Redaktion der pilger

Freitag, 06. Dezember 2024

Zum zweiten Advent: Gottes Heil ist universal

Eine Karte von Palästina zur Zeit Jesu, veröffentlicht 1895 in einer Bibelausgabe. In diesem historischen und geografischen Kontext trat Johannes der Täufer auf und kam Jesus zur Welt, lebte und wirkte er. Gottes Heil jedoch ist nicht auf diese Zeit und Weltgegend begrenzt, sondern gilt allen Menschen überall und zu allen Zeiten. Foto: Sergey Kohl/AdobeStock.de

Es war! Nicht: es war einmal…! Sondern es war im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tibérius; Pontius Pilatus war Statthalter von Judäa, Herodes Tetrárch von Galiläa, sein Bruder Philippus Tetrárch von Ituräa und der Trachonítis, Lysánias Tetrárch von Abiléne; Hohepriester waren Hannas und Kájaphas.

Mit diesen konkreten zeitlichen und geopolitischen Angaben beginnt der Evangelist Lukas das dritte Kapitel seines Evangeliums. Denn genau in diesem zeitgeschichtlichen Kontext tritt der Prediger Johannes am Jordanfluss auf und verkündet, dass das sehnsüchtig erwartete Kommen des Messias endlich kurz bevorsteht. In einer fest umrissenen Stunde der Weltgeschichte, in einem fassbaren Landstrich des Römischen Reiches, in einem einzigartigen Kontext beginnt etwas ganz Besonderes und Neues.

Mit diesen äußerlichen Angaben werden wir senkrecht in die Innenwelt des Evangeliums geführt. Ganz im traditionellen Stil der Bibel werden hier die Angaben zu Zeit und Zeitgeschichte gemacht. Denn Heilsgeschichte spielt sich in Raum und Zeit unserer Welt ab, ohne aber mit dem, was wir Weltgeschichte nennen, identisch zu sein.

Was ist nun dieser geschichtliche Hintergrund? Was ist die konkrete Zeit und der Zeitpunkt, der konkrete Ort, den uns der Evangelist Lukas hier vor Augen führt?
Das fünfzehnte Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius ist das Jahr 28/29 unserer heutigen Zeitrechnung, also gut 30 Jahre nach der Geburt Jesu. Eigentlich hätte diese eine Zeitangabe gereicht, um den Beginn des Auftretens des Täufers zu bestimmen. Aber es wird noch Pontius Pilatus genannt, der römische Landpfleger, der damals den Süden des Landes verwaltete: Jerusalem und das Gebiet von Judäa.
Außerdem werden Herodes Antipas und sein Bruder Philippus, als auch Lysanias erwähnt, die Tetrarchen, die Vier-Fürsten, die den Norden des Landes unter sich aufgeteilt hatten: Galiläa und den Golan bis zum Libanon hin. Und nicht nur die politischen Herrscher werden angeführt, auch die religiösen: der amtierende jüdische Hohepriester Kajaphas und sein abgesetzter Schwiegervater Hannas.

So bestimmt der Evangelist Lukas ganz konkret den Zeitpunkt, wann Johannes als Prediger auftrat – und ebenso auch den Ort seines Wirkens. Mit diesen fest umrissenen Namen und Orten werden aber nicht nur die geschichtlichen und geographischen Koordinaten gesetzt. Es wird auch die politische Stimmungslage und Atmosphäre der damaligen Zeit wachgerufen.

Die ersten Leser und Hörer des Lukasevangeliums kannten die damaligen Herrscher wahrscheinlich nicht mehr, waren aber durch die Erzählungen ihrer Eltern und Großeltern, welche die Zeit dieser Herrscher noch persönlich erlebt hatten, mit deren Herrschaftszeit und noch mehr mit deren Charakter vertraut. Ähnlich wie wir uns zum Beispiel an die letzten Päpste erinnern, an ihren Charakter und ihre Persönlichkeiten, aber auch an deren Zeitepoche und die Atmosphäre dieser Zeit.

