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Schaffhausen (Schweiz)
Jüdische Geschichte
Übersicht:
Zur jüdischen Geschichte
in Schaffhausen
In Schaffhausen lebten Juden bereits im Mittelalter.
Erstmals werden jüdische Einwohner Ende des 13. Jahrhunderts genannt. 1299
besaß ein Jude drei Häuser am Obermarkt, darunter ein steinernes und eines,
das die 'Haselstaude' hieß. 1325 gehörte der Jüdin Rachel Ganser ein Haus in
der Neustadt; neben ihrem Haus stand eines, das dem Juden Salman gehörte. Das
Haus 'Haselstaude' gehörte 1333 dem Juden Jakob. Juden aus Schaffhausen hatten
auch in anderen Orten - wie Konstanz und Basel - Grundbesitz. Die Schaffhausener
Juden lebten vor allem vom Handel mit Geld. Bei einzelnen Geldgeschäften wird
1336 u.a. der Jude Eberlin (oder Eberhard), Sohn des verstorbenen
"Meisters" (Rabbiners) Liebkind, Bürgers zu Schaffhausen genannt. Bei
dem bereits genannten Juden Jakob war die Stadt Zürich mit einem hohen Betrag
von 275 Pfund verschuldet, die 1343 zurückgezahlt wurden.
Vermutlich kam es bereits in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts zur Bildung
einer kleinen jüdischen Gemeinde. Eine Synagoge wird in diesem Zeitraum jedoch
noch nicht genannt. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden wahrscheinlich im
jüdischen Friedhof in Überlingen beigesetzt.
Zu einer ersten Verfolgung von Juden kam es möglicherweise 1342. Die
Verfolgung in der Pestzeit 1348/49 führte zur Zerstörung der jüdischen
Gemeinde: am 22. Februar 1349 wurden der Rabbiner Aaron b. Mose und die
übrigen Juden der Stadt wegen angeblicher Brunnenvergiftung verbrannt. Die
Häuser der Juden kamen in den Besitz der Stadt bzw. der Herzöge von
Österreich, an die die Stadt seit 1330 von Ludwig dem Bayer verpfändet war.
Die Schulden der Bürger bei Juden wurden für nichtig erklärt.
Im Laufe der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts konnten sich wiederum -
ab 1370 - Juden in der Stadt niederlassen. In den 1390er-Jahren lebten
etwa 17 jüdische Familien mit über 60 Personen in der Stadt (ca. 2 % der
Einwohnerschaft). Die jüdischen Familien wohnten in der oberen Neustadt, im
Stadthof, neben dem sich die 1393 genannte Synagoge (Judenschule) befand,
am Rossmarkt und im Judmannsgäßlein (heute Ringkengäßchen).
Zu erneuten Judenverfolgungen kam es 1400/1401. Im Jahr 1400 wurde der
Schaffhausener Jude bös Vivli an der Glatt ermordet. Ende April / Anfang Mai
1401 flüchteten die Schaffhausener Juden auf Grund einer
Ritualmordbeschuldigung in Richtung Stein am Rhein. Sie wurden unterwegs
ergriffen und in Schaffhausen inhaftiert. Drei von ihnen wurden besonders schwer
gefoltert (u.a. Schnitte in die Waden gemacht und in die Wunden heißes Pech
gegossen), worauf sie nicht nur ihre eigene "Schuld" bekannten,
sondern auch Prager, Konstanzer und Zürcher Juden mitbelasteten. Etwa 30 erwachsene
Juden und Jüdinnen wurden darauf in Schaffhausen verurteilt und am 25. Juni
verbrannt.
Um 1420 ließ sich ein Jude namens Leu mit seiner Familie in Schaffhausen
nieder, doch verließ er die Stadt - auf Grund der zu hohen geforderten Abgaben
- wiederum nach einem Jahr. Doch blieb die Familie nur ein Jahr. Um 1435
ließ sich wiederum ein Jude namens Leu, Bürger von Zürich mit seiner Familie
in Schaffhausen nieder, ebenso die Witwe und die Kinder des "lahmen Leuen
nebst dem Juden Schmol". 1450 wird ein Jude namens Mose in
Schaffhausen genannt, um 1458 bis 1460 Jud Salomon, Eberlis Sohn, dessen
Schutzbrief 1462 um fünf Jahre verlängert wurde. Die Wohnungen der jüdischen
Familien waren in dieser Zeit im Bereich des Rindermarktes, wo auch eine
Synagoge (Betraum) eingerichtet war. Bis 1472 lebten noch einzelne jüdische Personen/Familien in der Stadt; in
diesem Jahr wurden ihre Schutzbriefe nicht mehr erneuert, was die Vertreibung
der Juden aus Schaffhausen bedeutete. 1475 verließ mit dem Juden Raphael, der
nach Winterthur zog, der letzte jüdische Einwohner die Stadt. In seinem Haus
befand sich offenbar bis dahin der Betraum der jüdischen Familien in der Stadt,
da Raphael sein Haus mit der Verpflichtung verkaufte, dass der Käufer aus der
bisherigen Synagoge (Schule) "keinen Statt mache".
