und 1 Fahnenträger
bestimmt.
Um 8 Uhr morgens des Festtages (der durch Tagesreveille [d.h. einen
Weckruf] angekündigt ward) versammelte sich der hiesige Männerchor in
der durchaus festlich geschmückten Synagoge zum Morgengottesdienst,
welcher mit Choralgesang abgehalten wurde. Im Laufe des Vormittags wurden
die auswärtigen Gesangsvereine, ihre Fahne an der Spitze des Zuges, von
ihren Festführern empfangen und in das elegant geschmückte Gesangslokal
geführt. Um 3 Uhr setzte sich der Zug vom Festlokal zur Einweihung der
Fahne in die Synagoge in Bewegung. Diesen Zug eröffnete die tüchtige
Kapelle des hiesigen Schützenkorps und eine Abteilung der Schützen, dann
kamen der jüdische und christliche Bürgermeister und die Gemeinderäte
(beider Konfessionen), die zwei Festordner mit dem Kinde, das die Schärpe
trug, die 12 weiß gekleideten Festjungfrauen, der Fahnenträger mit der
einzuweihenden Fahne, von 2 Schützenmeistern geleitet, die Direktion des
hiesigen Gesangvereins, das Festkomitee, die aktiven und passiven
Mitglieder, die fremden Vereine mit ihren Fahnen und ihren Festführern
und die Gäste. Zum Schlusse wieder eine Abteilung des Schützenkorps.
Sechs Böllerschüsse zeigten an, dass sich der Zug in Bewegung
setze. In der Synagoge waren alle Vereine um die Kanzel, auf welcher die
Fahnen aufgepflanzt waren, die Gäste auf ihren bestimmten Plätzen, und
nachdem die ‚Ehre Gottes’ von Beethoven abgesungen ward, hielt der
Herr Rabbiner eine so würdige, weihe- und gehaltvolle Rede, dass alle
Anwesenden tief ergriffen waren. Der Text war aus Mischna Aboth: ‚Auf
drei Dingen beruht die Welt: auf Glauben, Gottesdienst und
Menschenliebe.’ Der Herr Rabbiner zeigte, wie in der Fahne diese Dinge
versinnlicht werden können. Die Fahne mit ihrem Stabe ist der Glaube, dem
man nachgehen, an den man sich halten müsse. Die auf der Fahne gestickte
Lyra, die Leier des göttlichen Sängers, deutet auf den edlen Zweck des
Vereines (die Verherrlichung des Gottesdienstes), endlich das Band auf die
Liebe hin, mit welcher sich alle Menschen ohne Unterschied des Glaubens
vereinigen mögen. Gleich erhebend war die darauf folgende Weihe der
Fahne. Nachher ward sie vom Herrn Rabbiner und die Schärpe vom Herrn Bürgermeister
dem Fahnenträger übergeben. Anhaltendes Schießen und Ehrensalven des
Schützenkorps verkündigten diesen Akten nach Außen und dann wurde das
‚Bundeslied’ von Mozart von allen Vereinen zusammen gesungen. Wie
erhebend war es, diese an sich großartige Komposition von Sängern der
protestantischen, reformierten calvinischen und katholischen Religion mit
Juden in einem jüdischen Gotteshause vortragen zu hören. Hierauf wurde
bei offener Lade das Gebet für den Kaiser vorgetragen und nachher unter
abermaligem Schießen die Volkshymne mit Musikbegleitung gesungen. Dann
fanden die Produktionen der gesamten Ver-
|
eine
statt, wo das ‚Abendgebet’ und die ‚Frühlingsandacht’ von
Kreuzer, das ‚Schwertlied’ von Weber und ‚der Wald’ von
Mendelssohn-Bartholdy vorkamen. In
den Zwischenräumen sangen einzelne auswärtige Vereine passende und gewählte
Stücke. In der gleichen Weise wie hinein, zog Alles unter Schießen und
Musik aus der Synagoge durch die wichtigsten Gassen, und dann in das
Festlokal zum Mahle. Das letztere war besonders interessant durch die
Produktionen der einzelnen Vereine, die schönen Reden und Deklamationen
Einzelner während der Pausen. Nach dem Mahle wurde die Fahne in die
Wohnung des Vereinsdirektors in Begleitung aller anwesenden
Gesangsvereine, die hierbei Gesänge produzierten, getragen und bei Rückkunft
der Ball eröffnet. So schloss dieses so denkwürdige Fest, das Menschen
der verschiedensten politischen und religiösen Richtung brüderlich
vereinte, und das Band unter diesen nur umso fester knüpfte." |
100jähriges
Jubelfest der Vereinigung der Reichsgrafschaft Hohenems mit Österreich
(1865)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. April 1865: "Hohenems, 20.