Das Land Jesus, Palästina, stand damals unter römischer Fremdherrschaft. Den römischen Kaiser Tiberius beschreiben die zeitgenössischen Historiker als einen misstrauischen, grausamen und genusssüchtigen Herrscher. Der römische Statthalter Pontius Pilatus war ebenso als rücksichtslos, bestechlich und gewalttätig bekannt. Die Politiker aus dem eigenen Volk – Herodes, Philippus, Lysanias – waren mächtig nur von des Kaisers Gnaden, und haben deshalb vor ihm gebuckelt und ihm nach dem Mund geredet. Die beiden geistlichen Autoritäten, die Hohenpriester Hannas und Kajaphas haben es verstanden mit schlauer Diplomatie viele lange Jahre hindurch ihre Stellung zu halten. Ganz abgesehen davon, dass Galiläa, dieser hinterste Winkel Israels den unzweideutigen Ruf hatte, der heruntergekommene Hinterhof der damals bekannten Welt zu sein.

Aber genau DA und DORT erging das Wort Gottes an Johannes. Mitten in dieses Gewirr von Machtmissbrauch und Gekungel, von Schleimerei und Korruption begibt sich Gott in unsere Geschichte und beruft Johannes als den Vorläufer Jesu. Nicht in einem windstillen Winkel heiliger Welt will er sich einlassen auf die Menschen und ihre Geschichte, sondern dort, wo es so richtig zugeht – wie man sagt. In die Höhen und die Tiefen unseres menschlichen Lebens kommt das Wort Gottes. Aber nicht nur für eine ganz bestimmte Zeit und einen ganz konkreten Ort, sondern für die ganze Welt und Geschichte. Alle Menschen werden das Heil Gottes schauen. Das Heil Gottes ist universal.

Evangelium – gute Nachricht – ist das.

 Unser Autor: P. Elias Pfiffi OSB stammt aus der Diözese Speyer und ist seit über 20 Jahren Mönch der Dormitio Abtei in Jerusalem. Er ist dort der Gastbruder und der Auslandsseelsorger.

 

Artikel teilen:

Weitere Nachrichten

24.06.24
Redaktion der pilger

Einsamkeit nimmt zu

Die Folgen sind massiv – und das nicht nur in Einzelfällen
20.06.24
Redaktion der pilger

Humanitäre Katastrophe in Ost-Kongo

Freiburger Erzbischof Burger besuchte Hilfsprojekte und Flüchtlingslager – Bistum...
20.06.24
Redaktion der pilger

Bunter und vielsprachiger Austausch

Priester der Weltkirche aus 13 Diözesen oder Ordensgemeinschaften trafen sich im...
20.06.24
Redaktion der pilger

Sein Großonkel ist sein Vorbild

Gabriel Kimmle aus Birkenhördt wird am 29. Juni von Bischof Wiesemann zum Priester...
12.06.24
Redaktion der pilger

Kirchentag in der Westpfalz

Protestantische Landeskirche lädt für 23. Juni alle Christen nach Otterbach ein
12.06.24
Redaktion der pilger

Offene Kapellen besuchen

Am 16. Juni in der Verbandsgemeinde Herxheim: Musik, Andacht und Imbiss
12.06.24
Redaktion der pilger

Leitbild und Zukunftsstrategien diskutiert

Kolpingwerk Speyer traf sich zur Diözesanversammlung in Hochspeyer
12.06.24
Redaktion der pilger

Vom Fluss bis ans Meer: Frieden

Hunderte Bewohner Jerusalems treffen sich zum interreligiösen Friedensmarsch
12.06.24
Redaktion der pilger

Am Ende ist alles gut

Sterbende und ihre Angehörigen zu begleiten, ist eine erfüllende Aufgabe
12.06.24
Redaktion der pilger

Feuer unterm Kessel

Synodaler Ausschuss geht am 14. und 15. Juni in die zweite Runde
06.06.24
Redaktion der pilger

Neue Pfarreistruktur

Bistum Speyer will bestehende Zuschnitte „moderat“ verändern
06.06.24
Redaktion der pilger

Hat Maria gesprochen?

Der Vatikan will mit neuen Regeln Erscheinungen besser überprüfen
06.06.24
Redaktion der pilger

Wie Spreu im Wind

Sprichwörter aus der Heiligen Schrift (11)
06.06.24
Redaktion der pilger

Tagung steht im Zeichen zweier Jubiläen

Straßburg: Edith-Stein-Gesellschaft feiert 30-jähriges Bestehen und „Edith Stein –...
06.06.24
Redaktion der pilger

Hürden für Visum werden immer höher

Bistum Speyer beklagt mangelnde Unterstützung des Staates für die Beschäftigung...
06.06.24
Redaktion der pilger

