Donnerstag, 19. Mai 2011
Mehr Raum für alte Form der Messe
Vatikan will friedliche Koexistenz erreichen statt Ritenstreit
Der Vatikan hat den Spielraum für die Anhänger der alten Form des Römischen Ritus erweitert und die Rechte jener Minderheit von Katholiken gestärkt, die an der althergebrachten Messe festhalten. Gut drei Jahre nach dem Inkrafttreten des päpstlichen Erlasses „Summorum Pontificum“, mit dem Papst Benedikt XVI. die sogenannte tridentinische Messe weltweit wieder zuließ, hat der Vatikan nun einige Detailfragen geklärt.
Entgegenkommen des Papstes
Die am 13. Mai veröffentlichte Instruktion „Universae ecclesiae“ versucht, Konflikte und Probleme zu lösen, die sich seit 2007 in der kirchlichen Praxis vieler Bistümer und Pfarreien rund um den Globus ergeben haben und vor allem in einigen französischen Bistümern zu einer Art „Ritenstreit“ zu führen drohten. Die römische Instruktion legt den Bischöfen einen großzügigen Umgang mit den Verfechtern der tridentinischen Messe nahe. Für einen kirchenrechtlichen Text ungewöhnlich: Ausdrücklich fordert der Vatikan die Bischöfe auf, der „Gesinnung“ des Papstes zu folgen, die er 2007 in dem Wiederzulassungs-Dokument für die alte Messe zum Ausdruck gebracht hatte.
Das wichtigste Entgegenkommen signalisiert der Vatikan in der Frage, welche Gruppen ein Recht haben, den Pfarrer oder den Bischof um Messen in der alten Form zu bitten. Die Instruktion verlangt für diese Gruppen weder eine Mindestgröße, noch besteht sie darauf, dass alle Mitglieder aus derselben Pfarrei oder demselben Bistum kommen müssen. Dies könnte in der Praxis dazu führen, dass auch dort, wo Bischöfe bislang unter Verweis auf das Fehlen einer relevanten Gruppe von Gläubigen die Angebote alter Messen restriktiv handhabten, mehr Liturgien in dieser Form angeboten werden. Auch die generelle Erlaubnis für Wallfahrtsorte sowie die jetzt verfügte Aufhebung der Beschränkungen für die besonders feierlichen Gottesdienste der Kar- und Ostertage zielen offenbar in diese Richtung. In manchen Kirchen wird es künftig die Gottesdienste vor und an Ostern zweimal geben, einmal in der modernen und einmal in der alten Form. Geklärt hat Rom ferner, dass nun auch das Sakrament der Firmung nach altem Brauch gespendet werden kann.
Regelung für Messbücher
Wichtig ist ferner die Regelung für die Messbücher. Seit dem Erscheinen des neuen Römischen Messbuchs von 1970 in der jeweiligen Muttersprache waren die alten „vorkonziliaren“ Messbücher von Traditionalisten immer weiter benutzt oder unter unklaren rechtlichen Bedingungen nachgedruckt worden. Nun zieht Rom die Sache wieder an sich: Was die verbindlichen Texte für die alte Form des Römischen Ritus sind, legen die vatikanische Gottesdienstkongregation und die Kommission „Ecclesia Dei“ fest, die sich um die Belange der Traditionalisten kümmert und deren Zuständigkeiten durch den neuen Erlass nochmals erweitert wurden. Die der Glaubenskongregation angegliederte Kommission regelt nun auch „mit stellvertretender Hirtengewalt“ alle Streitfragen zwischen örtlichen Traditionalisten-Gruppen und den Bischöfen, danach bleibt nur noch der oberste vatikanische Gerichtshof als Berufungsinstanz.
Wo steht die Piusbruderschaft?
Bei allem Entgegenkommen für die Anhänger der alten Messe ist die Instruktion scharf in ihrer Abgrenzung von traditionalistischen Fanatikern, die so weit gehen, die Neue Messe für ungültig zu erklären. Einige behaupten sogar, dass es seit Johannes XXIII. keinen gültig gewählten Papst mehr gebe, weil seit dem Konzil „modernistische Häretiker“ den Stuhl Petri besetzt hätten. Wer solche Meinungen vertritt oder diese Gruppen unterstützt, hat laut der Instruktion keinen Anspruch darauf, die neuen Freiheiten zu nutzen, denn er stellt sich außerhalb der kirchlichen Gemeinschaft. Die Anhänger der Piusbruderschaft, mit der Rom derzeit Gespräche über dogmatische Streitfragen führt, müssen sich nun entscheiden, wo sie stehen. (Ludwig Ring-Eifel)