Neue Linien
und Ziele, dichte Taktungen, bessere Anbindungen, sinnvolle Verknotungen und
unzählige Umsteigemöglichkeiten – das ist das neue ÖPNV-Konzept im Landkreis
Mayen-Koblenz. „Dass dies nach dem katastrophalen Start aktuell in der
Bevölkerung nicht so gesehen wird, kann ich nur allzu gut nachvollziehen. Ich
bedauere es sehr, dass es in den vom Transdev-Konzern bedienten Teilen des
Landkreises zu vielen inakzeptablen Missständen gekommen ist“, sagt Landrat Dr.
Alexander Saftig. Gleichzeitig will der Kreischef eine Lanze für das neue
ÖPNV-Konzept brechen, das unabhängig von den Problemen mit Transdev von immer
mehr Bürgern komplett infrage gestellt wird.
Warum kam es zu der Veränderung im
ÖPNV-Angebot?
„Gerade im
ländlich geprägten Teil des Landkreises war das alte Angebot im öffentlichen
Personennahverkehr nicht optimal, da teilweise wichtige Verbindungen nicht
bestanden haben oder Linien nicht aufeinander abgestimmt waren“, bringt es
Landrat Dr. Alexander Saftig auf den Punkt. Vor dem Hintergrund, dass alle
Konzessionen für die Linien im Landkreis Ende 2021 ausliefen, wurde bereits im
Jahr 2011 mit der Vorbereitung und den Planungen begonnen. Sämtliche Buslinien
wurden vom Verkehrsverbund Rhein-Mosel auf Grundlage des ÖPNV-Konzeptes des
Landes Rheinland-Pfalz geplant. Die Kreisverwaltung Mayen-Koblenz hat die Pläne
mit den Kommunen im Landkreis abgesprochen und mit den Schulen abgestimmt,
bevor sie durch die politischen Kreisgremien beschlossen wurden. Auf Basis
dieser umfangreichen Planung wurde dann eine vorgeschriebene europaweite
Ausschreibung durchgeführt.
Warum fahren jetzt öfter Busse durch
die Orte?
„Es sind
öfter Busse unterwegs, weil es ein erklärtes Ziel von Kreisverwaltung und
Kreistag ist, so zur Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs, zum
Erreichen der Klimaschutzziele und zur Steigerung der Lebensqualität im
Landkreis Mayen-Koblenz beizutragen“, sagt Landrat Dr. Saftig. Das neue
Linienbündelungskonzept hat eine Vielzahl von Veränderungen im Busangebot im
gesamten Landkreis Mayen-Koblenz mit sich gebracht. Ziel des Gesamtkonzeptes
war und ist es, den öffentlichen Personennahverkehr unter anderem mit
vertakteten Anschlussknoten und Freizeitlinien auf ein qualitatives und
quantitatives Niveau zu heben, das mit dem Individualverkehr konkurrieren kann.
„Der ÖPNV ist ein wichtiger Faktor im Klimaschutz. Ein Bus kann eine Vielzahl
von Autos ersetzen. Damit mehr Menschen auf den Bus umsteigen und das
ÖPNV-Angebot nutzen, bedarf es aber einer attraktiven Taktung“, sagt Landrat
Dr. Saftig und betont, dass es im alten Konzept oft vorkam, dass die einen
Busse wegfuhren, bevor andere an der Haltestelle ankamen. „Das hat dafür
gesorgt, dass man ewig unterwegs war und viele Menschen daher erst gar nicht
mit dem Bus fahren wollten.“
Das neue
Busangebot wurde unter Berücksichtigung zahlreicher Hinweise aus Orts- und
Verbandsgemeinden entwickelt. Zu Recht klagten viele Gemeinden über seltenen
Busverkehr und unzureichende Anbindungen. Das neue Linienbündelungskonzept
bringt jetzt grundsätzlich einen 60-Minuten-Takt im Landkreis Mayen-Koblenz mit
sich. Im Speckgürtel rund um die Stadt Koblenz verdichtet sich das Angebot
sogar auf einen 30-Minuten-Takt und schließt damit bislang vorhandene Lücken.