März (1865). Wo Menschen verschiedener Abstammung und verschiedenen
Glaubens in Eintracht beisammen wohnen, da lebt’s sich herrlich auf
Erden. In diesen glücklichen Verhältnissen befinden sich die Israeliten
unserer Gemeinde zu ihren christlichen Mitbürgern. Geographisch von ihren
Glaubensbrüdern isoliert, haben sie sich in Brüderlichkeit mit ihren
nichtjüdischen Mitbürgern geeinigt, und wirken, obschon in der
Verwaltung in 2 politische Gemeinden getrennt, gemeinsam für das Wohl des
Ganzen. So feierten sie auch in brüderlichem Vereine am 11. dieses Monats
das 100-jährige Jubelfest der Vereinigung der ehemals unmittelbaren
Reichsgrafschaft Hohenems mit den Erbländern unseres a.h. Kaiserhauses,
und wenn auch die Begehrung einer solchen Feier speziell mehr die
demselben Staate Angehörigen interessiert, so sind doch viele Momente
hervorzuheben, die als von allgemein jüdischem Interesse den Lesern
dieser ‚Allgemeinen Zeitung des Judentums’ vorgeführt werden dürften.
In Kirche und mit allem Festschmucke ausgestatteter Synagoge erschienen
die Vertreter der kaiserlich königlichen Regierung und beider Gemeinden,
sowie eine zahlreiche Volksmenge, um für das Wohl Ihrer k.k. Majestäten
zu beten. Herr Rabbiner Simon Popper hielt eine treffliche Festrede, die
schöne Zeit schildernd, wo unsere Vorfahren vor 100 Jahren auch an dieser
Stätte gestanden, Gott dankend, der sie Untertanen des erleuchteten
Kaisers Joseph II., des edlen Verleihers des Toleranzediktes werden ließ,
und verrichtete ein inniges Gebet für seinen erhabenen Nachkommen,
unserem allergnädigsten Kaiser Franz Joseph I., der uns die lange
entbehrten Menschenrechte zuteil werden
|
ließ.
Herr Kantor E. Fränkel, der Gesangverein ‚Frohsinn’ und die hiesige
Musikkapelle trugen durch ihre musikalischen Leistungen zur erhöhten
Feier des Gottesdienstes bei. An dem Festabende saßen im Festlokale
vereinigt die geistlichen und weltlichen Vertreter der jüdischen und
christlichen Gemeinden, die Honoratioren und Gesangsvereine des Ortes. Die
Feier des Abends wurde mit einem vom Festordner Herr Leopold Reichenbach
gedichteten und vom Referenten vorgetragenen Festprologe eröffnet, und
nachdem der Bürgermeister der Christengemeinde Herr Spieler und der wegen
seiner Verdienste allgemein geachtete Bürgermeister der
Israelitengemeinde Herr Samuel Menz Toaste auf das Wohl Ihrer k.k. Majestäten
und der k.k. Staatsbehörden gesprochen hatten und der als Ehrengast hier
weilende Vorstand des h. Landesausschusses, Herr Baron von Seyffertitz
eine Festrede gehalten, in der er unter anderem die israelitischen Bürger
erinnerte, dass sie zu einer Zeit unter Österreichs Szepter kamen, wo
ihre Glaubensbrüder in den übrigen Ländern Deutschlands unter dem
Drucke großer und kleiner Herren schmachteten, während sie in Kaiser
Franz Joseph II. einen gütigen Beschützer fanden; führte der Oberschützenmeister
Herr Dr. Ullmann die Geschichte der Grafschaft Hohenems vor, die der
Israeliten daselbst besonders beleuchtend. Er erzählte, wie die zu Ende
des Mittelalters aus Böhmen angekommenen Juden, überall zurückgewiesen,
von den menschenfreundlichen Grafen gastlich aufgenommen und Milde
behandelt wurden, wie die im vorigen jahrhunderte aus Sulz im Oberlande
vertriebenen Juden hier Schutz und Aufnahme gefunden, und in nie gestörter
Eintracht mit der christlichen Bevölkerung lebten. Ein Monument der brüderlichen
Gesinnung unserer christlichen Mitbürger ist unsere Synagoge. Hatte nicht
der edle Graf Harrach von Hohenems die Steine zum Baue gespendet und waren
nicht Kapitalien, die erst in jüngster Zeit gänzlich zurückgezahlt
worden, von edelgesinnten Christen vorgestreckt worden, niemals hätten
die damals armen Juden unserer Gemeinde einen solch kostspieligen Bau
ausgeführt. – Der obgenannten Herr Festordner brachte hierauf einen
sinnigen Toast auf die Wohlfahrt, Brüderlichkeit und Einigkeit beider
Gemeinden, sie mit dem österreichischen Doppelaar vergleichend. Zwei Köpfe
und doch ein Körper sind beide Schwestergemeinden, sagte er, wo es sich
um das Gemeinwohl handelt; gegenseitig brüderlich mit dem eisernen
Schwerte gemeinnütziger Arbeit und dem goldenen Apfel sich unterstützend,
umschlungen vom Bande der Eintracht und Bruderliebe, erringen sie sich die
Krone des Verdienstes und wahren Bürgertums. So verlief ein Fest, das die
Bande, die uns seit jeher mit unseren christlichen Mitbürgern verknüpft,
noch fester schloss. O, mögen sie nie durch egoistische Sonderinteressen
gelockert werden! M.
