In Jena bestand eine jüdische
Gemeinde bereits im Mittelalter. Nachweise für eine jüdische Ansiedlung
gibt es allerdings erst aus der Zeit nach den Verfolgungen in der Pestzeit. 1379
wird in einer Urkunde erstmals ein in der Stadt wohnhaft Jude genannt. 1430
lebten in der Stadt mindestens 15 erwachsene jüdische Männer (insgesamt etwa
100 jüdische Personen in der Stadt). Die jüdischen Familien lebten vor allem
vom Geld- und Pfandgeschäft. Von Bedeutung war nach 1411 (bis um 1425) der
Financier Isaak von Jena (bzw. Isaak der Reiche), der eine rechtliche und
soziale Sonderstellung in der Stadt genoss.
Die jüdischen Familien lebten im Bereich der 1406 erstmals genannten "Jüdengasse",
die damals die Johannis- mit der Leutragasse verband. Hier standen die Synagoge
(1431 als "Judenschule" genannt, an der Ecke der Leutragasse)
und die "Judenmühle" (1444 genannt; die Mühle war aber vermutlich
immer in christlichem Besitz). Vom jüdischen Wohngebiet des Mittelalters haben
sich keine Spuren mehr erhalten. Das gesamte Areal wurde anders strukturiert und
neu überbaut (Bereich Leutragraben 2).
Spätestens seit den antijüdischen landesherrlichen Mandaten von 1536
und 1543 lebten in Jena bis zum 19. Jahrhundert keine Juden
mehr.
Seit 1784/85 war an der Universität Jena auf Grund einer Anordnung
der Herzöge von Sachsen das Studium jüdischer Studenten möglich. Seit der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es jüdische Dozenten und Professoren an der
Friedrich-Schiller-Universität. Der erste, der als Privatdozent tätig
sein durfte, war der Historiker Dr. Jacob Caro (ab 1863, siehe
unten).
Seit 1825 war eine Niederlassung von Juden in der Stadt wiederum erlaubt.
Danach entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1880 30 jüdische Einwohner, 1890 64, 1895 85, 1900 61, 1905 145.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.) und eine Religionsschule.
Ein jüdischer Friedhof wurde in der Stadt nicht angelegt; die Toten wurden auf
auswärtigen Friedhöfen beigesetzt. Einzelne jüdische Gräber gibt es jedoch auf
dem Johannis-Friedhof (siehe unten
Pressemitteilung zur Schändung des
Grabes von Gustav Dreyspring vom Juli 2017). Die Gemeinde gehörte zum Landrabbinat
"Sachsen-Weimar-Eisenach" (Sitz in
Stadtlengsfeld, dann
Eisenach). Von
den jüdischen Vereinen sind bekannt: ein Frauenverein (1932 unter
Leitung der Frau von Direktor Eckstein, Kleine Paradiesstraße).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Albert Herz (geb.
10.11.1884 in Flamersheim, gef. 17.3.1916)
und Gefreiter Harry Korn (geb. 29.1.1894 in Eberswald, gef. 29.7.1917)
Um 1924 wurde die Höchstzahl jüdischer Einwohner mit 168 erreicht (Angaben
nach dem Handbuch der jüdischen Gemeindeverwaltung; von ca. 48.500 Einwohnern;
nach anderen Angaben gab es 1925 sogar 277 jüdische Einwohner). Der
Religionsunterricht in der Stadt der jüdischen Kinder durch Rabbiner Dr. Wiesen
aus Eisenach erteilt.
1933 lebten etwa 150 jüdische Personen in Jena (Handbuch der jüdischen
Gemeindeverwaltung; von etwa 59.000 Einwohnern). Zur jüdischen Gemeinde
("Israelitische Religionsgemeinschaft") gehörten auch vier in Kahla
und vier in Rudolstadt lebende jüdische
Personen. In
den Jahren nach 1933 ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1933 richtete sich der Boykott
schwerpunktmäßig gegen die Kaufhäuser Wohlwert (Unterm Markt 8), Behrendt
(Markt 17) und Rosewitz (Markt 23) sowie das Schuhgeschäft Bottina (Löbderstraße
6). Unter den ersten jüdischen Opfern der NS-Zeit waren Prof. Dr. Felix
Auerbach und seine Frau, die sich in der Nacht vom 25./26. Februar 1933 nach
seinem zweiten Schlaganfall und unter dem Eindruck des NS-Regimes das Leben
nahmen.
Beim Novemberpogrom 1938 soll es nach dem damaligen Bericht des
Oberstaatsanwaltes beim Landgericht Weimar, Zweigstelle Jena nicht "zu
Unruhe und Gewalttätigkeiten" gekommen sein. Jedoch wurden die noch
bestehenden jüdischen Geschäfte geschlossen sowie 18 jüdische Männer
verhaftet und in das KZ Buchenwald eingeliefert (unter den Verhafteten waren
Julian Cohn, Oskar Dallmann, Hermann, Artur und Max Friedmann, Rechtsanwalt
Walter Ledermann und Julius Wolf sowie Max Grossmann, Abteilungsleiter im JGW).
Zum 31. März 1939 mussten die letzten jüdischen Geschäfte schließen
(Darm- und Fellgroßhandlung Hermann Friedmann in der Grietgasse 25/26, Strickwarenfirma
Kahn & Co, in der heutigen Rathenaustraße 6, Schuhgeschäft Bottina in der
Löbderstraße 6). Am 15. September 1939 wurden noch 50 jüdische
Einwohner in Jena gezählt. Die meisten von ihnen wurden nun gezwungen, in
sogenannte "Judenhäuser" zu ziehen, d.h. in das Gebäude
Scheidlerstraße 3 (Haus der Familie Hermann Friedmann) und in das Gebäude
Ebertstraße 4 (Haus der Familie Josephy). 1942 wurden fast alle der noch
in Jena lebenden jüdischen Einwohner deportiert (in das Ghetto Belzyce wurden
Anfang Mai 1942 deportiert: Werner Meyerstein, Gerda Abraham, Edith und Julian
Cohn, Dr. Lise Eppenstein, Adelheid Friedmann, Max Friedmann, Irene, Elisas und
Günther Hirschowitz, Berta und Martin Kiewe sowie Martha und Alfred Walther;
eine weitere Deportation ging in
das Ghetto Theresienstadt). Ende Januar 1945 wurden noch mehrere
jüdischen Partner in sogenannter "Mischehe" nach Theresienstadt
eingewiesen.
