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Weisendorf (Markt
Weisendorf, Kreis Kreis Erlangen-Höchstadt)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Weisendorf bestand eine jüdische Gemeinde bis um
1900. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. 1685
wird Jud Haimb (Chaim) genannt, dessen Sohn in diesem Jahr nach einem tragischen
Unfall starb. Die Ortsherrschaft (Freiherren von Lauter) wollte durch die
Ansiedlung von Juden Handel und Gewerbe im Ort fördern.
1809 werden
folgende jüdische Haushaltsvorstände genannt: Simon Meyer, Abraham Samuel
Löw, Marx Kaufmann, Simon Joseph, Joseph Nathan, David Joseph Seligmann, Marx
Jakob, Löw Jakob und Moses Seckel. Die jüdischen Familien lebten damals
insbesondere vom Schnittwaren-, Spezerei-, Eisen-, Leder-, sonstigem Waren- und
vom Viehhandel. Einer war Schuhmacher, einer betrieb eine Baumwolle-, Lein- und
Seidenweberei. 1813 nahmen die jüdischen Familien Familiennamen an (u.a.
Rosenthal, Adler, Lieber, Kaufmann, Patscher, Ordenstein, Krauß, Steinhauer,
Lindo, Waldstein, Freundlich).
Um 1855 lebten zehn jüdische
Familien am Ort (1852: 64 jüdische Einwohner). 1860 sind es insgesamt 66 jüdische Einwohner (von
insgesamt 697, davon 357 katholisch, 274 evangelisch). Die jüdischen Familien
lebten damals in 12 Häusern am Ort. Sie waren im Dorfleben gut integriert.
Beispielsweise war unter den Gründungsmitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr
1876 auch ein jüdischer Einwohner.
Die jüdische Gemeinde hatte an Einrichtungen eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule und eine Mikwe. Nach einem behördlichen Beschluss von 1813
besuchten die jüdischen Kinder die evangelische Schule; es wurde keine
jüdische Konfessionsschule eingerichtet. Die Gemeinde gehörte zum
Friedhofsverband Adelsdorf; daher wurden die in Weisendorf verstorbenen
jüdischen Personen in Zeckern beigesetzt.
Was den Rabbinatsbezirk betraf, gehörte Weisendorf Anfang des 19. Jahrhunderts
zum Rabbinat Adelsdorf, seit 1838 zum
Rabbinatsbezirk Uehlfeld. Das Rabbinat Adelsdorf wurde 1845 endgültig
aufgelöst.
Der letzte der in Zeckern beigesetzten Juden aus Weisendorf war Julius Wormser
(gest. 16. Februar 1936). Zeitweise war im 19. Jahrhundert ein eigener
jüdischer Lehrer vorhanden, u.a. von 1840 bis 1866 Jonathan Uffenheimer, dessen 1847 in
Weisendorf geborene Tochter Rifka (verh. Sturm) 1921 in Burghaslach beigesetzt
wurde. Uffenheimer unterrichtete auch die jüdischen Kinder im benachbarten Kairlindach.
Bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen Familien
durch Aus- und Abwanderung zurück. 1890 wurden nur noch 19 jüdische Einwohner
gezählt. 1904 wurde die Gemeinde aufgelöst und die Synagoge verkauft. 1933
lebten nur noch zwei jüdische Personen in Weisendorf.
Von den in Weisendorf geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Paula Adler geb. Lindo
(1882), Heinrich Freundlich (1863), Johanna (Hanna) Lehmann geb. Uffenheimer
(1848), Heinrich Lindo
(1875), Julie (Julchen) Uhlfelder geb. Uhlfelder (1884), Clara Wormser geb. Rothschild (1860).
Auf dem jüdischen Friedhof in
Zeckern wurde 1998 ein Mahnmal zur Erinnerung und zum Gedenken an die
Adelsdorfer und Weisendorfer Opfer des Holocausts aufgestellt.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
In jüdischen Periodika des 19./20.
Jahrhunderts wurden zur jüdischen Geschichte in Weisendorf - außer den
zur Synagogengeschichte genannten Berichten - noch keine Beiträge zur
jüdischen Gemeinde in Weisendorf
gefunden. |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine Synagoge wurde 1782 erbaut. Die jüdische Gemeinde
konnte in diesem Jahr das Grundstück Hauptstraße Nr. 17 von Löw Jacob
erwerben. In dem auf diesem Grundstück stehenden Haus hatte bereits der
erstgenannte Jude Haimb 1685 gelebt. Die Synagoge war etwa 120 Jahre Mittelpunkt
des jüdischen Lebens in Weisendorf. Im Gebäude der Synagoge waren auch der
Schulraum und das rituelle Bad eingerichtet. Der Betsaal hatte ein
Holztonnengewölbe.