Federmann." |
Über
die "Karolinen-Stiftung" von S. Wolheim (1868)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. November 1868: "Aus Hohenems wird
berichtet: In den vierziger Jahren starb hier Fräulein Karoline Wolheim
aus Triest, Tochter des dortigen Kaufmannes S. Wolheim und der Frau
Henriette Bernheimer von Hohenems. Zum Andenken an seine verstorbene
Tochter errichtete Herr Wolheim eine Stiftung, welche in den fünfziger
Jahren ins Leben trat, und betraute mit der Verwaltung derselben die
jeweilige Vorstehung der israelitischen Gemeinde; Herr Wolheim setzte ein
Kapital von 2.000 Gulden aus, dessen jährliches Zinsenerträgnis als
Aussteuerbeitrag für arme und sittlich würdige Bräute aus Hohenems
verwendet werden soll. Dabei traf er noch die besondere Bestimmung, dass
von dem Momente an, als die staats- und ortsbürgerliche
Gleichberechtigung in Kraft trete, das Zinserträgnis zugewendet werden dürfe,
sondern dass von da an abwechselnd das eine Jahr eine israelitische, das
andere Jahr eine christliche Braut des Genusses dieser Stiftung teilhaftig
werden solle. In Erwägung, dass durch die kaiserliche Sanktion der
Staatsgrundgesetze und namentlich der Gesetze am 25. Mai 1868 die staatsbürgerliche
Gleichheit für die Bekenner sämtlicher Konfessionen zur Tatsache
geworden ist, hat nun der Ausschuss der Israeliten-Gemeinde Hohenems in
einer seiner letzten Sitzungen den Beschluss gefasst, schon in diesem
Jahre eine Braut aus der Christengemeinde Hohenems, in Gemäßheit des
Stiftungsbriefes, mit der Karolinen-Stiftung zu beteilen. Das Zinserträgnis
beträgt im heurigen Jahre 156 Gulden, indem in jenen Jahren, in welchen
keine israelitische Bewerberin aufgetreten ist, die Zinsen zum Kapitale
geschlagen wurden. Das Recht der Verleihung bleibt jederzeit der
israelitischen Vorstehung gewahrt und zwar je nach der Konfession der
Bewerberinnen unter Zuziehung des Ortsgeistlichen oder Ortsrabbiners.
Letzten Sonntag wurde die Aufforderung zur Bewerbung von der Kanzel
verlesen und es verlautet, dass sich schon mehrere Bewerberinnen zu dem
Bezuge dieser unerwarteten Aussteuer gemeldet haben."
|
Ausschreibung
der Stelle der Wirtschafterin für das israelitische Armenhaus (1871)
Anzeige in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 17. Oktober 1871: "Für das
israelitische Armen haus zu Hohenems wird eine Wirtschafterin gesucht.
Dieselbe soll in der Führung einer größeren Wirtschaft geübt, des
Schreibens und Rechnens wohl kundig sein und hat sich allen Arbeiten, die
mit der Besorgung der Anstalt verbunden sind, zu unterziehen, wobei sie
die Mithilfe der Pfleglinge beanspruchen kann. – Übrigens wird ausdrücklich
bemerkt, dass dermalen die Anstalt von höchstens 15 Personen besetzt ist,
und dass mit derselben weder Ökonomie- noch Industrie-Betrieb verbunden
ist. – Als Gehalt für diesen Posten wird nebst freier Kost und Logis
vorläufig 125 Gulden Österreichischer Währung pro anno bestimmt.
Bewerberinnen wollen sich bis längstens Ende Oktober mit Nachweisung
ihrer Befähigung und bisherigen Verwendung sowie ihres soliden Charakters
und Alters bei der israelitischen Armenverwaltung in Hohenems in
Vorarlberg anmelden." |
Der
Kaiser besucht Hohenems und trifft die Vertreter der jüdischen Gemeinde (1881)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 30. August 1881: "Hohenems,
10. August (1881). Die heutige Anwesenheit unseres Kaisers in unserem Orte
wird als ein freudiges Ereignis in den Annalen unserer Gemeinde
verzeichnet. Wie die Gemeindevertretung und der Klerus, erwartete auch
eine Deputation unserer Gemeinde mit dem Rabbiner die Ankunft des
Herrschers. Auf die Ansprache des Rabbiners Gutmann, der den Herrscher der
Anhänglichkeit und Treue der Israeliten Tirols und Vorarlbergs
versicherte, erwiderte der Monarch, dass ihn diese Kundgebung aus dem
Munde eines geistlichen Vertreters sehr freue und dass er von der Loyalität
der Israeliten überzeugt sei. Auch an den Gemeindevorsteher Herrn
Rosenthal richtete der Kaiser freundliche Worte." |
Besuch
von Erzherzog Eugen in der Synagoge (1900)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Oktober 1900: "Hohenems, Vorarlberg.
