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Idstein mit
Esch (Gemeinde Waldems) (Rheingau-Taunus-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Idstein bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/40. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17./18. Jahrhunderts
zurück. Um 1700 dürfte bereits eine Gemeinde in der Stadt bestanden haben.
1708 wurde eine "Instruktion und Privilegium für den Juden-Rabbiner zu
Idstein und Wiesbaden erlassen" (womit Rabbiner David Grünhut in Wiesbaden
gemeint war). 1770 gab es vier jüdische Familien in der Stadt. Bis 1822 nahm
die Zahl auf zehn jüdische Familien zu.
Bereits im Mittelalter dürften Juden schon in der Stadt gelebt haben.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1842 83 jüdische Einwohner, 1868 22 jüdische Familien, 1871 75
jüdische Einwohner (3,6 % von insgesamt 2.106
Einwohnern), 1885 37 (3,1 % von 2.357), 1895 97 (3,5 % von 2.790), 1905 86 (2,5
% von 3.395), 1910 94 /2,7 % von 3.529). Die jüdischen Familienvorsteher
verdienten ihren Lebensunterhalt als Viehhändler, Getreidehändler, Fell- und
Häutehändler. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es mehrere
jüdische Läden in der Stadt, darunter ein Modegeschäft und ein
Schuhgeschäft. Am heutigen König-Adolf-Platz gab es eine jüdische Metzgerei,
in der unter Aufsicht des Rabbinats auch Fleisch geschächtet und an die
jüdische Bevölkerung verkauft wurde.
Zur jüdischen Gemeinde gehörten auch die in Esch
lebenden jüdischen Personen (auch hier bereits um 1730 jüdische Personen am
Ort, 1829 drei Familien, 1843 12 jüdische Einwohner in vier Familien, 1868 drei
Familien, 1905 24, 1932 5). Bei der Einführung bürgerlicher Familiennamen
nannte sich u.a. Löb Herz um in Esch Löb Eschenheimer.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule,
ein rituelles Bad (bei der Synagoge; 1936 als "alt" und "längst
verfallen" beschrieben) und ein Friedhof.
Auch in Esch gab es einen jüdischen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war zeitweise ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und
Schochet tätig war (vgl. Ausschreibungen der Stelle unten). Genannt werden u.a.
Lehrer Morgenthal (1881, siehe unten), Lehrer Frank (um 1894, genannt bei einer Lehrerversammlung
in Diez 1894), Lehrer Hirsch Frank (mindestens
seit 1908, möglicherweise identisch mit dem 1894 genannten Lehrer Frank).
Als besondere
Einrichtung bestand in der Heilerziehungsanstalt "Kalmenhof" (bzw.
"Kalmenhof"; benannt nach seinem zeitweiligen Eigentümer Freiherr Geheimrat Johann Heinrich von Kalm
'Kalmenhof'; nach der ursprünglichen "Idiotenanstalt") eine jüdische Abteilung. Der
"Kalmenhof", dessen Einrichtung 1888 vor allem auch auf Grund eines
namhaften Stiftungskapitals der jüdischen Familie Charles Hallgarten
(Frankfurt/Main) ermöglicht wurde, ist auch als "interkonfessionelle
Anstalt für vorschulpflichtige und schulentlassene geistig zurückgebliebene
Kinder" bezeichnet worden. Für die Betreuung der Kinder war der
jüdische Lehrer der Gemeinde Idstein zuständig.
Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden zunächst auf dem jüdischen Friedhof
in Esch beigesetzt, seit 1887 bestand ein Friedhof
in Idstein.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: aus Esch
Friedrich Baum (geb. 3.3.1889 in Esch, gef. 31.10.1914) und Max Löwenstein
(geb. 10.8.1899 in Esch, gef. 25.10.1918), aus Idstein Manfred Frank
(geb. 27.11.1895 in Idstein, gef. 20.8.1914), Unteroffizier Sally Grünebaum
(geb. 23.4.1892 in Idstein, gef. 14.7.1917), Offz. St. Leo Lahnstein (geb.
10.4.1893 in Idstein, gef. 23.3.1916), Rudolf Lahnstein (geb. 20.8.1894 in
Idstein, gef. 5.6.1916), Siegfried Strauß (geb. 8.8.1895 in Frankenwinheim,
gef. 13.8.1918) und Gustav Wolff (geb. 4.12.1879 in Idstein, gef. 6.11.1914).
Außerdem ist gefallen: Fritz Morgenthal (geb. 12.4.1896 in Idstein, vor 1914 in
Heidelberg wohnhaft, gef. 25.10.1917).
