Die heutige
Telemedizin ist zwar noch weit davon entfernt, was Hollywood in so manchem
Science-Fiction-Film auf die Leinwand zaubert, doch bereits jetzt kann sie
entscheidend dazu beitragen, Krankenhausaufenthalte zu vermeiden und die
Lebensqualität der Menschen zu steigern. Davon sind auch Dr. Alae Bourakkadi,
Chefarzt für Innere Medizin am St. Elisabeth Krankenhaus in Mayen, und
Weiterbildungsassistentin Anne Mercier überzeugt. Mithilfe der sogenannten
Herz-App bieten sie am Telemedizin-Zentrum des St. Elisabeth Krankenhauses
schon jetzt eine bessere digitale und persönliche Versorgung für Patienten mit
Herzschwäche. „Wir stellen in der Telemedizin jetzt die Weichen, für das was
künftig möglich sein wird“, sagt Anne Mercier. Finanziell und ideell werden die
App und das Verfahren dahinter durch den Landkreis Mayen-Koblenz unterstützt,
der darin einen wichtigen Schritt zur Etablierung von Telemedizin und Sicherung
der flächendeckenden medizinischen Versorgung im ländlichen Raum sieht. 150.000
Euro hatte der Kreistag bereits Ende 2018 für die Herz-App bewilligt. „Ich bin
überzeugt, dass dieses Telemedizin-Projekt ein guter Schritt zur Sicherstellung
der ärztlichen Versorgung in Mayen-Koblenz ist“, sagt Landrat Dr. Alexander
Saftig. Auch das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie
des Landes Rheinland-Pfalz beteiligt sich mit gut 385.000 Euro am Projekt „Herzverbund
Rheinland-Pfalz“.
Für Patienten
ist die Teilnahme an dem Projekt mit keinerlei Kosten verbunden. Bereits April
betreut die angehende Fachärztin für Innere Medizin, Anne Mercier, zwölf
Patienten aus der Ferne, die an Herzinsuffizienz leiden – eine Erkrankung des
Herzens, die durch einen geschwächten Herzmuskel verursacht wird. Dabei überprüft
sie täglich relevante Vitalparameter, wie beispielsweise das Gewicht oder den
Blutdruck, die die Patienten mithilfe der Herz-App und kostenlos zur Verfügung
gestellten Messgeräten erfassen. „Neben Patienten mit Herzinsuffizienz sind
auch solche nach Herzinfarkt oder mit implantierten Defibrillatoren für die
Teilnahme geeignet“, erläutert Chefarzt Dr. Bourakkadi. Einzige Voraussetzung:
Die Teilnehmer müssen im Besitz eines internetfähigen Smartphones sein. Das
sei, so gibt Anne Mercier zu bedenken, zwar für hochbetagte Patienten, die mit
der Technik nicht umgehen können, eine große Hürde. „Doch die jüngeren werden
schließlich auch mal älter“, sagt sie mit Blick auf die Zukunft. Aktuell liegt
das Durchschnittsalter der Teilnehmer bei rund 60 Jahren.
In der
Herz-App „SaniQ Heart“, die von dem Koblenzer Software-Unternehmen Qurasoft
entwickelt wurde, führen die Patienten auf ihrem Smartphone ihr persönliches
Gesundheitstagebuch. Dazu erfassen sie mithilfe einem Bluetooth-fähigen
Messgerät den Blutdruck sowie den Puls und die Sauerstoffsättigung im Blut.
Ebenfalls drahtlos aufs Smartphone und in die App übertragen wird das
Körpergewicht mithilfe einer entsprechenden Waage. „Es ist sehr wichtig, dass
sich die Patienten täglich wiegen. So können mögliche Wassereinlagerungen im
Körper schnell festgestellt werden, die zu Luftnot führen können“, erläutert
Weiterbildungsassistentin Anne Mercier, die sofort reagieren kann, sollten sich
diese Werte verschlechtern. Über die Nachrichtenfunktion der Herz-App kann sie
so auch direkt Kontakt zum Patienten aufnehmen. „Das ist kein Notrufprogramm,
dass im Ernstfall einen Notruf oder den Einsatz eines Notarztes ersetzt“,
erinnert Anne Mercier eindringlich. „Aber die Teilnehmer fühlen sich einfach
gut betreut, wenn sie wissen, da blickt jemand auf die Daten.“ Auf Wunsch der
Patienten teilt die Medizinerin die Daten auch den Hausärzten mit, die
daraufhin entsprechende Medikamentierungen oder Therapien anordnen können.
„Unterm Strich bestimmen die Patienten selbst, was mit ihren Daten geschieht“,
betont Mercier.
Aus Sicht von
Dr. Alae Bourakkadi hilft der Einsatz der Herz-App enorm dabei, die Lebensqualität
von Herzinsuffizienz-Patienten zu steigern. „Wenn die Menschen auf sich
aufpassen und nur etwa drei Minuten am Tag dafür aufbringen, sich zu wiegen und
Blutdruck zu messen, haben sie schon viel gewonnen. Das alles hat auch einen
prognostischen Effekt“, betont der Chefarzt für Innere Medizin am St. Elisabeth
Krankenhaus, der die Hoffnung hat, dass zukünftig möglichst flächendeckend auch
Patienten in Seniorenheimen von der Herz-App profitieren könnten. Übrigens: Bis
auf die besagten wenigen Minuten täglich müssen die Teilnehmer keine weitere
Zeit in das Projekt investieren. Nach einer einmaligen Einweisung in die
Herz-App und die Gerätschaften gibt es im Idealfall – also bei guten Messwerten
– kaum noch Kontakt zum Telemedizin-Zentrum am Mayener Elisabeth Krankenhaus.
Information:
Beim „Herzverbund Rheinland-Pfalz“ handelt es
sich um ein Modellprojekt zur Optimierung der Versorgung von
Herzinsuffizienz-Patienten. Das Projekt wird im Rahmen einer Studie evaluiert.
Weitere Infos gibt es unter www.herzverbund.de. Wer kostenlos als Patient am
Projekt „Herzverbund Rheinland-Pfalz“ teilnehmen und von den Vorzügen der
Herz-App profitieren möchte, kann sich unter Tel. 0173/2382695 an das
Telemedizin-Zentrum am St. Elisabeth Krankenhaus in Mayen wenden.