Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Rheinland-Pfalz"
zur Übersicht
"Synagogen im Kreis Bad Dürkheim"
Weisenheim am
Sand (Kreis Bad Dürkheim)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Weisenheim am Sand bestand eine kleine, aber selbständige jüdische
Gemeinde im 19. Jahrhundert. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts
(nach 1900, siehe Presseartikel unten) gehörten die hier noch lebenden jüdischen Personen zur jüdischen Gemeinde in Lambsheim.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1801 17 jüdische Einwohner (1,5 % der Gesamteinwohnerschaft), 1808 15
(1,2 %), 1825 31 (1,9 %), 1900 16 jüdische Einwohner.
1809/10 werden die folgenden jüdischen Haushaltsvorstände genannt:
Jacques Friedmann, Abraham Löb [Leopold], Joseph Löb [Leopold], Abraham
Sins[tz]heimer.
An Einrichtungen bestand ein Betraum bzw. eine Synagoge (s.u.). Die Toten der Gemeinde
wurden auf dem jüdischen Friedhof in Lambsheim
beigesetzt. Die jüdischen Kinder besuchten (so Bericht von 1900) den
Religionsunterricht in Lambsheim.
1882 bildeten den Gemeindevorstand: Michael Löb, Judas Friedmann
und Salomon Mayer. Vorstand der Gemeinde war Handelsmann Salomon Mayer.
1900 löste sich die jüdische Gemeinde auf. Die am Ort noch lebenden
jüdischen Familien schlossen sich der Gemeinde in Lambsheim
an.
Um 1924 war Moses Friedmann eines der drei Mitglieder des Gemeindevorstandes
in Lambsheim. 1932 war Moritz
Roßmann Vorstandsmitglied der Lambsheimer Gemeinde. Moritz Roßmann war Inhaber
eines kleinen Lebensmittelladens in der ehemaligen Lambsheimer Straße
(beziehungsweise Lambsheimer Weg, heute Dr.-Welte-Straße) gegenüber der Ecke
Ostring.
1933 wurden noch 18 jüdische Einwohner gezählt. Auf Grund der Folgen
des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien
sind mehrere von ihnen in den folgenden Jahren in andere Orte verzogen oder sind
ausgewandert. Wie viele von ihnen aus
Weisenheim 1940 deportiert wurden, ist nicht bekannt. Unter den Deportierten war
nach einem aus dem Ort vorliegenden Bericht das Ehepaar Roßmann mit der Tochter
Liselotte (genannt Lotte), die durch den Gauleiter von Lambsheim in einem
schwarzen Auto weggebracht worden seien. Sie hätten nur einen kleinen Koffer
mitnehmen dürfen. Möglicherweise waren zum Zeitpunkt der Deportation die
Mitglieder der Familie Roßmann bereits die letzten jüdischen Einwohner in
Weisenheim. Das Lebensmittelgeschäft und vermutlich auch das Haus der Familie
Roßmann kamen in den Besitz eines NSDAP-Mitgliedes.
Von den in Weisenheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Max Binnheimer (1892),
Auguste Binnheimer (1891), Leopold Friedmann (1869), Moses Friedmann (1864),
David Mayer (1880), Friederike (Frida) Mayer geb. Simon (1875), Otto Mayer (1908), Simon
Mayer (1873), Liselotte Roßmann (1931), Moritz Roßmann (1901), Toni Roßmann
geb. Schmidt (1904).
Hinweis: Seite
zu Leopold Friedmann im "Gedenkbuch für die Karlsruhe Juden"
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Berichte aus dem jüdischen Gemeindeleben
Wahl des israelitischen Synagogen-Ausschusses und des
Vorstandes (1882)
Artikel
im "Dürkheimer Anzeiger" vom 20. Mai 1882: "Weisenheim
am Sand. Bei der am 19. dieses Jahres durch Herrn Bürgermeister
Neckerauer vorgenommenen Wahl des israelitischen Synagogen-Ausschusses
wurden aus Ausschussmitglieder gewählt die Herren: 1) Michael Löb,
2) Judas Friedmann, 3) Salomon Mayer. Als Vorstand wurde
gewählt der Handelsmann Salomon Mayer. (Fr.
T.)." |
Anmerkung: der Presseartikel wurde von
Helmut Daut, Weisenheim am Sand zur Verfügung gestellt |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Verlobung von Frida Simon in
Vendersheim mit David Mayer in Weisenheim am Sand (1905)
Anmerkung: beide sind in der NS-Zeit nach den Deportationen umgekommen.
