Ehrenamtliches Engagement
Herzlichen Dank für Ihr Interesse am ehrenamtlichen Engagement in unserem Bistum. Wer sich ehrenamtlich in der Kirche engagiert, tut einen Dienst am Nächsten und leistet einen Beitrag für eine bessere Welt – er macht die christliche Botschaft erfahrbar.
Sie können in vielfältiger Art aktiv werden. Hier finden Sie einen Überblick über unterschiedliche Einsatzfelder.
Diese sieben Begriffe stehen für die Eckpunkte, auf denen das Zusammenwirken von Ehren- und Hauptamtlichen im Bistum Speyer basiert. Bei den sieben Themenfeldern gibt es Informationen zu den jeweils passenden Unterstützungs- und Beratungsangeboten sowie wichtige Formulare und Materialien.
Aktuelle Beiträge zum ehrenamtlichen Engagement im Bistum Speyer
“Kein kleines Boot, sondern ein großer Dampfer“
Caritasverband und Bistum Speyer präsentieren ihre Möglichkeiten für ehrenamtliches Engagement beim landesweiten Ehrenamtstag in Haßloch - Ein Nachbericht von Dr. Christine Kraus
Ehrenamtliche aus ganz Rheinland-Pfalz haben sich am Sonntag, 3. September, zum 20. landesweiten Ehrenamtstag in Haßloch getroffen. Die Veranstaltung wurde nach dem gut besuchten ökumenischen Open Air Gottesdienst mit Weihbischof Otto Georgens und Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst von Ministerpräsidentin Malu Dreyer eröffnet.
„Ehrenamt ist die Weitergabe von Liebe, die wir selbst erfahren“, machte der Weihbischof bei der Begrüßung deutlich. „Liebe“ war das zentrale Thema dieses Gottesdienstes – die Liebe Gottes zu den Menschen und die Liebe der Menschen zu ihren Nächsten. „Liebe ist im Spiel, wenn Menschen sich ehrenamtlich engagieren“, davon zeigte sich Dorothee Wüst in ihrer Predigt überzeugt. Rund ein Fünftel der Deutschen würde sich ehrenamtlich engagieren. Für viele Menschen sei das immer noch selbstverständlich. „Aber nicht alles ist gut. Ehrenamtliche wollen keine Lückenbüßer sein für das, was hauptamtlich nicht getan werden kann“, betonte Wüst. Menschen müssten sich frei entscheiden können, welches Ehrenamt sie ausüben möchten und nicht einfach dahin gesteckt werden, wo gerade jemand gebraucht würde. „Wenn ich meinen Platz finde, so wie es zu mir passt, dann tue ich gern, was ich tue. Mit Liebe, frei und freiwillig, nicht weil ich es muss“, sagte Wüst. Ehrenamt dürfe keine Selbstaufgabe, keine Überforderung sein. Da müsse es auch bei den Kirchen ein Stück weit einen Paradigmenwechsel geben.
Diese Vielfalt an Angeboten für Ehrenamtliche bieten sowohl die katholische Kirche als auch die Caritas. Davon sind Diözesan-Caritasdirektorin Barbara Aßmann und Dr. Thomas Kiefer, Leiter der Abteilung Seelsorge im Bistum Speyer, überzeugt. „Wir sind da kein kleines Boot, sondern ein großer Dampfer“, sagte Kiefer. Beide sind sich bewusst: „Ohne Ehrenamt geht gar nichts.“ Sowohl das Bistum Speyer als auch der Caritasverband beteiligten sich mit Ständen am „Marktplatz Ehrenamt“, wo sich über 50 Organisationen, Projekte, Einrichtungen und Initiativen aus ganz Rheinland-Pfalz vorstellten.