(Erzherzog Eugen in einer Synagoge). Es wird uns berichtet: Es war eine
hohe Auszeichnung, die der hiesigen sehr alten Israelitengemeinde, der
einzigen in Tirol und Vorarlberg, am 20. vorigen Monats zuteil ward. Seine
königliche Hoheit, Erzherzog Eugen, der neu ernannte Corpskommandant in
Innsbruck, der während mehrerer Stunden hier weilte, zeichnete zunächst
die ihm vorgestellte Deputation der Israelitengemeinde, bestehend aus dem
Rabbiner Dr. Tänzer und den beiden Vorstehern, Michael Menz und Ivan
Rosenthal, durch huldvolle Ansprache aus, wobei er sich des Näheren nach
den Verhältnissen der Gemeinde erkundigte und den Besuch der
imposanten, alten Synagoge in Aussicht stellte. Nach Besichtigung
der hiesigen Pfarrkirche fuhr denn auch Seine königliche Hoheit in
Begleitung seines Adjutanten, des Greisgerichtspräsidenten von Larchen,
des k.k. Bezirkshauptmannes von Ziegau, des hiesigen Bürgermeisters und
Gemeinderates vor der Synagoge vor. An deren Eingang vom Rabbiner mit
begeisterten Worten begrüßt, dankte der Erzherzog zunächst für den
Empfang und unterzog sodann unter Führung des Rabbiners das schöne, große
Gotteshaus einer eingehenden Besichtigung. Lebhaftes Interesse brachte der
hohe Besucher den jüdischen Kultuseinrichtungen entgegen, von denen ihm
einzelne bereits bekannt waren. Der Rabbiner öffnete vor ihm das
Allerheiligste, entrollte eine Torarolle, wobei sich der Erzherzog Einiges
über die Schriftzeichen und die Lesart erklären ließ. Ebenso ließ sich
der Erzherzog einen so genannten ‚Schofar’ bringen und verlangte die
Erklärung, warum dies eben ein Widderhorn sein müsse. Auf die Erzählung
des Rabbiners war dem Erzherzog die biblische Erzählung von der Opferung
Isaaks sofort in Erinnerung. Mit Interesse vernahm der hohe Gast auch die
historischen Erörterungen des Rabbiners über die Deckengemälde in der
Synagoge, ein Geschenk des ersten in der ehemaligen Reichsgrafschaft
Hohenems amtierenden österreichischen Amtmannes. Die Mitteilung, dass der
Rabbiner in einigen Monaten eine Geschichte der dortigen
Israelitengemeinde veröffentlichen werde, bereitete dem Erzherzog
Befriedigung. Mit sehr schmeichelhaften Dankesworten für die gehaltvollen
Erklärungen des Rabbiners Dr. Tänzer schied der Erzherzog nach längerem
Verweilen sichtlich befriedigt aus der Synagoge. Zur Mittagstafel im
‚Hotel Post’ dahier ward auch der Kultusvorsteher, Herr Michael Menz,
zugezogen." |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der Gemeinde
Gemeinderat
Samuel Menz wird mit der silbernen Verdienst-Kreis mit der Krone ausgezeichnet
(1859)
Hohenems-Genealogie:
https://www.hohenemsgenealogie.at/gen/getperson.php?personID=I1107&tree=Hohenems
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 17. Oktober 1859: "Hohenems,
am 2. Oktober 1859.
Dem Verdienste seine Kronen!
Wir haben gestern am
Schabbat Teschuwa in unserer Gemeinde, die einzige israelitische in Tirol
und Vorarlberg, ein höchst erfreuliches, hierorts noch nie vorgekommenes
Ereignis erlebt, das in allen Gemütern die innigste Teilnahme und
Begeisterung erregte. Es verdient dieser Vorgang umso mehr eine Aufnahme
in diesem weit verbreiteten, viel geschätzten Blatte, als hierdurch der
Öffentlichkeit ein Beweis mehr geliefert wird, wie die Huld Seiner Majestät,
unseres allergnädigsten Kaisers, in gerechtester Anerkennung der
Gleichberechtigung aller Kulte und der Würdigung des Verdienstes, wo es
sich auch befindet, auch seine israelitischen Untertanen beglückt, und
wie sein Gnadenstrahl nach allen Gegenden seines großen Kaiserreiches
auch auf sie ausströmt. Neben anderen verdienstvollen, hochgestellten Männern
christlicher Konfession, die sich verschiedener Auszeichnungen erfreuten,
hat Seine Majestät auch unserem allenthalben beliebten und hoch
geachteten israelitischen Gemeinderat Herrn Samuel Menz mit Dekret gegen
Schönbrunn den 23. September laufenden Jahres unter den huldvollsten
Ausdrücken der Anerkennung für seine bei der Landesverteidigung
mannigfach geleisteten Dienste, vorzüglich aber für sein mehrjähriges
unermüdetes ersprießliches Wirken zum Besten der Wohltätigkeitsanstalten
in unserer Gemeinde das silberne Verdienst-Kreuz mit der Krone allergnädigst
zu verleihen geruht. Wenn schon diesen allgemein verehrten Mann für sein
stetes uneigennütziges Streben und rastloses Wirken an der Spitze unserer
Gemeinde, zur Seite unseres würdigen und verdienstvollen Bürgermeisters
Herrn Rosenthal, einzig und allein das Bewusstsein befriedigte, Gemeinnütziges
gewirkt zu haben, und die Saaten seiner Bemühungen zur Reife gelangt zu
sehen, so war diese allergnädigste Auszeichnung auch für unsere Gemeinde
die schönste Genugtuung und Veranlassung, dem Gefeierten die herzlichsten
Glückwünsche darzubringen. Auch ich rufe ihm zu: es gibt eine Belohnung
für dein Wirken, den größten Lohn findet er bei Gott. Möge er ihn
lange noch gesund und kräftig erhalten zum Heile seiner Familie, zur
Zierde unserer Gemeinde. St." |
Erinnerungen
an den Kantor Salomon Sulzer (Beitrag von 1901)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. Januar
1891:
Artikel ist noch nicht ausgeschrieben. |
|
Erinnerung
an den Kantor Salomon Sulzer (weiterer Beitrag von 1901)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Dezember 1901
- Belletristische Beilage:
Titelbild: Oberkantor Salomon Sulzer
(aus 'Berühmte Israelitische Männer etc.' von Dr. A. Kohut. Verlag von
Payne. Leipzig" |
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Dezember 1901:
"Zu unserem Bilde. Der berühmteste Kantor, den die Synagoge m
19. Jahrhundert aufzuweisen hatte, war Salomon Sulzer, Oberkantor
der israelitischen Gemeinde und Professor am Musikkonservatorium in Wien.