Von den in Jena geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Gerda Abraham geb.
Benjamin (1910), Hans Arenstein (1922), Anna Auerbach geb. Silbergleit (1861),
Felix Auerbach (1856), Helene Bach (1879), Irene Behrendt geb. Friedmann (1902),
Curt Bejach (1890), Esther Malke Binder (1924), Kurt Blumenthal (1901), Gustav
Born (1896), Henriette (Jettchen) Born geb. Schwarz (1869), Klara Camnitzer geb.
Zamory (1856), Edith Cohn geb. Camnitzer (1893), Julius (Julian) Cohn (1889),
Lisbeth (Lisa) Eppenstein (1887), Käthe Feuerstein (1912), Erich Friedmann
(1912), Hermann Friedmann (1870), Klara Friedmann (1869), Max Friedmann (1876),
Karl Goymann (), Klara Griefahn geb. Hoffmann (1886 oder 1897), Max Grossmann
(1877), Siegfried Max Halberstadt (1903), N.N. Hammermann (), Anna Hammermann
geb. Urbach (), Juda Samuel Hammermann (), Lazar Heilpern (1885), Heinrich Hess
(1916), Günther Hirschowitz (1925), Frieda Hofmann geb. Plaut (1885), Salomon
Hofmann (1869), Walter Hofmann (1901), Else Holzer geb. Laboschinski (1888),
Agnes Nathalie Holzmann geb. Priebatsch (1863), Anna Rosalie Josephy geb.
Behrend (1869), Martin Kiewe (1891), Bertha Kiewe Geist geb. Anschlewitz (1890),
Lilly Levy geb. Nussbaum (1899), Else Lewin geb. Wollowitzki (1904), Gertrud
Lewinski geb. Schlesinger (1871), Toni Meyer-Steineg geb. Stern (1874), Berta
Marta Meyerstein geb. Katz (1884), Franziska Meyerstein (1910), Max Meyerstein
(1879), Werner Meyerstein (1915), Wolfgang Nussbaum (1932), Gisela (Gitty)
Reinhardt geb. Czerwinski (1891), Klara Fanny Rosenthal geb. Ellstätter (1863),
Bela Rosner (1897), Brigitte Salomon (1933), N.N. Scheinok (), Anna Scheinok
geb. Münzer (), Aron Scheinok (), Marie Schnauzer geb. Kopenhagen (1892), Erna
Klara Schrade geb. Hess (1905), Maria Stensch geb. Zamory (1863), Maria Straubel
geb. Kern (1865), Helene Urbach (), Alfred Walter (1894), Martha Walter geb.
Friedmann (1900), Louis Zamory (1871).
Am Gebäude des Westbahnhofes (Westbahnhofstraße 1) wurde 1988 eine Gedenktafel
mit folgender Inschrift enthüllt: "Zum Gedenken an unsere Jenaer
Mitbürger, die 1933-1945 rassisch verfolgt worden sind. Juden und Sinti, die
von hier aus in die faschistischen Todeslager transportiert worden sind'. Die
Tafel zeigt den Davidsstern und das Zeichen der VdN. Die Gedenktafel wurde 1990
von Unbekannten entfernt und 1992 wieder erneuert.
Ein weiterer Gedenkstein steht im Jenaer Stadtpark "Paradies"
mit einem Zitat des Baal Shem Tov: "Erinnerung ist das Geheimnis der
Erlösung".
Seit 2007 gab es mehrere Verlegungen von "Stolpersteinen" in
Jena (weitere im Mai 2008, im August 2009, Juni 2010, Juni 2011 und März 2015; insgesamt
40 "Stolpersteine").
Link zu einer Karte (pdf-Datei):
Übersicht über die in Jena verlegten "Stolpersteine".
Wikipedia-Artikel: Liste der "Stolpersteine" in Jena:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Jena
Aus Kahla sind umgekommen: Martin Abrahamsohn (geb. 1892 in Kahla, wohnte
später in Berlin), Flora Cohn geb. Hirschfeld (1877), Hermann (Hirsch) Hellmann
(1897), Adolf Jakobsthal (1878), Clothilde Jacobsthal geb. Schoenthal (1884,
starb 1942 nach Aufforderung zur Deportation), Herbert Jakobsthal.
Am 17. September 2016 wurden in Kahla "Stolpersteine" verlegt: in der
Rudolf-Breitscheidt-Straße 16 für Flora Cohn geb. Hirschfeld und für Erna Tittel
geb. Cohn (1903, überlebte Theresienstadt); in der Roßstraße 28 für Adolf
Jacobsthal, Lotte Jacobsthal (1939 emigriert nach Schweden) und Clothilde
Jacobsthal. Wikipedia-Artikel:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Kahla.
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Die in Jena lebenden jüdischen Personen wollen die
Gottesdienste an den hohen Feiertagen gemeinsamen mit den Glaubensgenossen in
Weimer und Apolda abhalten (1899)
Artikel in "Der Israelit" vom 31. August 1899: "Weimar.
Auch in diesem Jahre beabsichtigen einzelne der in den Orten
Weimar,
Apolda, Jena seßhaften Israeliten sich behufs Veranstaltung von
Gottesdienst an den hohen Feiertagen zu vereinigen. - Die geplante
Begründung einer israelitischen Religionsgemeinde in Ilmenau ist wegen Bedenken
seitens der Großherzoglichen Staatsministeriums nicht zustande gekommen."
Gründung einer Ortsgruppe des "Central-Vereins"
in Jena und Apolda (1932)
Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 28.
Oktober 1932: "Neue Ortsgruppen im Landesverband Mitteldeutschland.
