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Friedhöfe in der Region"
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(Regierungsbezirk Trier)
Zur
Übersicht über die jüdische Friedhöfe im Kreis Bernkastel-Wittlich
Thalfang (VG
Thalfang am Erbeskopf, Kreis Bernkastel-Wittlich)
Jüdischer Friedhof
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Siehe Seite zur Synagoge in Thalfang
(interner Link)
Zur Geschichte des Friedhofes
Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden zunächst im Friedhof
in Neumagen beigesetzt. Ein eigener jüdische Friedhof in Thalfang wurde
im 18. Jahrhundert angelegt. In einer 1895 gedruckten "Geschichte der Mark
Thalfang" schreibt der damalige Thalfanger Pfarrer Emil Christian
Fröhlich: Auf einer noch vorhandenen Karte des herrschaftlichen Brühls aus
dem Jahre 1730 findet sich an derselbigen Stelle, wie heute, ein jüdischer
Begräbnisplatz verzeichnet.
In
der NS-Zeit wurde der Friedhof beim Bau der
"Hunsrückhöhenstraße" 1938 teilweise zerstört; Grabsteine wurden entfernt. Einige wenige konnten nach 1945
wieder aufgestellt werden.
Beitrag von Elmar P. Ittenbach: "Der
jüdische Friedhof in Thalfang als 'Haus des Lebens' - Zerstörte
Ruhestätte" (2014) |
Lange Jahre wies nur der Friedhof am Ende der Koblenzerstraße auf die Existenz einer jüdischen Gemeinde in Thalfang hin. An die Thalfanger Juden erinnert dort ein hölzernes Hinweisschild
'Jüdischer Friedhof' und der im November 1991 errichtete Gedenkstein der Ortsgemeinde. Der Friedhof ist heute noch ca. 600 m2 groß, war aber ursprünglich deutlich größer.
Bereits im Sommer 1938 war der Jüdische Friedhof Thalfang durch die Bauarbeiten für die neue
'Aufmarschstraße' von Koblenz nach Saarburg ('Hunsrückhöhenstraße'/ B 327 bzw. 407) massiv geschändet worden. Die Trasse der neuen Dorfumgehung Thalfang durch den Felsrücken
'Auf Schock' führte mitten durch das Friedhofsgelände. Neben der
'Umnutzung' der Grabsteine als Packlage und zur Randbefestigung der Panzerstraße war dies für die Thalfanger Juden sicher eine schwere Verletzung ihres Auferstehungsglaubens, nach dem die
'Totenruhe' ewig gilt. 1940 musste Markus Simon als Vertreter der Jüdischen Gemeinde diese Flächen im Zuge der
'Entjudung des jüdischen Grundbesitzes, Synagogengemeinde Thalfang' an die Gemeinde Thalfang verkaufen. Es handelte sich um zwei
'Wiesen', von denen die eine bereits zur Hälfte zur Friedhofserweiterung genutzt wurde, und um den eigentlichen Friedhof, der seinerzeit während des Baues der Hunsrückhöhenstraße von unbekannten Tätern vollkommen zerstört worden ist. Ein Antrag der Ortsgemeinde Thalfang zur unentgeltlichen Überlassung des ehemals jüdischen Wiesengrundstücks in Thalfang wurde am
11. Februar 1944 wegen eines Sperrerlasses abgelehnt. Heute ist die Jüdische Kultusgemeinde Trier als Rechtsnachfolger Eigentümer des
Friedhofs. |
Vgl. den ausführlichen Beitrag von Elmar
P. Ittenbach über den jüdischen Friedhof Thalfang in "Der
Schellenmann" 2016 s.u. Literaturliste |
Beitrag mit Fotos von Elmar P. Ittenbach: "Zum
jüdischen Friedhof Thalfang" (2010)
Einzig eine Restfläche von ca. 600
m2 des jüdischen Friedhofs am Ende der Koblenzerstraße weist heute auf die Existenz einer jüdischen Gemeinde in Thalfang hin. An die Thalfanger Juden erinnert noch ein hölzernes Hinweisschild
'Jüdischer Friedhof' und der im November 1991 errichtete Gedenkstein der
Ortsgemeinde (Foto links).