Dieser große Reformator des Synagogengesanges war als Sänger sowohl, wie
als Komponist von hervorragender Bedeutung. Durch seine in Wien
(1845-1866) in zwei Bänden veröffentlichen gottesdienstlichen Gesänge 'Schir
Zion', die sich in allen Synagogen einbürgerten, hat er sich als ein
Pfadfinder voll Geschmack und hoher Begabung bekundet. Am 27. Dezember
1890, anlässlich der 50-jährigen Jubelfeier seiner amtlichen Tätigkeit,
erhielt er das Prädikat Professor. Wie volkstümlich dieser Meister war,
beweist schon der Umstand, dass selbst anlässlich der Wiederkehr seines
Todestages am 20. Januar 1900 die 'Gesellschaft für Sammlung und
Konservierung von Kunst- und historischen Denkmälern des Judentums' in
Wien eine Gedenkfeier seinen Manen zu Ehren veranstaltete, die von der
Elite der geistigen Aristokratie besucht war und wobei der berühmte Schauspieler
Adolf Sonnenthal die Gedenkrede hielt." |
Feier des 100. Geburtstages von Salomon Sulzer (1904)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. März
1904:
Artikel ist noch nicht ausgeschrieben. |
Beitrag
von Dr. Adolph Kohut über Salomon Sulzer zu seinem 100. Geburtstag (1904)
Anmerkung: Über den Verfasser des Beitrages, den Journalisten, Literatur-
und Kulturhistoriker Adolph Kohut (1848-1917) informiert der Wikipedia-Artikel
"Adolph Kohut".
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 18. März 1904.
Zum Lesen des Beitrages bitte Textabbildungen anklicken. |
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Über
Salomon Sulzer (Auszug aus einem Beitrag von 1930)
Artikel in
der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Juni 1930 (es
wird nur der Abschnitt zu Salomon Sulzer abgeschrieben): "Die
geschichtliche Entwicklung des Synagogengesanges seit Anfang des 19.
Jahrhunderts. Von Oberkantor Wilhelm Heimann (Augsburg). Fortsetzung und
Schluss. Die
Melodien dieser Heroen begeisterten alle Welt und ihre erhabenen Schöpfungen
beflügelten auch die im Judentum vorhandenen musikalischen Kräfte zu künstlerischem
Schaffen. Von deutschen Gemeinden nahm zuerst die unserer bayerischen
Metropole die Umgestaltung ihres gottesdienstlichen Gesanges vor. Bereits
1839 erschienen in den von dem Lehrer Maier Cohn herausgegebenen ‚Münchener
Gesängen’ die alten Melodien in moderner, musikalischer Form. Diese
hauptsächlich in Süddeutschland verbreiteten Gesänge sollten aber nur
die Vorläufer des bahnbrechenden Lebenswerkes eines modernen Kantors
sein, der mit ihm alle im Synagogengesang begangenen Sünden getilgt hat.
Der Name Salomon Sulzer
bedeutet für den jüdischen Gottesdienst und den Träger desselben, den
Kantor, ein hohes Ideal. Sulzer wurde 1804 in Hohenems geboren und
starb
1890 in Wien. Der mit einer geradezu bezaubernden, göttlichen Stimme
begnadete Sänger und Chasan hatte bei großen Meistern seine musikalische
Ausbildung erhalten. Schon mit siebzehn Jahren als Kantor in seiner
Vaterstadt Hohenems angestellt, wurde er im Alter von einundzwanzig Jahren
zum ersten Kantor der bedeutenden Wiener Kultusgemeinde gewählt. Von
Idealismus und heiliger Begeisterung für seinen Beruf erfüllt, erkannte
Sulzer frühzeitig die Notwendigkeit einer Reorganisation des
Synagogengesanges und bereits 1839 erschien der I. Teil seines
monumentalen Werkes ‚Schir Zion’ (‚Lied Zions’), dessen II. Teil fünfundzwanzig
Jahre später folgte. Sulzer hatte bei seinen Bestrebungen anfänglich
keinen leichten Stand; denn es galt ja, wie er selbst in der Vorrede zum
II. Teil des Schir Zion sagt, ‚einen Kampf gegen die Mächte der
Gewohnheit, der ererbten Missbräuche und des Vorurteils aufzunehmen’.
