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Friedhöfe in der Region'
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Landkreis Bad Kreuznach'
Bad Sobernheim (Kreis
Bad Kreuznach)
Jüdischer Friedhof
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Siehe Seite zur Synagoge in Bad
Sobernheim (interner Link)
Zur Geschichte des Friedhofes
Der jüdische Friedhof in Bad
Sobernheim besteht vermutlich seit Anfang des 19. Jahrhunderts. Er ist erstmals im
Urkataster von 1825 verzeichnet. Flurnamen wie "Auf'm
Judenkirchhof" oder "In der Judendell" gaben jedoch schon länger
Hinweise entweder auf ein höheres Alter des Friedhofes oder einen älteren
jüdischen Friedhof am Ort. Unklar war lange, wo die jüdischen Familien der Stadt ihre
Toten vor 1820 beigesetzt haben (in Fragen kommen zentrale Friedhöfe wie Bad Kreuznach,
Gemünden oder Meisenheim), falls der Friedhof in Bad Sobernheim erst damals
angelegt wurde.
Nach neueren Recherchen von Hans Eberhard Berkemann (siehe Beitrag unten von
2019) war jedenfalls in Bad Sobernheim bereits im 17. Jahrhundert ein jüdischer Friedhof
vorhanden, der vermutlich im Umfeld der Burg lag. Nach dem Alzeyer Memorbuch
starb 1694 bei Verwandten in Alzey Rabbi Simcha, Sohn des Ephraim Hakohen,
Rabbiner des Oberamtes Böckelheim mit Dienstsitz in Sobernheim. Rabbi Simcha
wurde nach dem Alzeyer Memorbuch in Sobernheim beigesetzt. Diese alte jüdische
Friedhof wurde vermutlich um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert abgeräumt,
die Grabsteine als Baumaterial gestohlen, möglicherweise beim Bau der Nahebahn
1856-1860 verwendet, um Hochwasserdurchlässe zu erstellen. Damals wurden auch die
oberirdischen Reste der Burg abgeräumt.
1826 war als Eigentümer des jetzt noch vorhandenen jüdischen Friedhofes der Pferdehändler Philipp Werner
eingetragen (die jüdische Gemeinde konnte damals noch nicht als Eigentümerin
erscheinen). Noch 1860 befand sich der Friedhof im Besitz der Familie Werner. 1856
wird neben dem Friedhof ein Acker genannt, der im Besitz der jüdischen Gemeinde
war, wobei es sich um die inzwischen erworbene Erweiterungsfläche des
Friedhofes handelte (neuer Sobernheimer und Monzinger Teil).
Der älteste noch vorhandene Grabstein ist von 1829 (Pferdehändler Philipp
Werner). Die letzten drei Beisetzungen waren in der NS-Zeit - kurz vor Beginn
der Deportationen - von Ida und Hermann
Wolf sowie Jonas Haas (es wurden keine Grabsteine mehr gesetzt).
Die
Friedhofsfläche umfasst 69,79 ar. Damit ist der Friedhof der zweitgrößte von 36
heute noch vorhandenen jüdischen Friedhöfen im
Landkreis Bad Kreuznach.
Der Friedhof ist in vier Teile
gegliedert, den alten und den neuen Sobernheimer, den Waldböckelheimer und den
Monzinger Teil. Im Monzinger Teil stehen Grabsteine des Friedhofes Monzingen,
der 1938 eingeebnet werden musste. Die Grabsteine wurden nach Bad Sobernheim
überführt. Im Waldböckelheimer Teil wurden die im 19. Jahrhundert in
Waldböckelheim verstorbenen jüdischen Personen beigesetzt. Eine Beziehung
zwischen Waldböckelheim und Sobernheim gab es insbesondere durch die Familie
Marum: Anselm Marum der Jüngere war noch gebürtiger Waldböckelheimer; er
wurde später Vorsteher der jüdischen Gemeinde von Sobernheim. Der alte
Sobernheimer Teil ist der Bereich der im 19. Jahrhundert in Sobernheim
verstorbenen jüdischen Personen. Ab 1902 wurde der neue Sobernheimer Teil
belegt (erste Beisetzung von Sara Marum, der Begründerin der Strumpffabrik
Marum). In der Mitte der Friedhofsteile steht das Ehrenmal von 1950, in
das die Gefallenengedenktafel für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges
einbezogen wurde, die sich bis 1938 in der Synagoge befand (durch eine neue
Tafel 2005 ersetzt).