Ehrenamt in der katholischen Kirche ist weit mehr als das Engagement in der eigenen Kirchengemeinde. Vier Stellwände mit bunten Puzzleteilchen verdeutlichten am Stand des Bistums, wo ehrenamtliches Engagement überall möglich und auch nötig ist. Da sind zum einen die Verbände wie DJK, Katholische Arbeiterbewegung, Familienbund der Katholiken, KDFB, kfd und Kolping, die rund 27.000 Mitglieder haben, wie DJK-Referent Martin Fischer deutlich macht. Zum anderen gebe es acht starke Jugendverbände im Bistum Speyer, deren vielfältiges Engagement Gunter Straub und Sidney Jackson vorstellten. Unter der Überschrift „Marktplatz Ehrenamt“ finden sich viele unterschiedliche Institutionen und Gruppierungen, die von der ehrenamtlichen Mitarbeit vieler Frauen und Männer leben. Angefangen von katholischen öffentlichen Büchereien (KÖB), Kirchenchören und Organisten über Lektoren, Sakristane, Kommunionhelfer, Gottesdienstleiter bis zur Mitarbeit in den pfarrlichen Gremien. Bei Letzteren sei es in einigen Gemeinden nicht leicht, Nachwuchs zu finden, in anderen Bereichen habe man dagegen sogar Wartelisten für Interessenten, erzählt Marianne Steffen, zuständig für Besondere Seelsorge. Für die Qualifizierungskurse von Telefonseelsorge, Krankenhausseelsorge und Sterbesegen gebe es viele Bewerber.
„Sehr gut läuft es immer dann, wenn Menschen für die Aufgaben, die sie machen, eine Qualifikation bekommen. Wir müssen sie darauf vorbereiten“, erklärt Marianne Steffen. Die Rahmenbedingungen müssen stimmen, Ehrenamtliche bräuchten Qualifizierung und hauptamtliche Ansprechpartner. „Echtes Ehrenamt wird nicht bezahlt, aber es darf auch kein Geld kosten. Und Ehrenamtliche müssen auch Nein sagen und auch aufhören dürfen“, betont Steffen.
Auch bei der Caritas finden Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren möchten, ein weites Betätigungsfeld. „Wir können eine sehr breite Palette an kreativen und vielfältigen Angeboten bieten“, erklärt Barbara Aßmann und beginnt aufzuzählen: Sozialkaufhäuser, Wohnungslosenhilfe, Hospizarbeit, Quartiersmanagement, Sozialraumarbeit, Flüchtlingshilfe. Dank ehrenamtlicher Mitarbeiter hätten auch neue Projekte realisiert werden können, wie die „Erzählbank“, die in Pirmasens sehr gut ankomme. Hier finden Menschen jemanden zum Reden.
Ohne ehrenamtliche Mitarbeit seien auch viele Angebote in den Caritas-Alten- und Förderzentren nicht möglich, erklärt Lukas Buschbacher, Referent für Gemeindecaritas. Das gelte auch für Kirchengemeinden. Dort würde oft gar nicht realisiert, welche caritativen Dienste durch Ehrenamtliche geleistet werden. Zum Beispiel bei Besuchsdiensten. Dieses Engagement gehöre für sie einfach zum christlichen Selbstverständnis. Die Caritas biete auch den in den Gemeinden tätigen Ehrenamtlichen Unterstützung, zum Beispiel durch Weiterbildung, an. Wichtig sei es auch, Dankbarkeit für das Ehrenamt zu zeigen. Die Caritas macht das mit einem Caritas-Tag, der jedes Jahr in einem anderen Dekanat des Bistums Speyer stattfindet und der für die Ehrenamtler nicht nur ein Zeichen der Wertschätzung ist, sondern auch eine gute Gelegenheit zum Austausch mit anderen bietet. Für besonderes Engagement wird zudem der Nardini-Preis verliehen.
„Menschen für das Ehrenamt gewinnt man durch persönliche Gespräche“, weiß Barbara Aßmann. Die Teilnahme am Ehrenamtstag sieht sie, wie auch die Kollegen am Stand des Bistums, als Chance, mit interessierten Menschen ins Gespräch zu kommen. Viele der Besucher auf dem Ehrenamtstag sind bereits ehrenamtlich engagiert und nutzen die Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch mit anderen. Manche kommen aber gezielt vorbei, um ein passendes Ehrenamt zu finden. Besonders freut sich Barbara Aßmann, als sie von einem Ehepaar aus Speyer angesprochen wird, das nun im Ruhestand ein sinnvolles Betätigungsfeld sucht. „Sie werden etwas Passendes bei uns finden“, ist Aßmann überzeugt.