Aber mit rücksichtsloser Energie verfolgte er sein Ziel, den synagogalen
Gesang auf edler Kunst aufzubauen. Die zeigt sich nicht nur bei der
Wiedergabe der alten, traditionellen Melodien, die er in moderner
Notenschrift möglichst getreu zu erhalten suchte, sondern auch in seinen
eigenen Kompositionen, die ihn, vornehmlich in seinen gediegenen,
kunstvollen Chören, als vollendeten Musiker zeigen. Sulzer hat einen
synagogalen Musikstil geschaffen. Durch die Institution des modernen
Synagogenchors, der in Wien selbst zu höher Blüte gelangte, hat er
Ordnung in die Synagogen gebracht und damit eine Regelung des
Gottesdienstes erzielt. Mit Sulzer hub die Blütezeit des
Synagogengesanges an. Seine Tonschöpfungen kamen überall in der Welt in
den Synagogen zum Erklingen und vor allem gaben sie vielen anderen
begabten Kantoren Anregung, in seinem Geiste zu wirken und zu schaffen." |
|
Todesanzeige
für Salomon Sulzer - Wien 17. Januar 1890: "Von tiefem Schmerze
erfüllt, geben die Unterzeichneten im eigenen Namen und im Namen aller
Verwandten Nachricht von dem Ableben ihres geliebten Vaters,
Schwiegervaters, Groß- und Urgroßvaters, des Herrn Salomon Sulzer,
Oberkantor i.P. der Wiener israelitischen Kultusgemeinde, Bürger ad
honores der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien, Ritter des kaiserlich
österreichischen Franz Josefs-Ordens, Offizier des ottomanischen
Medschidje-Ordens, Besitzer der großen österreichischen goldenen, der
großen und kleinen goldenen russischen Medaille und der Medaille vom Herzoge
Max in Bayern für Kunst und Wissenschaft, emeritierter Professor des
Konservatoriums in Wien, Ehrenmitglied, der Reale Academia di S. Cecilia
in Rom und anderer gelehrter Gesellschaften etc. etc., welcher Freitag,
den 17. Jänner 1890, um 11 Uhr Nachts, im 86. Lebensjahre sanft
entschlafen ist..." |
Über
die aus Hohenems stammenden Wiener Fabrikanten Gebrüder Rosenthal (1897)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 18. Juli 1897: "Hohenems. (Jüdische Fabrikherren). Die weit über die
Grenzen unseres Vaterlandes hinaus, und besonders in Wien bekannten und
berühmten Großindustriellen und Fabrikanten Gebrüder Rosenthal beschäftigen
in ihren großartigen Fabriken Hunderte von christlichen Arbeitern, von
denen eine stattliche Anzahl nahezu sechzig Jahre unter dieser Firma
arbeiten und fast kindliche Liebe für ihre jüdischen Arbeitgeber hegen.
In glänzender Weise kam dies zum Ausdrucke, als in Rankweil, wo diese
Firma eine bedeutende Fabrik etabliert hat, ein Arbeiter, namens Philipp
Knecht auf Antrag seiner Brotherren, aus Anlass seines 50-jährigen
Arbeitsjubiläums in dieser Fabrik von Seiner Majestät mit dem silbernen
Verdienstkreuz ausgezeichnet wurde. Der Bezirkshauptmann Herr Schaffotsch
überreichte demselben mit einer schönen Ansprache diese Auszeichnung,
worauf der Jubilar unter Tränen dankte und nur sein hohes Alter
bedauerte, das ihn kaum erwarten lasse, eine noch ebenso lange Zeit im
Dienste seiner jüdischen Herren zu arbeiten. Ein Wunsch, den all seine
Genossen aufrichtigst teilen. Hieran schloss sich ein herrliches Fest, das
die derzeitigen Chefs der Firma, die Herren Anton und Ivan Rosenthal, den
Arbeitern veranstalteten und an dem sie sowohl selbst wie auch die
kirchlichen und staatlichen Würdenträger der Umgegend teilnahmen. Ein
bedeutendes Geschenk ward dem Jubilar auch seitens der Firma zuteil."
|
80.
Geburtstag von Henriette Eßlinger geb. Brettauer (1931 in Stuttgart)
Hohenems-Genealogie:
https://www.hohenemsgenealogie.at/gen/getperson.php?personID=I0234&tree=Hohenems
Constantin und Henriette Eßlinger verstarben am 11. Juni 1922 bzw. am 17. Juni
1932 in Stuttgart und wurden im israelitischen Teil des dortigen Pragfriedhofes
beigesetzt.
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Juli 1931: "Stuttgart. Am 14. Juni
1931 durfte Frau Henriette Eßlinger geb. Brettauer, Witwe des 1922
verstorbenen Privatmanns Constantin Eßlinger, in voller Gesundheit und
körperlicher und geistiger Frische ihren 80. Geburtstag feiern. Die
Jubilarin entstammt einer weitverzweigten Familie aus Hohenems, aus
der zahlreiche führende Männer der Finanz- und Bankwelt hervorgegangen
sind. Schon im Elternhause wurde sie neben der Pflege des Familiensinns
auch auf die größeren Aufgaben für die Allgemeinheit hingewiesen.