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Im Eingangsbereich des jüdischen Friedhofs steht ein großes Denkmal aus Sandstein, das oben einen Krug zeigt, über den ein Tuch gehängt ist. Der eine Griff ist abgebrochen und auch die große Namensplatte auf der Vorderseite fehlt. Trotzdem ist bekannt, dass dies das Grabmal von Abraham Schneider
ist, eines wohlhabenden Thalfanger Juden, der vor hundert Jahren, am 12. Juli 1910, starb. |
Von einem anderen Grabstein steht nur die untere Hälfte:
Hier ruht / Malchen Bonem / geb. Kaufmann
/ geb. 25. Dez. 1864 / gest. 17. Sept.
1911 (vgl. unten Fotos nach der Restaurierung im Frühjahr 2016). |
Daneben befindet sich ein sehr gut erhaltener Stein ohne Sockel:
Hier ruht / unsere geliebte gute Mutter / Juliane Lazarus / geb. Lieser
/ geboren 18. Oktober 1833 / gestorben 22. Mai 1908 / Ruhe
sanft!. |
Ein anderes Grabmal mit Sockel blieb nur zur Hälfte erhalten, die Aufschrift des unteren Teils lautet:
Ihn, der an Weisheit / Einsicht und Tapferkeit allen voranstand / hat wie die Eiche der Sturm / plötzlich das Schicksal entrafft. |
Hebräisch und darunter deutsch ist ein weiteres Grabmal beschriftet:
Hier ruht in Frieden / unsere gel. Mutter und Großmutter /
Karoline Simon / geb. Meyer
/ * 23.9.1837 / † 13.2.1923 / Ruhe sanft!
Die Benutzung des Kreuzzeichens für 'gestorben' fällt auf. Bemerkenswert ist weiter, dass die hebräische Inschrift neben der jüdischen Zeitrechnung den rituellen Namen
'Zipporah, Tochter des Schlomo' benutzt und nicht den 'zivilen, offiziellen' Namen, der sich in den staatlichen Urkunden befindet. Dies gilt auch für die folgenden hebräischen
Inschriften. |
Eine der hebräischen Inschriften lautet:
Hier ruhen in Frieden / die Gebeine der teuren Frau / Miriam, / Tochter / des Rafael,/ Ehefrau des Schimon, Sohn des Jirmejahu [= Jeremias]. / Sie ging in die Ewigkeit am Sonntag, / 24. Elul und wurde bestattet am Dienstag, / 26, dersselben 671
n[ach] d[er] M[Minderzählung]. / M[öge ihre] S[eele] e[ingebündelt sein] i[m Bündel des]
L[ebens]. |
Die genaue Betrachtung des Todestages (17. September 1911) zeigt, dass es sich hier um die obere Hälfte des bereits vorgestellten Grabsteines von
Malchen Bonem handeln muss und nicht – wie bei der Aufstellung nach dem Kriege wohl angenommen – um den Rest eines
anderen Grabmales! Die 'Rekonstruktion' mit Hilfe einer Fotomontage veranschaulicht diese Tatsache sehr
gut (vgl. unten Fotos nach Restaurierung des Grabsteines im
Frühjahr 2016) . |
Der andere Grabstein mit hebräischer Inschrift wurde wohl für ihren Ehemann
Simon Bonem (geb. 1857 in
Trittenheim) aufgestellt, der am 16. Juni 1929 in Thalfang verstarb:
H[ier] l[iegt bestattet] / Schimon, Sohn des Jirmejahu [= Jeremias]. / Er verstarb am Tage des 8. Siwan / im Jahre 689 n[ach] d[er kleinen] Z[ählung] / M[öge seine] S[eele] e[ingebündelt sein] i[m Bündel des]
L[ebens]. (005)
Bei dem in beiden Fällen genannten 'Jeremias' handelt es sich um Jeremias
Bonem, der aus
Trittenheim stammte und 1848 Mina Simon aus Thalfang
heiratete. |
Weiter existiert noch der rundliche Stumpf eines Steines mit einem Loch, in dem wohl ein Baumstamm aufgesetzt war, als Symbol für einen Menschen, der jung verstarb.
