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Zu den "Synagogen im
Kreis Gießen"
Vetzberg (Gemeinde
Biebertal, Kreis Gießen)
mit Krofdorf (Gemeinde Krofdorf-Gleiberg,
Gemeinde Wettenberg, Kreis Gießen),
Atzbach (Gemeinde Lahnau, Lahn-Dill-Kreis) und Rodheim
(Rodheim-Bieber, Gemeinde Biebertal, Kreis
Gießen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Vetzberg bestand eine jüdische
Gemeinde bis Ende des 19. Jahrhunderts. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 15./17. Jahrhunderts zurück. Bereits 1462
sollen in Vetzberg Juden gelebt haben. Auch im 17. Jahrhundert lebten (wieder)
Juden am Ort: um 1648-50 wurde ein Fünftel der damals erhobenen
"Türkensteuer" auf die Juden des Ortes umgelegt, demnach waren damals
möglicherweise 20 % der Ortseinwohner Juden. 1671 lebten sieben jüdische
Familien am Ort gelebt haben; sie pachteten gemeinsam ein Gartengrundstück zur
Anlage eines Friedhofes. Zeitweise betrug im
17. Jahrhundert der jüdische
Bevölkerungsanteil am Ort bis zu 30 %. Sowohl einzelne Vetzberger Ganerben, als
auch die Gemeinschaft der Ganerben hatten das Recht, Juden in ihren Schutz
aufzunehmen. Ende des 17. Jahrhunderts kam aus Holland der jüdische Arzt
Jehuda Löw nach Vetzberg. Er genoss großes Ansehen. In seinem Haus konnte auch
ein Betsaal (Synagoge s.u.) eingerichtet werden.
Zur jüdischen Gemeinde Vetzberg gehörten auch die in den
umliegenden Dörfern Krofdorf, Atzbach und Rodheim lebenden jüdischen Personen
(für 1831 belegt).
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), ein Schulraum, ein
rituelles Bad (möglicherweise im Keller des Synagogengebäudes) und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein
Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (belegt
für 1831). 1851 gehörte die jüdische Gemeinde Vetzberg zur
Kreis-Synagogengemeinde Wetzlar. 1853 bildeten Atzbach
und Vetzberg eine der acht Synagogengemeinden der Synagogengemeinde Wetzlar.
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts sind die Vetzberger Juden aus dem Ort abgewandert. Anfangs der 1890er-Jahre löste sich die Vetzberger jüdische
Gemeinde auf. Nun bildeten die in Rodheim
lebenden jüdischen Familien eine eigene Gemeinde, zu der nun die noch in
Vetzberg und Krofdorf lebenden jüdischen Personen gehörten. 1908
ist die letzte jüdische Familie (die Familie des Schusters und Kaufmanns Isaak
Michel mit seiner Frau Settchen geb. Katz und ihren vier Kindern) von Vetzberg
nach Gießen gezogen.
Aus Krofdorf wurden die letzten jüdischen Einwohner (Gustav Rosenthal
und Rosa Rosenthal geb. Goldwein zusammen mit dem Sohn Siegbert) am 24. Juli
1942 abgeholt und über Wetzlar in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo alle
drei wenig Wochen später umgekommen sind. Mitglieder der Familie Süßkind
(Sally Süßkind mit Frau Ida und Kindern Linda, Ida und Rolf) hatten noch
rechtzeitig emigrieren können.
Von den in Vetzberg geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen ist in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Elisabeth Müller
geb. Michel (geb. 14.2.1893 in Vetzberg, später wohnhaft in Bad Homberg v.d.
Höhe, 1942 deportiert)
Aus Krofdorf sind umgekommen: Bella Junker geb. Simon (1892), Selma
Settchen Mann geb. Simon (1890), Johanna Martini geb. Simon (1881), Gottlieb
Rosenthal (1895), Gustav Rosenthal (1884), Rosa Rosenthal geb. Goldwein (1886),
Siegbert Rosenthal (1924), Berta (Bertha) Schmitt geb. Simon (1884, ermordet
1941 in Hadamar), Emilie Weis geb. Simon (1897).
Seit 2008 erinnert eine Gedenktafel in der Kirchenhofmauer der
evangelischen Margarethenkirche an die ehemaligen jüdischen Bewohner Krofdorfs.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
In jüdischen Periodika des 19./20.
Jahrhunderts wurden noch keine Berichte zur Geschichte der jüdischen
Gemeinde in Vetzberg bzw. Krofdorf, Atzbach und Rodheim gefunden. |
Zur Geschichte der Synagoge
In dem 1696 von dem in Vetzberg praktizierenden jüdischen
Arzt Jehuda Löw erbauten Haus, das lange Zeit als "Judendoktorhaus"
bezeichnet wurde, befand sich in einem Zimmer eine Synagoge; die Frauen hatten
ihren Platz auf dem Flur. Auch die jüdischen Einwohner von Krofdorf, Atzbach
und Rodheim kamen zum Gottesdienst nach Vetzberg (für 1831 belegt). Nach
Auflösung der jüdischen Gemeinde Anfang der 1890er-Jahre wurde das
"Judendoktorhaus" an eine nichtjüdische Familie verkauft.
Die in Vetzberg und Krofdorf nach Auflösung der Gemeinde lebenden jüdischen Personen
besuchten nun die Synagoge in Rodheim.