Ehemaliger Jüdischer
Friedhof im Stadtfriedhof "Auf Löhborn": An der
nordwestlichen Grenze des städtischen Friedhofes "Auf Löhborn"
hinter der Kapelle wurde 1925 ein weiterer jüdischer Friedhof angelegt. Die
Anlage dieses Friedhofes erreichte der damalige Gemeindevorsteher Leopold Loeb.
Beigesetzt wurden die Geschwister seiner Frau und 1930 Leopold Loeb selbst. 1937
mussten die in diesem Friedhof Beigesetzten auf den bisherigen Friedhof auf dem
"Domberg" umgebettet werden. Im Bereich des städtischen Friedhofes
waren Juden nun "unerwünscht". |
In der NS-Zeit wurde der Friedhof auf dem Domberg schwer geschändet und
verwüstet. Die schwerste Zerstörung geschah unmittelbar beim Novemberpogrom
1938 durch 10 bis 15 Männer, inbesondere SA-Leute. Sie warfen die
Grabsteine um und zertrümmerten Steine und Schriftplatten. Etliche Steinbrocken
wurden den Hang hinuntergerollt oder in die Nachbargrundstücke geworfen. Teile
des Friedhofes (u.a. die linke Seite des Waldböckelheimer Friedhofsteiles)
wurden damals oder in der Folgezeit fast völlig abgeräumt. Nach 1945
sind die Steine - soweit möglich - wieder aufgestellt worden, wobei die Steine
in den älteren Teilen teilweise nicht mehr am richtigen Standort stehen. Viele
Trümmer von Steinen konnten nicht mehr zugeordnet werden. Am 15. Oktober
1950 wurde das Denkmal eingeweiht, auf dem seitdem an die jüdischen
Gefallenen des Ersten Weltkrieges wie auch an die aus Bad Sobernheim
umgekommenen jüdischen Personen erinnert wird.
Auch nach 1945 wurde der Friedhof mehrfach geschändet (mindestens vier
Schändungen sind bekannt), die letzte im Januar 1983, wobei etwa 40 Grabsteine
umgeworfen und schwer beschädigt wurden.
Tafel
zur Geschichte der Friedhofes auf dem Friedhof mit dem Text: "Jüdische
Friedhöfe 'Auf dem Domberg' in Sobernheim. Im Jahre 1343 wurden die
ersten jüdischen Mitbürger in Sobernheim urkundlich erwähnt.
Ihre Begräbnisstätten sind nicht bekannt. Wahrscheinlich fanden die
Beerdigungen außerhalb der Stadtmauer statt.
In der napoleonischen Zeit um 1800, gab es eine neue
Begräbnisordnung.
Danach durften keine Toten mehr in Wohngebieten begraben werden. Etwa
gleichzeitig mit dem Friedhof 'Auf Löhborn' wurde der jüdische Friedhof
'Auf dem Domberg' angelegt. Der älteste Grabstein stammt aus dem Jahr
1829.
Der Friedhof besteht aus drei Teilen. Im ältesten Teil sind die Toten mit
dem Kopf in Richtung Jerusalem beerdigt, also in Richtung Osten. Im
mittleren Teil des Friedhofes hat man die Toten in Richtung der Synagoge
bestattet, die man vom Friedhof aus gut sehen kann. Da der ehemalige
jüdische Friedhof in Monzingen auf Veranlassung der NSDAP geschlossen
wurde, hat man die vorhandenen Grabsteine aus Monzingen 'symbolisch' auf
dem Sobernheimer Friedhof aufgestellt. Zu erwähnen wäre noch die
Ehrentafel auf dem Friedhof für die gefallenen jüdischen Soldaten aus
dem ersten Weltkrieg 1914-18.
Ab dem Jahre 1930 beerdigten die jüdischen Familien ihre Toten auf dem
Stadtfriedhof 'Auf Löhborn'. Auf Anordnung der NSDAP im Jahre 1933-34
erfolgten die Ausgrabungen der beerdigten jüdischen Menschen, und sie
wurden endgültig auf dem jüdischen Friedhof 'Auf dem Domberg'
beigesetzt.
Bei der Grabpflege haben die jüdischen Menschen andere Gebräuche als die
Christen. Nach dem Setzen des Grabsteines soll die Ruhe des Toten für
ewig nicht mehr gestört werden. Gebräuchlich ist die Gräber mit Efeu
oder Immergrün zu bepflanzen. Beim Besuch des Grabes eines Verwandten
legt man einen Stein auf seinem Grabstein nieder, oder am Todestag des
Verstorbenen wird ein Seelenlicht angezündet. Der Friedhof ist an allen
Samstagen sowie an allen jüdischen Feiertagen für die Öffentlichkeit
geschlossen." |
Lage des Friedhofes:
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Der jüdische Friedhof liegt auf dem Domberg im Osten des
Stadtzentrums
unweit der Straße "Auf dem Kolben".