Die
Organisation des Landesverbandes Mitteldeutschland, mit dessen Betreuung der
stellvertretende Syndikus des Centralvereins, Arthur Schweriner, beauftragt
wurde, hat zu einer erfreulichen Wiederbelebung der Arbeit in den
Ortsgruppen geführt. Im Monat Oktober wurden 15 Ortsgruppenversammlungen
abgehalten, in denen mit dem Syndikus teilweise auch der Vorsitzende des
Landesverbandes, Rabbiner Dr. Felix Goldmann(vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Felix_Goldmann), sprach. In Magdeburg war es
möglich, eine Reihe neuer Mitglieder zu werben, ebenso in
Gotha, Suhl,
Mühlhausen und Jena. Auch die Versammlungen in
Bleicherode,
Nordhausen und
Zerbst waren ausgezeichnet besucht, nur der Besuch der Veranstaltung in
Eisenach litt unter einem orkanartigen Sturm, der über ganz
Mitteldeutschland tobte. In Jena wurde eine neue Ortsgruppe Jena - Apolda
gegründet, in der Arthur Friedmann als erster Vorsitzender, Alfred Rosewitz
als Schriftführer und Kassierer und Max Friedmann (Jena) und
Storsch (Apolda) zu Beisitzenden gewählt wurden."
Sonstiges aus jüdischen Periodika Dr. Jacob Caro kann sich als Privatdozent der
Geschichte an der Universität Jena betätigen (1863) Anmerkung: Dr. Jacob Caro (geb. 1835 in Gnesen, gest. 1904 in Breslau)
entstammte einer alten Rabbinerfamilie. Caro studierte in Berlin und Leipzig
Geschichte und Philosophie. Nach seiner Zulassung an der Universität Jena als
Privatdozent für Geschichte (siehe Mitteilung) blieb er an der Universität bis
1869, als er an die Universität Breslau gerufen wurde. Hier war er zunächst
Honorarprofessor, ab 1876 außerordentlicher Professor für Geschichte in
Breslau. In der Folgezeit war er zeitweise Rektor der Universität
Breslau.
Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Jacob_Caro
.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 10. November 1863: "Jena, 27. Oktober (1863). Der Dr.
philos. Caro in Leipzig, ein Israelit, welcher vor kurzem, wie bereits
öffentliche Blätter mitgeteilt haben, auf sein Gesuch um Erlaubnis zur
Habilitation auf der hiesigen Universität als Privat-Dozent der
Geschichte abschlägig beschieden worden, hat jetzt sein Gesuch erneuert
und hat nunmehr diese Erlaubnis, jedoch mit einiger Beschränkung,
erhalten. Dr. Caro ist der erste Israelit, welchem die Erlaubnis erteilt
worden ist, sich als Privat-Dozent hier niederzulassen."
Ehrendoktorwürde für Rabbiner Dr. Wiener von der
Universität Jena (1892) Anmerkung: es handelt sich um Rabbiner Dr. Adolph (Aron) Meyer Wiener
(geb. 2. Februar 1812 in Murowana Goślina / Provinz Posen, gest. 25. August
1895 in Opole (Oppeln): studierte an Talmudhochschulen in Leszno (Lissa) und
Posten, 1835 bis 1839 an der Berliner Universität, 1845 Rabbiner in Zielona
Góra (Grünberg, Schlesien), 1848 in Kościan (Kosten), 1853 in Opole (Oppeln).
War liberal eingestellt; Großvater von Rabbiner Dr. Max Wiener
(1882-1950).
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. August
1892: "Jena, 27. Juli (1892). Die Universität Jena hat den Rabbiner
Dr. Wiener in Oppeln unter dem 25. Juli dieses Jahres in Erinnerung an
den Tag, an dem er vor 50 Jahren in Jena promoviert wurde, das Diplom als
Ehrendoktor verliehen mit der Begründung: Apud Opolienses Per Plus
Quam Octo Lustra Rabbino Ob Doctrinam Suam Et Humanitatem Civibus Suis
Carissimo. Mit ähnlicher Motivierung hatte die Stadt Oppeln Herrn Dr.
Wiener am Anfange dieses Jahres zur Feier seines 81. Geburtstages zum
Ehrenbürger ernannt."
Antisemitisches aus dem "medizinischen
Verein" in Jena (1897)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 12. Februar 1897: "Weißenfels,
7. Februar (1896). Nach der endgültigen Feststellung der Volkszählung
vom 1. Dezember 1895 wohnen in der Provinz Sachsen unter 2.698.549
Einwohnern 7.850 Juden, und zwar im Regierungsbezirk Magdeburg 4.066,
Merseburg 1.808 und Erfurt 1.976. Für die größeren Städte über 20.000
Einwohner stellt sich die Zahl der Juden folgendermaßen: Magdeburg unter
215.000 Einwohner - 2006 Juden, Halle 116.000 Einwohner - 1.046 Juden, Erfurt
80.000 Einwohner - 768 Juden, Halberstadt 42.000 Einwohner - 780 Juden, Mühlhausen
30.000 Einwohner - 220 Juden, Nordhausen
27.500 Einwohner - 489 Juden, Weißenfels
26.000 Einwohner - 90 Juden, Zeitz 25.000 Einwohner - 44 Juden,
Aschersleben 24.000 Einwohner - 157 Juden, Eisleben 23.000 Einwohner - 130
Juden, Quedlinburg 22.000 Einwohner - 89 Juden, Naumburg 21.000 Einwohner
- 16 Juden, Stendal 21.000 Einwohner - 100 Juden. - Der medizinische
Verein in Jena hatte am schwarzen Brett seine Statuten angeschlagen,
in denen der Passus enthalten war: 'Wir nehmen nicht auf Angehörige der
mosaischen Religion.' Der derzeitige Prorektor, Professor Dr. Linck, ließ
den Anschlag abnehmen. Nunmehr schlug der medizinische Verein an: 'Wir
nehmen auf christliche Studenten deutscher Nation'. Auch dieser Anschlag
wurde entfernt. Auf eingelegte Beschwerde des medizinischen Vereins an das
Staatsministeriums wurde er von diesem an den akademischen Senat
verwiesen. Dieser erklärt sich für unzuständig, im übrigen aber mit
den Maßnahmen des Prorektors einverstanden. Der medizinische Verein will
sich jetzt beschwerend an das Staatsministerium
wenden."