Um 1924, als 112 Personen zur jüdischen Gemeinde gehörten (Höchstzahl;
3,2 % von insgesamt 3.457, darunter allerdings etwa 40 Zöglinge sowie Personal
der Heilerziehungsanstalt), waren die Vorsteher der jüdischen Gemeinde
Isak Grünebaum, Max Kahn und Feist Löwenstein aus Esch. Als Lehrer, Kantor und
Schochet war (mindestens schon seit 1908, Teilnehmer in diesem Jahre auf einer
Lehrerkonferenz in Limburg) Hirsch Frank tätig. Er unterrichtete an der Religionsschule
der Gemeinde sieben Kinder. An jüdischen Vereinen bestand der
Wohltätigkeitsverein Chewra Kadischa (1924 unter Leitung von H. Frank mit 12
Mitgliedern. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Wiesbaden. 1932 waren die
Gemeindevorsteher Felix Lahnstein (1. Vorsitzender), Max Kahn (2. Vors.) und
Feist Löwenstein (3. Vors.). Schriftführer war Eduard Strauß. Als Lehrer war
inzwischen (seit 1928, siehe Ausschreibung unten) Josef Heß tätig. Dieser hatte auch ein privates, streng
rituelles Heim für Psychopathen und Nervöse
eröffnet.
1933 lebten noch etwa 63 jüdische Personen in Idstein, dazu kamen etwa 100
Bewohner der "Heilerziehungsanstalt Calmenhof". In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Die Auswanderung erfolgte
überwiegend nach Nordamerika. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die
Synagoge geschändet und ihre Inneneinrichtung zerstört (s.u.), dazu wurden die
Wohnungen von fünf jüdischen Familien überfallen und verwüstet. Die Schäden
in Höhe von 26.000 RM mussten von den jüdischen Familien bezahlt
werden.
Von den in Idstein geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Jonas Blum (1878), Ida Gottschalk geb. Kahn (1902),
Hedwig Grünebaum (1897), Herta Grünebaum (1901), Hugo Grünebaum (1890),
Julius Kahn (1901), Lore Kahn (1933), Ludwig Kahn (1894), Ilse Löwenstein
(1923), Ruth Löwenstein (1923), Gertrud Morgenthal (1894), Klara Morgenthal
(1891), Bertha Rolef geb. Kahn (1883), Sidonie Schulhof geb. Mayer (1870), Heinz
Simenauer (), Horst Ludwig Strauß (1931), Recha Weiß geb. Grünebaum
(1895).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1886 /
1928
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. November 1886:
"Die Religionslehrer-, Kantor- und Schächterstelle in Idstein (Nassau)
ist vakant. Jährliches Einkommen mindestens 800 Mark. Seminaristisch
gebildete Bewerber wollen ihre Meldungen nebst Zeugnissen schleunigst an
den Vorstand der Israelitischen Gemeinde in Idstein senden.
Wiesbaden, 25. November 1886.
Der Bezirksrabbiner Dr. M. Silberstein." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. März 1928:
"Wir suchen zum sofortigen Eintritt einen tüchtigen Religionslehrer
und Schochet (gesetzestreu). Demselben soll auch der Unterricht an der
Heilerziehungsanstalt Calmenhof übertragen werden, Gehalt Gruppe 7 mit
Pensionsberichtigung und lebenslänglicher Anstellung.
Gesuche sind zu richten an den 1. Vorsteher Felix Lahnstein,
Idstein. Der Vorstand." |
Spendenaufruf für den schwer erkrankten Lehrer Morgenthal und seine Familie (1881)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. August 1881: "Bitte!
Seit Anfang Juni dieses Jahres ist hier Herr Morgenthal, Lehrer der
israelitischen Gemeinde, an einer Lebererweiterung, welche eine tief
eingreifende Operation nötig machte, schwer erkrankt und wird es auch
noch Monate dauern, bis derselbe wieder dienstfähig sein wird. Der
zahlreichen Familie ist es nicht möglich, von dem geringen Gehalt des
Vaters zu leben, geradezu unmöglich ist es jedoch, hiervon die
immerwährende, anstrengende und kostspielige Pflege, das Wartepersonal
und das in großer Menge verbrachte, kostspielige Lister'sche
Verbandmaterial zu bezahlen. Aus diesem Grunde ist die Bitte an edle,
mildtätige Männer gewiss gerechtfertigt, die bedrängte Lage dieser in
der Tat schwer heimgesuchten Familie lindern helfen zu wollen.
Idstein, 22. Juli 1881. Dr. G. Justi, behandelnder
Arzt.
Wir sind gern bereit, milde Gaben in Empfang zu nehmen und
weiterzubefördern. Die Expedition des 'Israelit'." |
Gemeindebeschreibung von 1936 (!)