Das Foto zeigt den Blick vom Friedhof auf Bad Sobernheim. Es bestand
Sichtverbindung zur Synagoge (ganz am rechten Bildrand, vgl.
Ausschnittsvergrößerung) |
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 27.6.2008; die Grabstein-Nummern in
[] beziehen sich auf die Dokumentation der jüdischen Grabstätten im Kreis Bad
Kreuznach
Fotos zum jüdischen Friedhof auch in der Website von Stefan Haas
https://www.blitzlichtkabinett.de/friedhöfe/friedhöfe-in-rlp-iv/)
Der Waldböckelheimer und
der alte Sobernheimer Teil |
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Grabsteine [Dok.
69-71] für (von links) Jette Michel geb. Rosenberger (1819-1885) und
Ludwig Michel (1808-1873, beide [69]), Jacob Michel (1852-1880, [70] sowie
Ferdinand
Moses Michel (1856-1911 [71], Gemeindevorsteher); rechts
Grabstein von F.M. Michel [71] |
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Grabsteine [zwei
Steine 76, dahinter 74] für links (ohne Schriftenplatte) Olga Marum
geb.
Wolfsohn (1833-1891) und Joseph Marum (1813-1890) sowie dahinter und Foto
rechts für Raphael Hesse (1842-1897), alle aus
Waldböckelheim
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Im Vordergrund Rückseiten von
Grabsteinen
[Nr. 63-53 von links nach rechts] im
Waldböckelheimer Teil;
dahinter der
alte Sobernheimer Teil |
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Grabsteine im
Waldböckelheimer Teil
[Nr. 53-56 von links nach rechts] für
Siegmund
Klein (1837-1894, [53]), Helene
Kahn geb. Köhler (1839-1900, [54]),
August
Moritz Klein (1857-1880, [55]) und
Esther Bat Michael (?) Eschet
Joel ([56]) |
Grabstein für
Anselm Marum [42],
Stadtrat und Gemeindevorsteher
(1805-1865)
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Grabstein [Nr. 44]
für Isaak Loeb
(1827-1899), Vorsteher der israelitischen
Gemeinde
Sobernheim im
alten Sobernheimer Teil |
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Grabstein [17] für Emanuel
Ullmann
(gest. 1862), rechts dahinter
Grabstein [14] für Daniel Fried
(1828-1895)
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Grabsteine [25-22, von links
nach rechts]
für Isaak Metzger (1825-1899, [25]),
Henriette Mayer
(1834-1884, [24]),
Henriette Mayer (1834-1884, [23]) und
Carl Metzler
(gest. 1877, [22]) |
Grabstein [27]
für Jacob Wolff (1785/86
in Bubenheim - 1833), war verheiratet mit
Henriette Wolff geb. Stern [31]; auffallend
ist der nur von dieser Familie
verwendete
helle Marmorstein. |
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Der neue Sobernheimer Teil |
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Das heutige kleine Eingangstor
von der
Stadt her führt zunächst zum
neuen Sobernheimer Teil |
Blick über den neuen
Sobernheimer
Friedhofsteil
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Grabsteine (Vordergrund [Nr.
101]) für links
Joseph Gersohn (1851-1916) und
Babette Gersohn geb. Braum
(1851-1910),
und (Hintergrund [Nr. 94]) für Johanna
Kaufmann geb. van
Geldern (1831-1909)
und Jacob Kaufmann (1827-1906) |
Grabsteine [122a
und b] für Leopold Loeb (1854-1930) mit Gedenkinschrift für
Emma Loeb
geb. Löwenstein (1861-1944, beigesetzt in USA, [122a]) sowie für
Max
Löwenstein (1860-1925) und Johanna Grünewald geb. Löwenstein
(1853-1925, [122b]):
zunächst im jüdischen
Friedhofsteil "Auf Löhborn" beigesetzt,
1935 zwangsweise
umgebettet.