Darf es Verbindungen geben, in denen nur Studenten
derselben Konfession aufgenommen werden? (1904)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 11. April 1904: "Jena, im April (1904). Der Beschluss des
Universitätssenats in Sachen des bekannten Studentenkonfliktes, ist von
vielen Blättern in missverständlicher Form gemeldet worden. Der Anschlag
am schwarzen Brett lautet: 'Studentische Verbindungen, welche wesentlich
religiös-konfessionelle Zwecke verfolgen, sowie solche, welche als
Mitglied statutenmäßig ausschließlich Angehörige einer Konfession
aufnehmen, dürfen keine Farben tragen.' Wie verlautet, wird die
katholische Studentenverbindung 'Sugambria' Beschwerde bei den Regierungen
der Erhalterstaaten einreichen, die jedoch kaum Erfolg haben
dürfte.
Wie sich demnach nun herausstellt, was das Verbot nicht gegen eine
israelitische, sondern gegen eine katholische Verbindung gerichtet. Nichts
desto weniger verhindert es durch seinen allgemeinen Charakter auch die
Entstehung einer jüdischen Verbindung, falls in dem vorwiegend von
Protestanten besuchten Jena jemals eine solche zustande kommen
sollte."
Bericht über den 23. Delegiertentag der deutschen Zionisten in Jena
(1930)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 3. Januar 1930: Zum Lesen bitte Textabbildungen anklicken
Anstellung von Dr. Günther als "Professor für
Rassenkunde" an der Universität Jena und Proteste dagegen (1930)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 22. Mai 1930: "In der Thüringischen Universität Jena
ist der Lehrstuhl für Rassenkunde beschlossen, den der
antisemitische Professor Dr. Günther einnehmen wird. Der Lehrstuhl
geht zunächst unter dem Namen 'Soziale Anthropologie'."
Artikel in der Zeitschrift "Der
Israelit" vom 5. Juni 1930: "Jena. Rektor und Senat
der thüringischen Landesuniversität haben gegen die Berufung Dr. Hans
Günthers zum ordentlichen Professor der
mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät durch das
Volksbildungsministerium einstimmig Protest eingelegt."
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26.
Juni 1930: "Eisenach. Wie Rechtsanwalt Dr. Bluth, Eisenach,
auf der Kundgebung des Zentral-Vereins deutscher Staatsangehöriger
jüdischen Glaubens mitteilte, ist die Anstellung Dr. Günthers als
Professor für Rassenkunde an der Universität Jena erfolgt. Dr. Frick
hat in Verhandlungen mit den Vertretern der in ihrer großen Mehrheit
rechtsgerichteten Dozentenschaft eine Einigung hierüber
erzielt."
Im Mittelalter war eine Synagoge vorhanden
("Judenschule", 1431 genannt). Sie stand an der Ecke der Leutragasse.
Die Gemeinde des 19./20. Jahrhunderts richtete Beträume ein. 1899
veranstalteten die jüdischen Einwohner Jenas Gottesdienste zu den hohen
Feiertagen gemeinsam mit den jüdischen Einwohnern in
Erfurt, Apolda
und Weimar (siehe Bericht oben).
Zeitweise
befand sich ein Betsaal im Haus Scheidlerstraße 3 (Haus der Familie Hermann
Friedmann) sowie vermutlich in der Friedrich-Engels-Straße 52 (früher
Schützenstraße 52).
Im Haus der Familie Hermann
Friedmann
befand sich zeitweise ein Betsaal
"Stolpersteine" für
Alfred Walter (1894)
und Martha Walter geb. Friedmann (1900)
Haus der Familie
Grossmann
Das
"Max Grossmann-Haus" (Forstweg 31), errichtet 1905 als Wohnhaus
der Familie
Grossmann;
1938 ist Dipl-Ing. Max Grossmann im KZ Buchenwald umgekommen;
1964 schenkten die Söhne das Gebäude der Carl-Zeiss-Stiftung in Jena.
"Stolperstein" für
Max Grossmann
(1877-1938 KZ Buchenwald)
Exemplarisch: weiterer
"Stolperstein"
"Stolperstein" für
Agnes Holzman
geb. Priebatsch (1863) (Forstweg 23)
Gedenken am
Westbahnhof
Der Westbahnhof
Die am
Ausgang von Gleis 1 angebrachte Gedenktafel mit der Inschrift:
"1933-1945.
Zum Gedenken an unsere Jenaer Mitbürger, die rassisch verfolgten Juden,
Roma und Sinti,
die von hier aus in die faschistischen Todeslager deportiert wurden."
Juni 2010:
Über die vierte
Verlegung von "Stolpersteinen"
in Jena
Artikel von Thomas Stridde in der "Thüringer Landeszeitung" vom
3. Juni 2010 (Artikel):
"Vier weitere "Stolpersteine" für ehemalige jüdische Mitbürger Das Leid, das der Nationalsozialismus über die Menschen gebracht hat, war auch dergestalt, dass Familien "die Erinnerung an den Schrecken unterdrückt haben". - Dies äußerte Cornelius Wandersleb als Gast der feierlichen Setzung von vier "Stolpersteinen" in Erinnerung an jüdische Jenaer Mitbürger. Jena. Cornelius Wandersleb aus Schorndorf bei Stuttgart ist Großneffe der Studienrätin Dr. Lisa Eppenstein. Auch vor ihrer letzten Wohnstätte, dem Haus Schaefferstraße 14, hat gestern der Kölner Künstler Gunter Demnig einen der "Stolpersteine" samt Metallplatte für den Namen und die Lebensdaten gesetzt. 65 Jahre fällig. Lisa Eppenstein hatte nach der Zwangsschließung ihrer Berliner Schule bei ihrer Schwester Emmy Wandersleb in Jena Zuflucht gefunden, wurde als Jüdin im Mai 1942 ins KZ Belzyce deportiert und dort im Oktober gleichen Jahres ermordet. Eine Geschichte, die Schülerinnen und Schülern der Staatlichen Berufsschule für Gesundheit und Soziales ("Mefa") gestern den Gästen der Veranstaltung detailreich darlegten.
"Eine Frau, die etwas gewagt hatte", so berichtete Cornelius Wandersleb über seine Großtante. Sie habe in Berlin mit einer Frau zusammengelebt, sich politisch in die Schulreform eingemischt, sei deswegen versetzt und auf Elternproteste hin zurück beordert worden. Aber ob Emmys schlimme NS-Erfahrung sie überlebte das KZ Theresienstadt oder Lisas Tod: "In der Familie wurde darüber nicht gesprochen. Wir Kinder hatten dann angefangen zu fragen", sagte Cornelius Wandersleb. Allein eine nach Schweden ausgewanderte Tante habe die Materialien gegen den Willen ihrer Geschwister gesammelt. Tiefe Genugtuung also gestern für Cornelius Wandersleb: "Endlich ist dieser Stein gesetzt, was 65 Jahre fällig war", möge man sich auch nichts vormachen und im Klaren sein, dass "bestimmte Leute nicht drüber stolpern". Aber: "Tante Lisa freut sich auch."