Mitteilung
in der "Neuen Jüdischen Presse" vom 10. November 1905:
"Verlobte. Frida Simon,
Vendersheim, mit David Mayer,
Weisenheim am Sand." |
Zur Geschichte der Synagoge
(die Presseartikel und Abbildungen der Dokumente wurden zur Verfügung gestellt von Helmut Daut, Weisenheim
am Sand)
Eine Synagoge war als
Betraum in einem der jüdischen Privathäuser eingerichtet. 1830 soll sich der
Betraum in einem erbärmlichen Zustand befinden haben. Am 12. Mai 1855
wurde eine neue Synagoge eingeweiht. Die Feier wurde im "Dürkheimer
Wochenblatt" angekündigt:
Anzeige im "Dürkheimer Wochenblatt" vom 6. Mai 1855:
"Weisenheim am Sand.
Sinagogenweihe.
Samstag, den 12. Mai Morgens 8 Uhr beginnt der Zug mit Gesang und Musik.
Nachmittags 1 Uhr gutbesetzte Tanzmusik im großen Saale zum weißen Roß,
wozu höflichst eingeladen wird. D. Kohl." |
Nachdem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Zahl
der jüdischen Einwohner am Ort ständig zurückgegangen ist, konnte vermutlich
schon bald auf Grund des fehlenden Minjans (zehn Männer zum Gottesdienst) kein
regelmäßiger Gottesdienst mehr in der Synagoge abgehalten werden. 1894
bemühte sich die jüdische Gemeinde noch einmal um eine Instandsetzung ihrer
Synagoge. Eine Kollekte sollte hierfür in den Synagogen Bayerns durchgeführt
werden- Der Antrag der jüdischen Gemeinde vom 22. Mai 1894 an das
"Königlich bayerische Landeskommissariat in Neustadt / Weinstraße"
wurde jedoch abschlägig beschieden mit der Begründung der zu geringen Zahl der
jüdischen Gemeindeglieder:
|
|
|
|
|
Der Text des
Antrages: "Nr. 4605Y Neustadt a/Haardt, 22.Mai 1894.
Königl. Bezirksamt Neustadt a. d. H. 8977 B
An die königl. Regierung der Pfalz,
Kammer des Inneren
Betreff:
Bitte der israel. Kultusgemeinde
Weisenheim am Sand um Genehmigung
einer Kollekte in den Synagogen
Bayerns.
Anrufend bringe ich ein Gesuch der israel. Kultusgemeinde Weisenheim a./Sd. um Genehmigung einer
Kollekte in den Synagogen Bayerns behufs Beschaffung der Mittel zur Reparatur der Synagoge in Weisenheim
a./Sd
gehorsamst in Vorlage.
Nach dem Kostenanschlage des Bezirksbaumeisters erfordert die Reparatur der Synagoge einen
Betrag von 1250 M., zu deren Aufbringung die israel. Kultusgenossen in Weisenheim a./Sd. kaum im Stande sind.
Doch vermag ich das Gesuch in Anbetracht der geringen Zahl der Kultusgenossen
zur Genehmigung nicht zu befürworten, und dürfte
aber eventuell die zwangsweise Auflösung der israel. Kultusgemeinde Weisenheim a./Sd. und die
Zuteilung der Kultusgenossen zur Kultusgemeinde
Lambsheim in Erwägung zuziehen sein.
Hierüber wurden bereits in Jahr 1889/90
hier Verhandlungen geführt, welche ich mir beizufügen gestatte.
Gehorsamst Der kgl. Bezirksamtmann, Regierungsrat beurlaubt.
I. V. Bullinger, kgl. Bezirksamtsassessor."
|
Abschlägiger
Bescheid (unvollständig zitiert, ohne Bearbeitungen, bitte die Textabbildungen
vergleichen!): "Nr. 8977B Speyer, 18.Juni 1894.
Betreff: Bitte der israelitischen Kultusgemeinde Weisenheim a. S. um Genehmigung einer
Kollekte in den Synagogen Bayerns
Dem Synagogen - Ausschuß von Weisenheim a. S. ist auf seine Eingabe wegen
Erlangung der allerhöchsten Bewilligung zur Vornahme einer Kollekte in den Synagogen
Bayerns zu eröffnen, daß das gestellte Gesuch in Anbetracht ...der schwachen Zahl der israelitischen
Kultusgenossen in Weisenheim
a. S. zur allerhöchsten Genehmigung nicht empfohlen werden kann. Falls die Mittel für Reparaturen
der Synagoge in Weisenheim a. S. seitens der israelitischen Kultusgemeinde
daselbst nicht aufgebracht werden können, ist der Frage der Auflösung derselben gemäß
Art. II Abs. 3 der Verordnung vom 27. März 1872, die israelitischen Kultusgenossen der Pfalz betr.,
näher zu treten.