Zuhören und für andere Dasein – Das etwas andere Ehrenamt
Telefonseelsorger Peter Annweiler im Interview mit John Seegert
Rund 1,5 Millionen Menschen in Rheinland-Pfalz engagieren sich ehrenamtlich für die gute Sache. Wie wichtig ihre Arbeit ist, will das Land am 03. September mit dem großen Ehrenamts-Tag im pfälzischen Haßloch würdigen. Klar ist: Ohne Ehrenamt würden viele Bereiche unseres Lebens nur sehr schwer oder gar nicht funktionieren – sei es in Sport, Kultur, Tierschutz, Gesundheit oder in der Kirche. Bei der Ökumenischen Telefonseelsorge Pfalz begleiten 85 ehrenamtlichen Mitarbeitende viele Menschen durch persönliche Krisen und Schicksalsschläge. Zusammen mit seinen Kolleginnen Ursula Adam und Astrid Martin vom Bistum Speyer leitet Pfarrer Peter Annweiler von der Evangelischen Landeskirche die Ökumenische Telefonseelsorge Pfalz. Er berichtet über die Besonderheiten dieses Ehrenamts.
Herr Annweiler, wie wichtig sind Ehrenamtler für die Telefonseelsorge?
„Die ehrenamtlichen Mitarbeitenden sind von Anfang an ‚Kern und Stern‘ der Telefonseelsorge. Die Telefonseelsorge gibt es seit mehr als 60 Jahren in Deutschland ein Angebot, das von Anfang an für und mit Ehrenamtlichen aufgebaut worden ist. Wir bilden unsere Ehrenamtlichen gut aus, wir bieten Fortbildungen und Supervision für sie an. Ich bin immer wieder erstaunt über das Engagement, das unsere Mitarbeitenden zeigen, weil sie so eine sinnvolle Tätigkeit ausüben.“
Nun gibt es viele Bereiche, in denen es immer weniger Ehrenamtliche gibt – zum Beispiel Sport- oder Musikvereine – wieso ist das bei der Telefonseelsorge anders?
„Ich glaube, es erfüllt einfach uns Menschen, wenn wir hilfreich für andere sein können. Das gelingt den Ehrenamtlichen, indem sie niedrigschwellig da sind, indem sie gut ausgebildet sind und vor allem erstmal zuhören. Und das wird von Ratsuchenden sehr geschätzt.“
Was muss jemand mitbringen, der sich ehrenamtlich in der Telefonseelsorge engagieren möchte?
„Ein bisschen Lebenserfahrung sollte man mitbringen und darüber hinaus die Neugier sowie das Interesse an anderen. Sich in fremde Lebenswelten hinein zu versetzen ist eine der Hauptaufgaben, die man in einem Gespräch mit Ratsuchenden hat – und nicht sofort mit eigenerdachten Lösungsvorschlägen zu kommen. Es geht darum, sich zurück zu nehmen und das auch zu lernen. Darum trainieren wir unsere Ehrenamtliche, dass es eher ums Zuhören und Dasein geht und nicht darum, Ratschläge zu geben.
Was erleben Ihre Mitarbeitenden bei ihrer täglichen Arbeit? Mit welchen Problemen werden sie konfrontiert?
„Wir haben ein sehr breites Spektrum an Anrufenden und Ratsuchenden: Von jungen Leuten, die vor allem via Chat unseren Rat suchen, wo es um Liebeskummer, Beziehungsthemen, Versagensängsten oder Mobbing in der Schule geht, bis hin zu alten Menschen, die einsam sind. Wobei Einsamkeit allgemein ein großes Thema ist, nicht nur bei alten Menschen: In einer ‚plappernden Gesellschaft‘ fällt es immer wieder auf, dass es viele Menschen gibt, die ohne wirkliche Gespräche und ohne wirkliche Kontakte leben. Sie melden sich dann manchmal einfach nur bei uns, um zu sagen: ‚Ich muss einfach mal am Telefon eine Stimme hören.‘ Natürlich gibt es auch die ganz konkreten Anlässe, dass jemand bei der Arbeit, in der Schule, im beruflichen Alltag oder im Privatleben ein Thema hat, mit dem er oder sie nicht fertig wird.“
Und da gibt es keine Einschränkungen, dass ein Problem erst „groß genug“ sein muss, um sich bei Ihnen melden zu können?