Dieser Tradition ist sie stets als stille Wohltäterin der Armen und
Bedrückten treu geblieben. Möge es ihr vergönnt sein, noch lange Jahre
in dieser Art
weiterzuwirken." |
Weitere Dokumente
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries; die Anmerkungen auf
Grund der Recherchen von Peter Karl Müller)
Postkarte
von Amalie Hess an
Kitty Hoffgaard bei Ivan Rosenthal
in Hohenems (1898) |
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Die
obige Karte wurde am 29. November 1898 von
Zürich nach Hohenems geschickt. Über die Adressatin Miss Kitty Hoffgaard
liegen keine Informationen vor. Sie war
möglicherweise im Haus von Ivan Rosenthal in Hohenems tätig: Ivan Rosenthal (geb. 9. September
1842 in Hohenems; gest. im Alter von 86 Jahren am 15. Juli 1929) war
in Hohenems als Industrieller tätig. Er war verheiratet mit Franziska
geb. Brettauer (geb. 15. Januar 1853; gest. im Alter von 78 Jahren am 26. März
1931). Das Foto links zeigt Ivan Rosenthal (2. von rechts) und seine Frau
Franziska (links neben ihm) in der "Villa Franziska" in
Hohenheim (Quelle: Beitrag "Rosenthals - Collage einer
Familiengeschichte" im Gemeindeblatt Hohenems usw. vom 8. Juni 2002
S. 16-17 [als
pdf-Datei eingestellt]).
Bei Amalie Hess aus Zürich handelte es sich vermutlich um eine
Nichte: die Schwester von Franziska Rosenthal geb. Brettauer - Regina
- heiratete in Zürich Jakob Hess; Amalie könnte eine Tochter der Beiden sein.
Auf dem Foto links (Quelle: jüdisches Museum Hohenems) ist sie links zu sehen; die Frau rechts ist Regina
Hess-Brettauer.
Hohenems-Genealogie:
https://www.hohenemsgenealogie.at/gen/getperson.php?personID=I13484&tree=Hohenems
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Postkarte von Clara Loewenberg an ihre Mutter
Betty Loewenberg (1912) |
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Die Postkarte wurde am 16. Mai 1912 von
München nach Hohenems geschickt. Empfängerin war Betty Loewenberg -
Absenderin der Karte war ihre Tochter Clara.
Betty Loewenberg ist am 1. Mai 1858 in St. Gallen in der Schweiz geboren.
Sie war mit dem am 25. Juli 1840 in Hohenems geborenen Josef Loewenberg
verheiratet. Das Ehepaar hatte drei Kinder: 27. Januar 1881 ein totgeborener
Knabe (27. Januar 1881), Emanuel Erwin Loewenberg (geb. 27. Juni 1882) und Clara
(Klara) Loewenberg (geb. 22. April 1886). Betty Loewenberg leitete 1880
zusammen mit Charlotte Rosenthal und Karoline Bernheimer den neu gegründeten
"Israelitischen Frauen- und Mädchen-Wohltätigkeitsverein" in Hohenems.
Dieser entstand in der Verschmelzung des vorher alleine bestehenden
"Frauenvereins der Hebräer zu Hohenems", gegründet Ende des 18. Jahrhundert
und dem Israelitischen Mädchenverein. Betty Loewenberg starb am 6. Juli 1929
in St. Gallen und wurde beigesetzt im
jüdischen Friedhof in St. Gallen. Ihr Ehemann Josef Löwenberg, "Hausbesitzer, Bankier und Privatier" - Mitglied des Hohenemser
Synagogenchores und des Gesangsvereins "Frohsinn" starb bereits am 26. Mai 1909 in
Hohenems und wurde auf dem jüdischen Friedhof in Hohenems begraben.
Clara Loewenberg arbeitete während des 1. Weltkriegs als Pflegerin in
Innsbruck und Landeck. Ab 1918 lebte sie wieder in Hohenems und bestritt
ihren Lebensunterhalt als Pflegerin und Zeichenlehrerin. 1929 erfolgte ihr Umzug nach
Wien. Um 1936 trat Sie aus der jüdischen Religionsgemeinschaft aus. Am 6.
Februar 1941 schied sie vermutlich unter dem Druck der Verfolgung freiwillig aus dem
Leben.
Quellen:
https://x.facebook.com/176723205742584/photos/a.3690646867683516/3729266253821577/?type=3&source=48
http://altneu.han-solo.net/osfia/tng_wordpress/getperson.php?personID=I0496&tree=Hohenems
Hohenems-Genealogie:
https://www.hohenemsgenealogie.at/gen/getperson.php?personID=I0849&tree=Hohenems
https://www.hohenemsgenealogie.at/gen/getperson.php?personID=I0855&tree=Hohenems
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Postkarte
von Charlotte Rosenthal
und Claire Heimann (1924) |
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Absender der Karte waren Frau Charlotte Rosenthal
(zum damaligen Zeitpunkt 81 Jahre alt) und ihre Tochter Claire (Clara)
Heymann (58 Jahre alt) - Empfänger der Karte waren Oskar Hirschel und
seine Frau in Berlin. Die Mutter Charlotte Rosenthal zum damaligen Zeitpunkt bereits 81 Jahre,
ihre Tochter Claire 58 Jahre. Der Text der Karte, in dem auch zwei weitere
Personen aus der jüdischen Gemeinde genannt werden:
"Hohenems 26.6.24. Lieber Oskar Hirschel.
Es drängt mich Euch einige Zeilen zu senden, um Euch nochmals zu versichern, wie sehr uns Euer Besuch gefreut hat, und daß
wir die liebe junge Frau Hirschel kennen lernten; bedauerten, daß Ihr nur so kurze Zeit bleiben konntet und wir Euch deshalb keine
Aufmerksamkeit schenken konnten und nicht zum Essen einladen. Du lieber
Oscar hast den Gemeindediener Weil noch so schön beschenkt, wovon auch der Cultus-Vorstand für die Gemeinde Gabe erhielt und läßt dir Herr Landauer noch bestens dafür danken.