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Grabstein [Nr. 119] für
Julius Wolf
(Jehuda bar Chaim, 1908-1933) |
Grabstein [Nr. 115] für
Isaac
Wolf
(1850-1926) mit Gedenkinschrift für
Berta Wolf geb. Oppenheimer
sowie
Tochter Paula Salm und Ehemann
Gustav Salm, alle ermordet in
Auschwitz |
Grabstein [Nr. 112] für
Max
Bergheim
(1869-1922);
Ehefrau Rosa geb. Schwimmer
wurde 1942 deportiert
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Grabstein [Nr. 100] für
Klara Marum
geb. Siegel (1863-1909) und Gedenkinschrift
für Heinrich Marum
(1848, deportiert
1942 nach Theresienstadt). |
Grabplatten [Nr. 111] für
Thekla Neuschüler
geb. Herz (1875-1930) und Ehemann
Otto Neuschüler
(1871-1921) sowie für
Ferdinand Herz (1844-1921) |
Grabplatte [Nr. 114] für
Kurt
Metzer
(1898-1924, gestorben an Kriegsleiden,
Platte vor wenigen Jahren
erneuert)
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Das Mahnmal von 1950 |
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Das Mahnmal wurde am
15.
Oktober 1950 eingeweiht |
Die im 1. Weltkrieg aus Bad
Sobernheim
gefallenen jüdischen Männer |
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Hinweistafel
mit dem Text: "Zur Erinnerung. Diese Gedenktafel für die Gefallenen
des
1. Weltkrieges wurde während der Synagogenzerstörung in Bad
Sobernheim im Verlauf der
Reichspogromnacht am 09. November 1938 von den
Nationalsozialisten zerschlagen.
Die Tafel wurde von Herrn Alfred Marum in
Sicherheit gebracht, wieder zusammengesetzt
und am 15. Oktober 1950 an
diesem Denkmal auf dem Jüdischen Friedhof in Bad Sobernheim,
im
zerbrochenen Zustand befestigt. Die Jüdische Kultusgemeinde für die
Kreise Bad Kreuznach
und Birkenfeld hat die beschädigte Tafel durch eine
originalgetreue Neuanfertigung im
Januar 2005 ersetzt." |
Gedenken an die in der NS-Zeit
umgekommenen Personen aus
Bad Sobernheim |
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Der Friedhofsteil mit den
Monzinger Grabsteinen -
Die Grabsteine kamen im frühen Herbst
1938 von dem damals zwangsweise
geräumten Monzinger Friedhof |
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Das obere Eingangstor, das zum
Bereich
mit den Monzinger Grabsteinen führt |
Grabsteine für
Barbara (Bertha) Ullmann
(1857-1923) und Babette Kronenberger
geb. Mayer
(1830-1907) [Dok. 81-82] |
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Grabsteine [78-80 von links
nach rechts]
für Ferdinand Ullmann (1871-1907, [78],
Johanna Mayer geb.
Süß (gest. 1900, [79a])
und Jacob Mayer (1832-1896, [79b]),
Angelius
Fried (?, gest. 1913, [80]) |
Grabsteine [Dok. 81-84 von
links nach
rechts] für (81-82 siehe oben rechts):
Michael Ullmann (1820-1905, [83])
und Henriette Ullmann geb. Herz
(1822-1888, [84]) |
Grabsteine [Dok. 85-90 von
links nach rechts]
für: 85-86 unlesbar, Esther gen. Klara Fried
geb.
Meyer (1819-1863, [87]), Salomon Fried
(1809-1889, [88]), Eva Ullmann geb.
Roos
(gest. 1853, [89] und Hedwig Ullmann
(?, gest. 1896, [90]) |
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Grabsteinfragmente,
zeitweise
ausgestellt in der
ehemaligen Synagoge |
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Immer
wieder fanden sich in den vergangenen Jahren Fragmente von Grabsteinen
oder ganze Grabsteine, die auf Grund der Zerstörungen in der NS-Zeit auch
nach 1945 zunächst nicht entdeckt worden waren. |
Einzelne Presseberichte zum Friedhof
September 2013:
Führung über den jüdischen Friedhof mit Hans
Eberhard Berkemann |
Artikel von Marion Unter in der
"Rhein-Zeitung" vom 24. September 2013 (Link
zum Artikel):
"Jüdischer Friedhof Sobernheims: Weit mehr als nur verwitterte Steingrabmale
Bad Sobernheim - Auf dem jüdischen Friedhof am Domberg gibt es mehr zu entdecken als verwitterte Grabsteine. Hans Eberhard Berkemann zeichnet mit seinen Führungen Lebensläufe der begrabenen Menschen nach.
Im jüdischen Sprachgebrauch heißt der Friedhof 'Haus des Lebens". Wer einmal mit Berkemann über den jüdischen Friedhof geht, bekommt eine Vorstellung davon, worauf sich diese Idee gründet.
In seiner Führung lässt der Vorsitzende des Fördervereins Synagoge Schicksale der jüdischen Bürger Sobernheims lebendig werden. Dieser Rundgang ist weit mehr als eine Einführung in die jüdische Begräbniskultur, die in kunstvoll behauenen, aber teils stark verwitterten Grabsteinen Gestalt gewinnt.
