Redaktion der pilger

Donnerstag, 28. April 2011

Nicht sehen, und doch glauben

Unser Bekenntnis lebt vom Zeugnis anderer - Kommentar von Pfarrer i.R. Monsignore Ernst Roth zum Zweiten Sonntag der Osterzeit

Die Grundhaltung des modernen, aufgeklärten Menschen im Blick auf die Wirklichkeit ist das Verlangen nach Beweisen. Was die Grunddaten und Zusammenhänge der Natur und des Lebens betrifft, will er sich nicht auf „überkommene Wahrheiten“ verlassen, sondern will wissenschaftliche Beweise, empirische Belege, oder sich zumindest stützen können auf allgemein gültige Erfahrungen. Das mag im profanen Leben ein Stück weit gelingen. Aber auch hier ist mitunter der „Glaube“ gefragt, nämlich das Vertrauen in einen anderen Menschen, der über größere Sachkompetenz und tiefere Einsichten verfügt. In Sachen „christlicher Glaube“ und „Gotteserkenntnis“ stehen uns absolut keine Beweise zur Verfügung. Hier sind wir allein angewiesen auf das Zeugnis der Kirche und das Glaubenszeugnis glaubwürdiger Christen.

Der Evangelist Johannes berichtet uns im zweiten Teil des heutigen Evangeliums die Thomas-Geschichte. Eine menschlich so angenehme Begebenheit, die den Christen entgegenkommt, die mit dem Glauben Schwierigkeiten haben, die Zweifel haben, die „sehen“ wollen, „handgreifliche“ Beweise wollen, bevor sie glauben. Bibel-Fachleute sagen uns: Der Evangelist übernimmt diese Thomas-Geschichte aus der mündlichen Tradition, predigt über sie in seiner Christengemeinde und setzt sich mit ihr auseinander. Seine Gemeinde – um die Jahre 90 bis 100 – waren allesamt Christen, die keinen unmittelbaren Kontakt mit dem irdischen Jesus hatten, und auch keinen Kontakt mit den ersten Jüngern und Aposteln, denen der Auferstandene erschienen war. Sie waren in ihrem Glauben allein angewiesen auf das Christus-Zeugnis der jungen Kirche und ihrer Verkünder, ebenso wie wir und alle späteren Generationen.

Der Evangelist berichtet das großartige Glaubensbekenntnis des Thomas, das inhaltlich nicht zu überbieten ist: Der Auferstandene spricht Thomas an, zeigt seine Wundmale, um seine Identität mit dem Gekreuzigten zu erweisen und fordert Thomas heraus. Darauf bekennt Thomas: „Mein Herr und mein Gott.“ Er sagt nicht – wie Maria von Magdala am Ostermorgen – „Rabbuni“, lieber Meister. Er gebraucht die höchsten Würdetitel, die für Jesus in Frage kommen: „Kyrios“, Herr und „Theos“, Gott, und bekennt damit: Der Gekreuzigte und Auferstandene ist Gottes Sohn. Der Evangelist setzt mit Absicht dieses Glaubensbekenntnis an den Schluss seines Evangeliums und spannt damit einen Bogen zu seinem ersten Kapitel, wo es heißt: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott.“ Damit will er uns verkünden: „Der Auferstandene ist in jene göttliche Herrlichkeit eingegangen, aus der er auch gekommen ist“ (Josef Blank). 

Der Evangelist Johannes übersieht nicht die Situation seiner Hörer, seiner Gemeinde, sowie der späteren Generationen. Er berichtet diese wunderbare Thomas-Geschichte und begrenzt sie in Vers 29 zugleich in ihrem Aussage-Gewicht. Er setzt mit aller Schärfe einen Kontrapunkt dagegen, indem er sie abschließt mit einem Herrenwort, das er selbst bewusst an diese Stelle setzt: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“ Johannes stellt wohlerwogen dieses Herrenwort an den Schluss seines Evangeliums und gibt ihm damit ein besonderes Gewicht. Es lag ihm offenbar besonders am Herzen, das für seine Gemeinde, für uns und alle Generationen deutlich zu machen und zu unterstreichen: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“

Es gab und gibt in unserer Kirche zu allen Zeiten eine gefährliche Tendenz, nach „Beweisen“ für den Gottesglauben zu suchen. Es gab und gibt immer wieder Personen, die der Versuchung erliegen, sich den Glauben durch Wunder und Zeichen, oder durch überirdische Erscheinungen bestätigen zu lassen. Aber selbst wenn es solche überirdische Ereignisse geben sollte, wären sie für unseren Glauben zweitrangig, hätten sekundären Charakter und wären kein „Beweis“ für unseren Glauben. Wir müssen uns von Johannes sagen lassen: Unser Glaube ist nicht durch objektive Beweise zu sichern. Unser Glaube beruht auch nicht auf eigener Feststellung: „Ich sehe, darum glaube ich.“ Unser Glaube beruht auf dem Zeugnis der Apostel, auf dem Zeugnis der Kirche und auf dem Glaubenszeugnis glaubwürdiger Christen. Heute und immer gilt das Jesus-Wort am Ende des Johannes-Evangeliums: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“

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