„Bei uns sind alle willkommen. Die Leute nehmen die Schwelle auch ganz bewusst und sagen sich: ‚Ich trau mich jetzt mal, bei der Telefonseelsorge anzurufen.‘ Oftmals haben die Menschen dann schon im Familien-, Freundes- oder Bekanntenkreis über ihr Anliegen gesprochen und dann kommt oftmals der Punkt, an dem sie mit jemand Neutralem sprechen wollen. Jemand, der eben nicht sagt: ‚Sag doch nicht so dumme Sachen‘ oder ‚Draußen scheint doch die Sonne‘. Die Anrufenden wollen mit jemandem sprechen, der sich mit der Thematik auseinandergesetzt hat, der auch bereit ist, suizidale Gedanken erstmal anzunehmen. Diese Gedanken sind eben einfach da, ich kann sie nicht weg reden, ich kann sie nur vielleicht in einen anderen Kontext setzen und sie so weiterführen.“
Bleiben wir in dem Szenario - wie kann der oder die Ehrenamtliche am Telefon jemandem helfen, der anruft und sagt: „Ich kann nicht mehr, ich will mir das Leben nehmen“ ?
„An einem solchen Punkt gibt es natürlich kein pauschales Rezept. Eine Art ‚Einstiegspfad‘ in ein solches Gespräch ist aber immer wieder, dass man den Anrufenden mit Empathie und Respekt begegnet und sie sich in ihrer Situation mit all ihren Problemen gesehen fühlen. Am Ende solcher Telefonate sind die Menschen dann tatsächlich nicht mehr so nah dran, mit diesen schweren Gedanken, sich das Leben zu nehmen, wie am Anfang des Gesprächs. Sie haben durch die Zuwendung erlebt, wie sich eine Perspektive weiten kann – vielleicht nicht für immer, aber auf jeden Fall für diesen Moment, diese Nacht oder diesen Tag. Darum ist die Telefonseelsorge so wichtig: Es gibt kaum eine andere Einrichtung, die rund um die Uhr erreichbar ist, sodass jederzeit ein Gespräch möglich ist.
Wie verabschiedet man sich dann nach so einem Gespräch? Wenn mir das als Betroffener geholfen hat, kann ich dann ein weiteres Telefonat mit Ihnen verabreden?
„Diese Gespräche sind als einmalige Gespräche angelegt, denn wir machen keine Therapie. Wir bieten ein niederschwelliges Gesprächsangebot rund um die Uhr an, können erste Schritte mit Betroffenen gehen und können natürlich auch Adressen und Kontakte nennen, an die man sich wenden kann. Da geht es von der Vermittlung von Telefonnummern bis hin zum Rat, die 112 zu wählen, wenn jemand eingewiesen werden will.“
Wie haben sich denn die Anrufzahlen in den vergangenen Jahren verändert? Gerade im Hinblick auf Corona, Ukraine-Krieg und ähnliche Ereignisse?
„Die Telefonseelsorge ist immer sowas wie ein Seismograph. Wir merken sehr genau, was in der Gesellschaft gerade los ist. Dabei sind wir meistens so gut ausgelastet, dass es gar nicht möglich ist, beispielsweise doppelt so viele Anrufe anzunehmen. Was die Themen angeht, können wir aber sagen, die Themen Einsamkeit und Stabilität von Beziehungen von den Erfahrungen, die während der Pandemie gemacht wurden herrühren. Es ist ein Alarmzeichen für die Gesellschaft, dass es offenbar immer weniger Bindung gibt und weniger Beziehungen, die Menschen von diesem Einsamkeitsgefühl abhalten.“
Nun sind Sie schon eine ganze Weile dabei, welche Art von Anrufen nimmt Sie denn persönlich besonders mit?
„Also ich darf natürlich im Sinne der Anonymität nichts von einzelnen Anrufen berichten, aber ich kann einen Typus von Ratsuchenden beschreiben. Was mir immer sehr nahe geht sind Gespräche mit Jugendlichen, die zuhause Gewalt erleben. Wenn das bei uns aufschlägt, versuchen wir mit den jungen Menschen erstmal die Situation wahrzunehmen, achtsam damit umzugehen und dann weitere Schritte zu überlegen.“
Wie verhindern Sie und Ihre Mitarbeitenden, dass Sie nicht selbst getriggert werden durch bestimmte Anrufsituationen?
„Indem man gut ausgebildet wurde und genau weiß, wo seine eigenen schwierigen Punkte liegen. Die Ehrenamtlichen wissen im Zweifel, dass sie im Extremfall sagen können: ‚Es tut mir leid, ich kann das Gespräch jetzt nicht führen, weil mir das Thema zu nahe kommt‘ – vielleicht auch, weil es ein persönliches Thema ist. Deswegen sind die Ausbildung, die Supervision und die Begleitung der Mitarbeitenden so wichtig.“
Wenn ich mich nun für die ehrenamtliche Arbeit bei der Ökumenischen Telefonseelsorge Pfalz interessiere – wie kann ich mich bei Ihnen bewerben?