Artikel
im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt" vom
Juli 1936: "Idstein. Altes Städtchen mit 3.800 Einwohnern, darunter
rund 60 Juden. - Einige Jahre bis 1292 residierte hier Graf Adolf von
Nassau, der als deutscher König den Maharam Rothenburg und dessen
Leichnam im Turm zu Ensisheim im Elsass zurückhielt, um damit Geld von
den Juden zu erpressen. 1332-1721 ist Idstein Residenz der Grafen von
Nassau-Idstein, seitdem Bezirks- beziehungsweise Kreisstadt. Das Schloss
besteht heute aus der alten Nassauer Udenburg, den mit ihr, d.h. dem
übrig gebliebenen alten 'Hexenturm', den mit ihm verbundenen Renaissance-Bauten
und dem 'Neuen Schloss', 1614-1713 entstanden. Der Hexenturm sah nicht nur
Hexen, sondern, wie man sagt, auch zahlreiche Juden verschmachten. - Juden
scheinen in Idstein schon früh gewohnt zu haben; denn die alte Udenburg
wird bereits 1427 auch einmal Judenburg genannt, vielleicht als
gelegentlicher Zufluchtsort verfolgter Juden. Um 1700 jedenfalls Gemeinde
mit Rabbinat Idstein-Wiesbaden, für das 1708 'Instruktion und Privilegium
für den Juden-Rabbiner zu Idstein und Wiesbaden' erfolgt. Damals ist
Rabbiner David Grünhut (s.o. bei Wiesbaden) im Amt. 1787 sind ungefähr
40 Juden, nämlich 7 Familien, in Idstein; 1866 im Alt Idstein, wozu die
Gemeinden Camberg, Eisenbach, Erbach, Niederselters, Oberselters,
Walsdorf, Würges gehören, 236 Juden bei 10.887 Einwohnern. - Die alte Synagoge
in der hinteren Borngasse, früheren Judengasse, mehrfach, zuletzt 1935
renoviert, mit alter, längst verfallener Mikwah. Alter Friedhof aus der
Frühzeit des Idsteiner Rabbinats südlich von Esch, 1 Std. von Idstein,
war Sammel-Friedhof, wohl schon vor 1700. Um 1874 wurde der neue Friedhof
am Südende der Stadt angelegt. 20 Minuten westlich die
Heilerziehungsanstalt 'Calmenhof', z.Z. auch aus jüdischen Mitteln
begründet, mit besonderer jüdischer Abteilung, die bis 1932 von einem
jüdischen Lehrer, einem jüdischen Gehilfen und einer jüdischen Köchin
mitbetreut wurde. Heute natürlich, bei 60 Pfleglingen (1932: 150 bei 750
insgesamt), nicht mehr. Dagegen Lautzstr. 3 (Jos. Hes) privates streng
rituelles Heim für Psychopaten und Nervöse. - Das Antlitz des
Ortes zeugt von alter Kultur (1350 öffentliche Schule, 1715 erste
Zeitung!). In der evangelischen Kirche Bilder des bedeutenden
Rubensschüler Imrath von Antwerpen; unter den zahlreichen entzückenden
Fachwerkbauten mit edlen Schnitzereien wohl am schönsten das
Dietrich'sche Haus von 1615. - Von Idstein täglich 10 Züge nach
Frankfurt. Fahrzeit 1 Stunde." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Aufruf zur Wohltätigkeit (1892)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. September 1892: "Aufruf
zur Wohltätigkeit! In dem hiesigen, von nur 15 jüdischen Familien
bewohnten Städtchen befindet sich eine von allen Mitteln entblößte
israelitische Witwe mit den noch bei ihr weilenden 3 arbeitsunfähigen
Kindern in größter Not. Mit 6-800 Mark wäre den Armen geholfen und
dieselben insofern geschützt, als ihnen ihre Wohnung bliebe und die Armen
dann doch wenigstens Obdach besäßen. Wird den Unglücklichen seitens
unserer wohltätigen Glaubensgenossen nicht Beistand und Hilfe, so ist die
arme Familie in einer überaus trostlosen Lage.
Ihre Hoffnung ist aber noch nicht so tief gesunken, dass der Mut total
geschwunden wäre, und hatte dieselbe solches ja auch umso weniger nötig,
als Israels Hand zur Wohltätigkeit nach gewohnter Art noch offen ist. Ach
teuerste Glaubensgenossen, schließet Herz und Hand auch hier nicht,
sondern gebet jeder nach seinem Vermögen und den nach Hilfe
Rufenden ist geholfen. Ihr habt dann ein Werk geschaffen, das jeder zu
schätzen wissen wird. Wäre die unglückliche Witwe nicht in dieser
trübseligen Lage, wären ihre Kinder arbeitsfähig, so würde dieselbe
gewiss diesen Schritt nicht tun, aber dem ist ganz anders. Von den
Genannten zuhause weilenden Kindern ist der Älteste, ein Junge von 25
Jahren, der überaus schwächlich und durch leichte Verrichtungen nur sehr
kärglichen Verdienst machen kann, das Zweite ebenfalls ein Junge, leidet
an Knochenfraß an der rechten Hand, mithin auch für nichts brauchbar und
das Dritte, ein Mädchen von 11 Jahren leidet an Fallsucht, aus welchem
Grunde dessen Zukunft eine düstere Aussicht bietet. Zum Empfang milder
Gaben bin ich gern bereit und werde solche bereitwilligst an die arme
Witwe gelangen lassen. Meier Goldschmidt, Kaufmann,
Idstein." |
Über die in der Anstalt Idstein ("Kalmenhof") untergebrachten jüdischen Kinder (1898)
vgl. unten zu Ruth Pappenheimer.
