Donnerstag, 26. Oktober 2023
„Wir beten mit euch!“
Tausende Deutsche zeigen ihre Solidarität mit Israel
Bundespräsident Steinmeier sagt, es sei unerträglich, dass Juden in Deutschland wieder in Angst leben.
Mehrere tausend Menschen haben sich zu einer großen Solidaritätskundgebung für Israel am Brandenburger Tor versammelt. Viele von ihnen hatten Israel-Flaggen mitgebracht, ganz vorne standen Frauen und Männer, die Plakate hochhielten, die von Hamas-Terroristen verschleppte Menschen zeigten.
Hauptredner war Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Noch nie seit dem Ende der Schoah seien durch einen Angriff so viele Jüdinnen und Juden ermordet worden, betonte er. Israel habe das Recht, sich gegen diesen Terror zu verteidigen. „Und Deutschland steht dabei fest an Israels Seite“, so der Bundespräsident. „Wir flehen und beten mit euch!“
Zudem ging er auf die Situation in Deutschland seit dem Terrorangriff der Hamas ein: „Es ist unerträglich, dass Jüdinnen und Juden heute wieder in Angst leben – ausgerechnet in diesem Land.“ Jüdische Eltern könnten ihre Kinder nicht mehr in die Schule schicken, das Holocaust-Mahnmal müsse von der Polizei geschützt werden.
Erinnerung an die Nazizeit
Der Antisemitismusbeauftragte der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Sigmount Königsberg, sagte der „Rheinischen Post“: „Dass Häuser, in denen Juden wohnen, in Berlin mit dem Davidstern markiert werden, hat eine völlig neue Dimension. Es ist das erste Mal überhaupt seit der Naziherrschaft, dass das in Deutschland wieder passiert.“
Es erinnere seine Gemeinde „sehr stark an die schreckliche Zeit, als die Nazis Millionen Juden ermordeten“, fügte Königsberg hinzu. „Damals begann es mit dem Davidstern an Wohnungen und Schaufenstern, dann mussten die Sterne an die Kleider angenäht werden und es endete in den Gaskammern.“
Die Bedrohungslage in Berlin habe sich in den vergangenen zwei Wochen „massiv verschärft“. Juden trügen „auf der Straße keine Kippa mehr, sie lesen nicht in hebräischen Büchern oder anderen hebräischen Medien. Viele trauen sich nicht mehr, in der Öffentlichkeit Hebräisch zu sprechen. Lehrer in der Schule haben Angst, ihren Schülerinnen und Schülern politische Parolen zu verbieten.“
Zur Kundgebung in Berlin kamen als Vertreter der beiden Kirchen der Fuldaer Bischof Michael Gerber und die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Annette Kurschus. Beide betonten ihre Verantwortung als Christen. „Zum einen als Bürger eines Landes, das vor wenigen Jahrzehnten unermessliches Leid und millionenfachen Tod über die Juden gebracht hat. Zum anderen, weil wir wissen, dass der Antisemitismus auch in einer Schuldgeschichte des Christentums wurzelt“, wie Gerber sagte. (kna)