Erst 1535 wurde wieder eine jüdische Familie (des Juden David) in der
Stadt aufgenommen. Er lebte von Geldgeschäften, hatte aber auch gute Kenntnisse
in der Heilkunde. Auf Grund einer Anzeige gegen David mit dem verlogenen
Vorwurf, er habe einen Mord begangenen, wurde er 1545 verhaftet, doch alsbald
wieder freigelassen. Über etliche weitere Jahre war der Jude David in
Schaffhausen, wo er als Arzt viel gefragt war, doch zugleich mit ständigem
Misstrauen und mit Vorurteilen gegen ihn als Juden zu kämpfen hatte. Im September
1560 kam es wiederum zu einer völlig verlogenen Mordbeschuldigung gegen
David. Er ist wenig später - vermutlich auf Grund dieser erneuten bitteren
Erfahrung - gestorben. 1562 wurde seine Familie
ausgewiesen.
Von 1562 herrschte bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ein
Niederlassungsverbot für Juden im gesamten Kanton Schaffhausen.
Erst seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts konnten sich einzelne Juden in der
Stadt und im Kanton Schaffhausen wieder niederlassen. 1852 werden neun jüdische
Einwohner genannt. Seit den 1860er-Jahren waren die jüdischen Einwohner im
Kanton Schaffhausen den nichtjüdischen Einwohnern rechtlich gleichgestellt.
1875 werden 24 jüdische Einwohner im ganzen Kanton genannt. Es kam
jedoch nicht zur Gründung einer jüdischen Gemeinde in der
Stadt. 1909 gab es 22, 1917 insgesamt 40 jüdische Einwohner im Kanton Schaffhausen.
In der NS-Zeit war die Grenze zum Kanton Schaffhausen ein zentraler Fluchtpunkt
für viele von der Deportation bedrohten Juden aus Deutschland. Ab 1942
entwickelte sich gegenüber jüdischen Flüchtlingen von Seiten des Kantons
Schaffhausen eine relativ humane Praxis, die offener war als die Vorgaben aus
Bern.
Bis zur Gegenwart leben in Schaffhausen nur wenige jüdische Familien /
Personen.
Berichte aus der
jüdischen Geschichte in Stadt und Kanton Schaffhausen
Im Kanton Schaffhausen leben neun jüdische Personen
(1852)
Aus
einer Zusammenstellung in der "Allgemeinen Zeitung des
Judentums" vom 22. März 1852: "Die Zahl der Juden in der
Schweiz ist folgende.... Schaffhausen 9". |
Die rechtliche Gleichstellung der jüdischen mit den
nichtjüdischen Einwohnern ist im Kanton Schaffhausen erreicht (1867)
Mitteilung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. September 1867
(innerhalb eines Berichtes über den Stand der rechtlichen Verhältnisse
in allen Schweizer Kantonen): "Schaffhausen, 26. Juni (1867).
