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Zur Übersicht über die jüdischen
Friedhöfe im Oldenburger Land und in Ostfriesland
Ovelgönne (Landkreis
Wesermarsch / Niedersachsen)
Jüdische Geschichte / Jüdischer Friedhof
(erstellt unter Mitarbeit von Martin J. Schmid,
Oldenburg)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Ovelgönne konnten sich seit der Mitte des 18.
Jahrhunderts einzelne jüdische Familien niederlassen: 1752 wurde als
erster Herz Israel Schwabe am Ort durch den damals noch dänischen Landesherrn
aufgenommen. 1794 gab es fünf jüdische Haushaltungen am Ort (zusammen 48
Personen, d.h. 6,9 % von insgesamt 700 Einwohnern). Die jüdischen
Familienvorstände waren als Klein- und Hausierhändler sowie als Schlachter
tätig.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1811 67 jüdische Einwohner (8,4 % von insgesamt etwa 800), 1820 64
(7,7 % von 834), 1837 44 (4,6 % von 948), 1850 28 (3,3 % von 844), 1861 10 (1,4
% von 707), 1871 5, 1885 3, 1895 nur noch ein jüdischer Einwohner (von 695).
An Einrichtungen hatten die jüdischen Familien einen Betsaal (zunächst
im Haus der Familie Schwabe), ab 1804 eine Synagoge, eine jüdische Schule
(Religionsschule, ab 1841 kurze Zeit eine israelitische Elementarschule), ein
rituelles Bad und einen Friedhof (siehe unten). Zur Besorgung religiöser
Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer angestellt, der zugleich als
Vorbeter und Schochet tätig war. Unter den Lehrern war Hermann Freund, einer der beiden ersten jüdischen
Reformpädagogen des Herzogtums Oldenburg.
Bereits während der französischen Herrschaft (1810-1813) verließen mehrere
jüdische Familien Ovelgönne und siedelten sich in Brake, Oldenburg (Familie
Schwabe) oder anderen Orten an. 1829 wurden die in Brake, Rodenkirchen und
Burhave, 1858 auch die in Landwürden und Umgebung lebenden jüdischen Personen
der Gemeinde Ovelgönne zugeteilt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Sitz der
jüdischen Gemeinde nach Brake verlegt (zunächst noch jüdische Gemeinde
Brake-Ovelgönne).
Nach 1900 wurde die jüdische Gemeinde aufgelöst, die Synagoge (bereits
seit den 1870er-Jahren nicht mehr genutzt) wurde 1906 verkauft (später als
Turnhalle genutzt, nach 1930/31 abgebrochen). Zuletzt war noch die Familie des
Viehhändlers Baruch de Leeuw am Ort. Nachdem Siegfried de Leeuw im Ersten
Weltkrieg gestorben war (geb. 19.7.1895 in Niewe Pikelo, gest. in
Kriegsgefangenschaft 1.10.1917), verließen seine Eltern 1918 Ovelgönne und verzogen
nach Oldenburg.
Am "Judengang", wo sich die Synagoge befand, wurde Ende 1999
eine Hinweistafel angebracht, auf der über die jüdische Gemeinde und
ihr Gotteshaus informiert wird.
Aus
der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Anzeige von H. L. Löwenthal (1862)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 25. November 1862: "Ich suche baldmöglichst einen jungen
Mann (Israelit), der selbstständig einem Produkten-Geschäft vorstehen
kann und im Besitz guter Zeugnisse ist. Anmeldungen franco.
H. L. Löwenthal. Ovelgönne im Großherzogtum Oldenburg." |
Zur Geschichte des Friedhofes
Die Toten der in Ovelgönne zugezogenen jüdischen Familien
wurden zunächst auf dem jüdischen Friedhof in Varel-Hohenberge oder im
jenseits der Weser gelegenen Scharmbeck beigesetzt. 1795 beantragte die
jüdische Gemeinde die Genehmigung zur Anlage eines Friedhofes in Ovelgönne.
Auf Grund einer Eingabe des örtlichen Pastors, der die Tradition der frühen
Beerdigung der jüdischen Verstorbenen beanstandete, wurde die Genehmigung
zunächst nicht erteilt. Erst 1811 konnte unter der französischen
Regierung der Friedhof angelegt werden. Dazu pachtete die jüdische Gemeinde ein
Landstück im Randbereich des benachbarten Kirchspiels Strückhausen "zu
ewigen Tagen". Auf dem Friedhof wurden in der Folgezeit die Toten aus dem
nördlich der Hunte gelegenen Teil des heutigen Landkreises Wesermarsch
beigesetzt (Brake, Rodenkirchen, Burhave).