Warum sind viele Busse fast leer
unterwegs?
„Wir sind uns
dessen bewusst, dass der ÖPNV in Landkreis Mayen-Koblenz durch den chaotischen
Start einen enormen Imageverlust erfahren hat. Wir werden noch lange damit zu
kämpfen haben, das verlorene Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen“, betont
der Landrat. Erschwerend hinzu kommt, dass sich jedes neue Fahrplanangebot erst
einmal etablieren muss. Wie der Verkehrsverbund Rhein-Mosel berichtet, kann es
durchaus bis zu drei Jahre dauern, bis sich ein neues Angebot durchsetzt. Und
nicht zuletzt hat auch die Corona-Pandemie dazu geführt, dass weniger Menschen
Bus fahren.
Wenn doch nur wenige den ÖPNV nutzen,
warum sind die Busse dann so groß?
Die
eingesetzten Busse müssen entsprechend groß sein, da sie bereits morgens im
Schülerverkehr und zu den Stoßzeiten im Einsatz sind. Danach sind diese Busse
weiterhin im Landkreis unterwegs, um den Fahrplan zu erfüllen, bevor sie
mittags erneut den Schülerverkehr bedienen. Den beauftragten Busunternehmen ist
es nicht möglich, für alle Linien zusätzlich Fahrzeuge mit geringerer Kapazität
vorzuhalten und zwischendurch zu tauschen. Das wäre für sie weder
wirtschaftlich noch würde es der eng getaktete Fahrplan zulassen.
Warum werden Busfahrer ohne Orts- und
Deutschkenntnisse eingesetzt? Handelt es sich dabei um „billige Arbeitskräfte“?
Hinweise,
dass Busfahrer mit unzureichenden Orts- und Deutschkenntnissen im Einsatz sind,
haben das Kreishaus insbesondere aus den Bereichen Maifeld, Pellenz, Andernach
und Vordereifel erreicht, die vom Transdev-Konzern abgedeckt werden. „Die
Vergabe der Linienbündel an den Konzern Transdev wurde keineswegs über
Billiglöhne entschieden. Selbstverständlich wurden alle Sozialstandards in der
europaweiten Ausschreibung berücksichtigt“, versichert Landrat Dr. Saftig, für
den die mangelnden Kenntnisse nicht akzeptabel sind. „Schließlich tragen die
Verkehrsunternehmen eine hohe Verantwortung gegenüber den Fahrgästen.“ Zudem
hatte das Unternehmen der Kreisverwaltung noch zwei Wochen vor Umstellung des
Linienkonzepts Mitte Dezember auf Nachfrage versichert, dass alle Busfahrer
über ausreichende Deutsch- und Ortskenntnisse verfügen würden. „Wir sind auch
deshalb enttäuscht, weil das Unternehmen so auch seiner Verantwortung den
eigenen Angestellten gegenüber nicht nachkommt und die Busfahrer Situationen
aussetzt, die sie sprachlich nicht bewältigen können.“
Nach einer
Abmahnung und mehrfachem Drängen hat der Konzern Transdev der Kreisverwaltung
Mayen-Koblenz gegenüber versichert, wieder Ordnung ins Chaos bringen zu wollen.
Dazu gehört auch, dass Busfahrer intensive Sprachschulungen erhalten.
Wo kann man Anmerkungen und
Beschwerden zum ÖPNV loswerden?
Hinweise und
Anregungen zum Busverkehr im Landkreis Mayen-Koblenz nimmt die Kreisverwaltung
unter der Internetadresse https://kurzelinks.de/Busbeschwerde entgegen. „Das
neue ÖPNV-Angebot wird selbstverständlich beobachtet und gegebenenfalls
evaluiert“, sagt Landrat Dr. Alexander Saftig.