„Wir fangen unseren nächsten Ausbildungskurs Ende Januar 2024 an. Im November wird es einen Infoabend geben. Informationen finden Interessierte auf unserer Website. Dort können sich jede und jeder bewerben und auch schon Kennenlerngespräche ausmachen. Wir freuen uns über neue Mitarbeitende.“
Schauen wir auf die andere Seite der Telefonleitung: Wie erreiche ich Sie in einer Krisensituation?
„Es gibt eine bundesweite Rufnummer, das ist die 0800 – 111 0 111, die wird bundesweit von jedem Handy und jedem Festnetzanschluss zugestellt. Über unsere Website telefonseelsorge.de können wir auch Chats und Mails beantworten. Darüber hinaus haben wir seit einigen Jahren eine Telefonseelsorge-App, den ‚Krisen- Kompass‘: Das ist quasi der Notfallkoffer für die Hosentasche – mit Ratschlägen für schwierige Situationen, Entspannungstechniken, Fantasiereisen. Außerdem gibt es zwei andere Kapitel und Überschriften in der App für Menschen, die sich um jemanden sorgen, der Suizidgedanken hat oder für Menschen, die jemanden durch Suizid verloren haben. Alles in allem ein sehr wertvolles Werkzeug.“
Die Angebote der Telefonseelsorge Pfalz:
Telefon: 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222
Chat/Mail: online.telefonseelsorge.de
Webseite: www.telefonseelsorge-pfalz.de
App: Krisen-Kompass im App Store oder im Google Play Store
Das Interview mit Peter Annweiler läuft in der Sendung "RPR1 Einfach himmlisch" am 3. September ab 6.00 Uhr auf RPR1.
„Für die Betroffenen ist das ein Ausnahmezustand“
Ein Porträt über den ehrenamtlichen Notfallseelsorger Rudi Götz von Parviz Khosrawi
Rund 1,5 Millionen Menschen in Rheinland-Pfalz engagieren sich ehrenamtlich. Sie helfen durch ihren freiwilligen Einsatz anderen Menschen. Einer von ihnen ist Rudi Götz aus Annweiler. Der 66-Jährige ist seit Mai letzten Jahres ehrenamtlicher Notfallseelsorger beim DRK Kreisverband Südliche Weinstraße. „Wir begleiten Menschen in außergewöhnlichen und belastenden Situationen. Das ist unsere Aufgabe,“ so Rudi Götz.
Das Telefon von Rudi Götz klingelt, wenn in seiner Umgebung etwas Schlimmes passiert ist. Vom schweren Verkehrsunfall bis hin zum Suizid. Der ehemalige Feuerwehrmann kommt dann zum Einsatz: „Wir werden zum Beispiel durch den Rettungsdienst aktiviert, nach einer erfolglosen Reanimation oder auch, wenn die Polizei nach einem tödlichen Verkehrsunfall eine Todesnachricht überbringen muss. Dann begleiten wir die Kolleginnen und Kollegen. Das hat sich als sehr hilfreich erwiesen, dass wir die Menschen in ihrer Notsituation dann betreuen.“
Rudi Götz und seine Kolleginnen und Kollegen sind für die Angehörigen da, helfen, leisten seelischen Beistand. Er weiß, wie wichtig seine ehrenamtliche Tätigkeit für die betroffenen Menschen ist: „Für die Betroffenen ist das ein Ausnahmezustand, wenn sie eine schlimme Nachricht erhalten, die in vielen Fällen aus heiterem Himmel, ohne Ankündigung kommt. Die Angehörigen sind dann oft paralysiert, also handlungsunfähig. Dann versuchen wir durch unsere Anwesenheit, aber auch durch Techniken die wir erlernt haben, im Gespräch herauszufinden, was diese Menschen gerade brauchen und was ihnen hilft. Wir bilden sozusagen zu einem gewissen Maß ein virtuelles Geländer, an dem sie sich festhalten können.“