Adresse/Standort der Synagoge: in der
Mittelgasse, an ihrem Anfang, zwischen Ober- und Untergasse liegend
Fotos
(Quelle: Altaras 2007 S. 211)
Das ehemalige
Synagogengebäude in Vetzberg
("Judendoktorhaus" mit Betsaal) |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
November 2014:
Erinnerung an das Schicksal von Bertha Schmitt geb.
Simon aus Krofdorf
Artikel in der "Gießener Allgemeinen" vom 9. November 2014:
"Jüdin mit Krofdorfer Wurzeln 1941 in Hadamar ermordert
Wettenberg (so). Bertha Schmitt, in Krofdorf geborene Simon, Jüdin und als geisteskrank von 1931 an dauerhaft in Anstalten eingewiesen, wurde 1941 in Hadamar ermordet. Sie steht exemplarisch für den Umgang mit Juden im Rahmen von »T4«, bei ihr verknüpft sich Individualgeschichte mit Systemgeschichte. Eine Spurensuche von Dr. Bernd Greiten und Manfred Schmidt..."
Link
zum Artikel |
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November 2017:
Gedenkstunde in Krofdorf zur Erinnerung an den
Novemberpogrom 1938 |
Artikel im "Gießener Anzeiger"
vom 10. November 2017: "Gedenken an Reichspogromnacht in Wettenberg, Buseck, Lich, Laubach und Mücke
KREIS GIESSEN - (ebp). Am 24. Juli 1942 wurden Gustav und Rosa Rosenthal zusammen mit ihrem Sohn Siegbert aus ihrem Zuhause in Krofdorf gerissen. Die jüdische Familie wurde zunächst in ein Sammellager in Wetzlar gebracht und dann in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Dort wurden alle drei ermordet. Der Deportation vorausgegangen waren Schikane und Ausgrenzung: Das Wasser wurde der Familie abgestellt, das Backhaus im Ort durften die Rosenthals nicht nutzen. An das Schicksal der Krofdorfer Familie erinnerten am Donnerstagabend Schüler der Gesamtschule Gleiberger Land im Rahmen der Gedenkfeier zum 79. Jahrestag der Reichspogromnacht.
"Wir alle wissen, was in dieser Nacht im Deutschen Reich und in unserer Gemeinde passiert ist", sagte Bürgermeister Thomas Brunner und erinnerte an die Gewalttaten.
'Das war der Beginn der systematischen Verfolgung und des Holocaust.' Das Wissen über diese Taten müsse an die nächste Generation weitergegeben werden. In diesem Jahr seien die Hemmungen, wieder Parteien am rechten Rand zu wählen, gefallen.
'Die AfD sitzt nun in dem Gebäude, dessen Brand willkommener Anlass war, mit der Reichtagsbrandverordnung die Grundrechte
einzuschränken', klagte Brunner. Umso wichtiger sei es, an die Verbrechen der Nationalsozialisten zu erinnern und menschenfeindliche Ideologien nicht zuzulassen.
Seit 2008 erinnert eine Gedenktafel in der Kirchenhofmauer der evangelischen Margarethenkirche an die ehemaligen jüdischen Bewohner Krofdorfs wie die Familie Süßkind.
'Sally Süßkind war im Vorstand des TSV und hatte die Turnhalle gesponsert. Auf Druck der Nazis wurde er
ausgeschlossen', weiß Pfarrer Christoph Schaaf.
Seit Jahren erforscht Manfred Schmidt die Familiengeschichte der Süßkinds und hält Kontakt zu den Nachkommen.
'Die Hofreite in der Hauptstraße hat die Familie während der Nazi-Zeit unter Wert verkaufen
müssen', so Schmidt. Tochter Linda gelang mit ihrem Mann die Flucht nach Palästina, ihre Schwester Ida konnte in die USA ausreisen. Ihr Bruder Rolf und die Eltern folgten später.
'Sally Süßkind war ein eingefleischter Krofdorfer', erinnert sich Schmidt im Gespräch mit dem Anzeiger. Dass er seine Heimat verlassen musste, habe er nicht fassen können. In den USA habe er sich fremd gefühlt.
Während der Gedenkveranstaltung überbrachte Schmidt ein Grußwort von Roy Stern, einem Enkel von Sally Süßkind. Hätte seine Mutter Ida nicht die
'mutige Entscheidung' für eine Flucht getroffen, wären er u
nd seine Familie heute nicht am Leben. Stern, der in Israel lebt, appellierte daran, aus der Vergangenheit zu lernen - andernfalls sei man dazu gezwungen, sie zu wiederholen. Stern hatte Krofdorf am Vormittag einen Besuch abgestattet."
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Weiterer Artikel in der "Gießener
Allgemeinen" vom 10. November 2017 von Klaus Moos: "Damit
sich das Elend nicht wiederholt.
An der Gedenktafel im Kirchgarten von Krofdorf haben am Donnerstag etwa 40
Teilnehmer an die Deportation und die Ermordung der Krofdorfer Juden durch
die Nazis erinnert..."
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 320-321. |
| Keine Abschnitte in Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 und dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. |
| dies.: Neuausgabe der genannten Bücher 2007 S. 211 zu
Vetzberg. |
n.e.
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