Leserbrief
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. Februar 1898:
"Sprechsaal. Sehr geehrter Herr Doktor! Im Leitartikel der
letzten Nummer der Zeitung des Judentums findet sich die Angabe, dass in
Deutschland nur solche Anstalten für zurückgebliebene Kinder existieren,
in welchen die Aufnahme jüdischer Kinder nur unter der bestimmten
Voraussetzung geschieht, dass diese christlich erzogen werden. Dies beruht
auf einem Irrtum. In der Anstalt zu Idstein, im Regierungsbezirk
Wiesbaden, erhalten sämtliche jüdische Kinder (zur Zeit sind dort 11
Juden, das sind 10 % der Gesamtzahl der Insassen) regelmäßig jüdischen
Religionsunterricht sowie infolge der Munifizenz eines bekannten
Frankfurter Philanthropen streng rituelle Verköstigung. Ich hatte vor
Kurzem Gelegenheit, die Einrichtungen dortselbst kennen zu lernen und mich
von den ganz ausgezeichneten Resultaten, welche die Erziehung der geistig
zurückgebliebenen respektive der idiotischen Kinder aufzuweisen hat, zu
überzeugen. Ich kann den Eltern solcher Kinder nur raten, dieselben der
genannten Erziehungsanstalt anzuvertrauen. Marburg, 9. Februar
(1898). Hochachtungsvoll Dr. Munk." |
Spendenaufruf für eine verarmte
Familie 1900)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. November 1900:
"Ein armer Familienvater ist durch langwierige Krankheit in solches
Elend mit den Seinigen geraten, dass Hilfe dringend nötig ist. Der
unterzeichnete behandelnde Arzt ersucht um Gaben unter Nr. 7824 an die
Geschäftsstelle dieses Blattes zur gefälligen
Weiterbeförderung.
Idstein im Taunus, im Oktober (1900). Dr. Justi." |
Mitteilungen zu einzelnen Personen der
Gemeinde
Sally Goldschmidt wird mit dem Eisernen Kreuz
ausgezeichnet (1914)
Meldung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6. November
1914: "Idstein. Dem Gefreiten der Reserve Sally Goldschmidt von
hier überreicht der Kaiser persönlich das Eiserne Kreuz." |
Hinweis auf die aus Dornheim stammende und auf dem
"Kalmenhof " ermordete Ruth
Pappenheimer (1925-1944)
Ruth Pappenheimer ist 1925 in
Dornheim geboren als Tochter des nach der Deportation ermordeten Julius
Pappenheimer und der Martha geb. Noll-Hussong und wurde 1944 auf dem
Kalmenhof in Idstein ermordet. Über ihr Leben und ihre Ermordung durch
den Psychiater Hermann Wesse auf dem Kalmenhof (in der NS-Zeit
Zwischenanstalt für die NS-Tötungsanstalt Hadamar) berichtet der Wikipedia-Artikel
"Ruth Pappenheimer". |
Über Felix Lahnstein
Felix Lahnstein war letzter
Gemeindevorsteher der jüdischen Gemeinde in Idstein. Er war im
städtischen Leben völlig integriert, u.a. aktives Mitglied des
Turnvereins. Er konnte nach Amerika emigrieren, wo er 1958 gestorben ist. |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst (17./18. Jahrhundert) war vermutlich ein Betsaal in
einem der jüdischen Häuser vorhanden.
1789 beantragte die Gemeinde bei den Behörden den Erwerb eines Hauses zum Umbau
in eine Synagoge. Das Gesuch wurde abgelehnt mit der Begründung, man wolle zu
der "seit einiger Zeit ohnehin sich begebenden Vermehrung (der Juden) nicht
beitragen. 1793 konnte dann doch eine Synagoge erbaut werden. Das Gebäude wurde
mehrfach renoviert beziehungsweise umgebaut, u.a. 1875 (teilweise Neubau), 1888
und 1898 ("gründliche Renovierung", u.a. Einführung der elektrischen
Beleuchtung statt der bisherigen Petroleumlampen).
Der im Obergeschoss befindliche Betraum hatte 40 Plätze für Männer, 18 für
Frauen. Das Frauenabteil befand sich etwas erhöht gegenüber dem Männerabteil.
Im Erdgeschoss befand sich ein Gemeindezimmer und das rituelle Bad.
Am 7. August 1921 wurde an der Nordseite des Betraumes durch den
Wiesbadener Rabbiner Dr. Paul Lazarus eine Gedenktafel mit den Namen der im
Ersten Weltkrieg gefallenen jüdischen Gemeindeglieder eingeweiht. Auf ihm
standen die Namen von sechs Gefallenen aus Idstein und zwei Gefallenen aus
Esch.