Der Friedhof wurde im Dezember 1934 durch Jugendliche verwüstet (siehe
nachstehender Bericht). Als Täter wurden zwei Schüler ermittelt. Im
Monatsbericht des Geheimen Staatspolizeiamts Oldenburg wird am 19. Januar 1935
im Zusammenhang mit der Schändung berichtet: "Der jüdische Kaufmann
Weinberg aus Brake, der zu den Eigentümern der beschädigten Grabstellen
gehörte, hatte seine Grabstelle photographiert. Da die Gefahr bestand, dass das
Lichtbild zu Gräuelmeldungen verwandt werden konnte, wurde es
beschlagnahmt". Bis 1945 kam es zu weiteren Schändungen der
Grabstätten. Es ist nicht bekannt, ob und wie viele Grabsteine vom Friedhof
entfernt wurden.
Die Schändung des Friedhofes im Dezember 1934
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Januar 1935:
"Berlin. In Ovelgönne (Oldenburg) waren auf dem jüdischen Friedhof
auf 15 Gräbern die Grabsteine abgebrochen worden. wie die 'Oldenburgische
Staatszeitung' in einem Polizeibericht mitteilt, sind die Grabschänder
festgenommen worden. Es handelt sich um einen zwölf- und einen
vierzehnjährigen Jungen. Die 'Oldenburgische Staatszeitung' betont in
einem Kommentar zu dieser Meldung, 'dass die Juden sowohl als jeder
Deutsche vor Verstößen gegen das sittliche Gefühl geschützt
werden'." |
Auf dem Friedhof sind 43 Grabsteine erhalten. Der älteste ist von 1811, der
jüngste aus dem Jahr 1930. Vier Grabsteine stammen aus dem aufgelösten
jüdischen Friedhof von Dedesdorf/Landwürden und wurden hier nach 1945
aufgestellt. Die Fläche des Friedhofes umfasst 5,73 ar.
Lage des Friedhofes:
Der jüdische Friedhof liegt nordwestlich von Ovelgönne in den Marschwiesen
unweit der Wilhelm-Rahden-Straße am Feldweg "Zum
Judenfriedhof".
Link zu den Google-Maps
(der Friedhof ist auf der Karte mit dem Pfeil markiert)
Größere Kartenansicht
Fotos
(Fotos: obere beiden Fotoreihen: Martin J. Schmid, Oldenburg, Aufnahmedatum
21.3.2010; 3. und 4. Fotoreihe: Hans-Peter Laqueur, Bremerhaven,
Aufnahmedatum 5.3.2006)
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Das Eingangstor |
Teilansichten des
Friedhofes |
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Teilansichten des
Friedhofes |
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Teilansichten des
Friedhofes |
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Grabstein für Jacob
Elias
(1817-1849) Töllner S. 326 rechts |
Grabstein für
Mindel Frau des R. Leiw
aus Burhave (gest. 1813) Töllner S. 327 links |
Grabstein für Ansel David
Goldberg
(1763-1835) Töllner S. 315 |
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Die Grabsteine vom
Friedhof Landwürden
(Quelle: Töllner s.Lit. S. 315.325-326) |
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Grabstein für Ansel
David Goldberg
(1763-1835)
"Zum Andenken von seinen Kindern" |
Grabstein links für die
Witwe von Elias David
(gest. 1874), rechts für Hanchen Elias
geb. Koopmann aus Berne (1818-1864)
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Grabstein für Jacob
Elias
(1817-1849) "Gewidmet von seinen in Amerika
wohnenden Geschwistern" |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Johannes-Fritz
Töllner in Zusammenarbeit mit Wouter J. van Bekkum, Enno Meyer
und Harald Schieckel: Die jüdischen Friedhöfe im Oldenburger Land.
Bestandsaufnahme der erhaltenen Grabsteine. Reihe: Oldenburger Studien Bd.
25. Oldenburg 1983. Zu Ovelgönne: S. 312-341. |
| Werner Meiners: Der jüdische Friedhof von
Ovelgönne - historische und aktuelle Konflikte. In: Das Land Oldenburg.
Mitteilungsblatt der Oldenburgischen Landschaft 104. 1999 S. 8-11. |
| Herbert Obenaus in Zusammenarbeit mit David Bankier
und Daniel Fraenkel: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden
in Niedersachsen und Bremen. Bd. 2. Göttingen 2005. Zu Ovelgönne Beitrag
von Werner Meiners: S. 1241-1247.
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