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Mittwoch, 20. September 2017

Gründung des Speyerer Jesuitenkollegs vor 450 Jahren

Dr. Daniela Blum gab in ihrem Vortrag einen Einblick in das Zusammenleben der Konfessionen vor rund 450 Jahren in Speyer. 

Vortrag von Daniela Blum beleuchtet die Gegenreformation in Speyer und berichtet von historischen Konflikten zwischen dem Domkapitel und dem lutherisch geprägten Stadtrat

Speyer. Über das im Jahr 1567 - also vor genau 450 Jahren - gegründete Jesuitenkolleg in Speyer sprach Dr. Daniela Blum in einer Abendveranstaltung des Forums Katholische Akademie am 19. September im Friedrich-Spee-Haus in Speyer. Die Referentin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Mittlere und neuere Kirchengeschichte in Tübingen und hat sich im Rahmen ihrer Dissertation mit den Auswirkungen der Reformation und dem Zusammenleben der Konfessionen in der Stadt Speyer im 16. und frühen 17. Jahrhundert befasst.

Das Speyerer Domkapitel holte die Jesuiten 1566 als Prediger und zum Aufbau eines katholischen Schulwesens nach Speyer. Bereits in den Jahren 1541 und 1542 war Petrus Faber, eine der Gründungsgestalten des Jesuitenordens und 2013 von Papst Franziskus heiliggesprochen, in Speyer gewesen. „Wie alle Verantwortlichen des Jesuitenordens sah er das zentrale religiöse Problem der Altgläubigen nicht im Protestantismus, sondern in der seelsorgerischen Krise seiner eigenen, der katholischen Kirche“, so Daniela Blum. Die Antwort war eine Bildungsoffensive, die in Speyer auf fruchtbaren Boden fiel. Waren es 1574 noch 100 Schüler, die das Jesuitenkolleg besuchten, hatte sich die Schülerzahl sechs Jahre später bereits mehr als verdoppelt.

Der lutherische Rat der Stadt Speyer betrachtete den Erfolg der Jesuiten mit Argwohn und forderte das Domkapitel mehrfach auf, die Jesuiten aus der Stadt zu vertreiben. „Der lutherische Rat wehrte sich gegen das Vorhaben, mithilfe der Jesuiten den Katholizismus in der Stadt zu stabilisieren“, erklärte Daniela Blum. Die Jesuitenpatres waren gebildet und eloquent und betraten ohne Angst den öffentlichen Raum. Das wirkte gerade auf die Jugend ungeheuer attraktiv. Hatte der lutherische Rat zunächst geglaubt, der Katholizismus werde sich schon bald von selbst erledigen, markiert das Wirken der Jesuiten einen Wendepunkt, mit dem das katholische Leben in Speyer neue Kraft gewann. Eine Unterbrechung erfuhr das Wirken der Jesuiten durch den pfälzischen Erbfolgekrieg. Im Jahr 1689 wurde das auf der Nordseite des Doms gelegene Jesuitenkolleg ein Opfer der Zerstörung und des großen Stadtbrandes. Zwischen der Stuhlbrudergasse und dem Domgarten errichteten die Jesuiten nach Kriegsende ein neues Kolleg. Mit der Auflösung des Jesuitenordens durch Papst Clemens XIV. im Jahr 1773 endete auch die Geschichte des Jesuitenkollegs in Speyer.

Heute erinnert eine Gruft unter der Stuhlbrudergasse an das Wirken des Jesuitenordens in Speyer. Die Gruft wurde während der Französischen Revolution geplündert, von den Knochen der Verstorbenen fehlt jede Spur. Bei Kanalisationsarbeiten im Jahr 1925 wurde die Gruft wiederentdeckt. Etliche der rund 35 Besucherinnen und Besucher stiegen vor dem Vortrag die schmale Steintreppe hinunter zu der ehemaligen Grablege, in der sich rund 30 Grabkammern befinden. An der Decke haben sich durch die Feuchtigkeit, ähnlich wie in einer Tropfsteinhöhle, Stalaktiten gebildet.