Bürgermeister Frank Schenker (CDU) richtete namens der Stadt seinen Dank an den Arbeitskreis Judentum für dessen "Kultur des Erinnerns an ehemalige jüdische Mitbürger". Schließlich hat der Arbeitskreis seit 2007 zum vierten Male (TLZ, 27. Mai) den Kölner Künstler Gunter Demnig nach Jena geholt, der in unserer Stadt nunmehr 27 und bundesweit in 500 Orten 24 000 "Stolpersteine" gesetzt hat. Schenker zitierte aus dem Arbeitskreis-Programmblatt diesen Talmud-Gedanken: "Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist." Mit "Stolpersteinen" vorm Vergessen bewahrt wurden gestern auch Marie Kern (Botzstraße 10), Henriette und Gustav Born (Mittelstraße 36) und Clara Fanny Rosenthal (Mälzerstraße 11)."
Juni 2011:
Über die fünfte Verlegung von
"Stolpersteinen" in Jena
Pressemitteilung aus der Website der Stadt
Jena vom 18. Juni 2011 (Artikel):
"Sechs neue Stolpersteine in Jena gesetzt. Erinnerung an die jüdischen Bürger Bertha und Martin Kiewe, Max Grossmann, Gitta Reinhardt sowie Martha und Alfred Walter
'Man wollte die Namen der jüdischen Bürger auslöschen – dem setzen wir etwas
entgegen', sagte Oberbürgermeister Dr. Albrecht Schröter bei der 5. Setzung von Stolpersteinen in Jena am Samstag, 18. Juni. Mit den Stolpersteinen soll erinnert werden an die jüdischen Bürger, die von den Nationalsozialisten deportiert und ermordet worden sind. Am Samstag Nachmittag waren viele Mitglieder des Arbeitskreises Judentum, des Aktionsnetzwerks gegen Rechtsextremismus und interessierte Bürger gekommen, um dabei zu sein, als der Kölner Bildhauer Gunter Demnig insgesamt sechs weitere Stolpersteine in Jena setzte.
Man muss knien, um die Stolpersteine zum Gedenken an die Toten zu setzen.
(Foto: Glasser) Ein Mensch ist vergessen, wenn sein Name vergessen ist. Und nun wird wieder an sechs Namen erinnert von Menschen, die einst in Jena gelebt haben: Bertha und Martin Kiewe, Max Grossmann, Martha und Alfred Walter, Gitta Reinhardt. Zum Stolperstein-Setzen für Gitta Reinhardt, die 1943 in Auschwitz umgebracht worden ist, war ihre Enkelin Felicitas Zwalf aus Australien angereist.
'Das Setzen der Steine ist immer ein Sinnbild für Bleibendes, der Stein gehört in der Trauerkultur des jüdischen Volkes zu den
Erinnerungssymbolen', sagte Dr. Albrecht Schröter. Dazu komme die Geste des Künstlers Gunter Demnig. Denn man müsse niederknien, um die Steine zu setzen. Dieses Knien sei ein ehrendes Gedenken für die Ermordeten.
Den Stolperstein für Bertha Kiewe, die in dem kleinen polnischen Ort Belzyce ums Leben kam, stiftete das Aktionsnetzwerk gegen Rechtsextremismus.
'Das soll eine Mahnung sein und eine Aufforderung, nicht wegzuschauen, wenn heute wieder Neonazis marschieren und ihre Geschichtslügen verbreiten
wollen', sagte Dr. Gisela Horn vom Aktionsnetzwerk. Zivilcourage sei nötig, um sich den Neonazis entgegenzustellen und ihnen keinen Fuß breit Platz zu lassen."
Mai 2012:
Erinnerung an die Deportationen der Juden aus
Jena vor 70 Jahren
Artikel von Frank Döbert in der
"Ostthüringer Zeitung" vom 10. Mai 2012: "Vor 70 Jahren
wurden jüdische Bürger auch aus Jena deportiert..." Link
zum Artikel
Januar 2015: Die
Stolpersteine vor dem Haus Lutherstraße 9 werden wieder
eingesetzt
Artikel von Frank Döbert in der
"Ostthüringer Zeitung" vom 14. Januar 2015: "Stolpersteine werden wieder eingesetzt in Lutherstraße Jena
Die Stolpersteine, die vor der Lutherstraße 9 an die jüdische Familie Hofmann erinnerten, sind nicht verloren gegangen. Fotos und Dokumente gesucht. Jena. In der Lutherstraße sind im sanierten Abschnitt nicht nur die Straße, sondern auch die Fußwege neu. Doch etwas fehlt, stellte ein nicht genannt sein wollender OTZ-Leser fest: Es sind die Stolpersteine für die jüdischen Bürger Frieda und Salomon Hofmann, die seit 1902 in der Lutherstraße 9 wohnten.
Der Leser fragte natürlich erst sich und dann die OTZ, wo diese denn geblieben seien.
Das war relativ schnell beim Kommunalservice Jena, der Auftraggeber der Baumaßnahmen ist, zu ermitteln. Steffen Schulz, als Abteilungsleiter Bau- & Qualitätsmanagement zuständig für die Baudurchführung, gab sogleich Entwarnung: Die zwei Messingwürfel waren vor der Sanierung geborgen worden, sind bei KSJ verwahrt und sollten im Zuge der Fertigstellung der Fußwege eingebaut werden. Eigentlich. Warum dies nicht erfolgte, sei noch unklar. Die (in der Winterpause befindliche) Baufirma soll dies nun möglichst zeitnah nachholen.
