Donnerstag, 14. November 2024
November: Er ist der Montag unter den Monaten
In der Wetterküche ist derzeit vielerorts Nebelsuppe angesagt. Auch sonst weckt der Trauermonat November eher melancholische Gefühle. Viele mögen ihn nicht.
"Im traurigen Monat November war's / Die Tage wurden trüber / Der Wind riß von den Bäumen das Laub...", so beginnt Heinrich Heines gereimte Erzählung "Deutschland. Ein Wintermärchen". Der November ist der Monat mit dem schlechtesten Ruf.
November kommt vom lateinischen novem für neun. Weil bei den Römern lange Zeit der März der erste Monat des Jahres war, war der November der neunte. Altdeutsche Namen zeigen, welchen Charakter der Monat vor den Zeiten des Klimawandels normalerweise zeigte: "Windmond" hieß er bei Karl dem Großen im 8. Jahrhundert, "Nebelung" oder "Nebelmond"; aber auch "Schlachtmond", schließlich begannen früher zu dieser Jahreszeit die Hausschlachtungen der bäuerlichen Landbevölkerung.
Regen, Nebel, Graupel: Die Farbe Grau ist in vielen Teilen Deutschlands im November häufig recht dominant - auch wenn derzeit das Thermometer eher frühlingshafte Temperaturen zeigt. Die hellen Stunden des Tages werden deutlich weniger, und die Bäume verlieren ihre letzten farbigen Blätter - in diesem Jahr hält sich die Blattverfärbung übrigens recht eng an den Fahrplan der letzten 13 Jahren.
Schlechte Laune, Depression und Tristesse sind programmiert. November-Blues. Grau und Dunkelheit erinnern an Tod und Vergänglichkeit: Der November als Stolperstein des Jahres. Für Staat und die Kirchen ist der November ein Monat der Trauer und des Gedenkens an die Verstorbenen. Allerseelen, Buß- und Bettag, Totensonntag und Volkstrauertag - aus Sicht der Kirchen eine Chance, sich mit der eigenen Endlichkeit zu befassen und den Wert des eigenen Lebens zu bedenken. Für Unterbrechungen in der melancholischen Stimmung sorgen der Sankt-Martins-Tag mit seiner Lichtsymbolik und der Karnevalsauftakt am 11. im 11.
Montag unter den Monaten
In Umfragen ist der November regelmäßig der unbeliebteste Geselle. Er ist der Montag unter den Monaten. Kaum jemand kommt auf die Idee, im November zu heiraten. Bei einer Umfrage aus dem Jahr 2021 erwiesen sich der November und der Januar als die Tabellenletzten unter den Monaten, die jeweils nur von einem Prozent als Lieblingsmonat bezeichnet wurden. Lieblingsmonat ist, wie könnte es anders sein, der Mai, den 21 Prozent der Erwachsenen als ihren Favoriten nennen. Auf Platz zwei und drei lagen Juli (16 Prozent) und August (13 Prozent).
Die mangelnde Wertschätzung für den November hat vermutlich vor allem psychologische Gründe: Während der Oktober oft golden glänzt und von Ferien, Wein- und Obsternte geprägt ist, überstrahlen der Gedanke an Weihnachten, Adventskerzen und Geschenkeinkäufe manche trüben Dezembertage. Und im Januar werden die Tage ja dann schon wieder länger, die Vorfreude auf den Frühling wächst, die Lebensgeister kehren zurück - erst recht, wenn Karneval gefeiert werden kann.
Pech für den November, der die meiste Zeit im Sternzeichen des Skorpions steht. Und kein Wunder, dass sich der Tag des Mauerfalls vom 9. November 1989 nicht als Nationalfeiertag durchsetzen konnte. Meteorologisch allerdings lässt sich die Unbeliebtheit des Monats nicht unbedingt begründen. "Im Normalfall sind die nachfolgenden Monate Dezember, Januar und Februar im Mittel deutlich kälter als der November", hat der Deutsche Wetterdienst 2017 ausgerechnet. Auch ist der Dezember trüber als der November: Die Sonne scheint im November (51,5 Stunden) für gewöhnlich länger als im Dezember (36,6 Stunden).
Auch den deutschen Dichtern und Lyrikern lassen sich mit Blick auf den November vor allem melancholische Zeilen entlocken. "Das Herz ist schwer. / Wo sind, die vor uns dahingegangen?", dichtete Ricarda Huch in ihrem Gedicht "November". Ein wenig leichter klingt es bei Erich Kästner: "Der Winter sitzt schon auf den kahlen Zweigen, / Es regnet, Freunde, und der Rest ist Schweigen. / Wer noch nicht starb, dem steht es noch bevor. / Und der November trägt den Trauerflor..." (Christoph Arens / KNA)