Seid Ihr von Eurer Reise befriedigt und habt Ihr Euer liebes Kind wohl angetroffen. S. G. w. (So Gott will) sehen wir uns wieder
einmal und grüßen Euch herzlichst.
Eure Charlott Rosenthal und Claire Heimann."
Zu den einzelnen Personen: Charlotte Rosenthal wurde am 8. März 1842 in Hohenems geboren und war verheiratet mit dem Fabrikanten und Vorsteher der
jüdischen Gemeinde Hohenems Anton Rosenthal, geboren am 13. Februar 1840 in Hohenems. Die Beiden heirateten am 15.8.1864.
Charlotte Rosenthal starb 1927 im Alter von 84 Jahren. 1880 leitete Sie zusammen mit Karoline Bernheimer und Betty Löwenberg
den neu gegründeten "Israelitischen Frauen- und Mädchen-Wohltätigkeitsverein" in Hohenems. Dieser entstand in der Verschmelzung
des vorher alleine bestehenden "Frauenverein der Hebräer zu
Hohenems", gegründet Ende des 18. Jahrhundert und dem Israelitischen Mädchenverein, gegründet 1854.
Vgl. www.onb.ac.at/ariadne/vfb/fv_ifwvhe.htm.
Der Ehemann Anton Rosenthal starb am 9.12.1912 in St. Gallen im Alter von 73 Jahren.
Das Ehepaar hatte zwei Kinder: Clara, geboren am 5. Nov. 1866 und Rudolf, geboren 1873.
Hohenems-Genealogie:
https://www.hohenemsgenealogie.at/gen/getperson.php?personID=I1305&tree=Hohenems
Clara Sarah Heymann - Rosenthal, geboren am 5. Nov. 1866 heiratete 1891 in Brüssel den Belgier
Josef Heymann. Nach dessen Tod 1906 kam Clara wieder zurück nach Hohenems in ihr Vater - und Geburtshaus, die Villa Heymann-Rosenthal in der
Israelitengasse 54, heute "Jüdisches Museum Hohenems", Schweizer Straße 5. Am 1. Juli 1940 erfolgt ihre Zwangsumsiedlung nach Wien.
1942 wurde Clara Sara Heymann im Alter von 75 Jahren in Theresienstadt ermordet.
Vgl. in der Website des Jüdischen Museums Hohenems mit Bild unter der Rubrik "Exemplarische Biografien".
Hohenems-Genealogie:
https://www.hohenemsgenealogie.at/gen/getperson.php?personID=I1331&tree=Hohenems
Gemeindediener Weil, - Jakob Weil, geb. 24. Sept. 1853, gestorben am 30. Dez. 1933 im Alter von 80
Jahren: Jakob Weil war ab 1878 Schneider und Metzger und nebenbei als Synagogendiener tätig. 1886 wird er Gemeindediener und Schächter.
Ab 1896 übernimmt er auch noch das Amt des Kantors in der Synagoge. 1900 eröffnet er einen Spielwarenladen. Er verkauft allerdings
nicht nur Spielwaren, sondern auch Kleidung und später auch Lebensmittel. Er ist Mitglied im Hohenemser Kapselschützenverein, hat
dort die Stelle als Rechnungsrevisor inne. Auch als Auslandskorrespondent für das Israel. Wochenblatt für die Schweiz ist er aktiv.
1926 erscheint dort ein Artikel über seine Ehrung für 40 jährige Amtstätigkeit als
Gemeindediener der Israel. Kultusgemeinde Hohenems. Im jüdischen Friedhof von Hohenems gibt es ein Familiengrab.
Vgl. den Reisebericht von 1926 auch der Hinweis, dass der Kaufmann Jakob Weil den Freitagabend-Gottesdienst in einem Nebenraum der Synagoge abhält.
Dazu auch Informationen zu Jakob Weil unter www.lettertothestars.at/uploads/pdf/Weil.pdf
Hohenems-Genealogie:
https://www.hohenemsgenealogie.at/gen/getperson.php?personID=I1637&tree=Hohenems
Zu Herrn Landauer vom Kultusvorstand in Hohenems und zur Familie
Oskar Hirschel in Berlin konnten noch keine Informationen gefunden
werden. |
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Erinnerung an die Auswanderungen im 19.
Jahrhundert - Grabstein für Adolph Brentano aus Hohenems in New
Orleans (1847-1878)
Anmerkung: das Foto wurde von Rolf Hofmann (Stuttgart) im April 1994 im 1860
eröffneten Hebrew Rest Cemetery in New Orleans, 2100 Pelopidas at Frenchman
Street, near Elysian Fields and Gentilly Blvd.,
aufgenommen
Grabstein im "Hebrew Rest Cemetery" in New Orleans:
"Hier ruht Adolph Brentano,
gestorben am Freitag, 6. Elul (5)638.
Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens.
To the memory of Our brother
Adolph Brentano.
Born in Hohenems Austria March 5th 1847.
Died at New Orleans, September 6th 1878..." |
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