Schätze aus Keller und Speicher

Dominikanerinnen von St. Magdalena in Speyer laden am 15. Juni zum Klosterfest mit...
03.06.24
Redaktion der pilger

Auf den Spuren der Mönche

Zwölf Kilometer lange wanderung mit herrlichen ausblicken
03.06.24
Redaktion der pilger

Waren und Herzenswärme

Ehrenamtliche betreiben Lebensmittelausgabe für Bedürftige
03.06.24
Redaktion der pilger

Anregen, schulen, fortbilden

Heinrich Pesch Haus Ludwigshafen feiert sein 50-jähriges Bestehen
03.06.24
Redaktion der pilger

Die AfD ist keine Alternative für Christen

Widerchristliches Gedankengut mit Anleihen in der nationalsozialistischen Ideologie
03.06.24
Redaktion der pilger

Jeder Tag hat seine Plage

Sprichwörter aus der Heiligen Schrift (10)
27.05.24
Redaktion der pilger
News-Feed (RSS) von der Zeitungsseite in die Webfamilie

Ganz viel frischer Wind für die Bibel

Bibeltage im Bistum Speyer bringen die Heilige Schrift an außergewöhnliche Orte –...
27.05.24
Redaktion der pilger

Hilfe für Flutgebiete

Generalvikar Markus Magin sichert Betroffenen Unterstützung zu
27.05.24
Redaktion der pilger

„Wir sind bunt“

Pfarrei Dudenhofen setzt mit farbigen Bändern ein Zeichen für Demokratie,...
27.05.24
Redaktion der pilger

Schlechte Bedingungen

Mitarbeiter der Vatikanischen Museen verklagen ihren Arbeitgeber
27.05.24
Redaktion der pilger

Über Tod und Leben

Ein Gemeinschaftsprojekt holt das Thema Sterben und Trauer in den Alltag
21.05.24
Redaktion der pilger

Die Mütter des Grundgesetzes

Vier Frauen mussten damals reichen. Aber sie schafften es, trotz starkem Gegenwind...
17.05.24
Redaktion der pilger

Sprichwörter aus der Bibel: "Das ist mir zu hoch"

Sprichwörter und „geflügelte Worte“ verwenden wir zuhauf. Oft wissen wir gar nicht,...
17.05.24
Redaktion der pilger

Pfälzer Kirchen: Aufstehen und Flagge zeigen

„Aufstehen für Menschenwürde und Demokratie“ so nennen das Bistum Speyer und die...
16.05.24
Redaktion der pilger

Dringend benötigter Wohnraum

Gemeinnütziges Siedlungswerk schafft im Speyerer „Seppelskasten“ und in einem...
16.05.24
Redaktion der pilger

Neuer Schwung für den Glauben

Heute müssen wir stärker denn je um Gottes Geist bitten und uns auf ihn einlassen
16.05.24
Redaktion der pilger

Für Würde und Demokratie

Bistum und Landeskirche starten am 17. Mai eine Kampagne zu den Wahlen
16.05.24
Redaktion der pilger

Ein Mann, zwei Aufgabengebiete

Christopher Jakob ist neuer Ansprechpartner für queersensible Pastoral und...
16.05.24
Redaktion der pilger

Lichtkreuze in den Kirchen

Ausstellung mit Werken des Künstlers Ludger Hinse kommt nach Landau
15.05.24
Redaktion der pilger

Pfingsten – von Gott neu belebt werden

Ja, so ist Pfingsten: Die Jünger trauen sich was. Es treibt sie raus vor die Türen....
14.05.24
Redaktion der pilger

Nacht der Kirchen an Pfingsten

Umfangreiches Programm in Kaiserslautern – Kirchennacht auch im Saarland
10.05.24
Redaktion der pilger

Die zweitälteste TV-Sendung im Land

Otto hat es parodiert, die Toten Hosen singen ihr eigenes, und im TikTok-Zeitalter...
10.05.24
Redaktion der pilger

Neuer Schwung für Ökumene?

Schwerer Rückschlag für die Ökumene: Kürzlich hat die letzte gemeinsame „Woche für...
08.05.24
Redaktion der pilger

„Fest der Demokratie“

Neustadt feiert vom 23. bis 26. Mai unter dem Motto „Europa – gelebte Solidarität“
08.05.24
Redaktion der pilger

Kontinuität und Neues

Vollversammlung des Katholikenrats vor allem von Wahlen geprägt