Mittwoch, 12. Oktober 2022
Zum Monat der Weltmission
Winnie Mutevu und Charles Sendegeya aus Kenia zu Gast im Bistum Speyer
Der Monat der Weltmission mit dem Weltmissionssonntag am 23. Oktober lenkt in diesem Jahr den Blick besonders auf Kenia mit seiner Hauptstadt Nairobi. Auf Einladung von Missio sind zwei Mitarbeiter kenianischer Hilfsorganisationen, Winnie Mutevu und Charles Sendegeya, im Bistum Speyer unterwegs. Sie stellten ihre Arbeit bei Weihbischof Otto Georgens im Referat Weltkirche des Bischöflichen Ordinariates vor. Neben Weltkirche-Referent Christoph Fuhrbach nahm auch kfd-Referentin Beate Kästle-Silva am Gespräch teil.
Kenia gilt als eines der stabilsten Länder Ostafrikas, das macht das Land zu einer Haupt-Drehscheibe für Flüchtlingsbewegungen in Afrika. Die Hauptstadt Nairobi ist mit 3,5 Millionen Einwohnern im unmittelbaren Stadtgebiet und 7,5 Millionen im Großraum auf dem Weg zur Mega-City. 60 Prozent der Einwohner leben in Slums, zusammengepfercht auf sechs Prozent Fläche des Stadtgebiets. Der größte Slum soll eine Million Menschen beherbergen – die genaue Zahl kennt niemand. So ist Nairobi auch eine Drehscheibe des Menschenhandels – Organhandel, Prostitution, Sklaven-Arbeitskräfte, zur Heirat gezwungene Kinderbräute, alles ist hier zu finden. Ein Gutteil der Sportstätten für die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar, sagt Winnie Mutevu, wurde mit aus Kenia erhandelten Bauarbeitern errichtet.
Die 29-Jährige ist die Leiterin der Präventionsabteilung von HAART Kenya, einem Projekt für die Opfer moderner Sklaverei und Menschenhandels. Junge Menschen werden mit der Aussicht auf Arbeitsplätze gelockt und finden sich als Bettler auf den Straßen wieder. Sie müssen jeden Tag bestimmte Summen abliefern, andernfalls werden sie zusammengeschlagen. Verletzt werden sie als Bettler nur noch mitleiderregender.
Winnie Mutevu trainiert Menschen in Kirche und Gesellschaft und in den Gemeinden, Menschenhandel zu erkennen. Andere Initiativen von HAART stärken und fördern Jugendliche aus den ärmsten Bevölkerungsschichten. Wichtiger Teil der Organisation HAART ist „Shelter“, ein Zufluchtsort für Opfer, dessen genauer Standort geheim ist. Im letzten Jahr hat die Organisation 200 Überlebende des Menschenhandels finden können, Erwachsene und Kinder. Sie sind physisch und psychisch schwer geschädigt, brauchen medizinische und psychotherapeutische Hilfe. Winnie Mutevu erzählt von einem zehnjährigen geretteten Jungen, der mit seinen Verletzungen nicht mehr laufen konnte. Nach sieben Monaten Therapie konnte er den Rollstuhl verlassen. „Shelter“ wird vom Hilfswerk Missio gefördert, vergleichbare Regierungsprojekte gibt es nicht.
Charles Sendegeya arbeitet für die katholische Flüchtlingsorganisation TUSA in Nairobi. Die Ankömmlinge sind zunächst völlig überfordert. Wo gibt es Hilfen, Arbeit, Schulen, medizinische Versorgung? Er kennt selbst die Situation: In Ruanda geboren, musste er während des Genozids 1994 fliehen, ging erst nach dem Kongo und später nach Kenia. 28 Jahre, erzählt er, lebte er als Flüchtling. Geholfen hat ihm in der ersten Zeit TUSA, wo er nun selber arbeitet. Viele der Mitarbeiter waren selbst Flüchtlinge, so könnten sie am besten helfen, sagt Sendegeya.
In Selbsthilfegruppen organisieren sich die Geflüchteten, um sich gegenseitig zu unterstützen, aber auch, um über ihre Erfahrungen zu sprechen, sich zu trösten und zu stärken. TUSA vergibt zudem Kleinkredite, mit denen man sich ein kleines Geschäft aufbauen kann. (Andrea Dölle)