Letztmals wurde die Idsteiner Synagoge noch 1935 renoviert.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge
geschändet und verwüstet, das Inventar und Mobiliar zerschlagen und auf dem
Marktplatz verbrannt. Im Dezember 1938 ging das Gebäude - völlig unter Wert -
in nichtjüdischen Besitz über. Der Käufer hatte bereits im Hof eine
Schrotmühle und wollte die Synagoge zum Wohnhaus umbauen, um näher an seinem
Betrieb wohnen zu können.
Nach 1945 wurde das Gebäude als Mehrfamilienwohnhaus benutzt. Es
befindet sich seit Jahren in einem schlechten baulichen Zustand. Eine Gedenktafel
zur Erinnerung an Felix Lahnstein und die ehemalige Synagoge befindet sich an
dem alten Fachwerkhaus mit Gastwirtschaft an der Ecke der Felix-Lahnstein-Straße. Im August 2011 wurde vor dem Gebäude eine Bodentafel
angebracht (siehe Bericht unten).
Adresse/Standort der Synagoge: Felix-Lahnstein-Straße
1 (die Felix-Lahnstein-Straße ist die ehemalige "Judengasse", die 1934 in
"Hintere Borngasse" umbenannt wurde; nach 1945 Benennung nach dem
letzten jüdischen Gemeindevorsteher).
Fotos
(Quelle: Altaras s. Lit. 1988 S. 178; neuere Fotos:
Hahn, Aufnahmen vom 21.6.2016)
Das Gebäude der ehemaligen
Synagoge
im September 1985 |
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Das Gebäude der
ehemaligen Synagoge in der Felix-Lahnstein-Straße 1 im Juni
2016 |
Das
obige Foto in höherer Auflösung |
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Erinnerungen an den letzten
Gemeindevorsteher Felix Lahnstein |
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Straßenschild
"Felix-Lahnstein-Straße" |
Gedenktafel am Eingang der
Felix-Lahnstein-Straße mit
Hinweis auf die ehemalige Synagoge in der Nr. 1 |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
November 2008: Gedenkveranstaltung
zum Volkstrauertag |
Artikel von Beke Heeren-Pradt am 17.
November 2008 in der "Idsteiner Zeitung" (Artikel) Ende jüdischen Lebens in Idstein
Gedenkveranstaltung auf dem König-Adolf-Platz am Volkstrauertag
Idstein. Trauer und Gedenken - unter dieser Überschrift steht der Volkstrauertag, an dem die Geschichte der Weltkriege mit ihren millionenfachen Opfern, mit dem Leiden der Bevölkerung in allen Ländern Europas die deutsche Gegenwart einholt.
Das Jahr 2008 markiert runde Jahreszahlen des Gedenkens: 90 Jahre Ende des 1. Weltkrieges, 70 Jahre Reichspogromnacht. Bedeutende Daten, die in Idstein die Idee reifen ließen, eine besondere Veranstaltung zum Volkstrauertag vorzubereiten - und sie auch an einem besonderen Ort stattfinden zu lassen. Es war mitten auf dem König-Adolf-Platz, vor dem Rathaus der Stadt, wo sich Feuerwehr, Bläsergruppe, Vertreter von VdK und dem Bund der Vertriebenen gemeinsam mit Vertretern der Stadt und der Kirchengemeinden und einer nicht allzu großen Zahl interessierter Bürger versammelte, um der Opfer der Kriege zu gedenken, aber in diesem Jahr ganz besonders der Opfer der Reichspogromnacht, die am 9. November 1938 mit dem Brand der Synagogen, der Verwüstung und Plünderung jüdischer Geschäfte, mit der Erniedrigung und Verschleppung Tausender deutscher Juden den Anfangspunkt setzte für die spätere systematische Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung...."
A |
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November 2008: Ein früherer Idsteiner Pfarrer bemängelt
den Zustand der Idsteiner ehemaligen Synagoge |
Artikel im "Main-Rheiner - Idsteiner
Zeitung" vom 19. November 2008 (Artikel): "Ort des Gedenkens?
mu. Idstein. Zu Beginn seiner achtjährigen Tätigkeit als Gemeindepfarrer in Heftrich Mitte der siebziger Jahre war Friedrich Wilhelm Siebert, heute Pfarrer im Ruhestand, bei einem Spaziergang durch die Idsteiner Altstadt das Fehlen eines Hinweises auf die ehemalige Synagoge aufgefallen. Vor wenigen Tagen, aus Anlass des 70. Jahrestages der Reichspogromnacht im November 1938, bemängelt der evangelische Geistliche erneut den Zustand des einstigen jüdischen Gotteshauses in der Idsteiner Borngasse..." |
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März 2009:
Gedenktafel für die ehemalige Synagoge soll angebracht werden |
Artikel im "Main-Rheiner - Idsteiner
Zeitung" vom 16. März 2009 (Artikel):
Eine Gedenktafel für die Synagoge? Idsteiner SPD-Fraktion will einen Beitrag zur Erinnerungskultur leisten.
