Redaktion der pilger

Donnerstag, 07. Oktober 2010

Wo sind die übrigen neun?

Impulse zur „Kultur des Dankens“ zum Lukas-Evangelium 17, 11–19 - von Studiendirektor i.R. Dr. Raimund Bard

Seien wir mal ehrlich: die drei Lesungen in der sonntäglichen Eucharistiefeier gehen uns buchstäblich zu einem Ohr rein und zum anderen wieder raus. Allenfalls „verfestigt“ sich die Botschaft des Evangeliums, weil diese (meist) in der anschließenden Predigt erklärt und auf heute adaptiert wird. Aber die beiden anderen Texte werden zwar gelesen – und dann? Wir fragen uns allenfalls: Was haben die Probleme der urchristlichen Gemeinden von Ephesus, Korinth, Thessaloniki, Rom und so weiter, von denen Paulus berichtet, mit unserer Situation anno 2010 zu tun? Hier müsste eine Erklärung, eine Predigt einsetzen – geschieht aber meistens nicht. Und gar die Texte aus dem Alten Testament: sie stehen wie ein erratischer Block vor uns, aus dem Zusammenhang gerissen, unverständlich, meist auch nicht in einer Textkontinuität Sonntag für Sonntag verlesen; Erklärung/Interpretation – meist Fehlanzeige.

Sucht man gar nach einem „roten Faden“, der den zwei (oder gar drei) Lesungen gemeinsam ist, so ist dies meist nicht möglich. Heute dagegen findet sich eine echte und überzeugende Gemeinsamkeit: sowohl in der alttestamentlichen Lesung (zweites Buch der Könige 5,14–17) wie auch im Lukas-Evangelium (17,11–19) wird von Aussätzigen berichtet, die geheilt werden. Beidemale steht das Danken der Geheilten im Vordergrund: der Syrer Naaman bedankt sich ausdrücklich beim Propheten Elischa; dagegen kommt von den zehn von Jesus geheilten Aussätzigen nur ein Einziger zurück und bedankt sich bei Jesus – und dieser war noch ein Samariter, die bekanntlich nicht gut auf die Juden zu sprechen waren, und umgekehrt. „Wo sind denn die übrigen neun?“, fragt ihn Jesus, und dann: „Dein Glaube hat dir geholfen“.

Im Buch Levitikus (im 13. und 14. Kapitel) wird ausführlich über den Aussatz und die Heilung berichtet. Der Geheilte musste sich dem Priester zeigen und entsprechende Opfer darbringen. Jesus hält sich an diese Vorschriften und schickt die zehn Aussätzigen zu den Priestern – es soll eine Probe ihres Glaubens sein. Der Befehl hat nur einen Sinn, wenn die Heilung unterwegs erfolgt. Und alle bestehen die Glaubensprobe. Aber nur einer (!) kommt zurück zum Danken – „Wo sind die übrigen neun ?“

Das unterschiedliche Verhalten des Dankens sollten wir heute etwas betrachten. Den Kindern trichtern wir ein: Sag bitte, sag danke.. Kinder machen das in der Regel auch. Aber wir Erwachsene? Vieles wird als Selbstverständlichkeit genommen ohne ein Wort oder eine Geste des Dankens. Wir sprechen häufig von einer „Esskultur“, oder „Trinkkultur“, bei Politikern soll es sogar eine „Streitkultur“ geben – warum bemühen wir uns so wenig um eine „Kultur des Dankens“ ?

Unser Gotteslob enthält 30 Danklieder (Nr. 257 – 287) – diese werden auch zur Danksagung nach der Kommunion gesungen. Die Jüngeren unter uns kennen sicher das bekannte Lied „Danke  für diesen guten Morgen, danke...“, komponiert und getextet vom Freiburger Pfarrer Martin Gotthard Schneider 1963. (Als musikalischer Gag soll jede Strophe jeweils einen halben Ton höher intoniert werden !) Hier wird für so „normale“ Dinge gedankt wie z.B. guter Morgen, Freunde, gute Worte usw. Aber auch für die eher ungewohnten und „unbequemen“ Ereignisse im Leben: Arbeitsstelle, Musik, Traurigkeiten – haben wir dafür schon mal Gott gedankt? Schließlich heißt es in der letzten Strophe. „Herr, ich will dir danken, dass ich danken kann!“. Hier könnte eine echte „Kultur des Dankens“ einsetzen.

Ruth Böckler aus Limburgerhof hat 2001 das Danke-Lied von Pfarrer Schneider ins Pfälzische übertragen. Dort heißt es z.B. „Dankschää, wann ääner mich geärgert, ich verzeihe kann!“, oder: „Dankschää, damit mir  was verstehe, du uns de Mund un Ohre gibscht“. Da kann man nur sagen: Na alla!

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