Donnerstag, 09. Juni 2011
Ärztetag: Nein zur Beihilfe bei der Selbsttötung
Ärzte in Deutschland müssen künftig mit berufsrechtlichen Konsequenzen rechnen, wenn sie schwerstkranken Patienten bei der Selbsttötung helfen.
Der Deutsche Ärztetag in Kiel verabschiedete am 1. Juni eine Neufassung der ärztlichen Berufsordung, in der die Beihilfe der Mediziner bei der Selbsttötung ausdrücklich verboten wird.
„Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen. Es ist ihnen verboten, Patienten auf deren Verlangen zu töten. Sie dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten“, heißt es in dem Entschluss, den die 250 Delegierten mit großer Mehrheit verabschiedeten. In der bislang geltenden Berufsordnung war ein ausdrückliches Verbot der ärztlichen Suizidbegleitung nicht enthalten.
Diese strikte Haltung ist nicht unumstritten. Schließlich können Ärzte wie der Notfallmediziner Michael de Ridder von Patientenschicksalen und Krankheitsverläufen berichten, die so grausam sind, dass man nur den baldigen Tod des Betroffenen erhoffen kann. Immerhin ergab eine im vergangenen Sommer veröffentlichte Umfrage, dass sich mehr als ein Drittel der Ärzte in Deutschland vorstellen können, Patienten bei der Selbsttötung zu helfen. Schon 2006 hat der Deutsche Juristentag die Mediziner aufgefordert, eine ausnahmslose Missbilligung der Beihilfe zum Suizid zu überdenken – zumindest bei Patienten mit „unerträglichem, unheilbarem und mit palliativmedizinischen Mitteln nicht ausreichend zu linderndem Leiden“.
Auf der anderen Seite aber steht die Angst, dass Sterbenskranke sich mehr und mehr gedrängt fühlen könnten, aus dem Leben zu scheiden, um der Gesellschaft nicht mehr zur Last zu fallen. Als wenn Leben nur noch dann wertvoll wäre, wenn man es im Vollbesitz seiner körperlichen Kräfte leben könnte.
Öffentliche Aufmerksamkeit erhielt das Thema zuletzt vor allem durch die Sterbehilfeorganisation Dignitas, die Schwerstkranken einen ärztlich begleiteten Suizid in der Schweiz anbietet. Pläne des früheren Hamburger Justizsena-tors Roger Kusch, über seinen Verein „Sterbe Hilfe Deutschland“ Hilfe zur Selbsttötung anzubieten, lösten seit 2009 eine Debatte darüber aus, ob kommerzielle und organisierte Beihilfe zum Suizid verboten werden sollte.
(Redaktion)