Ein passender Zieltermin könnte der 27. Januar sein - der Internationale Holocaust-Gedenktag. An diesem Tag findet im Rathaus eine Gedenkveranstaltung statt, zu der eine Reihe von Angehörigen ehemals jüdischer Bürger Jenas erwartet werden. In der Veranstaltung wird zudem ein neues Buch vorgestellt, das jüdischen Lebenswegen in Jena gewidmet ist. In mehrjähriger Forschungsarbeit haben die Herausgeber vom Stadtarchiv Jena, unterstützt von 25 Beiträgen, eine Vielzahl neuer Erkenntnisse zusammentragen können. Aus rund 200 Namen jüdischer Bürger, die 1996 bekannt waren, sind so etwa 1500, meist aus dem 19. und 20. Jahrhundert, geworden. Davon sind im Buch 148 Familien versammelt, zu denen Biogramme erarbeitet werden konnten.
Trotz intensivster Recherchen (so wurden deutschlandweit 300 Stadtarchive angeschrieben und um Auskunft über Jenaer Juden gebeten) konnten nicht zu allen Personen erschöpfende Daten aufgefunden werden.
So auch zu Frieda und Salomon Hofmann. Zwar weiß man, dass sie aus Schmalkalden und Mansfeld stammten, seit 1902 in Jena wohnten, hier eine Grundstücksagentur und einen Tabakwarengroßhandel betrieben und am 20. September 1942 nach Theresienstadt deportiert wurden. Nach Angaben ihrer 1940 in die USA emigrierten Tochter Paula, die noch vergeblich versucht hatte, ihre Eltern aus Deutschland herauszuholen, wurden sie 1944, wohl am 28. Oktober, nach Auschwitz deportiert. Das genaue Todesdatum ist unbekannt; von den Hofmanns existieren keine Fotografien.
OTZ-Leser, die Angaben oder Fotos beisteuern könnten, möchten sich an die Redaktion oder das Stadtarchiv wenden." Link
zum Artikel
März 2015:Verlegung von weiteren sechs
"Stolpersteinen"
Artikel in der "Ostthüringer
Zeitung" vom 20. März 2015: "Schicksal für sechs neue
Stolpersteine in Jena erforscht..." Link
zum Artikel
Beitrag mit Video in jena.tv vom 19. März 2015: "Steine im Pflaster:
Sechs neue Stolpersteine erinnern an ermordete Juden aus Jena.
In Jena wurde heute nicht nur an die Bombenangriffe vor 70 Jahren erinnert,
bei denen 700 Einwohner ums Leben kamen und mehr als 2000 Menschen verletzt
wurden. Auch den im zweiten Weltkrieg verschleppten und ermordetet Juden
wurde heute in der Saalestadt gedacht. In Erinnerung an ihre tragischen
Einzelschicksale wurden heute sechs neue Stolpersteine gesetzt.
Link zum Artikel/Video
Anmerkung: Stolpersteine wurden verlegt: Forstweg
25 für Heinrich Hess; Scheidlerstraße 19 für Elsbeth Herschkowitsch, verh. Danziger, Hans Danziger, Harry Mordechai Danziger, Evelijn Esther Danziger
und Hufelandweg 1 für Irene Behrendt.
Artikel in "Thüringen24.de" vom 19. Juli
2017: "Friedhof in Jena: Jüdisches Grab geschändet
Jena. Auf dem Johannisfriedhof in Jena ist das jüdische Grab von Gustav
Dreyspring geschändet worden. Das teilte die Polizei am Mittwoch mit.
Unbekannte besprühten demnach die Grabplatte zunächst mit einem
Schaumfeuerlöscher, welcher am Tatort zurückgelassen wurde. Außerdem wurden
Glasscherben auf dem Grab verteilt und ein abgebrochener Flaschenhals auf
einen eingravierten Davidstern gelegt. Ein Mitarbeiter des Stadtkirchenamtes
Jena entdeckte das geschändete Grab am Dienstagmittag. Hinweise nimmt die
Polizei in Jena unter der Telefonnummer (03641) 810 entgegen."
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November 2017/2018:
Gedenken an den "Stolpersteinen"
in Kahla
Anmerkung: Die "Stolpersteine" wurden am 17. September 2016 verlegt (siehe
oben).
Gedenken auch am 9. November 2018 -
Einladung zur Veranstaltung in "demokratieladen.com": "9. November | 2.
Stolpersteinaktion in Kahla
Kein Verblassen – Kein Vergessen! | Kahla, 9. November 2018, 10:00-12:00 |
Treffpunkt vor dem Rathaus, 10 Uhr
Zum 80. Jahrestag der Reichspogromnacht laden wir die Kahlaer Bürger*innen
unter dem Motto 'Kein Verblassen – Kein Vergessen' zu einer
Stolpersteinaktion am 9. November in Kahla ein. Wir, das sind der
Demokratieladen Kahla und der Geschichts- und Forschungsverein Walpersberg
e.V. gemeinsam mit der Heimbürgeschule und dem Gymnasium 'Leuchtenburg'.
Wir wollen gemeinsam mit euch und Ihnen der verfolgten Kahlaer Bürger*innen
gedenken und an die Umstände des 80. Jahrestages der Pogromnacht erinnern.
In der Gedenkstunde reinigen Schüler*innen die Stolpersteine und wir
berichten aus dem Leben der verfolgten Kahlaer Jüd*innen. Diese Aktion
begleiten die Schüler*innen der Regelschule 'Heimbürgeschule' und des
Gymnasiums 'Leuchtenburg' mit Musik und Gedichten. Wir sehen uns am 9.
November 2018 10 Uhr vor dem Rathaus!"
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November 2018:
Podiumsdiskussion in der Villa
Rosenthal über den Rechtswissenschaftler Eduard Rosenthal
Pressemitteilung der
Friedrich-Schiller-Universität Jena vom 19. November 2018: "Hommage an
einen fast Vergessenen. Podiumsdiskussion in der Reihe 'Artist Talk' am 21.
November zur Erinnerungskultur
In der Mälzerstraße 11 in Jena ist ein Stolperstein ins Pflaster
eingebettet. Wer sich bückt, kann auf der 96 mal 96 Millimeter großen
Messingtafel lesen: 'Hier wohnte Clara Fanny Rosenthal, Geb. Ellstaetter,
Jg. 1863, gedemütigt / entrechtet, Flucht in den Tod, 11.11.41'. Mit
Stolpersteinen, nachhaltigen Formen der Erinnerung an die Opfer
nationalsozialistischer Gewaltherrschaft, und damit verbundenen
Schwierigkeiten und Kritikpunkte wird sich die Podiumsdiskussion 'Hommage an
einen fast Vergessenen. Eduard Rosenthal. Demokrat – Menschenfreund –
Verfassungsvater' beschäftigen. Sie findet am Mittwoch, 21. November, 19.30
Uhr in der Villa Rosenthal in Jena statt. Den Impulsvortrag hält Prof. Dr.
