Redaktion der pilger

Mittwoch, 28. September 2022

Die Betnuss der Maria von Burgund

Die geschlossene Betnuss (Foto: Bergbau- und Gotikmuseum)

„Haben Sie schon mal von einer Betnuss gehört? Nein, nicht von einer Betelnuss, das ist die Frucht einer Palme, sondern von einer Betnuss? Eine Betnuss ist ein großes Kunstwerk in ganz klein.

Eine solche Betnuss oder Gebetsnuss besaß Maria von Burgund (1457 bis 1482). Sie war die Frau des Erzherzogs Maximilian von Österreich, des späteren Kaisers Maximilian I. Bei der Betnuss handelt es sich um eine Miniaturschnitzerei: um eine nussförmige Kapsel, die sich in zwei Hälften aufklappen lässt. Obwohl nur wenige Zentimeter groß, enthält die Betnuss der Maria von Burgund zwei wunderbar geschnitzte filigrane Szenen.

Die untere Hälfte zeigt den Evangelisten Johannes mit dem Kelch, die heilige Katharina mit dem Schwert und die heilige Barbara, deren Turm im Hintergrund steht. In der oberen Hälfte der Betnuss ist die Besitzerin selbst, Maria von Burgund, zu sehen, mit ihrem Ehemann Kaiser Maximilian I. und dem heiligen Georg, dem Haus- und Hofheiligen der Habsburger.

Um dieses winzigkleine, große Kunstwerk zu erschaffen, hat der Künstler, dessen Name man nicht mehr kennt, sieben Jahre gebraucht. Das berichtet Andreas Herzog, Kustos-Stellvertreter im Bergbau- und Gotikmuseum Leogang. Das bemerkenswerte Privatmuseum ist im heutigen Tourismusort und früheren Bergwerksdorf Leogang im Salzburger Land zu finden.

Andreas Herzog weiß, wie das Museum zu seinem wertvollsten Exponat gekommen ist. Bei der Ausstellungseröffnung der berühmten Gotiksammlung von Rudolf Leopold in Leogang sprachen die Eigentümer den Gründer und Visionär des Museums, Professor Hermann Mayrhofer, an. Sie wollten ihr besonderes Erbstück in guten Händen wissen, außerdem sollte es in Österreich bleiben. „Sie haben es uns um einen sehr christlichen Preis überlassen und hätten es ebenso um ein Vielfaches nach Amerika verkaufen können“, berichtet Herzog.

Die kleine Gebetsnuss, die auch von außen wunderschön anzuschauen ist, wurde nicht etwa aus Nussbaumholz, sondern aus dem besonders beständigen Buchsbaumholz geschnitzt. Dieses wurde im Mittelalter auch „Palmholz“ genannt, weil aus Buchsbaum einstmals das Kreuz Christi geschlagen worden sein soll.

Gebetsnüsse hatten noch weitere Besonderheiten: Oftmals gab es Aussparungen, um wohlriechende Kräuter ebenfalls in der Nuss unterzubringen und am Körper tragen zu können. So verströmte das Meditationsobjekt nicht nur die Aura der Heiligen, sondern auch noch Duft wie ein Potpourri. Die kleine runde Kapsel war vieles zugleich: Zeichen von Frömmigkeit, Objekt der Andacht und Luxusgegenstand zu Repräsentationszwecken.

Die wertvollste Betnuss ist dank ihrer berühmten Besitzerin die Betnuss der Maria von Burgund. Sie trug ihre Betnuss an einem großen Rosenkranz wie eine besondere Rosenkranzperle. Das sieht man noch heute auf einer Abbildung im Stundenbuch (Gebetbuch) der Maria von Burgund in der österreichischen Nationalbibliothek.

Heute gebe es nur noch etwa 100 Betnüsse aus dieser Zeit weltweit, berichtet Andreas Herzog. Maria von Burgunds Betnuss hat übrigens keineswegs als Amulett oder Glücksbringer gewirkt: Die Adlige starb 25-jährig nach einem Sturz vom Pferd.

Normalerweise wird dieses besondere Ausstellungsstück vom Museum in Leogang nicht ausgeliehen. Aber in diesem Herbst geht die Betnuss auf die Reise, um im Historischen Museum der Pfalz in Speyer die Ausstellung „Aufstieg einer Dynastie – Die Habsburger im Mittelalter“ zu schmücken. (Ruth Lehnen)

Das Bergbau- und Gotikmuseum Leogang
Das Bergbau- und Gotikmuseum Leogang ist ein Privatmuseum im Ortsteil Hütten des Tourismus-Orts Leogang im Salzburger Land. Es war 2021 nominiert für den Europäischen Museumspreis. Das Museum präsentiert Bergbaugeschichte und sakrale gotische Kunst. Bergbau und Kunst gehören zusammen: Der Silberbergbau hat im Mittelalter den Reichtum nach Leogang gebracht, mit dem gotische Kunstwerke in Auftrag gegeben wurden. Im „Thurnhaus“ im Zentrum von Hütten begegnet man der sogenannten „bergmännischen Schatz- und Wunderkammer“ und kann den Verbindungen zwischen Bergbau und Kunst am Beispiel der Bergbauheiligen nachspüren, zu denen die heilige Barbara, die heilige Anna und der heilige Georg gehören. Die Betnuss der Maria von Burgund ist eines der Prunkstücke der Sammlung.

Bergbau- und Gotikmuseum Leogang,
Hütten 10,
5771 Leogang (Österreich
www.museum-leogang.at

Die Betnuss im Historischen Museum der Pfalz
Vom 16. Oktober 2022 bis 16. April 2023 ist die Betnuss der Maria von Burgund im Rahmen der Ausstellung „Aufstieg einer Dynastie – Die Habsburger im Mittelalter“ im Historischen Museum der Pfalz in Speyer zu sehen. Die Dynastie der Habsburger prägte über Jahrhunderte die Geschicke Europas. Rudolf I., der 1273 als erster Habsburger zum König des Heiligen Römischen Reiches gewählt wurde, legte den Grundstein für den Aufstieg vom Grafen zum Kaiserhaus. Als er am 15. Juli 1291 in Speyer starb, wurde er im Speyerer Dom beigesetzt. Die Ausstellung erzählt die Geschichte der Habsburger durch das europäische Mittelalter. Sie folgt den Kämpfen um die Königsherrschaft im 13. und 14. Jahrhundert und dem Erstarken des Hauses Österreich im Schatten der Krone bis zur Rückkehr auf den Thron mit Friedrich I. sowie Maximilian I. zu Beginn des 16. Jahrhunderts.

Historisches Museum der Pfalz Speyer
Domplatz 4
67346 Speyer
Öffnungszeiten: dienstags bis
sonntags von 10 bis 18 Uhr
www.museum.speyer.de

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