IDSTEIN (red) . Die Idsteiner SPD-Fraktion will den Magistrat beauftragen, in den Pflasterbelag vor dem Haus Felix-Lahnstein-Str. 1 in Idstein eine Gedenktafel einzulassen, die daran erinnert, dass sich an dieser Stelle bis zum Jahr 1938 eine jüdische Synagoge befand..."
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Januar 2011:
Eine Bronzetafel soll alsbald an die Synagoge
erinnern |
Artikel von Volker Stavenow im "Wiesbadener Tageblatt" vom 21.
Januar 2011 (Artikel):
"Idstein. Bronzetafel erinnert an Synagoge
IDSTEIN. GESCHICHTE Hinweis in Felix-Lahnstein-Straße
In Idstein kam es 1938 unter der Nazi-Diktatur so, wie in vielen anderen deutschen Städten auch: Die Synagoge in der Altstadt wurde am 9. November von den Nationalsozialisten zerstört, das jüdische Leben kam in Idstein zum Erliegen..." |
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April 2011:
Neue Forschungen zur Geschichte der Idsteiner
Synagoge von Christel Lenz
Bei ihren Recherchen für ein Buch der Historischen Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen ist Heimatforscherin
Christel Lentz auf interessante Details im Zusammenhang mit der Idsteiner Synagoge gestoßen. In dieser Woche beschäftigt sich die Idsteiner Zeitung in einer Serie vorrangig mit diesem Gebäude, weiteren jüdischen Einrichtungen in Idstein sowie der
'Judengasse'. |
Artikel von Christel Lentz im "Wiesbadener Tagblatt" vom 5.
April 2011 (Artikel):
"Lesefinger und Schofarhörner
IDSTEIN. ERINNERUNGEN Die Ausstattung der Idsteiner Synagoge.
Das in der ersten Folge dieser Serie erwähnte kleine Wohnhaus, in dem der jüdische Eigentümer der Gemeinde zu Kultuszwecken einen Raum zu Verfügung stellte, wurde etliche Male umgebaut. Ein bedeutender Umbau, der von der Straßenseite durch das höhere Obergeschoss ablesbar ist, erfolgte 1846/47. Das alte Obergeschoss wurde durch ein höheres ersetzt und ein neuer Dachstuhl gezimmert, die zahlreichen Räume zu einem einzigen zusammengefasst..."
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Artikel von Christel Lentz im "Wiesbadener Tagblatt" vom 6. April
2011 (Link):
"Für 60 Pfennig bronziert
IDSTEIN. ERINNERUNGEN Handwerker in der Synagoge / Gedenktafel für Gefallene 1921 eingeweiht
In den Jahren 1880, 1888, 1898 und 1902 sind durch die hier erstmals ausgewerteten Manuale des Idsteiner Maler- und Tüncherbetriebs Johann Winkler Innenarbeiten in der Synagoge nachweisbar, die einen detaillierten Überblick geben über Gestaltung und Farbgebung der verschiedenen Räume. Seither fehlte die archivalische Überlieferung für diesen Zeitraum.
Im Erdgeschoss lagen Vorplatz, Gemeindezimmer und Badezimmer mit Abort, im Obergeschoss der Betsaal.1880 wurden der Vorplatz, das Gemeindezimmer und das Badezimmer ausgebessert und an Decken und Wänden einzelne Stellen verputzt. Im Gemeindezimmer erhielten die Wände einen blauen Leimfarbanstrich, im Badezimmer wählte man gelbe und für den Vorplatz grünliche Leimfarbe. Sämtliche Decken wurden geweißt, Fenster mit Fensterfutter und Türen teils silbergrau, teils gelb mit Ölfarbe gestrichen. Weiter sind aufgeführt ein Kesseldeckel und eine Pumpe, die einen grünen Anstrich erhielt..."
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Fortsetzung zu
"neuere Forschungen..." von Christel Lenz |
Artikel von Christel Lentz" im "Wiesbadener Tagblatt" vom
7. April 2011 (Artikel):
"Die Judengasse war kein Ghetto
IDSTEIN. ERINNERUNGEN Die unterschiedlichen Namen der Felix-Lahnstein-Straße in Idstein
Die Vergabe und Benutzung von bindenden Straßennamen war in Idstein offenbar nicht zwingend notwendig: Jeder Idsteiner wusste genau, in welchem Haus wer wohnte und konnte ortsunkundigen Fremden Auskunft geben.
Die heute Felix-Lahnstein-Straße genannte Straße liegt im Stadtzentrum Idsteins und datiert in ihrem Altbaubestand aus dem 17./18. Jahrhundert. Der früheste in einer Skizze von 1721 festgehaltene Straßenname ist
'Vordere Borngasse', während der Name der östlichen Parallelstraße mit 'Hintere
Borngasse' angegeben wird. Maßgebend bei dem Zusatz 'vordere' und 'hintere' war offenbar die Entfernung zum Rathaus (vgl. die frühere Vordere und Hintere Kirchgasse)..."
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Fortsetzung zu
"neuere Forschungen..." von Christel Lenz |
Artikel von Christel Lentz im "Wiesbadener Tagblatt" vom 8.
