Mittwoch, 01. Juni 2011
Gottesdienst gibt Frankenthaler Streikenden Mut
Die Mitarbeiter des Unternehmens KBA erfahren viel Mitgefühl und Unterstützung – Bereits seit 5. Mai sind sie im Arbeitskampf um Erhalt ihrer Arbeitsplätze.
Dunkle Wolken zogen am Freitagnachmittag, 27. Mai, über dem Kornmarkt in Frankenthal auf, als sich die Mitarbeiter des Druckmaschinenherstellers Koenig & Bauer vor der evangelischen Zwölf-Apostel-Kirche versammelten. Die Mitarbeiter befinden sich seit dem 5. Mai im unbefristeten Streik, um damit einen weiteren Abbau von Arbeitsplätzen in Frankenthal zu verhindern. Am Standort arbeiten derzeit 650 Mitarbeiter, 2003 waren es noch 1300 gewesen. In Frankenthal entstehen nach Firmenangaben Hochleistungs-Falzwerke für alle KBA-Rotationsmaschinen. Die Unternehmensleitung begründet die „Kapazitätsanpassung an den Rollenstandorten“ mit einer „gedämpften Marktperspektive“, wie sie in ihrem Quartalsbericht auf der Internetseite schreibt. Bisherige Verhandlungen der KBA mit der IG Metall und dem Betriebsrat waren ergebnislos verlaufen, so der Betriebsrat.
Die Frankenthaler Streikenden erfahren eine breite Solidarität auch von Mitarbeitern anderer KBA-Standorte. In ihrer Heimatstadt selbst steht Oberbürgermeister Theo Wieder hinter den Mitarbeitern. Und nun haben auch die Kirchen ihre Solidarität mit einem ökumenischen Gottesdienst bekundet. Die protestantischen Geistlichen Sieglinde Ganz-Walther und Carsten Schulze sowie ihr katholischer Kollege Stefan Mühl von der Pfarrei St. Ludwig gestalteten gemeinsam mit Diakon Andreas Welte vom Referat Seelsorge in der Arbeitswelt im Bischöflichen Ordinariat den ökumenischen Gottesdienst.
Nach einer Botschaft der Synode der Evangelischen Kirche der Pfalz wurde ein Grußwort von Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann an die Streikenden verlesen. Er drückte darin sein Verständnis und Mitgefühl für die schwierige Situation der Menschen aus, die derzeit in Angst und Unsicherheit leben. Nicht finanzielle Erwägungen allein sollten im Mittelpunkt unternehmerischer Entscheidungen stehen, sondern soziale Verantwortung, betonte Wiesemann. Der Bischof forderte die Streikenden auf, nicht zu verzweifeln und die kommenden Herausforderung anzunehmen.
Worte der Solidarität und deutliche Kritik an der Unternehmenspolitik drückten die Seelsorger beider Kirchen beim ökumenischen Gottesdienst aus. Die KBA-Mitarbeiter, die um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze kämpften und ihre Fähigkeiten an ihrem Arbeitsplatz einbringen wollten, müssten miterleben, wie die Welt buchstäblich auf den Kopf gestellt werde, sagte Pfarrerin Sieglinde Ganz-Walther. Wie angesichts eines oft bekundeten Fachkräftemangels Stellen in Frankenthal abgebaut werden sollten und Gespräche mit der Firmenleitung zu nichts geführt hätten, sei eine „brutale Wahrheit“, die zu Bitterkeit und Trauer bei den Betroffenen führe. Ein Unternehmer habe die Verantwortung, mit Produktanpassungen auf Veränderungen auf dem Markt zu reagieren und seinen Beschäftigten Arbeit zu geben. „Ich hoffe, dass die Verstockung aufweichen kann“, sagte die Pfarrerin im Blick auf die bisherigen Verhandlungen.
Acht große Plakate mit den Namen der Beschäftigten entrollten die Streikenden vor den Besuchern des Gottesdienstes. So wurde deutlich, wie viele Menschen von der KBA-Entscheidung betroffen sind. Die Plakate wurden an den Fenstern des Eingangsportals der Zwölf-Apostel-Kirche angebracht. Dann wurde der Gottesdienst in der Kirche fortgesetzt, und der Gospelchor „Colored Voices“ machte den Streikenden auf musikalische Weise Mut. Die Geistlichen verlasen gemeinsam Fürbitten für das Anliegen der Streikenden. „Wir bitten für Politiker und Verantwortliche in der Wirtschaft, dass ihr Handeln von mehr Mitmenschlichkeit und nicht vom Machtstreben geprägt ist“, lautete eine der Bitten. Mit einem gemeinsamen „Vater unser“, bei dem sich die Gottesdienstbesucher an den Händen hielten, endete der ökumenische Gottesdienst. KBA-Mitarbeiter Joachim Gasbarri bedankte sich im Namen der Belegschaft für die Feier, die die Mitarbeiter in ihrem Anliegen bestärkt und ihnen Mut gegeben habe, „den Streik bis zum Ende durchzuziehen“.
(Mechthild Möbus)