Nur diese wenigen Grabsteine existieren noch aus Zeiten eines einstmals blühenden Gemeindelebens in Thalfang. Heute sind sie Erinnerung und Mahnung zugleich. |
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Frühjahr
2016: Restaurierung des Grabsteines
von Malchen Bonem |
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Im Juni 2016 wurde der Grabstein
von Malchen Bonem, von dem die beiden Teile bislang separat standen
(siehe Fotos oben), renoviert. Nachdem ein Grabstein über Winter umgekippt war, ergab sich die Möglichkeit, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. In Zusammenarbeit mit der Jüdischen Kultusgemeinde
Trier wurde das Grabmal von Malchen Bonem aus dem Jahr 1911 wieder in den ursprünglichen Zustand
versetzt (Fotos von Elmar P. Ittenbach). |
Lage des Friedhofes
An
der Koblenzer Straße
Link
zu den Google-Maps
Weitere Fotos
Der Friedhof im Herbst 2008
(Fotos: Otmar Frühauf, Aufnahmedatum 7.11.2008)
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Blick auf den Friedhof |
Teilansichten |
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Auffallender
Grabstein - mit tuchbedeckter Amphore geschmückt - ohne Inschriftentafel
(Grabmal für Abraham Schneider, gest. 1910) |
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Blick über den weitgehend
abgeräumten Friedhof |
Gedenkstein von
1991:
"Den jüdischen Mitbürgern zum Gedenken, uns
Lebenden zur Mahnung.
Die Gemeinde Thalfang" |
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"Ihn, der an Weisheit,
Einsicht und
Tapferkeit allen voranstand, hat wie
die Eiche der Sturm
plötzlich das
Schicksal entrafft (?)". |
Grabstein (nur Sockel) für Malchen Bonem
geb. Kaufmann (1864-1911)
(vgl. Grabstein nach Renovierung in Frühjahr 2016 oben)
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Grabstein für Juliane Lazarus
geb. Lieser (1833-1908) |
Hebräisch beschrifteter
Grabstein für
"Mirjam, Tochter des Raphael, Frau des
Simon Sohn des
Jeremia" (gest. 1931) (oberer Teil des
Grabsteines für Malchen Bonem siehe oben) |
Grabstein für Karoline Simon
geb. Meyer (1837-1923) |
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Grabsteinfragment -
einbetoniert -
für "Simon Sohn des Jeremia", gest.
am 8. Siwan
5689 (= 16. Juni 1929) |
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Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte zum Friedhof
Juli 2020:
Zur Geschichte des jüdischen
Friedhofes in Thalfang
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Artikel von Christina Bents
im "Trierischen Volksfreund" vom 5. Juli 2020: "Geschichte:
Jüdische Grabsteine fielen Straßenbau zum Opfer
Thalfang TV-Serie über jüdische Friedhöfe im Kreis: Als 1938 die
Hunsrückhöhenstraße gebaut wurde, wurden etliche Grabsteine in der Straße
verbaut. Heute gibt es noch sieben Ruhestätten jüdischer Mitbürger auf dem
Gelände in Thalfang.
'Das Wort Antisemitismus kannte man in Thalfang nicht', sagte der 1914
geborene Erich Marx, der mit seinen Eltern 1925 aus wirtschaftlichen Gründen
aus dem Ort in die USA ausgewandert ist. Elmar P. Ittenbach, Sprecher des
Arbeitskreises jüdisches Leben und Verfasser des Buchs 'Jüdisches Leben in
Thalfang', erklärt dazu: 'Das Zusammenleben zwischen Juden und Christen
wurde Mitte des 19. Jahrhunderts als sehr positiv geschildert. In den
damaligen Zeitungen hieß es sogar, dass man sich ein Beispiel an Thalfang
nehmen dürfe.' Die jüdischen Gemeindemitglieder waren in Vereinen und bei
der Feuerwehr aktiv. Im Jahr 1845 waren 20 Prozent der 500 Einwohner
jüdischen Glaubens. Es gab eine Synagoge und eine Schule, die im selben
Gebäude untergebracht waren. In den 1950er Jahren wurde es abgerissen, weil
es baufällig war. Eine Gedenktafel erinnert seit 2009 die ehemalige
Synagoge.