Verena Krieger, Lehrstuhlinhaberin für Kunstgeschichte der Universität Jena
und Kuratorin des Wettbewerbs um den Botho-Graef-Kunstpreis. Es diskutieren
Anna Warda (Stolpersteinprojekt), Stefanie Endlich (Professorin für Kunst im
öffentlichen Raum an der Universität der Künste Berlin), Constanze Mann
(Leiterin Stadtarchiv Jena) und Reinhard Schramm (Vorsitzender der Jüdischen
Landesgemeinde Thüringen). Das Gespräch in der Villa Rosenthal moderiert
Jonas Zipf. Stolpersteine sind das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Den
Stolperstein für Clara Rosenthal hatte der Künstler Gunter Demnig im Sommer
2010 in Jena vor der Villa Rosenthal gesetzt. Wie hier liegen Demnings
kleine Gedenktafeln meist im Pflaster vor Wohnhäusern und erinnern an die
Bewohner, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet,
deportiert, vertrieben oder, wie die 78-jährige Clara Rosenthal, in den
Suizid getrieben wurden. Dieses Jahr im Oktober verlegte Gunter Demnig in
Frankfurt am Main den 70.000sten Stein. Seine Stolpersteine, heute in 23
europäischen Ländern zu finden, sind das größte dezentrale Mahnmal der Welt.
Für Claras Mann, den Jenaer Rechtswissenschaftler Eduard Rosenthal, gibt es
keinen Stolperstein. Der zweimalige Rektor der Universität Jena und Vater
der Thüringer Landesverfassung starb hochgeachtet 1926 in Jena. Unter
nationalsozialistischer Herrschaft aber wurde die Würdigung Eduard
Rosenthals aufgrund seiner jüdischen Herkunft und seiner demokratischen
Gesinnung unterbunden, seither ist sein Bildnis aus der Sammlung von
Gelehrtenporträts der Universität Jena verschwunden. Rosenthals vielfältiges
Engagement hinterließ Spuren, die bis in die Gegenwart reichen. Doch nur an
wenigen Stellen in Thüringen wird an seine zahlreichen Verdienste erinnert,
heißt es in der Ausschreibung zum Botho-Graef-Kunstpreis 2018. Die Stadt
Jena lobt seit 1992 alle drei Jahre den mit 5.000 Euro dotierten Preis für
zeitgenössische Bildende Kunst aus. In Kooperation mit der
Friedrich-Schiller-Universität und unterstützt vom Land Thüringen wurde in
diesem Jahr unter dem Thema 'Das verschwundene Bildnis – Ehre für Eduard
Rosenthal' ein Wettbewerb für ein dezentrales Denkmal ausgeschrieben, zu dem
sieben Künstlerinnen, Künstler und Künstler-Paare eingeladen wurden. Es soll
dabei kein Denkmal im traditionellen Sinne entstehen, sondern ein Werk auf
der Höhe zeitgenössischer Kunst und Erinnerungskultur, das die Geschichte in
ihrer Komplexität und Unabgeschlossenheit erfahrbar macht. Die Einweihung
des Denkmals ist für den 100. Jahrestag der Verabschiedung der Thüringer
Landesverfassung im Jahr 2020 geplant. Termin Podiumsdiskussion: Mittwoch,
21. November, 19.30 Uhr, Villa Rosenthal, Mälzerstr. 11 in Jena."
Link zur Pressemitteilung
November 2019:
Gedenken an den Novemberpogrom
1938
Artikel in mdr.de (MDR Thüringen) vom 10.
November 2019: " Gedenken an Reichspogromnacht Was es mit "Klang der
Stolpersteine" in Jena auf sich hat
Zum dritten Mal findet in Jena die Aktion 'Klang der Stolpersteine' statt.
Bürger der Stadt versammeln sich demonstrativ an vielen Plätzen, um zu
musizieren und an die jüdischen NS-Opfer aus der Stadt zu erinnern.
Der geschichtsbeladene 9. November: ein Schicksalstag der Deutschen. Er
steht nicht nur für den Mauerfall vor 30 Jahren. Er markiert das Ende des
verheerenden Ersten Weltkriegs - am 9. November 1918 wurde in Deutschland
die Republik ausgerufen. Und es war die Nacht vom 9. auf den 10. November
1938, als überall in Deutschland Synagogen, unzählige jüdische Geschäfte und
Wohnhäuser brannten oder verwüstet wurden. Tausende Juden wurden danach in
Konzentrationslager verschleppt. In Jena wird daran mit dem Kunstprojekt
'Klang der Stolpersteine' erinnert.
Drei Jenaer - ein Physiker, ein Musiker und ein Frührentner - ergriffen die
Initiative, entwickelten einen Plan. Die Idee dazu kam ihnen am 9. November
2016, als Neonazis mit Fackeln durch die Jenaer Innenstadt zogen. Sie
standen auf den Stufen der Stadtkirche, sahen das Unbegreifliche, erinnert
sich Till Noack. Das sollte nie wieder möglich sein, waren sie sich einig,
so der ehemalige Geschäftsführer der Stadtwerke Jena. Demonstrationen an 21 Stellen in Jena. Für den 9. November 2017
meldeten sie für alle 21 Stellen in Jena Demonstrationen an, an denen die
sogenannten Stolpersteine ins Pflaster eingelassen sind. Auch auf dem Markt
und dem Kirchplatz. Kein Platz mehr für Aufmärsche der Ewiggestrigen.
Stattdessen putzten Schüler die kleinen Messingtafeln auf den Stolpersteinen
- mit den Namen der jüdischen Mitbürger, die einst in den Häusern lebten.
Sie schmückten sie mit Blumen und Kerzen. Mit einbrechender Dunkelheit
spielten dort Musiker, versammelten sich Menschen zum Gedenken. Im
vergangenen Jahr wurde das Projekt 'Klang der Stolpersteine' noch größer.
