Mittwoch, 21. August 2024
„Vater der Armen“ ist sein Ehrentitel
Vor 25 Jahren starb Dom Hélder Câmara
Von Andreas Kaiser
Am 27. August 1999 stirbt Dom Hélder Câmara in Recife. Der Gründer vieler Basisgemeinden in Brasilien gilt als einer der mutigsten Kämpfer für die Menschenrechte und gegen die blutige Militärdiktatur in seinem Land.
Geboren wird Hélder Pessoa Câmara 1909 in Fortaleza im unterentwickelten Norden Brasiliens. Rinderbarone und Plantagenbesitzer dominieren dort Politik, Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben. Câmara ist das elfte von 13 Kindern. Sein Vater ist Buchhalter, die Mutter Lehrerin und streng katholisch. Fünf seiner Geschwister sterben während einer Grippeepidemie. Câmara erkrankt an Tuberkulose, von der sich der zerbrechlich wirkende Mann sein ganzes Leben nicht mehr vollständig erholt.
Bereits mit 22 Jahren wird Câmara zum Priester geweiht und fünf Jahre später, 1936, nach Rio de Janeiro versetzt. Dort lernt er die miserablen Lebensbedingungen in den Elendsvierteln kennen.
Die Begegnungen mit der Armut verändern ihn. Noch kurz zuvor hat er mit der faschistischen Grünhemden-Bewegung sympathisiert; nun nennt er die Favelas „eine Beleidigung für unseren Schöpfer“ und engagiert sich für die sozialen Belange der Einkommensschwachen.
1952 wird Câmara zum Bischof geweiht. Beim Zweiten Vatikanischen Konzil gehört er zu den Initiatoren des Katakombenpakts, in dem sich Bischöfe zur Solidarität mit den Armen und zu einem einfachen Lebensstil verpflichten. Kurz zuvor, 1964, und quasi zeitgleich mit der Machtergreifung des Militärs, wird er Erzbischof von Olinda und Recife. Er gründet die Brasilianische Bischofskonferenz sowie die ersten Basisgemeinden zur Selbstorganisation der katholischen Laien. In den Basisgemeinden helfen sich sozial benachteiligte Menschen gegenseitig, leben ihren Glauben, engagieren sich in der Erwachsenenbildung sowie bei der Überwindung von Analphabetismus unter ihresgleichen.
Dom Hélder entwickelt sich während der Militärdiktatur, die auch vor Folter und Mord an Oppositionellen nicht zurückschreckt, zum wortmächtigen Gegner des Regimes. Nicht Wenigen gilt der „rote Bischof“ sogar als Kommunist. Es gibt Morddrohungen gegen ihn. Seine Popularität jedoch schützt ihn. Als Câmara 1985 zeitgleich mit dem Ende Militärdiktatur in den Ruhestand geht, übernimmt ein konservativer Bischof sein Amt. Der Befreiungstheologe erlebt, wie sein Nachfolger etliche von ihm angestoßene Reformen und Sozialprojekte beendet.
Am 27. August 1999 stirbt Câmara. Im Vatikan läuft aktuell, auch dank der persönlichen Fürsprache von Papst Franziskus, ein Seligsprechungsprozess für den sogenannten „Vater der Armen“.