April 2011 (Artikel):
"Steinerne Zeugen
IDSTEIN. ERINNERUNGEN Jüdische Einrichtungen in Idstein / Vom Friedhof bis zum Heim
Ursprünglich bestattete die israelitische Kultusgemeinde Idstein, zu der auch die in Esch wohnenden Juden zählten, ihre Toten auf ihrem Friedhof in Esch. 1887 konnte die Gemeinde einen Friedhof, umgeben von einer Bruchsteinmauer und ausgangs des Tiergartens an der Landstraße nach Esch gelegen, errichten. Die erste Beerdigung erfolgte Ende September 1887.
Im Jahr 1938 wurde der Friedhof verwüstet, die Grabsteine im nahen Wald verstreut. Dieser jüdische Friedhof in Idstein wurde 1942 vom Kalmenhof gekauft und 1945 an die jüdische Vermögensverwaltung zurückgegeben. Die wieder zusammengetragenen Grabsteinreste und -sockel hat man an den Innenseiten der Friedhofsmauer aufgestellt; aus weiterem Grabsteinbruch wurde ein Mahnmal errichtet..." |
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Fortsetzung zu
"neuere Forschungen..." von Christel Lenz |
Artikel von Christel Lentz im "Wiesbadener Tagblatt" vom 9.
April 2011 (Artikel):
"Gebetsrollen in Flammen
IDSTEIN. ERINNERUNGEN Das Novemberpogrom und die Zeit danach.
Am frühen Morgen des 10. November 1938 wurde die Tür der Synagoge auf Geheiß von ortsfremden SA-Männern gewaltsam geöffnet. Lokale Parteigenossen hatten sie zuvor davon überzeugen können, dass die geplante Brandstiftung in der Synagoge infolge der engen Bebauung die gesamte Altstadt in Mitleidenschaft ziehen würde.
Im Folgenden wurden sämtliche beweglichen Gegenstände des Betsaales durch die Fenster auf Hof und Straße geworfen. Eine dort versammelte größere Menschenmenge hat das Mobiliar weiter zerschlagen, Trümmer, Gebetsrollen und Bücher auf einen zweirädrigen Karren geladen, auf den nahe gelegenen Marktplatz gefahren und dort verbrannt..." |
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August 2011:
Neue Bodentafel zur Erinnerung an die Synagoge
und ihre Zerstörung |
Artikel von Volker Stavenow im
"Wiesbadener Tageblatt" vom 17. August 2011 (Artikel):
"Idstein - Erinnerung an grauenvolle Taten.
MAHNUNG Bodentafel in der Felix-Lahnstein-Straße weist auf Zerstörung der Idsteiner Synagoge hin
'Heute ist ein guter Tag, denn durch diese Tafel erinnern wir an die Opfer der Vergangenheit. Jeder dieser Menschen hatte einmal eine Geschichte und eine Zukunft. Ich jedenfalls hoffe, dass Besucher Idsteins hier stehen bleiben, diese Tafel lesen und sich so an die jüdischen Mitmenschen erinnern. Ich kann mir beim Blick in die Stadt gut vorstellen, dass die jüdischen Menschen damals gerne in Idstein gelebt
haben.'..." |
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Mai 2015:
Nachfahren der Idsteiner Familie Kahn kommen zu
Besuch nach Idstein |
Artikel von Volker Stavenow im
"Wiesbadener Tageblatt" vom 16. Mai 2015: "Idstein. Familie Kahn auf den Spuren ihrer jüdischen Vorfahren in Idstein
IDSTEIN - Für deutsche und israelische Menschen ein hochemotionaler Moment am Freitag vor dem Haus in der Rodergasse 6 in der Idsteiner Altstadt: Yoseph und Ahuva, Ehud und Yali sowie Roy Kahn begutachten dort den im Altstadtpflaster eingelassenen Stolperstein, der an ihre während der Nazizeit vertriebenen oder ermordeten Vorfahren erinnert. Begleitet werden die Nachfahren von Bürgermeister Christian Herfurth, dem Historiker Gerhard Buck, der Idsteiner Stadtarchivarin Claudia Niemann, Stadtverordnetenvorsteher Hans-Egon Baasch, SPD-Chef Marius Weiß und anderen interessierten Idsteinern.
Die Angereisten sind Sohn und Enkelsohn von Kurt Kahn. Der Bruder des im Holocaust ermordeten Julius Kahn hat nach einem Überfall durch Nazis bereits 1933 seine Heimat Idstein verlassen und war nach Palästina geflohen. Julius, Erna und die erst neunjährige Bertel Lore Kahn wurden 1942 in den Konzentrationslagern Sobibor und Majdanek ermordet. Im Haus der Rodergasse Nummer 6 lebten die Kahns. Und: Ihre Linie lässt sich über 300 Jahre in Idstein zurückverfolgen.