Dass, nachdem in unserem Kanton alle Ausnahmsgesetze gegen die Israeliten
aufgehoben sind, diese auch in Ausübung ihres Kultus keinen
Beschränkungen hierorts unterliegen, sondern gleich anderen Konfessionen
volle Freiheit genießen." |
Aus einem Reisebericht: kurzer Bericht aus Schaffhausen (1875)
|
|
Artikel in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 17. November 1875 - daraus ein Satz zu
Schaffhausen: "Schaffhausen ist eine altertümliche Stadt;
auch hier wohnen seit ganz kurzer Zeit einige Glaubensgenossen - im ganzen
Kanton 24 jüdische Seelen..." |
Im Kanton Schaffhausen leben 22 jüdische Personen
(1909)
Übersicht
in der "Zeitschrift für Demographie" 1909 Heft 11 S. 159:
"Schaffhausen 22 Israeliten". |
Im Kanton Schaffhausen leben 40 jüdische Personen
(1917)
Zusammenstellung
im "Jüdischen Jahrbuch der Schweiz" Jahrgang 1917 S. 220:
"Schaffhausen: 40 jüdische Einwohner, d.h. 9 auf 10.000
Einwohner) |
Zum Tod von Joseph Bloch
aus Randegg - lebte lange Jahre im Kanton Schaffhausen, einer der ersten Juden
mit Bürgerrecht im Kanton (1905)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 3. März 1905: "Randegg, 28. Februar (1905). Gestern
starb hier im Alter von nahezu 90 Jahren Herr Joseph Bloch. Er lebte lange
Jahre im benachbarten Kanton Schaffhausen, noch bevor die
Gleichberechtigung der Juden in der Schweiz ausgesprochen war. Seine
anerkannte Rechtschaffenheit und Gewissenhaftigkeit verschafften ihm aber
in dem Maße die Hochachtung seiner Mitbürger, dass sie ihn einstimmig in
die Ortsgemeinde aufnahmen, sodass er einer der ersten Juden war, welche
im Kanton Schaffhausen das Bürgerrecht erhielt. Später erwarb er sich
als Synagogenrat Verdienste um die Verwaltung der hiesigen israelitischen
Gemeinde und war einer der Gründer der trefflichen
Gemiluss-Chessedvereines (Wohltätigkeitsverein), welcher seine Mitglieder
bei Krankheiten und Todesfällen ausgiebig unterstützt. Bis zur letzten
Stunde fast war er im vollen Besitz seiner Geisteskräfte. Sein heiterer
Sonn erwarb ihm viele Freunde unter Juden und Nichtjuden, welche ihm in
zahlreichem Zuge die letzte Ehre erwiesen." |
Zum Tod von Abraham J. Bloch - einer der ersten Juden,
die sich überall im Gebiet des Kantons Schaffhausen frei niederlassen und dem
Handel widmen durften (1907)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 22. März 1907: "Randegg. Dienstag, den 12. März wurde Herr
Abraham J. Bloch im hohen Alter von 88 Jahren zur ewigen Ruhe
gebettet.
Abraham J. Bloch, der einer der ersten Juden war, welche sich überall im
Gebiete des Kantons Schaffhausen frei niederlassen und dem Handel widmen
durften, hatte sich eifrig an den badischen Freiheitsbestrebungen im Jahre
1848 beteiligt, sodass er einige Zeit das Asylrecht der freien Schweiz in
Anspruch nehmen musste, bis die Hessen den Belagerungszustand über Baden
aufhoben und den Verbannten durch eine Amnestie die Heimkehr in ihr
Vaterland wieder gestatteten. - Der Verstorbene erwarb sich aber auch in
seinem Heimatorte Randegg durch seine persönlichen Eigenschaften große
Verdienste und erfreute sich bei Christ und Jude uneingeschränkter
Beliebtheit. Sein Leben war, wie auch der verehrte Herr Rabbiner Dr.
Hoffmann in seinem Nachrufe hervorhob, ein Leben der Arbeit im wahren
Sinne des Wortes. Noch im hohen Greisenalter war ihm kein Wetter zu
schlecht, keine Stunde zu früh oder zu spät, um sich hinaus zu begeben
und seinem Berufe nachzugehen. Seine Gattin, mit welcher er, in inniger
Liebe verbunden, ein Haus echt jüdischer Frömmigkeit führte, hat er 13
Jahre überlebt. B.m.Z." |
Anzeige des Manufaktur- und Weißwarengeschäftes Max
Mayer (Fa. Meyer & Wolf) (1906)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 26. Oktober
1906:
"Für meine 16-jährige Schwester suche ich
Lehrstelle
in gutem Hause der Manufaktur- oder Weißwarenbranche bei freier
Station.
Max Meyer, in Firma: Meyer & Wolf, Schaffhausen
(Schweiz):" |
Fotos:
Fotos /
Abbildungen zur jüdischen Geschichte in Schaffhausen liegen noch nicht
vor. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Hans Wilhelm Harder: Ansiedlung, Leben und
Schicksale der Juden in Schaffhausen. In: Schaffhauser Beiträge 1. 1863 S.
33-70. Online
zugänglich. |
| Leopold Löwenstein: Geschichte der Juden am
Bodensee und Umgebung. 1879. S. 57-78. |
| Germania Judaica II,2 S. 740-742; III,2 S.
1307-1315. |
| Franco Battel: "Wo es hell ist, dort ist die
Schweiz". Flüchtlinge und Fluchthilfe an der Schaffhauser Grenze zur
Zeit des Nationalsozialismus. Reihe: Schaffhauser Beiträge zur Geschichte.
Verlag Chronos Zürich. Weitere
Informationen zu diesem Buch. |
| Helmut Fidler: Jüdisches Leben am Bodensee.
Verlag Huber Frauenfeld - Stuttgart - Wien 2011. 320 S. zahlreiche
Abbildungen. Verlag: www.verlaghuber.ch
mit Infoseite
zum Buch. ISBN 978-3-7193-1392-0. 29,90 € 39,90
CHF
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