Der jüdische Friedhof in Thalfang ist 300 Jahre alt. Auf einer Flurkarte von
1730 ist eine lange, schmale Parzelle am Weg von Immert nach Thalfang als
jüdischer Begräbnisplatz markiert. Vorher war hier ein 'herrschaftlicher
Garten' der Wild- und Rheingrafen. Beim Bau der Hunsrückhöhenstraße im Jahr
1938 plante man bei Thalfang eine Ortsumgehung. Teilweise führte sie durch
den jüdischen Friedhof, der dabei weitestgehend zerstört wurde. Elmar
Ittenbach berichtet: 'Ein Lehrling soll angestiftet worden sein, die
Grabmäler umzustoßen. Als das bei der Bevölkerung Unmut hervorrief, musste
er sie am nächsten Tag wieder aufstellen, so gut es ging.' Berichten von
Zeitzeugen zufolge dienten die Grabsteine beim Straßenbau als Packlage oder
zur Randbefestigung. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Übernahme des
Friedhofs durch die Zivilgemeinde als unrechtmäßig erklärt, und die jüdische
Kultusgemeinde Trier kam in den Besitz des deutlich kleineren Geländes.
Heute ist er noch 1662 Quadratmeter groß und teilweise von einer Buchenhecke
umgeben. Ruhig ist es nicht, denn der Straßenlärm ist deutlich hörbar, aber
die verbliebenen sieben Grabsteine strahlen auf dem Gelände trotzdem eine
erhabene Atmosphäre aus. Ob die Steine an ihren ursprünglichen Stellen
stehen, ist nicht bekannt, denn es gibt keine Unterlagen oder Fotos.
Besonders imposant ist das Grabmal von Abraham Schneider, der wohl zu den
wohlhabendsten Bürgern des Ortes gehörte. Der Grabstein von Malchen Bonem,
geborene Kaufmann, ist deshalb interessant, weil ein Teil wohl abgebrochen
war und man über viele Jahrzehnte dachte, dass es zwei Grabsteine seien –
bis nachgewiesen werden konnte, dass es ein Stein ist. Seit 2016 ist er
wieder vollständig. Neben dem Arbeitskreis jüdisches Leben, dem 25 Bürger
angehören, engagiert sich die Realschule plus in der Gedenkarbeit. Für
dieses Jahr ist beispielsweise eine Putzaktion der 21 Stolpersteine, die in
Thalfang verlegt sind, geplant. Es gibt Vorträge, Führungen durch das
jüdische Thalfang, Gedenkveranstaltungen und Literatur von Pfarrer Winfrid
Krause, der in einem Gemeindebrief 1988 einen Artikel, und 1995 ein Buch mit
Hilde Weirich veröffentlicht hat. Kontakte gibt es noch zu dem Ur- und
Ururenkel von Samuel Hirsch, der 1815 in Thalfang geboren wurde. Nach dem
jüdischen Denker und Reformrabbiner ist auch ein Platz mit einem Obelisken
aus Edelstahl im Ort benannt (wir berichteten mehrfach). Die Thalfanger
Juden sind hauptsächlich nach Amerika ausgewandert, aber auch nach Israel
und Shanghai, von wo aus sie in die USA wollten. 21 jüdische Menschen aus
Thalfang sind in Konzentrationslagern umgekommen, sechs wurden 1941 nach
Litzmannstadt gebracht."
Link zum Artikel |
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März 2019:
Einweihung von Informationstafeln
am Friedhof
(Berichte und Informationstafel erhalten von Elmar P. Ittenbach)
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Dazu
Presseartikel von Hans Peter Linz im "Trierischen Volksfreund" vom 21. März
2019: "Ein Ort gegen das Vergessen.
Landesregierung enthüllt neue Infotafeln für den jüdischen Friedhof in
Thalfang..."
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken.
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Amtsblatt
Thalfang vom 21. März 2019 mit
Bericht zur Einweihung der Informationstafeln
(zum Lesen bitte Textabbildung anklicken) |
Texte der Hinweistafel am Friedhof:
Eingestellt als pdf-Datei |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Hilde Weirich / Winfried Krause: Beiträge zur Geschichte
der Juden in Thalfang. Spiesen-Evesberg. 1995. in: Jüdische
Begräbnisstätten, Gedenkstätten in Rheinland-Pfalz. Sachor-Heft
16-2/98. |
| Elmar P. Ittenbach: Ein zerstörtes "Haus des
Lebens" - Der Jüdische Friedhof in Thalfang. In: Der
Schellemann. Zeitschrift des Kulturgeschichtlichen Vereins Hochwald e. V.,
Nr. 29/2016. S. 24-32. Eingestellt
als pdf-Datei. |
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