Aufwendige Recherchen. 'Ich bin sehr aufgeregt, mehr von meinen Ahnen hier in Idstein zu erfahren und die Stadt kennenzulernen. Ich verstehe zwar etwas Deutsch, aber ich kann es nicht gut
sprechen', sagte Yoseph Kahn, während er in den von den Idsteiner Geschichtsforschern recherchierten Stammbaum seiner Familie blickte und in den Forschungsergebnissen von Niemann und Buck blätterte, die die beiden Historiker im kleinen Büchlein
'Die Familien Kahn und Grüne-baum in Idstein – Opfer von Vertreibung und
Holocaust' niedergeschrieben haben.
'Wir waren bereits 2001 in Idstein, um unsere Familienwurzeln zu suchen und hatten den Wunsch, das Haus unserer Ahnen zu finden. Damals klappte das nicht so gut, aber jetzt haben wir Hilfe durch Sie aus Idstein. Wir freuen uns sehr, dass wie heute hier sein können. Es ist sehr schön, dass sich Ihre Stadt mit Ihren Bürgern an unsere Familie
erinnert', sagte Roy Kahn, Sohn von Yoseph und Ahuva. Sein Bruder Ehud, der mit Ehefrau Yali aus der Schweiz nach Idstein gekommen war:
'Es ist einfach wunderbar, dass Herr Buck uns über seine Forschungen informiert und uns nach Idstein eingeladen hat. Für unsere Familie ist das heute ein wichtiger
Moment.'
Seit dem 18. Jahrhundert. 'Am 15. Mai vor über 300 Jahren kam die Familie Kahn nach Idstein. Und Sie sind heute am 15. Mai 2015 zu uns nach Idstein gekommen. Es gibt also eine lange Linie Ihrer Familie in
Idstein', sagte Gerhard Buck. Durch den Besuch der Kahns werde die Geschichte der Familie greifbar.
'Sie haben mit Ihrer Familie eine lange Historie hier in Idstein, und Ihre Geschichte ist ein Teil der Idsteiner
Geschichte.'
'Sie sind jetzt zurück in der Stadt Ihrer Vorfahren. Der Krieg ist seit 70 Jahren vorüber, der Nationalsozialismus lange vorbei. Idstein hat sich seit dieser unsäglichen Zeit sehr verändert, ist eine ganz andere Stadt geworden. Sie sind uns hochwillkommen. Nach dem Krieg hat Idstein viele Flüchtlinge aufgenommen und nimmt auch heute weiter Vertriebene
auf', sagte Bürgermeister Christian Herfurth. Seine Stadt arbeite die Geschichte der jüdischen Familien in Idstein auf.
'Wir wollen dafür sorgen, dass die Schicksale der Idsteiner jüdischen Familien, die aus unserer Stadt flüchten mussten oder ermordet wurden, nicht vergessen
werden.' Herfurth machte klar, dass Idstein heute weltoffen und tolerant ist.
Die jüdischen Gäste besuchten nach einem offiziellen Empfang im Rathaus, die Ausstellung im Stadtmuseum
'Sieben Steine, sieben Leben', die über Idsteiner Juden informiert, unternahmen einen geführten Stadtrundgang und besuchten auf dem Friedhof die Gräber ihrer dort beerdigten Vorfahren."
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zum Artikel |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 407-409. |
| ders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder -
Dokumente. S. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 178-179. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 144. |
| Gerhard Buck: Die jüdischen Idsteiner, 1648-1806.
1988. Über den Autor
(2008 Träger des German Jewish History Award). |
| ders. und Abraham Frank: Die Familien Eschenheimer und
Nachmann. 2003. |
| Ute Hartter / Alfred Roth / Elsche Strauß-Wilts:
Die Reichspogromnacht 1938 in Idstein. 1988. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S.
299-302. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 362-363. |
| Werner Marzi: Judentoleranz im Territorialstaat der
Frühen Neuzeit. Judenschutz und Judenordnung in der Grafschaft Nassau -
Wiesbaden - Idstein und im Fürstentum Nassau - Usingen (= Schriften der
Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen; Bd. XVI). Wiesbaden
1999. |
| Erinnerungsblatt - erstellt im "Aktiven Museum
Spiegelgasse" Wiesbaden zur Erinnerung an die Idsteiner Familie des
Viehhändlers Max Kahn und seine Frau Bertha geb. Hamburger sowie den fünf
Kindern (pdf-Datei, interner
Link). |
| Monica Kingreen: In wenigen Minuten war alles zerstört. Die Familie Lahnstein in Idstein und die Ausschreitungen beim Novemberpogrom 1938, in: Jahrbuch Rheingau-Taunus Kreis 2013, S. 99-103. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Idstein
Hesse-Nassau. David Gruenhut was appointed district rabbi in 1709 and the Jews
opened a synagogue in 1793. Numbering 75 in 1871 and 112 (3 % of the total) in
1923, the community was affiliated with the rabbinate in Wiesbaden. On
Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue's interior was destroyed, but
most Jews had already emigrated. Jewish youngsters at the local home for
retarded children were subjected to Nazi "euthanasia" in
Hadamar.
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