Mittwoch, 12. Juni 2024
Am Ende ist alles gut
Sterbende und ihre Angehörigen zu begleiten, ist eine erfüllende Aufgabe
Am Ende des Lebens zu Hause sterben zu dürfen, wünschen sich viele Menschen. Edith Sellinger, langjährige Leiterin des Ambulanten Hospiz- und Palliativ-Beratungsdienstes Südlicher Rhein-Pfalz-Kreis mit Sitz in Schifferstadt, ist vielen Patienten und ihren Familien und Freunden in dieser Situation zur Seite gestanden. Nun geht sie in den Ruhestand.
„Es ist ein sehr erfüllender Beruf, der einem sehr viel zurückgibt“, zieht sie Bilanz. Die Schifferstadterin hat lange als examinierte Krankenschwester am Klinikum Ludwigshafen gearbeitet und dort viele schwerkranke und sterbende Menschen gepflegt. Ein großes Anliegen auf der Station war es, die Sterbekultur zu verbessern. Edith Sellinger nutzte jede Möglichkeit, sich auf diesem Gebiet weiterzubilden und machte auf eigene Initiative die Ausbildung zur Palliative Care Fachkraft am Heinrich Pesch Haus in Kooperation mit dem Hospiz Elias.
2010 stieg sie als geringfügig Beschäftigte beim Ambulanten Hospiz- und Palliativ-Beratungsdienst in Schifferstadt ein. Ein Jahr später gab sie den geliebten Beruf am Klinikum auf, um sich ganz der Hospizarbeit zu widmen. 2013 wurde sie Leiterin des Dienstes, der von der Ökumenischen Sozialstation Rhein-Pfalz-Ost getragen wird und seine Räume in der Kirchenstraße 16 in Schifferstadt hat. Vier hauptamtliche und 42 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind dort beschäftigt. Ihre wichtigste Aufgabe ist es, Menschen zu ermöglichen, zu Hause zu sterben, dabei den Angehörigen die nötige Sicherheit zu vermitteln und Trauernde dann nicht allein zu lassen. Dafür gibt es Sprechstunden, Gruppen, Wanderungen oder Cafés für Trauernde.
Wenn Edith Sellinger oder ihre Mitarbeiter die Patienten und Angehörige besuchen, bringen sie neben Fachwissen vor allem Zeit mit. Sie müssen nicht auf die Uhr schauen, sind da für Fragen und Ängste, geben Tipps, hören zu. „Die Leute, zu denen wir kommen, haben meist ein bisschen Angst, weil sie nicht wissen, was sie erwartet. Sie sind oft überrascht, dass wir so normal sind“, sagt Edith Sellinger.
Natürlich drehen sich die Gespräche auch um den bevorstehenden Tod, aber längst nicht nur. „Wir gehen auf die Menschen ein, haben Zeit für sie und reden über so vieles. Wir bekommen viele Lebensgeschichten erzählt“, sagt sie. Sie empfindet Dankbarkeit für das Vertrauen, dass die Menschen ihr dabei entgegenbringen. Natürlich hätten sie Schweigepflicht; das, was sie erzählt bekommen, dringt nicht nach außen.
Es gebe viele schöne Erlebnisse, und es werde auch viel gelacht in dieser Situation. „Manchmal weine ich auch mit den Angehörigen“, erzählt sie. „Am Ende wird es immer gut, und es passt alles“, hat sie beobachtet. Manche Situationen seien aber auch tragisch. Das nehme man dann schon ein Stück weit mit nach Hause. Doch unter dem Strich sei es ein erfüllender und schöner Beruf.
„Man muss körperlich und geistig stark sein, empathisch, neugierig auf Menschen und flexibel, um diesen Beruf auszuüben“, sagt sie. Täglich mit dem Thema Tod konfrontiert zu sein, hat sie gelassener und ruhiger gemacht. „Es wirft einen so schnell nichts aus der Bahn. Man lernt, emotionalen Abstand zu haben, sonst kann man nicht überleben. Nur wenn es um die eigene Familie geht, ist man genauso emotional wie alle anderen.“
Anfang Juni ist Edith Sellinger (63) in den Ruhestand gegangen. Ihre Nachfolgerin ist Barbara Haas, die seit 2008 in diesem Bereich tätig und seit 2017 beim Palliativdienst in Schifferstadt beschäftigt ist. Sie würde sich freuen, weitere Menschen für die Hospizarbeit zu gewinnen. Ein Grundseminar dazu findet am 12. und 19. Oktober in Schifferstadt statt.
(Christine Kraus)
Anmeldung und Informationen zu Hospiz- und Trauerangeboten: Telefon 06235/457823, E-Mail: begleitung@hospiz-schifferstadt.de