Um als ehrenamtlicher Notfallseelsorger zu arbeiten, wird eine spezielle Ausbildung benötigt, die vom Bistum Speyer gemeinsam mit der Evangelischen Kirche der Pfalz angeboten wird. Doch nicht nur die Schulung und das Erlernte auch die persönliche Einstellung und der Wille, anderen Menschen helfen zu wollen sind natürlich entscheidend: „Zunächst verspürt man erstmal den Wunsch, in der Notfallseelsorge mitarbeiten zu wollen. Man wird eingeladen zu einem Gespräch, wo die Ausbilder genau schauen, ob man von seiner Persönlichkeit her überhaupt für dieses Ehrenamt geeignet ist. Man wird gefragt, wie man mit schwierigen Situationen umgeht. Danach folgt eine Ausbildung in acht Modulen, in denen viele Themen und Felder besprochen wurden.“
Kein Einsatz gleicht dem anderen. Nicht nur die Fälle sind immer anders, auch die Menschen, die betroffen sind, befinden sich in unterschiedlichen Lebenssituationen. Jeder Mensch verarbeitet den Verlust eines geliebten Menschen auf ganz eigene Weise. Rudi Götz beschreibt: „Die Einsätze insbesondere nach Suiziden sind sehr anspruchsvoll. Aber auch nach Unfällen sind die Betroffenen in einem Ausnahmezustand. Und in den Fällen, wo es zu einem Unfall mit Todesfolge kam, werden die Angehörigen ohne Vorankündigung wirklich mitten aus dem Leben herausgerissen.“
Es gibt natürlich auch Einsätze, die Rudi Götz selbst sehr bewegen und die ihn lange noch emotional sehr beschäftigen. Er berichtet von einem tödlichen Unfall, bei dem er eine Frau begleitete. Sie äußerte den Wunsch, ihren toten Ehemann ein letztes Mal sehen zu können. „Das war ein sehr intimer Moment. Man spürt was das mit den Menschen macht, wenn sie einen nahen Angehörigen in einer solchen Situation berühren können. Sie beginnen den Tod im wahrsten Sinne des Wortes zu begreifen. Es ist erstaunlich, was dieser Moment mit den Menschen macht, etwas anzunehmen, ruhig zu werden innerlich!“, beschreibt Rudi Götz.
Der 66-Jährige ist für andere Menschen da, wenn sie ein geliebtes Familienmitglied verlieren. Den Ehemann, die Ehefrau, den Vater, die Mutter oder vielleicht sogar ein Kind. Das Leid anderer Menschen zu teilen, ist natürlich seelisch sehr belastend. Deshalb hat Rudi Götz für sich Möglichkeiten geschaffen, das Erlebte zu verarbeiten: „Man ist natürlich mit Leib und Seele dabei. Ganz wichtig ist jedoch, dass man die notwendige Balance und Distanz für sich selbst behält. Um den Menschen wirklich helfen zu können. Danach ist es so, dass man Dinge tut, die einem guttun. Ich gehe dann mal raus in die Natur oder ziehe mich zurück in die Hobbywerkstatt. Oder ich spreche mit meiner Familie darüber. Wobei die Familie sehr gut spürt, ob ich dann lieber allein sein möchte oder über das Erlebte sprechen mag. Natürlich ohne Namen zu nennen. So kann ich meine Einsatzfähigkeit am Ende aufrechterhalten.“
Rudi Götz ist gläubiger Katholik. Der Glaube an Gott ist für den 66-Jährigen auch bei seiner Arbeit als ehrenamtlicher Notfallseelsorger sehr wichtig: „Ich glaube, dass die christliche Haltung mir hilft, den Menschen zugewandt zu sein und sehr viel Empathie zu haben. Auf genau das kommt es am Ende drauf an. Und ich bin überzeugt: Die Menschen spüren das. Ich bin sehr dankbar dafür, dass man uns im Rahmen unserer Ausbildung diese Haltung auch intensiv vermittelt hat.“
Rudi Götz ist froh über seine neue Aufgabe als ehrenamtlicher Notfallseelsorger. So kann er nach seiner aktiven Dienstzeit als Feuerwehrmann weiterhin für andere Menschen da sein. Ihnen zuhören. Ihnen zur Seite zu stehen. Und ihnen helfen, den Tod eines geliebten Menschen zu verarbeiten.
Das Interview mit Rudi Götz läuft in der Sendung "RPR1 Einfach himmlisch" am 3. September ab 6.00 Uhr auf RPR1.