Ende des 19. Jahrhunderts konnten kaum noch Gottesdienste abgehalten werden, da kein Minjan (erforderliche Zehnzahl der religionsmündigen
jüdischen Männer) mehr zustande kam. Ein Artikel vom September 1903 (in
dem statt Weisendorf fälschlich "Weißensee" geschrieben wurde)
berichtet von der Situation um die Synagoge:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. September 1903:
"In Weisendorf (für falsch: Weißensee), einem zum Fürther
Rabbinat zugehörigen Dorfe, sind alle Israeliten, bis auf eine Familie
weggezogen. Ein Herr Lindau hatte vor seinem Wegzuge bewirken wollen, dass
die Sifre Tora (Torarollen) nach Adelsdorf gebracht würden. Es wurde ihm
aber der Bescheid, dass solange noch ein Israelit am Platze wohnt, nichts
von den Kultusgegenständen entfernt werden dürfe. Dieser noch allein am
Platze wohnende Israelit ist aber nichts weniger als ein guter Verwalter
der Synagoge und der darin befindlichen Gegenstände und der Sifre Tora.
Die Synagoge steht tagelang offen, ebenso der Aron HaKodesch
(Toraschrein), woselbst die Sifre Tora sich befinden. Als Herr Lindau vor
Kurzem in Weisendorf (für falsch: Weißensee) war, da fand er, dass ein
Einwohner des Dorfes die offenstehende Synagoge dazu benützte, um sein
Holz aufzubewahren, gewiss eine entheiligende Verwendung. Herr Lindau
hatte schon öfters, aber vergebens Schritte beim zuständigen Rabbinat
getan, um eine Entwürdigung der Synagoge zu verhindern. Es wird stets
darauf hingewiesen, dass ja noch ein Israelit am Platze sei." |
Im folgenden Jahr 1904 wurde die Synagoge an die
jüdische Gemeinde Adelsdorf verkauft, die die Inneneinrichtung teilweise
übernahm, teilweise verkaufte (siehe Anzeige zum Verkauf der Torarollen). 1905
wurde das Synagogengebäude von der nichtjüdischen Familie Stiegler erworben.
Diese brach das Synagogengebäude ab und erstellte auf den Grundmauern ein neues
Wohnhaus. Das Kellergewölbe wurde aufgeschüttet, ein neuer Zugang zum Keller
wurde geschaffen. Der alte Zugang zum Keller (und mit großer Sicherheit auch
zur Mikwe) ist noch erkennbar (Angaben nach I. Schwierz, 1988 S. 187).
Zeugnis
der Auflösung der jüdischen Gemeinde ist eine Anzeige in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 5. September 1904: "Durch Auflösung der
Gemeinde Weisendorf, sind in unterzeichneter Gemeinde vier vorzüglich
erhaltene, vollständig koschere Seforim (Torarollen) billigst zu
verkaufen. Reflektanten wollen sich an den Kultusvorsteher, Jacob Strauß in
Adelsdorf (Oberfranken) melden.
NB. Privaten wäre hier die beste Gelegenheit geboten, sich in den Besitz eines
guten Sefer (Torarolle) zu setzen."
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Adresse/Standort der Synagoge: Hauptstr. 17: die
Grundmauern des Synagogengebäudes sind erhalten (alte Haus-Nr. war 38b, Plan
Nr. 163).
Fotos
Es sind keine Fotos,
Darstellungen oder Pläne zur jüdischen Geschichte am Ort vorhanden.
Über Zusendungen freut
sich der Webmaster von "Alemannia Judaica", Adresse siehe Eingangsseite. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 187. |
| Lothar Lehmann: Zur jüdischen Geschichte
Weisendorfs. In: Johann Fleischmann (Hg.): Mesusa 2. Spuren
jüdischer Vergangenheit an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach. Mühlhausen
2000. S. 117-128. |
| Johann Fleischmann (Hg.): Mesusa 2. Spuren
jüdischer Vergangenheit an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach. Mühlhausen
2000. |
| ders.: Mesusa 3. Spuren
jüdischer Vergangenheit an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach. Die
jüdischen Friedhöfe von Zeckern, Walsdorf, Aschbach, Uehlfeld,
Mühlhausen, Lisberg, Burghaslach und Reichmannsdorf. Mühlhausen 2002. |
| Christiane Kolbet: Memorbuch - Zum Gedenken an die
von den Nazis ermordeten Juden von Adelsdorf und Weisendorf. 1998. |
| Klaus Guth (Hg.) u.a.: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken
(1800-1942). Ein historisch-topographisches Handbuch. Bamberg 1988. Zu
Weisendorf kurze Angaben S. 395. |
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