Mittwoch, 22. Juni 2011
„Hier habe ich ein Stück lebendige Kirche kennengelernt“
Kardinal Friedrich Wetter feierte in seiner Heimatkirche St. Maria in Landau mit mehr als tausend Gläubigen den hundertsten Geburtstag des Gotteshauses
Als Geburtstagsfest im doppelten Sinne feierten Landauer Katholiken am 12. Juni Pfingsten – dieses Hochfest gilt als Datum der Gründung der Kirche, in Landau wurde dazu noch der hundertste Geburtstag der Marienkirche begangen. Auf den Tag genau vor hundert Jahren erhielt das Gotteshaus die kirchliche Weihe. Es zählt zu den größten der Pfalz.
Dem Anlass entsprechend hatten die Verantwortlichen der Pfarrei St. Maria das wohl bekannteste Pfarrkind eingeladen – Kardinal Friedrich Wetter, der frühere Erzbischof von München-Freising und zuvor Bischof in Speyer. Wetter feierte mit mehr als tausend Gläubigen in der festlich mit Fahnen und Blumen geschmückten Marienkirche das Hochamt. Zu Beginn des Gottesdienstes begrüßte Landaus Dekan Klaus Armbrust die Mitfeiernden. Darunter waren Dekan Dr. Gerd Babelotzky aus Ludwigshafen, der früher Pfarrer an St. Maria war, sowie Pater Toni Kolb, der aus St. Maria stammt und in diesen Tagen goldenes Priesterjubiläum feiert. Armbrust begrüßte auch Vertreter der evangelischen Kirche und der Landauer Stadtspitze. Mit Blick auf den Münchener Kardinal meinte Armbrust augenzwinkernd, dieser habe in München drei Bilder von Kirchen hängen, die ihm alle besonders viel bedeuteten. „Und an erster Stelle hängt die Marienkirche, vor dem Speyerer Dom und der Münchner Liebfrauenkirche.“
Friedrich Wetter bestätigte dies mit den Worten: „Hier habe ich ein Stück lebendige Kirche kennengelernt. Diese Kirche gehört zu meinem Leben.“ Mehrfach sprach Wetter in seiner Predigt dann von „unserer Marienkirche“. Aber diese sei nur eine Kirche aus leblosen Steinen und nur ein Gebäude, dass der Kirche aus lebenden Steinen dient. Der Anfang dieser lebendigen Gemeinschaft sei klein gewesen. „Doch immer mehr ließen sich taufen, kamen zum Glauben und so kam der Glaube auch hier zu uns, in unsere Stadt.“ Jedoch sei in unserem Land die kirchliche Gemeinschaft heute in einer großen Krise. „Alles, was lebt, wächst – aber wie ist das mit der Kirche bei uns?“, fragte Wetter. „Erneuerung ist angesagt, schon das letzte Konzil lehrte, die Kirche bedarf allezeit der Erneuerung.“ Mit dem Bild der beiden Kirchtürme von St. Maria wies Kardinal Wetter einen Weg. „Die Türme lenken wie Zeigefinger unseren Blick nach oben: Kämpfen wir gegen Gottvergessenheit in unserer Gesellschaft an, tanzen wir nicht um goldene Kälber. Christen leben anders, sie schwimmen gegen den Strom.“ Alle Gläubigen seien das „fünfte Evangelium“ und sollten so leben, dass sie Zeugnis geben. „Dann wird die Kirche sich erneuern.“ Gott werde sie erneuern, aber alle müssten das Nötige dazu tun. „Jeder muss bei sich selbst anfangen. Das ist kein bequemer Weg, aber er lohnt sich.“
Das Kirchweihjubiläum war der Höhepunkt im Festkalender der Marienkirche. Nur etwas trübte ein wenig die Festfreude – die fehlende Orgel. Pfarrer Klaus Armbrust: „Wir wollten ihnen allen heute unsere neue Orgel präsentieren – aber nun müssen wir damit noch ein wenig warten.“ Er verwies auf die bereits aufgestellten wenigen Prospektpfeifen und auf die für September vorgesehene Orgelweihe in Landau.
Doch auch ohne Orgel wussten die Kirchenmusiker das Hochamt beeindruckend zu begleiten. Ein Gemeinschaftschor von Kirchenchören der Pfarreien St. Maria, Christ König, Heilig Kreuz und St. Pirmin sowie ein Blechbläserensemble führten unter Leitung von Rudolf Peter die „Missa Brevis“ von Jacob de Haan auf. Die Messe des zeitgenössischen Komponisten unterstrich mit getragenen Passagen den feierlichen Charakter der Jubiläumsmesse.
Im Anschluss trafen sich die Mitfeiernden zu einem Empfang auf der Grünfläche südlich der Marienkirche. Viele nutzten hier die Gelegenheit auch zum Gespräch mit dem Kardinal aus München.
(hm)