Formale Anordnung und historische Einordnung treten in den Hintergrund, und die hier bestatteten Personen gewinnen Profil. Da ist das Doppelgrab, das Heinrich Marum für sich und seine Frau Klara im neueren Teil der Grabanlage gekauft hatte. Bestattet ist hier jedoch nur Klara Marum, denn Heinrich Marum, Onkel des letzten Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde, wurde im Alter von 93 Jahren mit den restlichen noch in Sobernheim verbliebenen Juden 1942 nach Theresienstadt deportiert.
'Es ist zweifelhaft, ob er dort überhaupt lebend angekommen ist", sagt Berkemann. Jedenfalls verlor sich seine Spur, und das Grab an der Seite von Klara Marum blieb leer. Vergessen war der alte Herr jedoch nicht. Seine langjährige Haushälterin Mariechen Fuchs pflanzte Rosen auf das Grab.
'Als 1992 in der Matthiaskirche und auf dem Friedhof an die Deportation 50 Jahre zuvor erinnert wurde, standen diese Rosen in voller Blüte", erzählt Berkemann.
Nicht weit entfernt findet sich das Grab von Eugen Feibelmann. Er begleitete die Gottesdienste in der Synagoge auf dem Harmonium. 1936 nahm er sich das Leben, weil er keine Möglichkeit sah, seine Familie vor der Verfolgung durch die Nazis in Sicherheit zu bringen. Seine Frau Anna ermöglichte den beiden Kindern Hannelore und Hans Hermann die Flucht ins Ausland. Die Tochter kam nach England, der Sohn gelangte über Umwege nach Israel und nahm dort den Namen Chanan Peled an.
Doch es sind nicht allein tragische Lebensgeschichten, die Berkemann von den Bestatteten erzählt. So berichtet er von Sara Marum, der Gründerin der Strumpffabrik, oder von Joseph Klein, der zur Zeit des Synagogenbaus Vorsitzender der jüdischen Gemeinde war und seinen Lebensabend von 1865 an als ständiger Kurgast in Bad Ems verbrachte.
'Sie waren wohlhabende und angesehene Bürger dieser Stadt", berichtet Berkemann. Als zweitgrößte jüdische Ruhestätte im Kreis Bad Kreuznach ist der Friedhof, seine Grabsteine und deren Inschriften in einer Dokumentation beschrieben.
Die Besucher erfahren von Berkemann alles über die Hintergründe der Anlage auf einem Gelände, das im 18. Jahrhundert Hinrichtungsstätte mit einem Galgen war.
'Diesen Platz wollte niemand haben, denn meist wurden die Hingerichteten an Ort und Stelle
verscharrt", meint er.
Beschwerlich war der Weg mit dem Pferdewagen bis zu dem hoch gelegenen Begräbnisplatz. Den Toten war keine dauerhafte Ruhe vergönnt. So wurden Grabsteine vom Monzinger Friedhof hier aufgestellt, aber manche der Toten, die unter ihnen geruht hatten, nicht umgebettet.
'Das Schlimmste, was einem Juden passieren kann, ist nach seinem Glauben die Störung der
Totenruhe", erläutert Berkemann und erinnert an allein fünf Schändungen nach der Wiedereinweihung des Friedhofs
1950" |
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September bis
November 2013: Ausstellung über den
Friedhof im Kulturhaus Synagoge in Bad Sobernheim |
Siehe Artikel von Marion Unger in der 'Rhein-Zeitung' vom 19. September 2013:
'Nicole Manns
Fotos vom jüdischen Friedhof Sobernheims in der Synagoge' (Link
zum Artikel - auch eingestellt
als pdf-Datei) |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Maren Heyne: Stille Gärten - beredte Steine.
Jüdische Friedhöfe im Rheinland. Bonn 1994 S. 132-133. |
| Dokumentation Jüdische Grabstätten im Kreis Bad
Kreuznach. Geschichte und Gestaltung. Reihe: Heimatkundliche Schriftenreihe
des Landkreises Bad Kreuznach Band 28. 1995. 427-456. |
| Hans Eberhard Berkemann: Bad Sobernheims
jüdischer Friedhof auf dem Domberg. 1. Teil in: Naheland-Forum. Zeitschrift
zur Geschichte der Region Nahe, Glan und Hunsrück Heft 5/2019 S. 4-23
(hierin auch die "Statuten des Vereins "Chewrah - Kiduscha", der
Bestattungsbruderschaft der israelitischen Kultusgemeinde Sobernheim" S.
16-23). Der
Beitrag ist online zugänglich (als
pdf-Datei eingestellt). |
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