Hiernach hat das (ins) unter Rückempfang der Beilagen seines Berichtes vom 22. Mai
d.J. das weitere zu verfügen.
Unterschrift (nicht leserlich)" |
Spätestens im Jahr 1900 wurde die inzwischen
baufällig gewordene Synagoge endgültig geschlossen und stand zum Verkauf auf
Abriss zur Verfügung. Davon berichtet der "Dürkheimer
Anzeiger":
Artikel im "Dürkheimer Anzeiger" vom 3. September 1900: "Weisenheim
am Sand, 1. September (1900). Die hiesigen Israeliten, welche
bisher eine selbständige Kultus-Gemeinde bildeten, werden sich
voraussichtlich der israelitischen Kultus-Gemeinde Lambsheim anschließen,
wo die schulpflichtigen Kinder bereits Religions-Unterricht erhalten. Die
Synagoge, welche wegen Baufälligkeit nicht mehr zum Gottesdienste
verwendet werden darf, dürfte auf Abriss versteigert
werden". |
Fortan besuchten die jüdischen Einwohner Weisenheims die
Synagoge in Lambsheim.
Adresse/Standort der Synagoge: unbekannt
Hinweise zum Synagogenstandort: nach Kontakten mit ortskundigen Personen aus Weisenheim
wurde zur ehemaligen Synagoge (Betraum) mitgeteilt:
- nach einem Bericht soll in Weisenheim unweit des
Bereiches Fahrgasse / Seligmannsgasse eine kleine Gasse früher "Synagoggegasse" genannt
worden sein; diese Bezeichnung und damit ein Synagogenstandort in diesem Bereich
wurde jedoch von einem anderen Ortskundigen nicht bestätigt ("eher
unwahrscheinlich, dass hier eine Synagoge war")
- nach diesem Ortskundigen soll es in der heutigen Ackerbrunnengasse einen
jüdischen Gebetsraum gegeben haben, der aber noch nicht lokalisiert werden
konnte.
Fotos
Zur jüdischen
Geschichte in Weisenheim am Sand liegen noch keine historischen Fotos
oder
Darstellungen vor; über Hinweise oder Zusendungen freut sich der
Webmaster der "Alemannia Judaica"; Adresse siehe Eingangsseite. |
|
|
|
|
Die ehemalige
Synagogengasse (??)
in Weisenheim
(Foto: Michael Ohmsen, Website mit
Fotoseite
zu Weisenheim am Sand) |
|
|
Bei dieser heute nicht
mehr bestehenden Gasse (parallel zur Seligmannsgasse -
von der Luisenstraße gesehen) könnte es sich um die ehemalige
Synagogengasse (oder Synagoggegass) in Weisenheim handeln.
Ein Nachweis hierfür liegt jedoch nicht vor. |
|
|
|
Fotos unten: die Toten der
jüdischen Gemeinde Weisenheim wurden
auf dem Friedhof
in Lambsheim beigesetzt.
(Foto links: Hahn; Fotos Mitte und rechts von Hans-Oskar Koob,
Weisenheim) |
|
|
|
|
Grabstein für Michael
Loeb
aus Weisenheim am Sand
(1817-1891) |
Grabstein für
Bina Binnheimer geb. Loeb
aus Weisenheim |
Grabstein für Rebecka Loeb
geb. Simon
(1817 in Lambsheim -
1896 in Weisenheim) |
|
|
|
|
|
|
Das
"Judenkreuz" |
|
|
|
Links: Am Ende der
Wormser Straße, 20 m vor einer Wegegabel, in der Böschung vor einer Gärtnerei liegt ein Steinkreuz, das im Ort "Judenkreuz" genannt
wird. Hier soll ein Jude ermordet worden sein. Zwar ist ein Kreuz für
einen ermordeten Juden ungewöhnlich, doch geht es um die Sühne für den
Mord und weniger um ein Erinnerungsmal für die ermordete Person. Quelle
der Informationen von der Website suehnekreuz.de.
Foto links von Michael Ohmsen, Website mit Fotoseite
zu Weisenheim am Sand.
Hans-Oskar Koob (Weisenheim am Sand) weist allerdings darauf hin, dass
hierzu eine sichere Quelle fehlt. |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Alfred Hans Kuby (Hrsg.): Pfälzisches Judentum
gestern und heute. Beiträge zur Regionalgeschichte des 19. und 20.
Jahrhunderts. 1992. |
| Otmar Weber: Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter
besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südpfalz. Hg. von der
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz in Landau. 2005.
S. 158. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 225 (Kurzhinweis innerhalb des Abschnittes zu
Lambsheim). |
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|