Mittwoch, 20. November 2024
Viva Cristo Rey
Christus ist König, und seine Herrschaft ist Liebe
„Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen.“ Von wem das Zitat stammt? Von Wladimir Putin oder Xi Jingpin? Weit gefehlt. Von Winston Churchill. Doch der legendäre Premierminister des Vereinigten Königreichs hat etwas hinzugefügt: „Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen. Ausgenommen alle anderen.“
Völlig einverstanden. Demokratie heißt: Es gibt regelmäßig Wahlen. Ich kann die Mächtigen in die Opposition schicken, wenn sie mir nicht passen. Und ich bin froh, dass in der Regel der Übergang von einer zur anderen Regierung reibungslos funktioniert. Wie in wenigen Monaten hoffentlich auch.
Ich bin ein überzeugter Anhänger der parlamentarischen Demokratie für das staatliche Leben. Aber wie sieht es aus mit dem Leben aus dem Glauben? Im Evangelium heute sagt Jesus, als er vor Pilatus steht: „Ich bin König“ (Joh 19, 37). Das christliche Leben ist eine Monarchie. Und zwar eine absolute Monarchie.
Klingt sehr radikal, ich weiß. Doch Sie sagen – ohne es sich vielleicht bewusst zu sein – jeden Sonntag in der Messe Ja dazu. Bei jedem feierlichen Gebet, das ich als Priester in Ihrem Namen spreche, antworten Sie: „Amen“, „Ja, so ist es“, am Ende der Schlussformel: „Darum bitten wir durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn und Gott, der in der Einheit des Heiligen Geistes mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.“ Das lateinische Wort heißt: „regnat“, das man auch übersetzen könnte: „der König ist“.
Viele tun sich schwer mit der Formulierung. Manche ersetzen das „herrscht“ mit „wirkt“. Das ist nicht falsch, aber zu wenig. Andere beten stattdessen: „lebt und liebt“. Stimmt auch. Denn seine Herrschaft ist nichts anderes als Liebe, radikale, selbstlose Liebe.
Doch genau so ist Jesus der König, möchte die entscheidende Person in Ihrem Leben sein. Seit Ihrer Taufe. Paulus drückt es einmal so aus: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2,20). Nicht mehr ich bin der Herr über mich selbst, sondern Christus ist Herr in meinem Innern. Sind Sie sich dessen bewusst?
In einem alten Gebet, das dem heiligen Patrick von Irland zugeschrieben wird, heißt es: „Christus vor mir, Christus hinter mir, Christus in mir.“ Eine kraftvolle Bitte um Schutz, aber zugleich auch ein Anspruch. Handele ich in dem Bewusstsein: Er, der der absolute Liebe ist, ist bei allem dabei, was ich tue?
Im Verhältnis zu denen, denen ich am nächsten stehe: Wenn Jesus mich regiert, dann kann nicht ich über andere herrschen, sie ausnutzen wollen für meine eigenen Zwecke: der Mann die Frau nicht, die Kinder die Eltern nicht. Dann ändert sich etwas in meinem Beruf; es heißt dann nicht: Karriere um jeden Preis!, sondern ich lasse andere groß sein.
Wenn Jesus der König meines Lebens ist, dann ist er auch bei mir, wenn ich alleine bin, zu Hause vor meinem Rechner sitze oder in meinem Auto. Dann übernimmt er gewissermaßen das Steuer. Dann kann ich nicht meine Aggressivität im Straßenverkehr freien Lauf lassen, dann verliere ich mich nicht im Internet auf Seiten, auf die ich eigentlich gar nicht will. Dann geh ich anders um mit meinen Finanzen: dann horte ich nicht, dann gebe ich. Entweder das Geld beherrscht mich, oder Jesus ist Herr und macht mich frei von dieser Sklaverei.
Und wenn Jesus der König meines Lebens ist, dann lasse ich ihn nicht zuletzt über meinen Geist regieren, bleibe nicht bei meinem aktuellen Wissen über Gott und Welt stehen, sondern informiere ich mich über meinen Glauben, im Pilger und durch andere Medien, studiere die Bibel und die Lehre der Kirche.
Das Königtum Jesu ist die beste aller Lebensformen. Und die Herausforderndste. Weil mein Leben unter dem Banner der Liebe steht.
Aber unter seiner Herrschaft zu stehen, macht mich auch frei und mutig. Keine Macht hier auf der Erde kann mir etwas anhaben. Keiner kann irgendwelche Besitzansprüche erheben. Denn ich gehöre nur einem: Jesus.
Einer der Heiligen des letzten Jahrhunderts hat mich schon als Kind sehr beeindruckt: Pater Miguel Pro, ein Jesuit, der in Mexiko lebte. Er wurde 1925 erschossen, weil er der kirchenfeindlichen Regierung Mexikos ein Dorn im Auge war. Es gibt Fotos von seiner Hinrichtung. Er ließ sich nicht die Augen verbinden, als er getötet wurde, sondern stellte sich vor die Wand mit ausgebreiteten Armen, wie Jesus am Kreuz. Sein letztes Wort war der Ruf: „Viva Cristo Rey“. Es lebe Christus, der König.
Ein Wort, mit dem ich leben und mit dem ich sterben kann: Viva Cristo Rey. Christus, der König, lebe. Mehr und mehr. In mir.