Noch mehr Kurzkonzerte mit noch mehr Musikern, weit über 100. Und jeder Ort
ein anderer Klang. Bläsergruppen, Streicher, Jazzbands, Straßenmusiker und
A-Capella-Gesang. In der Saalstraße, wo fünf Stolpersteine an das Schicksal
der Familien Zamory und Camnitzer erinnern, sang der Otto-Schott-Chor, vor
der Stadtkirche spielte der Posaunenchor der evangelischen Gemeinde.
Nach den halbstündigen Minikonzerten überall in der Stadt trafen sich alle
19 Uhr am Westbahnhof zur traditionellen Gedenkveranstaltung. Eine Tafel an
der Bahnhofsfassade kündet davon, was auf die November-Pogrome von 1938
folgte - die Deportation von Jenaer Juden, Sinti und Roma in die
Vernichtungslager. Hunderte Menschen stimmten ein in das bekannte jüdische
Lied 'Dos Kelbl', sangen vom Kälbchen, das sich nicht dagegen wehren kann,
zur Schlachtbank geführt zu werden. Dritte Auflage mit weit über 200 Beteiligten. Nun die dritte Auflage
des Kunstprojektes. Von einem 'Riesending' spricht Till Noack, mit vielen
großartigen Aktionen, Ideen und Mitstreitern. Weit über 200 Beteiligte sind
es, die am Samstag ab 17.45 Uhr mit Kurzkonzerten und kleinen Aufführungen
an 42 Orten fast im gesamten Stadtgebiet auftreten.
Natürlich, so Noack, gehe es wieder darum, sich vor den jüdischen Opfern zu
verneigen, Gedenkorte zu besetzen und Stellung zu beziehen - für
Menschlichkeit, Toleranz und Respekt. Gerade nach dem Anschlag auf die
Synagoge in Halle und dem Wahlausgang in Thüringen sei dieses politische
Statement besonders wichtig.
Das sieht auch Philipp Schäffler so, Musiklehrer am Christlichen Gymnasium.
Mit 50 Schülern, zwei achten Klassen, ist er diesmal dabei. Alle, erzählt
er, sind irgendwann schon mal gestolpert über die Stolpersteine, aber was
sie bedeuten, welche Geschichten sich dahinter verbergen, wussten die
wenigsten. Auch die Stele unweit des Saalbahnhofs, die an das einstige
Außenlager des KZ Buchenwald erinnert, kannte kaum jemand. Dort werden die
Schüler auftreten mit ihrem Programm über die jüdische Komponistin Ilse
Weber, die sich der Musik für Kinder widmete und in Auschwitz ermordet
wurde. Auch andere Jugendgruppen bereiten sich seit Wochen vor, wie der
Jugendtheaterclub 'Teenpark', der Kinder- und Jugendzirkus Momolo oder die
Freie Bühne Jena. Letztere wird in einem 'Walkact' in Zeitlupe vom Holzmarkt
zum Westbahnhof gehen, um den 'letzten Weg' zu symbolisieren. Der
Westbahnhof wird auch in diesem Jahr wieder Zielpunkt aller Beteiligten
sein. 19 Uhr beginnt dort die große Gedenkveranstaltung der Stadt und des
Arbeitskreises Judentum. Alles ist getragen allein von bürgerschaftlichem
Engagement. Dafür, sagt Till Noack, liebe er diese Stadt, dass so etwas hier
möglich sei. Über Nachahmer andernorts würde er sich freuen."
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Seit Dezember 2011:
Onlineplattform zum jüdischen Leben in Thüringen
Der Förderverein Alte und Kleine Synagoge Erfurt e.V. wird mit Hilfe des Leo-Baeck-Programms der Stiftung
"Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" sowie des Thüringer Kultusministeriums ein Onlineportal zum jüdischen Leben in Thüringen schaffen. Ziel sei es, künftig einen gemeinsamen Veranstaltungskalender, wissenschaftliche Publikationen sowie Bild- und Tonarchive einzubinden. Ein besonderer Fokus soll auf ehrenamtlich agierenden Initiativen vor Ort
liegen. Mit den Jüdisch-Israelischen Kulturtagen in Thüringen hat der Förderverein in den vergangenen Jahren seine Netzwerkfähigkeit unter Beweis stellen können.
Weitere Informationen zum geplanten Netzwerk gibt es im Internet unter
www.synagogenverein-erfurt.de.
Literatur:
Germania Judaica III,1 S. 588-591.
Martin Stiebert / Jenaer Arbeitskreis Judentum
(Hg.): Juden in Jena. Eine Spurensuche. Jena 1998.
Detlef Ignasiak: Juden in Jena - eine Übersicht vom
Mittelalter bis 1945. In: Zeitschrift des Vereins für Thüringische
Geschichte. 29. Beiheft. Jena 1996.
Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Band 8 Thüringen. Frankfurt am Main 2003. S. 156-158.
Israel Schwierz: Zeugnisse jüdischer Vergangenheit
in Thüringen. Eine Dokumentation - erstellt unter Mitarbeit von Johannes
Mötsch. Hg. von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen ( www.lzt.thueringen.de)
2007. Zum Download
der Dokumentation (interner Link). Zu Jena: S. 168-169.
Eberhart Schulz: Verfolgung und Vernichtung.
Rassenwahn und Antisemitismus in Jena 1933-1945. Jena: Städtische Museen.
2007.
Jena Thuriniga.
Jews lived in Jena from the mid-14th century and by 1430 there were at least 15
Jewish men there.
From 1536 to 1790, Jews were not allowed to settle in Jena.
Jewish were allowed to enroll at the university from 1790 and from the second
half of the 19th century, there were Jewish professors on the staff of the
Friedrich Schiller University, including the Kantian Otto Liebmann (1840-1912)
and the physicist Felix Auerbach (b. 1856). The Jewish population was 64 in 1890
and 277 in 1925. Prayers were held in private homes. According to the Nazi
census of June 1933, some four months after the Nazi rise to power, the Jewish
population was 111. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the windows of
all Jewish shops were smashed and the Jewish men were arrested and deported to
the Buchenwald concentration camp, where one perished. In 1941 and 1942 all
remaining Jews were deported.
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